Künstler & Show

Tipps von den Profis: Wie geht Künstlervermittlung richtig?

Der Bereich der Künstlervermittlung ist in Deutschland mittlerweile dereguliert. Während die Künstlervermittlung als Arbeitsvermittlung bis in die 90er Jahre Monopol der Bundesagentur für Arbeit – unterstützt durch lizenzierte Vermittler – war, wurden die Restriktionen für private Vermittler schrittweise abgebaut, bis diese schließlich 2002 einen freien Marktzugang erhielten.

Event
(Bild: Ebi Kothe )

Auch heute noch besteht die ZAV Künstlervermittlung, eine Service-Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit unter dem Dach der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) und bietet Künstler für Veranstaltungen an. Der Bereich der privaten Vermittlung dagegen ist für den unerfahrenen Interessenten kaum überschaubar.

Anzeige

Googelt man entsprechende Suchbegriffe, findet man eine Vielzahl von Anbietern, deren Erfahrung, Kompetenz und Kontaktqualität daraus kaum zu bewerten ist. Auch die Plattenfirmen selbst haben teilweise dieses Vermittlungsfeld für sich entdeckt und machen entsprechende Angebote.

Das Ziel für den Interessenten sollte sein, eine erfahrene Person mit der Vermittlung der zu vereinbarenden Wünsche zu beauftragen, und dabei sowohl aus kaufmännischer als auch aus organisatorischer Sicht mit möglichst wenig Zwischenebenen zu arbeiten, um Mehrfachprovisionen und Informationsverluste zu vermeiden.

Ab einer gewissen Popularität wird der Vertrag üblicherweise nicht mehr mit dem Künstler persönlich geschlossen, da dieser seine Interessen durch sein Management oder über einen exklusiven Agenten vertreten lässt. Daher macht es Sinn, nach jemandem zu suchen, der möglichst direkten Zugang zum Management des Künstlers hat und auch die Interessen und Besonderheiten einer Firmenveranstaltung versteht.

EVENT PARTNER hat mit einigen dieser Spezialisten für den deutschen Markt gesprochen:

Marc Kirchheim, Marc Kirchheim Entertainment aus Solingen

„In den wenigsten Fällen kommen Kunden auf uns zu und fragen, ob wir einen bestimmten Künstler für ihre Veranstaltung anfragen können. Es ist fast immer der Fall, dass der Kunde auf uns mit Rahmendaten (Art der Veranstaltung, Konzept, Altersstruktur, Gästecharakter etc.) und Budget zu einer Veranstaltung zukommt und wir dann anhand dieser entsprechend passende Künstler anbieten. Die Einbindung von musikalischen Star Acts in Veranstaltungskonzepte hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert. Vor 15 bis 20 Jahren war es üblich, dass ein Künstler lediglich für einen konzertanten Auftritt verpflichtet wird und ansonsten keinerlei Leistungen oder Verpflichtungen eingegangen ist. Mittlerweile sind auch internationale Top Acts bereit, weitere Leistungen zu erbringen. Diese fragen wir bereits bei der verbindlichen Offerte ab, da nach Vertragsunterzeichnung sehr oft keine Bereitschaft mehr da ist. So haben schon viele Kunden erlebt, dass ein angeblich arroganter Künstler noch nicht einmal ein Handvoll Autogramme unterschreiben wollte. In Wirklichkeit hat aber der Künstlervermittler“ versäumt, die Wünsche der Kunden abzufragen oder hat schlichtweg keine Erfahrung, was üblich und machbar ist und was nicht.“

Stefan Lohmann, Talent Buyer und Booking Agent aus Hamburg

„Meiner Meinung nach stellt sich immer zuerst die Frage, was will ich eigentlich mit der Veran – staltung und dem Live-Entertainment bezwecken? Wen und was will ich bei der Zielgruppe erreichen? Aus der Zielgruppenanalyse ergibt sich auch die Wahl, welche Künstler passen könnten. Erst wenn geklärt ist, was man will, welches Budget man für Live-Entertainment investieren kann und welche Art von Künstlern in Frage kommt, erst dann kann die Kontaktaufnahme mit dem Künstler bzw. dessen Vertretern beginnen. Die ganz großen Stars sind aber eher selten bei Firmenveranstaltungen zu finden. Das geht einher mit meiner Vermutung, dass der positive Imagetransfer, die Reichweite und die Erinnerung an ein besonderes Erlebnis von der Eventbranche unterschätzt werden. Allerdings funktioniert das wiederum auch nur, wenn man die gesamte Veranstaltung inszeniert und sich nicht auf den Star allein verlässt. Zudem muss der Star zum Unternehmen und zu den gesetzten Zielen passen und nicht zum persönlichen Geschmack der Vorstandstochter oder des Eventleiters. Das Veranstaltungsziel muss den Künstler bestimmen, nicht das Budget und nicht der persönliche Geschmack. Ein Star macht keine Veranstaltung. Egal, welchen Künstler oder welches Live-Entertainment man auswählt. Es ist ganz wichtig, dass das Entertainment in die Gesamtveranstaltung sinnvoll eingebettet wird und das Publikum zum emotionalen Höhepunkt der Veranstaltung geführt wird.“

Anja Lukaseder, Artists Only München

„Wichtig für mich als Vermittler ist, möglichst direkt mit den für den gewünschten Künstler zuständigen Agenten zu arbeiten. Üblicherweise ist das eine international agierende, exklusive Bookingagentur. Zuvor sollte das Budget geklärt sein, damit man den Kunden beraten kann, was damit möglich ist. Bei Firmenveranstaltungen werden höhere Preise als im Konzertbusiness aufgerufen, da sie oft außerhalb einer bereits bestehenden Produktion stattfinden. Dabei gibt es keine Festpreisliste, und Verhandlungsgeschick sowie ein Gefühl des Vermittlers für realistische Gagenforderungen sind notwendig. Die üblichen Vertragsformulierungen für Auftritte verbieten jede werbliche Verbindung des Künstlers mit Produkten. Gerade bei Firmenveranstaltungen sollten diese Dinge im Vorfeld abgesprochen werden. Berücksichtigt werden sollte auch, dass besonders ein internationaler Stargast möglicherweise bereits am Vortag anreist und eine durchgehende professionelle Betreuung erwartet.“

Dr. Stefan Anowski, Michow Concerts Hamburg

„Eine Vermittlungsagentur, die einen Künstler einkauft und diesen an eine Veranstaltung weiterverkauft, muss ihre Hausaufgaben machen. Im Vertrag mit dem Künstler dürfen keine Vereinbarungen enthalten sein, die nicht auch im Vertragsverhältnis mit dem Kunden enthalten sind. Als Beispiel sei die so – genannte Fernsehklausel genannt, wodurch der Künstler von seiner Vertragsverpflichtung frei wird, wenn er nach Vertragsschluss für einen Fernsehauftritt am gleichen Datum gebucht wird, der für den Künstler natürlich ungleich wichtiger ist als die Gage eines Abends. Auch wenn eine Kontaktaufnahme mit dem Künstler durch den Kunden bereits stattgefunden hat, kann man die Dienste eines Vermittlers nutzen, um die konkreten vertraglichen Vereinbarungen zu verhandeln. Im übertragenen Sinne: Was Friseure können, können nur Friseure. Man kann sich auch von seinem Nachbarn die Haare schneiden lassen, muss aber damit rechnen, dass es nachher nicht so gut aussieht. Kompetenz und Erfahrung sind unbedingt notwendig. Insbesondere bei internationalen Künstlern sollten die Vertragsentwürfe von erfahrenen Fachanwälten geprüft werden.

Der künstlerische Vortrag ist erst mal Sache des Künstlers und es ist nicht selbstverständlich, dass sich der auftretende Künstler in seine Show reinreden lässt. Übliche Formulierungen in den Vertragswerken sind dabei: Der Künstler ist in der Ausführung seiner Tätigkeit frei, die Bezahlung des Künstlers ist unabhängig vom Erfolg der Veranstaltung und dem Auftraggeber sind Programm und Art der Darbietung bekannt. Ein Beispiel: Ein Kunde wollte selbst den Stargast auf der Bühne ansagen, der dann direkt loslegen sollte. Der Vortrag des Künstlers sah aber als dramaturgische Eröffnung der Show ein spannungserhöhendes längeres Intro vor, was der Vorstellung des Auftraggebers nicht entsprach. Spricht man einen solchen Wunsch des Kunden im Vorfeld mit dem Künstler ab und trifft eine entsprechende Vereinbarung, spart man sich bei der Veranstaltung unnötige Diskussionen und Spannungen.

Auch die Auftrittsdauer sollte genau festgelegt werden. Nicht nur zu kurze, sondern auch zu lange Auftritte führen möglicherweise im Ablauf zu Verstimmung. Bei mehreren Acts kann sich eine unpassende Zusammenstellung oder dramaturgisch ungünstige Reihenfolge des Künstlerprogramms negativ auswirken. Das A und O ist es, Hintergründe einer Veranstaltung zu verstehen. Man muss die Veranstaltung leben, um richtig beraten zu können. Einen Dance Act zu einer reinen Herrenveranstaltung zu buchen, wäre zum Beispiel völlig falsch.“

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Danke an Ebi Kothe – vom Event Partner – für das Kurzinterview.

    Leider konnte man das Thema ja nicht weiter ausführen, da der Platz sehr begrenzt war, dabei kann man so viel zu dem Thema sagen und schreiben. Mit unserem Netzwerk bieten wir zudem eine in Deutschland einzigartige Kombination aus Stars, Show Highlights und Custom Made Live Entertainment.

    Wer mehr Informationen möchte kann sich gerne melden unter info@stefanlohmann.de

    Weitere Tipps bzgl. Künstler Booking, Künstlervermittlung, Künstleragentur, Gala und Corporate Event Booking – da gibt es ja diverse Bezeichnungen – findet man auch im Talent Buyer Blog – Aktuell mit Tipp 3: [Link gelöscht – Anmerkung der Redaktion]

    Tipp 4 beschäftigt sich mit dem Thema Gage und folgt in kürze.

    Ich gehe aber später noch auf weitere Aspekte ein, was man alles beachten sollte, wenn man sich überlegt bekannte Künstler / Stars / Shows zu buchen.

    Beste Grüße
    Stefan Lohmann

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Ein guter und wichtiger Hinweis über die Lizenzierung der Künstleragenturen bis in die 90er Jahre, durch die (damals) Bundesanstalt für Arbeit. Die Künstleragentur Scala gehörte seinerzeit auch dazu. Das Wegfallen dieser Regelung hat nicht nur Gutes gebracht. Viele vermuten, ohne Kenntnis und die notwendige Liebe zum Detail, das schnelle Geld, wenn sie eine Künstleragentur eröffnen. Die kann für den Veranstalter zum großen Reinfall werden. Die Scala, die nun ihren 71sten Geburtstag feiert (http://www.kuenstleragentur-scala.de/kuenstleragentur.html, hat viele Mitbewerber kommen und gehen sehen. Ich selbst darf die Geschicke seit 34 Jahren lenken. Reine Künstlervermittlung ist heute, wie auch damals, nur rudimentär gefragt. Welche Künstler passen auf welche Veranstaltung passen, das ausarbeiten künstlerischer Konzepte, Neuschaffungen von Darbietungen durch Kombinationen sind die Punkte, die den Unterschied und Erfolg ausmachen. Hilfreich ist auch das Verständnis für die Künstler und die Idee hinter der Darbietung. Hier ist eine eigene Bühnenerfahrung hilfreich.

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Wohl wahr Herr Wagner, nach 38 Jahren als aktive Künstleragentin (national und international) im Geschäft und nach 22 Jahren Fachseminare in diesem Bereich kann ich Ihnen nur zustimmen und verweise auf mein Fachbuch “Die Künstleragentur – Grundlagen & Praxis”. Als Agentin arbeite ich zum einen Künstlerbezogen aber zum anderen Veranstalterbezogen und ich sollte über ein sehr breit aufgestelltes “Produktwissen” (verzeihen Sie den Ausdruck im Hinblick auf die künstlerische Leistung) verfügen um die richtige Performance zu dem zu bearbeitenden Event anbieten.

      Auf diesen Kommentar antworten
  3. Interessanter Beitrag und gute Beiträge. Danke dafür.
    Was sich in dem Booking Geschäft allerdings stark verändert, ist die Möglichkeit direkt Kontakt zu Künstlern via Social Media & Co. aufzunehmen. Das ist vielleicht bei nationalen oder internationalen Top-Acts noch nicht so relevant, aber in den ebenen darunter finden schon starke Veränderungen statt.
    Hier gilt es die Kompetenz und objektive Beratung von Agenturen hervorzuheben.
    Wer sich gerne dazu austauschen möchte, schickt mir gerne eine E-Mail [Mailadresse entfernt – Anmerkung der Redaktion]

    Auf diesen Kommentar antworten
  4. Vielen Dank, sehr guter Beitrag

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.