von Daniela Baumann, nach einem Vortrag von Marcus Pohl,
Das komplexe Thema Scheinselbstständigkeit bewegt die Eventbranche schon seit einigen Jahren. Wie können hier die beauftragenden Unternehmen durch Management- und Beauftragungsstrategien Selbstständige unterstützen?
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Eine politische Lösung lässt noch auf sich warten, doch insbesondere die beauftragenden Unternehmen können mit den passenden Managementstrategien schon jetzt die Feststellung einer Scheinselbstständigkeit verhindern. Was braucht es dazu? Marcus Pohl, Vorstand des ISDV, der Interessengemeinschaft der selbstständigen Dienstleister: innen in der Veranstaltungswirtschaft e. V., gibt Tipps.
Statusfeststellungsverfahren
Neben der Prüfung der Sozialversicherungspflicht ist für Selbstständige das Statusfeststellungsverfahren (§ 7 SGB IV) von großer Bedeutung. Hierbei stellt ein:e Prüfer:in aufgrund der Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer:in und anhand nicht festgelegter Anhaltspunkte eine Scheinselbstständigkeit fest oder eben auch nicht. Einbezogen werden u. a. Aspekte wie die Einbindung in den Betriebsablauf des Auftraggebers, die Weisungsgebundenheit des/der Auftragnehmers/ Auftragnehmerin, ob Angestellte im selben Kontext eine ähnliche Tätigkeit übernehmen und eine Selbstständigkeit von außen überhaupt erkennbar ist. Problematisch ist hierbei, dass es seit 2003 keinen Kriterienkatalog mehr gibt, die Beauftragungsverhältnisse erst im Nachhinein beurteilt werden und es individuelle Sichtweisen der Prüfer:innen gibt.
Managementstrategie und Human Resources
Doch was hat Scheinselbstständigkeit mit Managementstrategie und Human Resources (HR) zu tun? Managementkonzepte, bei denen HR neben eigenem Personal auch die selbstständigen Dienst leister: innen erfasst und beauftragt, sind noch die Regel. Kritisch ist insbesondere die Erfassung von persönlichen Daten der Subunternehmer:innen wie Tagessätze, Erstellung von Personalakten, Fragebögen mit Basisinformationen etc. . Hier liegt eine besonders große Gefährdung durch die Scheinselbstständigkeit begründet. Problematisch für die selbstständigen Dienstleister:innen sind dabei die offensichtliche Einbindung in den Betriebsablauf, die Behandlung wie angestelltes Personal und eine mangelnde Abgrenzung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer:in. Identifiziert werden von Marcus Pohl mehrere Problemstellungen im HR: fehlendes Wissen um die Funktionsweise des Statusfeststellungsverfahrens und den „korrekten“ Umgang mit Subunternehmer: innen (Behandlung wie Angestellte) sowie die Vereinfachung der Arbeit durch Integration der freien Mitarbeitenden ins eigene HR-System.
Eine Lösung, um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, sieht Pohl bei einem Management, das die Problemstellung erkennt, den Willen hat, etwas zu ändern, und im besten Fall eine Managemententscheidung trifft, die lautet: „Beauftragung von Subunternehmer:innen durch den Einkauf und nicht das HR.“
Damit einher gehen Schulungen des Einkaufs über die Funktionsweise des Statusfeststellungsverfahrens, eindeutige und vollständige Beauftragungen sowie Werkoder Dienstverträge. „Wichtig ist es,“, so Marcus Pohl, „trotz Mehraufwand auf eine offensichtliche ‚Lücke‘ zwischen dem Auftraggeber und den Selbstständigen zu achten.“
Lösungsansätze
Marcus Pohl und der ISDV e. V. setzen sich für fünf Möglichkeiten zielführender Beauftragungsstrategien ein:
Werkverträge verwenden, um Beauftragungen abzugrenzen.
Vergabe ganzer Projektteile an Subunternehmer:innen.
Projektmanagement stärken, um Jobs genau vergeben zu können (Vorlagen und Bausteine nutzen).
Firma als GmbH & Co. KG aufstellen und Selbstständige als Kommanditisten dazu holen.
Gründung einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) – Ausschreibung und dann Erteilung eines Auftrags an eine aus Selbstständigen zusammengeschlossene Bietergemeinschaft (bei Auftragserteilung Bildung der ARGE).
Diese Konzepte können aus Pohls Sicht dazu beitragen, Scheinselbstständigkeit zu vermeiden – für #dasNeueMiteinander.