Frankfurt am Main ist eine Charakterstadt, die Stromberg, Goethe und Joschka Fischer hervorgebracht hat. Zudem ist die Rhein-Main Region auch noch Heimat einiger der führenden internationalen Fachmessen. Grund genug, um die Metropole Frankfurt einmal näher zu beleuchten.
Die Metropolregion Rhein-Main, die sich zurecht so nennen darf und sich nicht künstlich wie andere Regionen aufplustert, hat mehr zu bieten als nur Bembel, Bimbes und Frankfotter Grie Soß: Zum Beispiel eine der größten und wichtigsten Automobilmessen der Welt. Das ist in der Autoexportrepublik Deutschland nicht ganz unwichtig, wenn sich Kunden, Händler und Journalisten alle zwei Jahre in Frankfurt begegnen. Und auch für unsere Branche inklusive der Messebauer ist die IAA ein Highlight im Zweijahresrhythmus. Man trifft Gott und die Welt. Die Buchmesse ist da eher das Stiefkind, während die Prolight + Sound in Frankfurt für alle Technikaffinen ein Muss ist. Und bis vor ein paar Jahren pilgerte man der Bea Nöhre und guter Geschäfte zuliebe gerne nach Wiesbaden. Die „World-of-Events-Nächte“ im ehrwürdigen Kasino und mit Käfer-Catering sind in Dortmund bei der „BOE“ bislang nicht zu schlagen gewesen, wie die Veteranen leise bedauernd wissen.
Anzeige
Ein besonders Eventschmankerl der IAA ist immer die Festhalle, die von Atelier Markgraph für Mercedes eingerichtet und von Oliver Schrott bespielt wird. Dieses Atelier des früheren Hausbesetzersympathisanten Roland Lambrette ist aus Mainhattan nicht wegzudenken. So arbeitet man auch für die 1-A-Kunstadresse Schirn in Frankfurt, die unter anderem dem Thema Paparazzi eine große Schau widmete und die den Grenzgang zwischen hehrer Kunst und Pop nicht scheut.
Das ist der ganzen Kulturszene in der Rhein-Main Region so gegangen und so brachte diese viele wichtige Impulse, nicht nur für die Eventszene. Den Leiter des damaligen Theaters am Turm (TAT), Tom Stromberg, muss man hier erwähnen, der das katalanische Spektakeltheater La Fura dels Baus für die A-Klasse mit an den Start brachte. Stromberg ging erst nach Hannover zur EXPO2000, später nach Hamburg ans Schauspielhaus, letztlich – wie so viele – nach Berlin. Frankfurt hat immer Charakterköpfe hervorgebracht. Ob Stromberg, Goethe oder Joschka Fischer.
Von der Frankfurter Schule bis Quasar
Die Nähe von Architekten zu den Hochhäusern in Frankfurt lässt fantasiebegabte Persönlichkeiten wie Lambrette natürlich auch auf diesen Wolkenkratzeroberflächen spielen. Die „SkyArena“ zur Sommermärchen-WM 2006 war so ein dickes Ding auf dieser für Deutschland einmaligen Skyline! Das taten Hermann Obrusnik und Moses Mrohs bereits 1999 für das 30-jährige Jubiläum der Mondlandung. Für den Kunden Omega (die mit den besonderen Weltraumuhren) wurde eindrucksvoll ein Eins-zu-eins-Foto der Saturn-Rakete auf das damals höchste europäische Hochhaus aufgeklebt. Die Commerzbank-Immobilie in Frankfurt steht Events übrigens immer noch offen. Während Obrusnik nach Hamburg wechselte, blieb der Tausendsassa Mrohs der Rhein-Main Region treu – nunmehr 25 Jahre.
Andere sind im Laufe der Zeit von der Frankfurter Bildfläche verschwunden. GEMADI gehörte zu den Pionieren des Eventbusiness. Holger J. Bub, der Sohn eines Opelianers lernte dort das Handwerk, bevor er sich 1998 mit Quasar selbstständig machte. Zwischendurch kümmerte er sich auch um ein Ausflugslokal und die Weinberge seiner Frau. Quasar, eine der aufstrebenden Agenturen des Millenniums, ist auch bereits wieder Geschichte. Ebenso wie OnAir aus Wiesbaden. Nachfolger und erfolgreiche Ausgründungen am Ort wie Mahesh Iyers Brandscape in Wiesbaden oder Jan Rogozinskis Pure Perfection führen die Geschäfte quasi weiter fort. Holger Bub ist in Mainz auf der andern Rheinseite gelandet und konzentriert sich mit Buben & Mädchen, Agentur für Sales Performance, auf Verkaufswettbewerbe und Bonusprogramme. Nach Mainz hatte es zuvor schon die Quasare Herbert Focking und seine Geschäftspartnerin Arzu Aydin-Mitternacht mit Freiheitblau verschlagen. Auf der pfälzischen Seite der Rhein-Main Region sind ja auch noch zwei große Sendeanstalten zu Hause, was die Region ebenfalls prägte und Kreativität nach Frankfurt lockte. Die berühmte Frankfurter Schule mit Adorno und Horkheimer stellte ab 1924 die Weichen für einen diskursfreundlichen kritischen Geist.
Zwischen Schenkelklopfer Heinz Schenk und Satire à la „Pardon“
Klaus Peymanns Uraufführungen von Peter Handkes Stücken („Publikumsbeschimpfung“), Joseph Beuys Performance TITUS/IPHIGENIE und die kurze Intendanz von Rainer Werner Fassbinder am zuvor erwähnten TAT sind ebenfalls Ausdruck eines solchen Geistes. Dass man in der Metropolregion nicht nur den schenkelklopfenden Humor von Heinz Schenk beim Apfelwein schätzte, zeigt sich in der Konstitution der Neuen Frankfurter Schule mit F. W. Bernstein, Robert Gernhardt, Eckhard Henscheid, Hans Traxler oder F. K. Waechter, die den Mief der späten Erhard- und Adenauerrepublik erfolgreich durchlüfteten und mit der Satirezeitschrift „Pardon“ die Fenster weit aufrissen. Mittlerweile gibt es sogar ein Museum für Komische Kunst. Später entstand die „Titanic“. Deren Verlag weilt mittlerweile in Berlin, die Redaktion ist Frankfurt treu geblieben. Der Suhrkamp Verlag, der die Nachkriegsstadt ebenfalls kulturell prägte, ist inzwischen leider auch vom Main in die Spreemetropole umgezogen.
Die wenigsten wissen noch, dass Frankfurt am Main beinahe die Bundeshauptstadt geworden wäre. Es war nur der Bequemlichkeit des alten Kanzlerfuchses Adenauer und eines Tricks zu verdanken, dass es damals das beschauliche Bonn wurde (33 zu 29 Stimmen im parlamentarischen Rat). Adenauer musste nur noch mit der Fähre von Rhöndorf einmal über den Vater Rhein setzen, um den Schreibtisch im Palais Schaumburg zu erreichen.
Kommentar zu diesem Artikel
Pingbacks