Passgenaue Architektur unterstützt Live-Kommunikation auf Events
von Andreas Schäfer,
Warum sehen sich eigentlich so viele Events zum Verwechseln ähnlich? Dadurch wird die Botschaft nicht wirklich sichtbar und nicht wirklich erlebbar. Geschweige denn wiedererkennbar oder gar unverwechselbar. Dabei gibt es in Deutschland hervorragende Setdesigner und Architekten. Die vielgesehene 90° geklappte Bühne als Format sollte ausgedient haben. Der Frankfurter Boris Banozic ist so einer, mit dem man Kommunikation planen kann.
Bei auffälliger Eventarchitektur ist es nicht verwunderlich, wenn der Name Markgraph fällt. Das Atelier ist nach wie vor eine der feinsten Adressen, wenn es um Kommunikation durch Raum geht. Auch Boris Banozic hat das Atelier passiert. Mittlerweile arbeitet der gebürtige Kroate schon viele Jahre auf eigene Rechnung. Seine Kreationen für das zehnjährige Jubiläum des Jüdischen Museums Berlin haben massenhaft und nicht nur Design-Preise eingestrichen. Eine weitere Station war das 50-jährige Jubiläum des Finanzdienstleiters DIT in der Alten Oper in Frankfurt oder das große Zusammentreffen der gesamten Adidas-Welt vor der WM in Deutschland in Nürnberg.
Nicht jeder Architekt hat direkt mit Zinedine Zidane, Mel C oder David Beckham zu tun. Auffällig ist die Vorliebe für Me-dien, und so bietet Boris Banozic gerne die Flächen für mächtige Projektionen.
Anzeige
Die Architekten, die ich kenne, sind ältere, gesetzte, vollbärtige Herren, die Tweed-Sakkos tragen, Rotwein trinken und Porsche fahren. Sie sind anders. Sie fahren Fahrrad?
Ich fühle mich nicht so wichtig wie manche andere Architekten, die das permanent nach außen zeigen müssen.
Haben Sie Architekten in der Familie als Vorbilder gehabt?
Nein, gar nicht. Ursprünglich wollte ich Kunst oder Produktdesign studieren. Parallel habe ich mich auch für Architektur be-worben, denn ich fand die Kombination von Gestaltung und Technik sehr interessant. Für das Architekturstudium entschied ich mich, weil ich damals dachte, das sei die solidere Basis. Nach diesem Studium bin ich dann doch an die Kunsthochschule gegangen, weil es mich über die Grenzen der Architektur hinaus interessiert hat, mich mit Gestaltung zu beschäftigen. Es gab schon zu dieser Zeit die Idee, das in die Architektur zu integrieren.
Ich habe Ihre Biografie verfolgt. Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit Innenräumen, nicht mit Landschaft und der Bebauung von Landschaft. Wie ist es dazu gekommen?
Nach dem Studium an der Kunsthochschule habe ich drei Jahre bei Atelier Markgraph gearbeitet und mich dort sehr in die Thematik „Messe & Ausstellungen“ vertieft. Dabei ist es geblieben. Wir nehmen hin und wieder an Wettbewerben teil, bei denen es um Architektur als Gebäude- oder Landschaftsform geht, um da dran zu bleiben. Im Grunde spielt es keine Rolle, in welchem Maßstab eine Idee für den Raum entwickelt wird. Es liegt eher am Geldverdienen, dass es mehr Innenräume sind.
Architekt ist ja nicht mehr der Traumberuf, bei dem ein Porsche garantiert ist. Ich kenne einige Architekten, die ganz schön knapsen müssen und es schwer haben, heutzutage an Aufträge zu kommen.
Mit dem Hochbau habe ich, wie gesagt, wenig zu tun. Es geht bei meiner Arbeit mehr darum Grafik und Medien in die Architektur zu integrieren und ganzheitliche Lösungen zu entwickeln. Mit diesem Ansatz, dieser speziellen Aufgabenstellung, treten Auftraggeber an mich heran.
Wie ist es zu Ihrer Vorliebe für Trapezflächen und gewundene Dreiecke gekommen? Diese sehe ich über die Jahre als ästhetische Linie in Ihren Arbeiten.
Eigentlich ist das kein Stilmittel, das ich ständig verwende. Ich versuche, jedes Projekt anders zu betrachten und andere Geometrien anzuwenden. Die Dreiecke kommen speziell bei Aufgabenstellungen zum Einsatz, bei denen es sich anbietet. Es ist eine gestalterische Methode, um Dynamik in Architektur zu bringen. Konstruktiv funktioniert sie sehr gut, denn Konstruktio-nen, die auf Dreiecken basieren, sind am Stabilsten. Zum anderen kann man dreieckige Konstruktionen gut grafisch ergänzen. Ich mag dynamische Geometrien, aber die müssen nicht dreieckig sein.
Wir arbeiten jetzt auch verstärkt mehr organisch, mehr rund. Das ist immer eine Sache der Anforderung und des Budgets. Organische Formen sind aufwändiger in der Produktion.
Sie sind bei Events und Messen im Kommunikationsbereich unterwegs. Verstehen Sie sich als Bote, als Botschaft oder verstehen Sie die Architektur als Environment für eine Botschaft?
Die Architektur sollte schon Teil der Botschaft sein, indem sie sich erst mal sehr tief mit dem Inhalt auseinandersetzt und ver-sucht, diesen Inhalt in der Art, wie der Raum dann wirkt, zu spiegeln: ruhig, dynamisch, schnell. Die Architektur ist nicht di-rekt die Botschaft. Die Architektur ist aber auch kein reines Environment, in dem die Botschaft sich komplett selbstständig bewegt, sondern Botschaft und Architektur gehören meiner Meinung nach zusammen. Man kann mit Räumen Botschaften unterstreichen und begleiten.
Wie steigen Sie am liebsten in die Entstehungsprozesse für die Lösung von Kommunikationsaufgaben ein? Manchmal passiert es ja, dass das Konzept vollständig steht und gesagt wird: „Da ist die Bühne. Mach etwas Schönes draus.“ Ich stelle mir vor, dass das für die Entwicklung von guter Architektur nicht ganz so vorteilhaft ist.
Den Fall, dass ein Konzept schon fertig ist, hatte ich noch nie. Natürlich ist es besser, wenn man erstmal nur den Inhalt hat und von Grund auf eine Idee für die Architektur entwickeln kann. Es geht nicht nur um die Bühne, es geht auch um den Raum drumherum. Man findet außerdem meist Ansätze an anderen Stellen – nicht nur an der betreffenden Bühne, um die man sich kümmern soll.
Ganz klar: Ihre Eventräume, Ihre Bühnenräume sehen immer anders aus. Bei 90 % der Events, die ich kenne, haben wir die übliche horizontale Bühnenfläche und im 90°-Winkel dazu eine Leinwand, auf die irgendwelche Bilder projiziert wer-den. Eigentlich braucht man für solch eine Konstruktion keinen Architekten. Ist das eine Budget-Frage oder eine Phanta-sie-Frage, dass da nicht mehr passiert?
Ich glaube, dass es nicht unbedingt eine Budget-Frage ist. Natürlich ist ein geometrisch komplexeres Bühnenbild auch kosten-aufwändiger als eine gerade Wand. Aber da kann man immer noch mit dem Material gucken. Wir gehen grundsätzlich so vor, dass wir das Budget erst einmal nicht so sehr in den Mittelpunkt stellen. Wenn wir eine gute Idee, ein gutes Konzept haben, dann suchen wir nach Lösungen, wie wir das mit dem betreffenden Budget umsetzen. Um Lösungen zu finden, die tiefer gehen, ist eine sehr intensive Auseinandersetzung mit den Unternehmensinhalten, die dargestellt werden sollen, mit dem Bühnenpro-gramm, mit dem gegebenen Raum notwendig. Eine komplexere Geometrie ist ja nicht willkürlich ortsunabhängig. Sie orientiert sich am umgebenden Raum, an den Blickwinkeln der Zuschauer, am Bühnenprogramm, an der Größe der Projektion, an den Möglichkeiten, mehr Projektion einzusetzen. Das ist eine tiefe Auseinandersetzung, ein langer Prozess, den viele nicht gehen wollen oder können. Das Budget betrifft ja auch unsere Planungszeit und die ist bei uns etwas länger als bei anderen. Denn wir verfolgen immer das Ziel, eine außergewöhnliche Lösung zu finden.
Das ist Ihnen auch oft gelungen. Sie haben einige preisgekürte Events ausgestattet, wenn ich „ausgestattet“ sagen darf. Was bedeuten Ihnen Preise?
Natürlich ist man stolz darauf, weil es eine objektive Beurteilung der eigenen Arbeit im Vergleich zu allen anderen Büros ist, die dort etwas einreichen. Aber mehr auch nicht. Es gibt sehr viele Architekten und Designer, die gut sind und Preise verdient haben. Vielleicht ist es auch ein bisschen eine Sache des Glücks, eine Sache der Präsentation des Projekts, wie weit sie den Rahmen sprengen und eine Sache der Wichtigkeit im Kontext des aktuellen Designs. Genau genommen ist so ein Feedback, solch eine Honorierung, toll, weil man bei der Arbeit oft zweifelt und unsicher ist.
Sie haben schon einige Projekte in der „Champions League der Eventarchitektur“ gemacht, zum Beispiel waren Sie beim Adidas Global Marketing Meeting in Nürnberg dabei. Haben Sie noch Träume, die Sie realisieren möchten?
Mein Traum ist, Projekte ganzheitlich zu bearbeiten, im besten Fall auch die Medienbespielung zu entwickeln.
Also auch die Inhalte?
Ja, weil man da am Ende immer wieder Anpassungsprobleme hat – dass die Medien dann doch nicht ganz so sind, wie man es sich wünscht. Von daher wäre es mein Traum, dass das Büro so weit wächst, um auch Medienplaner zu integrieren. Alles sollte von vornherein Hand in Hand gehen.
Sie arbeiten ja nicht mit den klassischen Materialien eines Architekten: Ziegel und Beton. Ich habe gesehen, dass Sie mit Metallgeweben experimentieren. Haben Sie auch Wünsche in Bezug auf die Stofflichkeit?
Es gibt wahnsinnig viele neue Materialien, die man testen und einsetzen kann. Die Zukunft wird immer ausgefeiltere und inte-ressantere Materialien bieten. Sie werden unsere Umwelt und die Betrachtungsweise von Entwürfen verändern.
Wir sind ja noch nicht so weit, wie man vor 15 Jahren vermutet hat, was beispielsweise die LED-Technik angeht. Wird es irgendwann Oberflächen geben, die nur noch Inhalte wiedergeben? Und die weiße Wand ist tot?
Es wird sicher so sein, dass die weiße Wand tot ist. Es wird wahrscheinlich nur einfache Anstriche geben, die leisten, dass die Wand mit digitalen Inhalten zum Leben erweckt wird.