Wenn die Grundlagen zum Aufbau einer Arbeitgebermarke und der erfolgreichen Mitarbeitergewinnung gelegt sind, ist noch nicht Schluss im Employer-Branding-Prozess. Wir zeigen die Möglichkeiten auf, wie man Arbeitskräfte langfristig ans Unternehmen bindet.
(Bild: Shutterstock/ EtiAmmos)
Wir haben uns in der Eventbranche umgehört, wie durch nachhaltiges Employer Branding das Ziel der langfristigen Mitarbeiterbindung erreicht werden kann. Aus Sicht von Arbeitnehmer:innen ist der berufliche Aufstieg, verbunden mit Gehaltsanpassungen und Angeboten, ein wichtiger Faktor. Ebenso ist die Identifikation mit dem Unternehmen nicht zu unterschätzen.
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Möglichkeiten zur Attraktivitätssteigerung
Um Mitarbeitende zu halten und sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, haben sich die Angebote der Unternehmen heutzutage gewandelt. Eine der größten Veränderungen ist sicherlich die große Flexibilität, die durch das mobile Arbeiten entstanden ist. Dieses erfordert die Ausstattung der meist kompletten Belegschaft mit Laptop und Firmenhandy, oft auch zur privaten Nutzung. Dadurch wird das Arbeiten an verschiedenen Standorten oder im Homeoffice ermöglicht, verbunden mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Verändern sich die Lebensumstände bei den Mitarbeitenden, ist Offenheit und Flexibilität gefordert, um diese zu halten. Angebote können u.a. neue Aufgaben, veränderte Arbeitszeiten oder Rahmenbedingungen sein, verbunden mit familienfreundlichen Maßnahmen. Karriere- und Aufstiegschancen innerhalb des Unternehmens sind ein weiterer Baustein, um Mitarbeitende langfristig und mit Perspektive zu binden. Im Fokus stehen fachliche und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten durch betrieblich geförderte Aus- und Weiterbildung sowie Fortbildungen. Neben klassischen Gehaltserhöhungen oder Bonuszahlungen können z.B. betriebliche Altersvorsorgemodelle, zusätzliche Krankenversicherungen oder steueroptimierte Essenszuschüsse finanzielle Anreize schaffen. Die unterschiedlichen Optionen ergänzen attraktive und faire Gehaltsstrukturen im Unternehmen.
Weitere Bausteine, um Mitarbeitende auch untereinander zu binden, sind Firmenveranstaltungen, Incentives oder Teambuilding-Maßnahmen. Unter Gesundheitsaspekten sind Mitgliedschaften im Fitnessstudio oder gemeinsame sportliche Aktionen eine Idee. Veränderung im Mobilitätsverhalten bieten das Job-Rad oder der Zuschuss zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Je nach Unternehmensgröße und Kapazitäten können unterschiedlichste Angebote, verbunden mit einer schnellen und offenen Kommunikation, wesentlich zum Aufbau und Erhalt einer positiven Arbeitgebermarke beitragen.
Ausdruck von Wertschätzung
„Im Rahmen des Employer-Branding-Prozesses ist es unter psychologischen Aspekten ein Ausdruck von Wertschätzung, aktiv Weiterbildungen anzubieten. Mehr denn je sollten Arbeitgeber diese Chance heute nutzen, um nachhaltig Mitarbeitende an ihr Unternehmen zu binden.“
Dr. Katrin Gessner-Ulrich, Präsidentin IST-Studieninstitut und IST-Hochschule für Management
Erfolge aus der Eventbranche
Immer mehr Unternehmen, die nachhaltige HR-Strategien und -Prozesse umsetzen, erfahren positive Auswirkungen auf die Struktur, Mitarbeiterzufriedenheit oder auch die Arbeitsmoral. Das Estrel Berlin hat mit dem Aufbau der „Estrel Family“ den Mitarbeitenden ein Zusammengehörigkeitsgefühl vermittelt und grundsätzlich positive Resonanz erhalten. Erzielt wurde eine größere Identifikation mit dem Haus, auch bei vielen langjährigen Mitarbeiter:innen. Die Gewinnung neuer Arbeitskräfte aus dem Freundes- und Bekanntenkreis durch Empfehlungen ist ebenso ein Erfolg wie die zahlreichen „Rückkehrer“. Gestiegen ist auch die generelle Bereitschaft, über das übliche Maß hinaus zu arbeiten und auch neue Projekte gemeinsam anzugehen.
„Entgegen des Branchen-Trends konnten wir trotz Corona in den letzten zwei Jahren unsere Belegschaft insgesamt vergrößern. Das haben wir vor allem dank Kontinuität, Kommunikation auf Augenhöhe und kurzen Wegen zur Chefetage und Personalabteilung geschafft“, sagt Dr. Edda Behnken, Leiterin Human Resources/Finance/IT bei der Joke Event AG.
Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen
„Aus der Perspektive des Mitarbeitenden erhöhen die zusätzlichen individuellen Qualifikationen die eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Darüber hinaus sind ‚Weiterbildungswillige‘ besser gegen wirtschaftliche Krisensituationen gewappnet, werden eher im Betrieb gehalten und sind nicht so schnell austauschbar. Anpassungen an Veränderungen oder technische digitale Innovationen fallen weiterqualifizierten Arbeitnehmer:innen allgemein leichter.“
Michael Hosang, Geschäftsführer Studieninstitut für Kommunikation
Herausforderungen
Eine der Herausforderungen, die sich mit zunehmender mobiler Arbeit ergeben haben, sind die Anforderungen an eine Teamkoordination. Ehemals „kurze Wege“ im Büro erfolgen vermehrt über mediengestützte Kommunikation. Laut Dr. Edda Behnken von Joke Event war das eine Umstellung: „Obwohl wir in einer Branche arbeiten, die viel Improvisation erfordert, fordern uns die Teamarbeit und auch die Teamführung ein weiteres Geschick ab. Wir müssen unsere Empathie, und vor allem die Fähigkeit zu vertrauen, auch ohne Face-to-Face-Kontakt uneingeschränkt anwenden können.“ Damit die ergriffenen Maßnahmen, wie z.B. die „Estrel Family“, nicht ins Negative umschwenken oder zur Gewohnheit werden, ist es ratsam, diese Investitionen kontinuierlich zu prüfen, zu pflegen und zu erneuern.
Augenmerk jüngere Generation
Mit Blick auf die Erwartungen jüngerer Generationen an das Arbeitsleben ist es für Arbeitgeber wichtig, dieser Zielgruppe eine Work-Life-Balance zu bieten. Neben dem Wunsch nach spannenden Projekten und vielseitigen Herausforderungen haben Freiräume für Sport, Hobby, Selbstentfaltung einen gewachsenen Stellenwert. Ebenso sind die Stellung des Arbeitgebers am Markt und sein Imagefaktor entscheidende Kriterien, stets mit Blick auf die Nachhaltigkeit und die Ausrichtung des Unternehmens auf die Zukunft und ihre Perspektiven. Auch eigenverantwortliches Agieren, Verantwortung zu übernehmen und Mitbestimmung sowie flache Hierarchien und ein Miteinander auf Augenhöhe sind für jüngere Menschen im Arbeitsleben bedeutend.
Technologische Innovationen und digitale Möglichkeiten
„Für eine auch in der Zukunft erfolgreiche Veranstaltungsbranche in Deutschland ist es enorm wichtig, dass unsere zukünftigen Event- und Messemanagement-Mitarbeiter:innen mittels Aus- und Weiterbildungen auf die neuesten technologischen Innovationen und digitalen Möglichkeiten geschult sind. Dazu gehören zum einen strategische Marketingfähigkeiten sowie das technische Verständnis für Innovationen und digitale Tools – allesamt Skills, die in einer modernen und schnelllebigen Industrie von enormer Bedeutung sind.“
Weiterbildung wird von Mitarbeitenden als eine Form der persönlichen Wertschätzung wahrgenommen. „Die Mitarbeiter:innen können auf jedem Niveau starten und sich innerhalb der Branche weiterbilden“, so Dorothee Schulte vom IST-Studieninstitut, es sei „langfristig und nachhaltig die bessere Alternative als Obstkorb und Kicker“. Ideal für die Branche sind berufsbegleitende Maßnahmen mit flexiblen Lernzeiten. Bildungsträger bieten kurzfristige Tages- bzw. Wochenendkurse (z.B. live-online) oder aber auch langfristig berufsbegleitende Maßnahmen an. Insbesondere im weiten Feld der Live-Kommunikation prägen technische und digitale Innovationen die zukünftigen Anforderungen.
Zwei Möglichkeiten, die den Mitarbeitenden, individuell zugeschnitten, angeboten werden können sind zum einen die persönliche Weiterbildung beispielsweise in Wirtschaftspsychologie oder Rhetorik. Zum anderen die fachliche Weiterbildung etwa als Hygienebeauftragte:r im Veranstaltungswesen, zum/zur Eventkaufmann/-frau, Veranstaltungsökonom:in oder im Bereich hybride und digitale Events. Darüber hinaus eignen sich Sprachkurse für den internationalen Einsatz, IHK-Kurse mit breitgefächertem Angebot, interne Schulungen, Azubi-Projekte oder auch Austauschprojekte, z.B. mit anderen Hotels.
„Nicht nur im Hinblick auf die Erwartungen der jüngeren Generationen sollten Unternehmen Anreizsysteme und klare Karriere-Steps aufzeigen und – von enormer Bedeutung – nach innen gerichtete, langfristige Personalentwicklungsstrategien erarbeiten.“ Michael Hosang, Geschäftsführer des Studieninstitut für Kommunikation, weist außerdem auf die Wichtigkeit eines stets möglichen Austausch in Form von Personalgesprächen und dem Erkennen und Aufzeigen von Talenten und Interessen seitens der Mitarbeiter:innen hin: „Die Aktivierung der intrinsischen Motivation führt zu einem gesteigerten Arbeitsengagement und damit verbesserter Leistungsfähigkeit.“
Weiterbildung führt, wenn sie an den Mitarbeitenden angepasst wird – also seine Wünsche und seine Talente in die Überlegungen miteinbezieht –, zu einer größeren Zufriedenheit am Arbeitsplatz; ein wichtiger Faktor, um Arbeitskräfte im Unternehmen zu halten.
Fazit
Eine ausgeprägte Identifikation mit dem Unternehmen ermöglicht eine langfristige Bindung von qualifizierten engagierten Mitarbeitenden und wirkt sich positiv auf die Arbeitgebermarke aus. Nachhaltiges Employer Branding, verstanden als Prozess und eingebunden in die Unternehmensstrategie, ermöglicht durch ausgewählte Maßnahmen die Positionierung und Kommunikation als attraktiver Arbeitgeber. Es erfordert „die konstante Erneuerung des Employer Brandings und des Wertekompasses für das Unternehmen“, so die Personalmanagerin Lara von Plettenberg des Estrel Berlin. „Es bedarf einer stetigen Weiterentwicklung anhand neuer Bedürfnisse, da auch durch die Corona-Zeit viel in Vergessenheit geraten ist und nun neu belebt werden muss.“ Ganz aktuell führt das Estrel Berlin agenturgestützt einen Workshop durch, in dem das eigene Employer Branding wieder neu erarbeitet wird.