Ausbruch aus dem Arbeitsalltag: Exit Games

Exit Games als Mitarbeiter- & Recruiting-Event

Geocaching, Lasertag, Escape Games – immer neue aktive Spieletrends versuchen unserer Passivität entgegenzuwirken und begeistern nicht nur private Abenteurer, sondern auch Personalentwickler und Planer von Kundenveranstaltungen und Teambuilding Events. Doch während manches Spiel etwas fragwürdige Botschaften mit sich bringt (Lasertag – jeder gegen jeden oder alle auf den Chef?), eignen sich die sogenannten Exit Games tatsächlich dazu, die Zusammenarbeit im Team auf spielerische Art zu verbessern. Wie das klappt, haben wir getestet.

Exit Game
(Bild: Exitmission )

Konzentriert gebe ich den Zahlencode in das Tastenfeld des kleinen Tresors ein. Bevor ich die Bestätigungstaste drücke, vergewissere ich mich noch einmal bei meinen Mitspielern. Wir haben noch drei Minuten und wenn unsere Lösung falsch ist, ist das Schloss des Tresors für genau drei Minuten gesperrt. Die anderen bestätigen mir die Kombination und ich drücke. Wir haben Glück – der Tresor öffnet sich und gibt einen Schlüssel frei: Unser Ausweg aus dem Raum, der Villa Flemming und dem Jahr 1920. Draußen werden wir von dem Mann begrüßt, der uns in dem antik gestalteten Raum eingeschlossen hat: Spielmacher und Geschäftsführer Ladislau Balazs.

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Der Grund, warum wir ihn dafür nicht der Freiheitsberaubung anklagen, ist, dass wir selbst darum gebeten haben. Wir sind Teilnehmer eines sogenannten Exit Games, ein Freizeittrend, der sich in der ganzen Welt zunehmender Beliebtheit erfreut und langsam auch in Deutschland populärer wird. Balazs hat diesen Trend gemeinsam mit seiner Partnerin Maria Jurkin vor drei Jahren erkannt und mit ihr das Unternehmen Exitmission in Wiesbaden-Biebrich gegründet. Der erste Eindruck des von außen eher unscheinbar anmutenden Bürogebäudes, das in dem Gewerbegebiet nur durch ein großes Schild auf dem Dach auf sich aufmerksam macht, täuscht: Die Räumlichkeiten von Exitmission im ersten Stock sind nicht nur schick und elegant, sondern auch mit großer Liebe zum Detail eingerichtet. Aktuell gibt es drei miteinander verbundene Spielräume, von denen der Neueste unter dem Thema „Alice im Wunderland“ bald eröffnet wird. Die anderen beiden, „Casino Royale“ und „Mord am Rhein“, werden bereits erfolgreich bespielt. Allerdings, so erklärt es Geschäftsführer Balazs, werden die Räume alle drei Monate umgestaltet, um den Kunden immer wieder neue Herausforderungen zu bieten.

Von Sherlock Holmes bis Dr. Frankenstein
Ursprünglich entstand das Phänomen der Exit Games im Internet. Onlinespiele wie „The Crimson Room“ versetzen den Spieler in einen virtuellen Raum, den er nach Hinweisen durchsuchen muss, um den Schlüssel zum Ausgang zu finden. Anfang des Jahrtausends dann begannen clevere Köpfe in Asien und den USA, das Konzept in die Realität umzusetzen. Seitdem sind die Spiele unter verschiedenen Namen wie Live Escape Games oder Quest Rooms auf dem Vormarsch durch die ganze Welt. Sei es eine Bunkeranlage in Berlin, ein U-Boot in San Francisco oder gleich ein ganzes Dorf wie in Athen – die spannungsgeladenen Spiele entstehen an immer neuen Orten und mit immer verrückteren Ideen. Der Kreativität der Schöpfer sind bei der Konzeption der Ausbruchsszenarien keine Grenzen gesetzt. Verbreitet sind Detektivspiele und Krimis, in denen Mordfälle aufgeklärt werden müssen. Gern werden auch Räume basierend auf bekannten Serien oder Filmen aufgebaut und der Besucher stilecht in die fiktionale Welt hineinversetzt. Skurriler geht es hingegen bei Horrorszenarien zu, in denen teilweise Statisten mitspielen und den Spielern in Form von Zombies, Vampiren oder verrückten Forschern gehörig Angst einjagen. Während vor allem in Russland diese Form der Schreckensstorys boomt, kommen in Deutschland bislang eher knifflige Rätselspiele gut an, die die kognitiven Fähigkeiten fordern und den Geist auf die Probe stellen.

Exit Game
(Bild: Exitmission)

Roter Faden und eigene Kreativität
Neben den Privatkunden wie Geburtstagsgesellschaften oder Junggesellenabschieden nutzen auch sehr viele Firmenkunden das Angebot von Exitmission in Wiesbaden. Ihnen bietet sich die Möglichkeit, ihr Spiel von einem professionell ausgebildeten Psychologen begleiten zu lassen, der im Anschluss Feedback und Entwicklungsvorschläge mit dem Team bespricht. Die geistige Herausforderung, verschiedene Codes zu knacken und für die Lösung der Hinweise wirklich im Team zusammenarbeiten zu müssen, macht die Live Escape Games zu sinnvolleren Maßnahmen als Actionspiele wie Paintball oder der klassische Hochseilgarten. Hier wird tatsächlich gearbeitet und der Spaßfaktor verdrängt nicht den Nutzen für Kopf und Team.

Dies ist auch in unserem Selbstversuch deutlich geworden. „Mord am Rhein“ spielt zur Zeit von Agatha Christie und ist eine Mischform aus rotem Faden und kognitiver Leistung. Das bedeutet, häufig führt uns ein gelöster Hinweis zu einem Neuen – aber oftmals müssen wir auch selbst kreativ werden und einen eigenen Weg aus einer Sackgasse finden, beispielsweise indem wir die gefundenen Gegenstände anders kombinieren oder neue Ideen ausprobieren. Bei „Mord am Rhein“, das verrät uns Ladislau Balazs nach dem Spiel, gibt es immer zwei Wege, um zu einem Gegenstand zu gelangen. Was wir bei uns festgestellt haben: Als reine Akademikergruppe waren wir oftmals sehr auf Details und ihre vermeintliche Bedeutung fixiert, anstatt die Zusammenhänge zu sehen. Auch simples praktisches Ausprobieren hätte uns manches Mal weiter gebracht, als ausgiebig über einem einzelnen Zeichen zu brüten.

Communication is Key!
Positiv war hingegen, dass sich unsere Gruppe, bestehend aus drei Frauen und drei Männern, immer wieder in wechselnde Konstellationen von Untergruppen verteilte. So stand hinter unserer Arbeit zwar gefühlt wenig System und Struktur, aber Personen, die zuvor wenig miteinander zu tun gehabt hatten, funktionierten plötzlich wunderbar als ergänzendes Team. Damit wurden im Verlauf des Spiels beim einen oder anderen ungeahnte Stärken sichtbar. Hierin liegt das große Potenzial für Firmen, Abteilungen, Behörden und auch Schulklassen: Die Kürze der Zeit verhindert, dass die Gruppe sich ausgiebig in ihre üblichen Rollen mit Leitwolf, Beobachter und Ausführende aufteilt. Stattdessen muss schnell und manchmal ohne große Absprache gearbeitet werden, so dass sich neue Potenziale auftun und die Teilnehmer lernen, Aufgaben selbst zu erkennen und anzugehen. Wichtig ist nur, zwischendurch immer wieder Rücksprache zu halten und sich gegenseitig über Schritte und gelöste Hinweise zu informieren – genau wie bei der realen Teamarbeit eben.

Doch nicht nur das Team, auch der Einzelne profitiert von dem Erlebnis: Das Spiel verbindet Spannung und Zeitdruck mit kognitiven Herausforderungen. Man darf sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, muss aber auch kreativ um die Ecke denken, um die Hinweise zu entschlüsseln. Die Schwierigkeit besteht darin, dass der Kopf, der an Listen gewöhnt ist und sich Struktur zum Abarbeiten wünscht, hier kreuz und quer denken muss und zwischen Hinweisen springen soll, anstatt brav Schema F zu befolgen. Der Spieler trainiert, unter Druck und Stress zu erfassen, kombinieren und zu arbeiten. Dabei können neue Stärken zutage treten oder auch Schwächen, an denen er arbeiten kann. In jedem Fall wird auf spielerische Art geübt, kreativ und um die Ecke zu denken.

Exit Game
(Bild: Exitmission)

Verschiedenste Einsatzmöglichkeiten intern und extern
Natürlich ist ein einzelnes Live Escape Game kein Allheilmittel für Konflikte innerhalb einer Abteilung. Und auch wenn es zu analytischen Zwecken gern im Recruiting eingesetzt wird, muss jedes Unternehmen selbst entscheiden, ob bei dem verlangten Spiel auch tatsächlich die für die zu besetzende Stelle notwendigen Qualifikationen abgeprüft werden. Aber richtig eingesetzt, birgt der spielerische Ausbruch durchaus Potenzial: Nicht nur als Teambuilding-Maßnahme für das eigene Team, sondern beispielsweise auch als spannendes Incentive für Händler, Kunden und Geschäftspartner. Während der Besuch eines bestehenden Escape Rooms als sinnvolle Abwechslung zum Arbeitsalltag dient, kann in Verbindung mit firmeneigenem Branding auch ein B2C-Event erfolgreich aufgepeppt werden. Die erfahrenen und kreativen Konzeptioner der Exit-Game-Anbieter machen es möglich, ein eigenes Szenario, beispielsweise basierend auf der Firmengeschichte oder um ein bestimmtes Produkt herum zu bauen, wodurch die Spielteilnehmer das Unternehmen und sein Angebot hautnah und actionreich kennenlernen können.

Exitmission-Geschäftsführer Ladislau Balazs prognostiziert den Live Escape Games einen weiteren Aufschwung. Wenn er Recht behält, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die innovativen Spiele in Marketing und Personalentwicklung zu integrieren.

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