Krisenkommunikation: Was tun, wenn doch mal etwas schief läuft?
von Jessica Hartmann , Artikel aus dem Archiv
Katastrophen und (Unternehmens-)Krisen treten in den unterschiedlichsten Formen und Ausmaßen auf. Eines ist ihnen dabei jedoch gemein: Sie kommen unvorhergesehen und ihr Ausgang ist ebenso ungewiss. Dabei ist die Eventbranche per se schon risikobehaftet und jede Veranstaltung birgt ein gewisses Grundrisiko für Besucher und Dienstleister. Wie geht man als Veranstalter damit um, wenn nun etwas passiert und die Öffentlichkeit auf einen schaut?
[Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel stammt von Dezember 2015]
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Trotz sorgfältiger Planung und professionellem Veranstaltungsmanagement lassen sich bei Events Unfälle, Krisen oder gar Katastrophen nicht immer verhindern. Diese Branche, deren Produkt per Definition schon bei der Erstellung gleichzeitig an den Kunden gegeben wird, ist für solche Risiken besonders anfällig. Ist die Krise erst einmal eingetreten, ist schnelles und richtiges Handeln wichtig, um größere Ausmaße und schlimmere Folgen zu verhindern. Andernfalls kann besonders in der heutigen Zeit schnell ein großer Imageschaden für den Veranstalter entstehen, der sich im schlimmsten Fall auch wirtschaftlich niederschlägt. Dabei muss es gar nicht der Worst Case wie 2010 in Duisburg sein, der eintritt: Schon ein Veranstaltungsabbruch wegen Unwetter, ein nicht auftretender Künstler oder eine verdorbene Speise im Catering stellen eine kritische Wendung des Geplanten dar und können Krisenkommunikation erforderlich machen.
Die möglichen Folgen einer solchen Krise sind weitreichend. Da Veranstaltungen immer offene, für eine Vielzahl von Menschen zugängliche Systeme darstellen, sind im Krisenfall auf Anhieb mehrere Personengruppen betroffen: Die eigenen Mitarbeiter, der Kunde oder Auftraggeber, die Besucher und oftmals zusätzlich die Presse und damit auch sofort die Öffentlichkeit. In Zeiten von Social Media und Web 2.0 verbreiten sich v. a. negative Schlagzeilen in kürzester Zeit. Die frühere Ein-Weg-Kommunikation mit einem Sender, der seine Botschaft an zahlreiche Empfänger aussendet, ist überholt worden von einer unübersichtlichen Mehr-Weg-Kommunikation, bei der jeder zugleich Sender und Empfänger ist. Und durch die Anonymität und Simplifizierung der Kommunikation werden Themen schneller aufgebauscht und entwickeln sich leicht zum unaufhaltbaren Shitstorm.
Selbst alteingesessene und seriöse Medien springen immer häufiger auf den Zug auf und konzentrieren sich, bedrängt von einer zunehmend schlechteren wirtschaftlichen Lage, stärker auf Boulevardthemen, Skandale und Spekulationen anstatt faktentreuer nüchterner Berichterstattung. Die schmerzliche Erfahrung, dass die öffentliche Meinung sowohl gestandene Politiker als auch Unternehmen und deren Führungen in die Knie zwingen kann, mussten neben Christian Wulff, Carl-Theodor zu Guttenberg und Hartmut Mehdorn auch zahllose andere machen. Um solche drastischen Folgen zu vermeiden, sind eine gute Krisenkommunikation und der richtige Umgang mit Medien und Öffentlichkeit enorm wichtig.
Goldene Regel: Schnell sein!
Die erste goldene Regel lautet besonders im digitalen Zeitalter daher: Schnell sein! Wer nicht binnen 24 Stunden nach Bekanntwerden der Krise eine Reaktion gezeigt hat, hat schon verloren. Dabei muss die erste Reaktion gar nicht viele Informationen enthalten. Wichtig ist nur zu signalisieren: Wir haben bemerkt, dass etwas nicht stimmt, und kümmern uns um das Problem. So zeigt das Unternehmen Medien und Öffentlichkeit, dass es wachsam ist und schnell handelt, anstatt sich aus der Verantwortung ziehen zu wollen.
Der nächste Schritt sollte dann sein, sich einen Überblick über das Geschehen zu verschaffen. Was ist passiert, wer ist in welchem Ausmaß betroffen? Welche Sofortmaßnahmen wurden bereits getroffen und wie sieht die bisherige Berichterstattung zu dem Vorfall aus? Auf diese Weise kann anschließend ein Plan erarbeitet werden, wie im weiteren Verlauf mit der Krise umgegangen wird und welche Lösungsansätze es gibt. Dieser Plan muss nicht nur in groben Zügen extern, sondern vor allem auch verständlich intern kommuniziert werden. Die eigenen Mitarbeiter sowie die nächsten Kooperationspartner sind die ersten, deren Vertrauen von Krisenfällen erschüttert wird. Stehen diese unter dem Druck der Medienanfragen nicht eindeutig hinter dem Unternehmen, wirft das schnell noch mehr Fragen auf und lädt zur Hintergrundrecherche ein.
Überhaupt sollte man sich darüber im Klaren sein, dass bei Unternehmenskrisen jede noch so kleine Aktivität im Fokus der Öffentlichkeit steht. Ein undurchsichtiger Deal, eine schlecht getimte Ankündigung oder eine unpassende Aussage werden gern aus dem Kontext genommen und genutzt, um das sowieso schon angekratzte Image noch stärker zu beschädigen.
7 Todsünden der Kommunikation vermeiden
Wie geht man also am besten vor, um sich in dem Minenfeld der öffentlichen Meinung nicht selbst zu schaden? Indem man z. B. die „sieben Todsünden“ der Kommunikation, wie sie in der Fachliteratur zu finden sind, vermeidet:
Beschönigen
Schweigen
Negieren
Lügen
Bagatellisieren
Verkomplizieren
Schuldzuweisungen
Denn diese Verhaltensweisen werden meist sowieso entlarvt und dann erst recht negativ ausgelegt. Stattdessen ist v. a. darauf zu achten, im ganzen Unternehmen mit einer Stimme zu sprechen und dabei den der Situation angemessenen Ton zu wählen. Gerade bei schwerwiegenden Ereignissen, bei denen beispielsweise Personen zu Schaden gekommen sind, darf die Kommunikation zwar nicht zu kühl-distanziert, aber eben auch nicht übertrieben und gekünstelt wirken. Andernfalls fühlen sich die Betroffenen und Angehörigen womöglich nicht ernst genommen, sondern eher noch lächerlich gemacht.
Generell geraten insbesondere größere Unternehmen schnell in die Situation, sich in einem direkten Konflikt mit einer Einzelperson wiederzufinden. Dies bringt den Effekt mit sich, der häufig mit David und Goliath verglichen wird: Egal, ob der Einzelne in der Sache im Recht ist oder nicht – die Öffentlichkeit stellt sich aus Solidarität mit dem „kleinen Mann“ automatisch auf seine Seite. Das macht das Unternehmen zum Bösewicht und schädigt den Ruf. Deshalb sollte man bei solchen Einzelfällen im angemessenen Umfang Kulanz demonstrieren und sich v. a. auf eine sehr persönliche Ebene begeben, um zu zeigen, dass einem als Unternehmen jeder individuelle Mensch etwas wert ist. Die gleiche Haltung hilft dann auch bei größeren Ereignissen mit zahlreichen Schadensansprüchen dabei, sich als bodenständige Organisation zu präsentieren, was sich später durch einen Imagegewinn und das wiedergewonnene Vertrauen der Öffentlichkeit auszahlt.
Krisennachbereitung = Krisenprävention
Ein nicht zu vernachlässigender Schritt beim Krisenmanagement ist auch deren Nachbereitung. Hier sollte man sich zunächst einen Überblick über die entstandenen Schäden verschaffen und im Hinblick auf die Kommunikationspolitik auswerten, wie die Medienresonanz sich im Verlauf der Krise entwickelt hat. Außerdem ist natürlich auch der Blick nach innen unerlässlich: Wie haben unsere Sofortmaßnahmen funktioniert, wie verliefen unsere Zusammenarbeit und der Informationsfluss? Hier muss für die Zukunft gegebenenfalls nachgebessert werden. Ein Unternehmen, das sich nach einer Krise uneinsichtig zeigt und genauso weiter macht wie bisher, macht in der Öffentlichkeit keine gute Figur und tut sich auch selbst keinen Gefallen. Deshalb ist es unabdingbar, intern die Strukturen, die die Krise hervorgerufen oder begünstigt haben, zu überarbeiten und dies auch nach außen zu kommunizieren.
So gesehen, gehen Krisennachbereitung und Krisenprävention häufig fließend ineinander über. Im gesamten Zeitverlauf treten wellenförmig immer wieder Krisen im Unternehmen auf. Deshalb ist es wichtig, in diese beiden Phasen genügend Zeit und Arbeit zu investieren, um beim nächsten Mal schon besser gewappnet zu sein.
Zu den Präventionsinstrumenten zählen beispielsweise ein Krisenhandbuch mit allen wichtigen Informationen und Ansprechpartnern, spezielle Krisentrainings insbesondere für Führungskräfte und vorgefertigtes Material für den Worst Case, etwa Pressemitteilungen und versteckte Internetseiten, die im Ernstfall nur noch angepasst werden müssen und dann sofort verbreitet werden. Doch auch grundsätzliche vorbereitende Verhaltensweisen, wie aufmerksam für Signale aus allen Richtungen zu sein und frühzeitig gute Medienbeziehungen aufzubauen, helfen bei der Krisenprävention. Wer all diese Dinge beachtet, wird zwar trotzdem niemals ganz verhindern können, dass Unfälle, Katastrophen und Krisen passieren. Aber er wird vorbereitet sein, wenn sie eintreten und kann dann im Zweifel verhindern, dass die Krise das gesamte Unternehmen ruiniert.
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