Projektmanagement in der Eventplanung: Wie bezwingen wir die Kräfte, die unsere Events ständig verzögern wollen?
von Uwe Techt , Artikel aus dem Archiv
Im Eventbereich führt klassisches Projektmanagement oft nicht nur zu Abstimmungsproblemen mit dem Auftraggeber, dem Vermieter der Location, den Caterern, Künstlern oder Technikern. Auch Budgetüberschreitungen und Abstriche an den Veranstaltungsdetails sind an der Tagesordnung. Doch wie kommt es dazu?
(Bild: Pexels)
Der Schlüssel liegt in der soliden Projektplanung. Befasst sich der Event-Projektmanager nicht bereits im Planungsstadium mit Unsicherheiten, kann das erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtleistung haben. Wobei eine solide Projektplanung nicht unbedingt heißt, im Vorfeld alles noch genauer zu planen. Gefragt sind vielmehr gerade im Projekt eine hohe Flexibilität sowie schnelle Reaktionsfähigkeit des Projektmanagers verbunden mit einer guten und offenen Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Das Projekt läuft und läuft und läuft… . Welche Faktoren können Event-Projektleiter trotzdem daran hindern, Veranstaltungen auf den Punkt zu realisieren? Critical Chain Projektmanagement (CCPM) lehrt uns, dass während der Umsetzung von Events, Tagungen oder Kongressen vor allem drei Effekte die Projektleistung negativ beeinflussen können:
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1. Feind: Das Studentensyndrom
Das Studentensyndrom bezeichnet die Tendenz, Aufgaben erst auf den letzten Drücker zu erledigen – im Volksmund auch “Aufschieberitis” genannt. Dies kann zu einem echten Problem werden, wenn ein Projekt – so wie im Eventbereich gang und gäbe – aus zahlreichen Details besteht und jeder Vorgang eine zeitliche Sicherheit hat. Beginnt ein Projektmitarbeiter seine Arbeit innerhalb der Eventrealisierung erst im allerletzten Moment, ist der Zeitpuffer der Aufgabe aufgebraucht, bevor die Bearbeitung überhaupt startet. Kommt es zu unerwarteten Verzögerungen, werden diese die Realisierung des Events direkt beeinträchtigen.
Das Studentensyndrom ist einer der Hauptgründe, weswegen CCPM lehrt, nicht in jedem einzelnen Projektschritt eine Sicherheit zu gestatten. Stattdessen sollen die Zeitschätzungen für die einzelnen Vorgänge gekürzt werden. Wenn Projektmitarbeiter sich nicht sicher sind, ob sie eine Aufgabe rechtzeitig erledigen können, trauen sie sich nicht, Zeit zu verschwenden. Trotzdem sollen die Kürzungen im Rahmen des Machbaren bleiben. Zum einen sind die Angaben nur “Schätzungen”, denn man weiß nie, wie lange eine Aufgabe wirklich dauert. Und: Kürzt man die Zeitschätzungen so sehr, dass eine termingerechte Erledigung vollkommen unmöglich erscheint, hat das schnell den entgegengesetzten Effekt und wirkt demotivierend.
Indem die einzelnen Vorgänge angemessen gekürzt werden und die so gewonnene Zeit gebündelt wird, schafft CCPM einen einzelnen, großen Zeitpuffer am Ende des Projektes, der nun jeder Aufgabe innerhalb des Event-Managements zur Verfügung steht. Dadurch wird der Einfluss des Studentensyndroms bedeutend verringert. Zudem wird es viel einfacher, die wahren Auswirkungen von Verspätungen auf die kritische Kette und auf die Fertigstellung der Veranstaltung insgesamt zu erkennen.
2. Feind: Das Multitasking
Multitasking ist ohne Zweifel die größte Bedrohung in der Projektumgebung. Der Begriff Multitasking hat einen positiven Klang: Ein multitaskingfähiger Prozessor ist toll. Ein Event-Projektmanager, der viele Veranstaltungen gleichzeitig im Blick hat und betreut, ist ein guter Event-Manager. Auch in der scherzhaften Aussage, dass nur Frauen multitaskingfähig sind, ist Multitasking positiv besetzt. Wer Multitasking als Belastung erlebt, an dieser Belastung leidet, durch sie seine Leistungsfähigkeit verliert, durch sie ausbrennt und erkrankt, war eben nicht stark genug für die Welt des Event-Managements und für diese Aufgabe nicht geeignet. Ein neuer Mitarbeiter mit frischer Energie nimmt die Stelle ein… bis ihn ein ähnliches Schicksal ereilt.
Im Arbeits- und Projektalltag ist Multitasking nämlich nicht so toll. Meistens kommt es in der schädlichen Variante vor: Die Planung der Veranstaltung A wird zugunsten eines akuten Problems in der Location von Veranstaltung B unterbrochen. Bevor B jedoch vollkommen geklärt ist, wird auch B unterbrochen – zugunsten von C oder A… .
Multitasking entfaltet seine negativen Wirkungen nicht nur auf die Menschen im oftmals sowieso sehr hektischen Event-Management, sondern auch auf die Arbeit selbst: Wer zwischen mehreren Aufgaben hin- und herwechselt, macht mehr Fehler (die später korrigiert werden müssen) und verbraucht mehr Arbeitszeit für jede davon betroffene Aufgabe (durch Setup-Zeiten sowie für Fehlerkorrektur).
Wo Multitasking also gängige Praxis im Event-Management ist, sind die Projekte teurer und dauern viel länger, als sie müssten. Für die Effizienz des Ressourceneinsatzes und für die Geschwindigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Event-Agentur ist Multitasking tödliches Gift. Um Multitasking zu verringern, reduziert man die Anzahl aktiver Projekte (in der Regel um ca. 25 Prozent). Zu diesem Zweck werden einige Projekte (bei genauerer Betrachtung gibt es immer welche, die nicht so sehr eilen) vorerst eingefroren, bis andere abgeschlossen sind. Mit anderen Worten: An den eingefrorenen Projekten darf so lange nicht mehr gearbeitet werden, bis ein aktives Projekt abgeschlossen ist. Auch wenn viele dieses Vorgehen nicht für möglich halten, ist erwiesen: Ein Unternehmen kann – ohne Multitasking – viel mehr mit den gleichen Ressourcen leisten und sehr viel schneller sein.
3. Feind: Die Verkettungen von Vorgängen
Dass einzelne Vorgänge in Projekten voneinander abhängig sind, ist unvermeidlich. Im traditionellen Projektmanagement führen diese Abhängigkeiten allerdings dazu, dass Verspätungen weitergegeben werden und Verfrühungen verloren gehen. Dafür gibt es übrigens auch in der Eventbranche zahlreiche Gründe:
Das oben beschriebene Studentensyndrom ist einer davon, “Parkinson’s Law” ein anderer. Dieses besagt, dass “sich Arbeit genau in dem Maß ausdehnt, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht”. Ob diese Zeit darauf verwendet wird, einen Kaffee zu trinken oder der Veranstaltung ein paar unnötige Details hinzuzufügen – in der Regel bleibt am Ende von der eingeplanten Zeit nichts mehr übrig. CCPM ist darauf bedacht, diese Abhängigkeiten besser zu verwalten. Dies geschieht vor allem durch bessere Zuteilung und Verwaltung von Sicherheiten (Zeitpuffern).
First list item Sicherheiten in den einzelnen Vorgängen werden mit gebündelten, expliziten Sicherheiten am Projektende ersetzt und Zwischenpuffer jeweils dort eingefügt, wo parallele, nicht-kritische Ketten in die kritische Kette einlaufen. Auf diese Weise gehen Verfrühungen nicht mehr unweigerlich beim nächsten Vorgang verloren, sondern sind im Projektpuffer (oder Zwischenpuffer) sichtbar. Zwar kann es natürlich immer noch zu Verspätungen kommen, doch etwaige Verfrühungen fallen nun ebenfalls ins Gewicht und können dazu genutzt werden, als verantwortlicher Projektmanager oder zuständige Event-Agentur auch einmal vor der Zeit alles unter Dach und Fach zu haben – Veranstalter wie Beteiligte werden es Ihnen danken!
Über den Gastautor:
(Bild: Uwe Techt)Uwe Techt ist Geschäftsführer der VISTEM GmbH & Co. KG und gilt als Vorreiter im deutschsprachigen Raum für die Nutzung der Theory of Constraints (TOC) und des Critical Chain Projektmanagements. Als strategischer Denker für grundlegende Verbesserungen und Durchbruchsinnovationen ist der Topmanagement Coach auch gefragt als Speaker und Autor. Zuletzt von ihm erschienen ist das Fachbuch “PROJECTS that FLOW”.