Mit der ISO 14001 erfolgt die Bewertung der Umweltleistung eines Unternehmens. Eine Zertifizierung mit der Umweltmanagementnorm bedeutet, Ressourceneffizienz zu realisieren und so Umweltauswirkungen zu reduzieren. Das wollte auch der Event- und Messedienstleister Artlife. Signalwirkung sollte auch das Logo haben, aus Rot wurde Grün.
(Bild: Shutterstock / New Africa)
Sein 30-jähriges Bestehen in 2023 nahm der Event- und Messedienstleister Artlife als Ausgangspunkt, die eigenen Prozesse noch nachhaltiger zu gestalten. „Wir sehen das Jubiläum weniger als Reflexion der Vergangenheit, viel mehr als Anlass zur Ausrichtung auf die Zukunft und unsere Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Stephan Haida, einer der Geschäftsführer bei Artlife. Mit ihm und Artlifes Sicherheitsbeauftragtem Michael Magunski haben wir über die ISO-14001-Zertifizierung und den Vorbereitungsprozess gesprochen.
Nachhaltigkeit als das Thema der nächsten Jahre ist für das Unternehmen mit Sitz nahe Frankfurt nicht neu, aber weiterhin bedeutend und mehr und mehr wettbewerbsentscheidend. Schon seit 2009 arbeitet Artlife konsequent an der CO2-Reduktion – ein Mini-Blockheizkraftwerk, neue Fenster, eine Pellet-Presse und -heizung seien nur erste Maßnahmen gewesen – und noch mehr: Das eigene Nachhaltigkeitsbestreben geht für den Messebauer über die Minimierung des CO2-Footprints gemäß des Drei-Säulen-Modells hinaus bis hin zur Selbstverpflichtung, mit ökologischen und wirtschaftlichen Ressourcen verantwortungsbewusst umzugehen und soziale Verantwortung zu übernehmen.
Nach dem Erhalt des „Sustainable Company“-Siegels im Jahr 2011 und den darauffolgenden Rezertifizierungen nahm Artlife die nächste Nachhaltigkeitszertifizierung in Angriff. Im Anschluss an eine ausführliche Marktsondierung und Recherche fiel die Wahl – unter all den Prüfsiegeln am Markt – zu Beginn des Jahres 2022 auf die ISO 14001. Als eine der bedeutendsten Normen im Bereich Umweltmanagement legt sie laut Umweltbundesamt die Anforderungen an ein Umweltmanagementsystem fest, mit dem eine Organisation ihre Umweltleistung verbessern, rechtliche und sonstige Verpflichtungen erfüllen und Umweltziele erreichen könne. Zu den zentralen Elementen zählten die Festlegung der Umweltziele und entsprechende Maßnahmen, Zuständigkeiten und Verfahrensweisen sowie anschließend deren Umsetzung, Kontrolle und stetige Optimierung.
Mit der Zertifizierung nach ISO 14001 möchte Artlife u.a. den Erwartungen der Kunden entsprechen. „Um bei den Ausschreibungen der großen Industrieunternehmen mitzumischen, braucht es eine gültige und allgemein akzeptierte Zertifizierung am Markt“, ist sich Haida sicher, und in der Liste der Lieferanten würde die ISO als bekannte Marke nahezu jedes Mal abgefragt. Das „Sustainable Company“-Siegel hingegen selten. Also müsse ein für die Zielgruppe ansprechenderes Siegel her, das zudem auch die Mitarbeitenden und potenzielle Arbeitnehmende überzeuge. In Haidas Augen gelte die Branche per se als nicht sehr nachhaltig und um auf dem Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben, brauche es umweltbedachte Antworten. Diese möchte der Event- und Messedienstleister bieten.
Natürlich habe man sich vor der Entscheidung weitere Zertifikate angeschaut. Die Anforderungen der ISO 9001 (Norm für Qualitätsmanagementsysteme) z.B. wären mit den Vorbereitungen auf die ISO 14001 tatsächlich größtenteils abgegolten, sagt Haida. Die ISO 20121 (Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement) hätte zwar inhaltlich gut zu Artlife gepasst und auch die Feldarbeit erleichtert, tauche bisher jedoch noch zu selten in den Abfragelisten der Kunden auf. Das EcoVadis-Siegel (Nachhaltigkeits-Rating) werde aktuell vor allem von Kunden aus den Bereichen Pharma und Chemie abgefragt, Branchen für die Artlife traditionell eher weniger tätig ist. Für die eigene Kundengruppe relevant, sei also vor allem die ISO 14001. Für die Vorbereitung hierauf nimmt sich Artlife insgesamt etwa 15 Monate Zeit.
„Wir hatten einen straffen Zeitplan, weil uns wichtig war, die Zertifizierung im Jahr unseres 30. Bestehens zu erhalten“, erklärt Haida die Eile. Die Zertifizierung verantwortet das Prüfinstitut Intertek. Bei einem Remote-Audit sollen zunächst die Unterlagen und die Prozessbeschreibung überprüft werden. Im nächsten Schritt, dem Vor-Ort-Audit, nehme Intertek bei einem Rundgang die beschriebenen Details persönlich in Augenschein. „Im Zweifel wird man Mitarbeitende befragen, sich die Arbeitsvorgänge zeigen lassen oder mal den Gefahrenstoffschrank öffnen und nachsehen, ob die darin enthaltenen Substanzen im Gefahrstoffkataster aufgeführt sind“, beschreibt Michael Magunski den Ablauf des Audits. Er ist als Sicherheitsbeauftragter von Artlife nicht nur für die erste Zertifizierung mitverantwortlich, sondern künftig auch für die regelmäßige Kontrolle der Produktionsstätten und Büros. Denn mit den Audits ist es nicht getan: Im Turnus von zwei bis drei Jahren werde die Zertifizierung erneuert und zwischenzeitlich durch Überwachungsaudits überprüft, erklärt Magunski.
Neben der stetigen Prozessoptimierung möchte Artlife seinen CO2-Footprint weiter verbessern. Eines der großen Vorhaben sei die Stromunabhängigkeit. Um diesbezüglich autark zu werden, sollen bis Ende 2024 die 3.000 m² großen Dachflächen am Firmensitz neu gedeckt und dann bis Ende 2025 mit einer Photovoltaikanlage aufgerüstet werden.
„Wir merken aktuell, wie zeitaufwendig und arbeitsintensiv die Zertifizierung für ein Unternehmen unserer Größenordnung ist“, sagt Haida, dessen Belegschaft knapp 60 Mitarbeitende umfasst. Aufgehangen ist das Projekt in der Führungsebene. Doch ein solch großes Vorhaben könne man nicht komplett delegieren, weiß der Geschäftsführer. Als Unterstützung hat sich Artlife eine externe Nachhaltigkeitsberatung hinzugeholt. Auch eine interne Arbeitsgruppe aus acht Projektleitenden der einzelnen Unternehmensbereiche wie Logistik, Lager, Produktion und Beschaffung ist darüber hinaus in die Vorbereitung eingebunden und soll sich nach den Audits regelmäßig treffen, um Verbesserungspotenziale aufzudecken. Mit der Feldarbeit sind aktuell zusätzlich zwei Werkstudierende betraut.
„Ziel der Zertifizierung ist es, einen Status quo in puncto Nachhaltigkeit festzustellen“, erklärt Haida. Bestfalls seien die Prozesse im Unternehmen bereits möglichst ressourcenschonend und sozial verträglich aufgebaut. Somit gehöre zu den Arbeitsschritten bis zur Zertifizierung jetzt vor allem, die bereits etablierten Strukturen und Prozesse auf Papier zu bringen. Kennzahlen in der Herstellung seien schwer zu bestimmen, meint Haida, da die Produkte von Artlife – der Messestand oder die Eventausstattung – individuell je nach Kundenwunsch produziert würden. „Nicht jeder Stand verbraucht dieselbe Menge an Material, Energie und Manpower“, weiß der Geschäftsführer. „Wo man keine Kennzahlen definieren kann, müssen wir beschreibend arbeiten und schriftlich ausführen, in welchen Bereichen wir uns wie verbessern wollen.“ Alle Hände voll zu tun hat Artlife also gerade damit, Daten zusammenzutragen und aufzubereiten, die nachhaltigen Prozesse zu evaluieren und Problemfelder und Lösungen zu definieren. „Wir werden künftig ein Handbuch haben mit allen niedergeschriebenen Prozessen“, sagt Haida.
Mit dem Handbuch würden dann alle Mitarbeitenden über dasselbe Wissen verfügen. Sie seien für Nachhaltigkeit zwar sensibilisiert, aber noch nicht auf demselben Kenntnisstand und als „People Company“ lege Artlife großen Wert auf die Betreuung des Personals. Nicht zuletzt berücksichtige man mit dem Ziel zur ISO 14001 u.a. den Wunsch der Belegschaft: „Wir merken, dass es für unsere Mitarbeitenden extrem wichtig ist, in einem Unternehmen zu arbeiten, das in irgendeiner Art und Weise eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt“, sagt Haida. Und deshalb haben die Beschäftigten von Artlife auch – alle – der bevorstehenden Zertifizierung zugestimmt, nicht zuletzt mit ihrer Unterschrift auf dem neuen Firmenlogo.
„Nach 30 Jahren Artlife drehen wir unser rotes Dreieck-Logo, das bisherige Markenzeichen, auf Grün“, eröffnet Haida die angepasste Kommunikationsstrategie. „Das grüne Dreieck haben wir auf Plexiglas drucken und alle Mitarbeitenden in einem ‚Commitment-Act‘ im Anschluss an die Erläuterung unserer Nachhaltigkeitsstrategie darauf unterschreiben lassen.“ Einen prominenten Platz erhält das Aushängeschild bald im Firmeneingangsbereich. Die Maßnahme sei gemeinsam mit den Mitarbeitenden gewachsen: Als die wichtigsten Kommunikator:innen des Unternehmens seien sie nicht nur über sämtliche Änderungen genauestens informiert, sondern Mitentscheider:innen. Ihrer Individualität verleihen sie u.a. in ihrer E-Mail-Signatur, auf Briefpapier oder in Präsentationen Ausdruck. Hier wird bald das grüne Artlife-Logo, wie schon das Rote, mal schraffiert, ausgemalt oder anders angepasst von den Mitarbeitenden als ihr eigenes Markenzeichen nach außen kommuniziert.
Die Qualifizierung der hauseigenen Designer:innen und Projektleitenden zu Nachhaltigkeitsberater:innen ist eine der Neuerungen im Rahmen der ISO-Vorkehrungen, auf die man bei Artlife besonders stolz ist. „Wir tun, was in unserer Macht steht, aber die Erkenntnis zu mehr Nachhaltigkeit muss bei allen reifen – auch bei unseren Kunden“, sagt Haida. Mit der neu erarbeitenden Checkliste zu Emissionen rund um das Thema Messe- und Eventbau könne man in puncto nachhaltiger bzw. klimaneutraler Messestand noch umfassender beraten. „Mein persönlicher Wunsch wäre, irgendwann nur noch komplett nachhaltige Messestände umzusetzen“, sagt Haida. Aber das sei momentan ein ferner Zukunftsgedanke.
Einen Anreiz für mehr Klimafreundlichkeit biete Artlife schon länger mit einem zweiprozentigen Preisnachlass bei Umsetzung eines klimaneutralen Messstandes. Der Nachlass würde die Mehrausgaben für den Kauf der nötigen Klimaschutzzertifikate weitestgehend decken, doch das Angebot würde selten beansprucht. Kundenseitig mehr Zuspruch erhofft sich Haida durch die ausführlicheren Beratungsgespräche und auch das wachsende Bewusstsein am Markt. Dass man mit seinen Bemühungen nicht allein sei, sehe man auch an den Verlautbarungen des AUMA. Der Verband der deutschen Messewirtschaft kommuniziert u.a. als Ziele, dass alle deutschen Messeplätze bis 2040 klimaneutral wirtschaften sowie bis 2025 mit 100 % Ökostrom versorgt werden sollen. „Ein wichtiges und richtiges Signal an die Branche und unsere Kunden“, findet Haida.