Kolumne

Die Event-Zora: Schweißgebadete Nächte

Wie steht es eigentlich um die Menschrechte in der Eventbranche? Fragt sich die Event-Zora und bekommt davon sogar Albträume.

Die Event-Zora

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Ich habe seltsame Träume. Tagsüber sind es Tagträume von Frieden und Freiheit. Nachts wache ich schweißgebadet auf, weil ich bei der BrandEx-Verleihung gerade noch auf der Bühne stand für den Gold-Award Best Live-PR für die russischen Feierlichkeiten der annektierten Gebiete im Baltikum. Beim ADC erhielt ich den Goldenen Nagel für das Chador-Museum in Teheran. Auch der Launch-Event für die Panzerhaubitze 3000 steht auf der Shortlist des Best Event Awards. So wäre ich auf Platz 1 des nächsten Event-Kreativrankings. Aber will ich das?

Sofort machen würde ich das Jubiläum der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die fand am 10. Dezember 1948 in Paris statt. Auf den Tag genau 72 Jahre später werden in Katar im Al Thumama Stadium und im Al Bayt Stadium die Viertelfinalspiele der FIFA-WM angepfiffen. Ob es nun 37 offizielle tote Sklavenarbeiter:innen sind oder die Zahl im vierstelligen Bereich liegt, ist unerheblich, denn auch die hunderttausenden Überlebenden waren nicht besser gestellt, da sie unter Bedingungen schuften mussten wie die Bauarbeiter:innen der Pyramiden vor 4.000 Jahren.

Und was, liebe Zora, hat das bitteschön mit unserer Branche zu tun? Darauf komme ich jetzt. In Doha sitzt, als Franchise von fischerAppelt, deren Dependance am Golf und freut sich schon länger über die ganzen Events, die durch den Megaevent ins Land kommen.

Ja, so ein Ereignis mit all seinen Festivitäten ist der Traum eines jeden und jeder, die Events managen. Da ist man dann so richtig glücklich, bis auf die Menschenrechtsbeauftragten? Apropos „Beauftragte“: Die Agentur-Mutter hat sogar inzwischen eine Happiness-Beauftragte für ihre Mitarbeitenden, die zuständig für „Wohlbefinden, Motivation, Zufriedenheit“ ist. Davon können die menschlichen Ameisen im heißen Wüstensand und in unklimatisierten Quartieren auch nur träumen.

Ja wir sind heute so gerne „sustainable“, jedenfalls flexen wir da auf allen Social-Media-Kanälen. Dazu gehören aber mehr als totgestreicheltes Entrecôte vom Bio-Rind oder kopfbewegte LED-Lights. Auch die Einhaltung der Menschenrechte gehört laut UN-Charta dazu.

Ich fände es schön, wenn wir mehr herz- und kopfbewegte Menschen wären, die in unserer Branche nicht alles mitmachen. Was für ein Glück, dass die nächsten Olympischen Spiele und FIFA-Weltmeisterschaften in Demokratien stattfinden (wenn Trump nicht wieder an die Macht kommt).

Um hier nicht nur eine einzige Agentur zu dissen, stelle ich ausdrücklich fest: Natürlich haben in der Vergangenheit jede Menge Agenturen, Dienstleister und Einzelakteure bei der Kreation und Organisation von Events in Diktaturen teilgenommen. Nehmen wir nur mal China mit seinen Großevents oder Saudi-Arabien. Da sind es dann zum Beispiel spektakuläre Museumsprojekte in einem Land, das ebenso spektakulär die Menschenrechte verletzt und mittelalterliche Bestrafungen durchführt. Jetzt höre ich aber auf, sonst träume ich heute Nacht noch vom Gala-Award für die beste inszenierte öffentliche Massenhinrichtung in Riad. Ich überlasse Euch jetzt einfach mal Eurem sanften Ruhekissen.

Eure Event-Zora

 

PS: Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten vor der Expo ihre Scharia-Gesetze deutlich gelockert. Bei Katar ist wohl nichts dergleichen erfolgt. Wer also dorthin reist, um zu arbeiten oder zu feiern, sei nur erinnert:

Alkohol ist eine Sünde und nur an bestimmten Orten erlaubt, wozu die Stadien gehören werden. Erregung von öffentlichen Ärgernissen, die durch Alkohol ausgelöst werden, sind auch strafbar. Da kann es dann auch Peitschenhiebe geben.

Für Austausch von Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit und „Unzucht“ (also Heteros, die nicht verheiratet sind) gibt es auch bis zu 100 Peitschenhiebe. LGBTIQs trifft es, wenn sie erwischt werden, deutlich härter.

PPS: Katar liegt auf Platz 153 der Liste der persönlichen Freiheiten der UN. Wer wissen will, wo die Destination für zukünftige Projekte liegt, wird hier fündig.

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