Stand-Kraftwerk für Messen und Events

Grüner Strom auf Festivals: EWE AG und Joke Event setzen nachhaltigen Impuls

Festivals ziehen ein großes Publikum in abgelegene Gebiete – und enorm viel Energie. Impulse, wie sich der Bedarf auch nachhaltig decken lässt, liefern die EWE AG und Joke Event mit ihrem klimaneutralen Standkonzept. Vom EWE-Festival-Kraftwerk kommt der Strom dank Sonne, Wind und Wasserstoff.

EWE Festival Kraftwerk bei Nacht
EWE-Festival-Kraftwerk auf dem Hurricane-Festival 2023 (Bild: Ulf Duda)

Die Festivalsaison ist längst gestartet und wo die Musik laut spielt, klingt Nachhaltigkeit noch leise. Die beliebten Konzertveranstaltungen locken i.d.R. tausende Musikfans in Gegenden, in denen eine Infrastruktur, z.B. für Bühnen und Versorgung, erst noch bereitgestellt werden muss. In nur wenigen Tagen entstehen hier Unmengen an Müll, CO2-Emissionen und ein so hoher Energiebedarf, dass er sich aus regenerativen Quellen kostengünstig nicht decken lässt. Also versorgen hunderte von Dieselgeneratoren aktuell noch die großen Festivals mit Strom. Damit das künftig umweltfreundlicher gelingt, braucht es neben dem nötigen Kleingeld auch Pioniergeist. Diesen beweist der Energie- und Telekommunikationsdienstleister EWE AG gemeinsam mit der Agentur für Live-Kommunikation Joke Event. Mit ihrem mobilen, klimaneutralen und energieautarken Konzept verwandelten sie den EWE-Festivalstand in ein Minikraftwerk und tourten damit von Mai bis Juli 2023 auf den Veranstaltungen Tante Mia tanzt, Oldenbora, Hurricane, Deichbrand und Watt en Schlick. Ihre Erkenntnisse sollen helfen, die grüne Energieversorgung – auch im Kontext „Event“ – anzuschieben.

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Aus Sonne, Wind und Wasserstoff wird Energie für den Messestand

Das Projekt illustriert also im Bereich der Energieversorgung – zunächst in Klein –, wie auch Veranstalter größerer Festivals ihren Bedarf perspektivisch auf Grün drehen könnten. Hierzu nutzt das Minikraftwerk regenerative Ansätze, die zunächst durch das interdisziplinäre Team von EWE und Joke Event geprüft, dann ausprobiert und anschließend mit der Veranstaltungsbranche geteilt werden. Auf den fünf Festivals testeten sie klimaschonende Energiemodule für ein- bis dreitägige Outdoor-Events. So speiste der EWE-Stand auf dem Hurricane Festival in Scheeßel Strom mittels Photovoltaik (2,65 kWp) und einer Mikro-Windkraftanlage (1 kWp) ein. Um das Kraftwerk und die Gäste auch bei Schattenperioden und Windstille mit Strom versorgen zu können, stand ein Batteriespeicher mit 422 kwh nominaler Kapazität bereit. Zum Deichbrand nahe Cuxhaven transportierten EWE und Joke Event zusätzlich grünen Wasserstoff und Brennstoffzellen. „Stromerzeugung mit Wasserstoff ist die Technologie, die am ehesten 1:1 einen Diesel-/Heizöl-Stromerzeuger ersetzen kann“, sagt Arne Heyen, Leitung Konzeption und Strategie bei Joke Event. Damit könnten seiner Auffassung nach theoretisch z.B. auch Bühnen, die größten Energieschlucker der Festivals, komplett mit sauberem Strom bedient werden. In der Praxis zeigt sich dieses Szenario jedoch nur bedingt umsetzbar, da sowohl Kosten als auch Verfügbarkeit den Gebrauch hemmen.


Impulsvortrag auf der LEaT con

Wer noch mehr zur grünen Energieversorgung auf Veranstaltungen und über das EWE-Kraftwerk erfahren will, Insights gab es auf der LEaT con 2023 im Oktober in Hamburg. Der 30-minütige Impuls-Vortrag kann digital nachverfolgt werden:

>> Mehr Infos unter www.leatcon.com


Viele Technikanbieter werben, wenige liefern

„Auf den ersten Blick mag unser Konzept nicht besonders kompliziert wirken, weil die ganze Welt von Speicherlösungen und Wasserstoff spricht“, meint Daniel Masuhr, technischer Leiter bei Joke Event. Im Laufe des Projektes habe sich jedoch herausgestellt, dass die Technologien überwiegend nur auf dem Papier existierten. „Von rund fünf Unternehmen, die mit Wasserstoff-Stromerzeugern werben, konnte nur ein einziges (SFC Energy) ein solches Gerät auch wirklich liefern“, erklärt Masuhr den Kraftakt bis zur Bereitstellung, denn das Gerät musste im Eilverfahren zugelassen und der Wasserstoff 300 km weit transportiert werden. Auch die mobilen Batteriespeicher für ein dreitägiges Festival würden selten zur Miete angeboten – auch hier: viele werben damit, wenige könnten liefern. Die einzige Lösung, die sich von der Kapazität her für das Projekt geeignet habe, kam letztlich aus den Niederlanden, sagt Masuhr.

Arne Heyen, Joke Event AG und Daniel Masuhr, Joke Event AG
Arne Heyen und Daniel Masuhr, Joke Event AG (Bild: Joke Event AG)

Kapazität, Verfügbarkeit und Wetter komplizieren

Endlich sind neben den Verfügbarkeiten am Markt auch die Kapazitäten der Speicherlösungen, gleichzeitig bleibt das Wetter eine unberechenbare Größe. Um sicherzustellen, dass der Energiebedarf des EWE-Standes stets – selbst bei minimaler Wind- und Sonneneinstrahlung – gedeckt war, musste der Verbrauch präzise und mit gewissem Sicherheitspuffer vorausberechnet werden, wobei auch der Eigenverbrauch der Geräte berücksichtigt wurde. Als zusätzliche Risikofaktoren bewerten EWE und Joke Event Stromausfälle. Während des Hurricanes gab es einen solchen aufgrund der Überhitzung der Klimaanlage, konnte jedoch mit dem Speicher der Smartflower (Solaranlage) überbrückt werden. Wenngleich ein stromloser Sponsorenstand ärgerlich ist, würde ein Ausfall der Hauptbühne zu größeren Komplikationen führen.

Getestet wurden u. a. Solarmodule wie „Smartflower“ und der Wasserstoff-Stromgenerator EFOY H2Genset.
Getestet wurden u. a. Solarmodule wie „Smartflower“ und der Wasserstoff-Stromgenerator EFOY H2Genset.

Skalierung auf den kompletten Festivalbetrieb

Um die Technologien für den Festivalgebrauch zu erproben, nehmen EWE und Joke Event sowohl die weiten Anreisen von Stromspeicher und Wasserstoff als auch die beträchtlichen Mehrkosten und den damit verbundenen Mehraufwand in Kauf. Für „normale Veranstalter“ seien die Lösungen allerdings noch nicht attraktiv, sagt Heyen. Herausfordernd ist also die Skalierung auf den kompletten Festivalbetrieb. „Grundsätzlich sind umweltschonende Technologien da und je nach Strombedarf auch geeignet, den Einsatz fossiler Energie deutlich zu reduzieren. Eine sofortige Umstellung aller Festivals auf grüne Energie ist allerdings nicht realistisch – auch weil quantitativ die Hardware fehlt“, fasst Heyen die Erkenntnisse der Festivaltour zusammen. Obwohl der Nachhaltigkeitstrend in der Eventbranche Fuß gefasst habe, bleibe er größtenteils auf Bereiche außerhalb der Energieversorgung beschränkt. Heyen versteht die mangelnde Bereitschaft von Veranstaltern, auf erneuerbare Stromerzeugung umzusteigen, angesichts von Kapazitäts-, Verfügbarkeits- und Kosteneinschränkungen. Mittelfristig jedoch, ist er der Überzeugung, könnten Wasserstoff-Stromerzeuger einen wesentlichen Anteil von Diesel und Heizöl ersetzen.

Hybride Energieversorgung – der Strommix macht‘s

Trotz der Herausforderungen kann das Projekt als positives Beispiel dienen: Laut Heyen habe die Standversorgung beim Deichbrand tadellos funktioniert und die Kapazität des Wasserstoffgeräts hätte seiner Ansicht nach sogar den Bedarf einer Bühne decken können. Beim Watt en Schlick konnten EWE und Joke Event mit dem Solarmodul „Smartflower“ die Beleuchtung einer Bühne mit Strom beliefern. Mit einer präzisen Prognose des Verbrauchs könnten auch Batteriespeicher autark kleinere Bereiche wie Sanitär- und Gastroanlagen versorgen.

Bei ungenauer Verbrauchsprognose bieten sich hybride Lösungen an, so Heyen. Zunächst werde der Batteriespeicher genutzt und sei er erschöpft, auf Diesel oder Heizöl umgestellt. Darüber hinaus könnten durch den Einsatz von Stromerzeugern, insbesondere Photovoltaik, die Hybridmodelle den Anteil fossiler Energie weiter erheblich reduzieren.

Eine andere nachhaltige Option sind sogenannte „Vehicle to Load“-Szenarien. „Wenn z.B. der Getränke- oder Pommeswagen per Elektro-PKW zum Festival gezogen wird, so kann der Batteriespeicher des PKWs auch gleich den Bierwagen mit Strom versorgen“, erläutert Heyen.

Einmal Ökostrom und Spaß ohne schlechtes Gewissen, bitte

Eine Portion Ökostrom kam am EWE-Kraftwerk nicht nur dem Standbetrieb zugute, sondern auch den Gästen. Denn die Festivalbesuchenden wurden mittels eines energieautarken Entertainments in die Energieerzeugung eingebunden. Ihre persönliche Stromladung gab es in der Powerbank, aufgeladen durch Windkraft. Ihre Muskelkraft konnten sie z.B. am umgebauten Bonanza-Rad, das Seifenblasen produzierte, oder am Laufband, das Wind erzeugte, in Energie umwandeln. „Ohne WOW brauchen wir in einem so erlebnisorientierten Umfeld nicht auftauchen“, betont Frauke Bitterer, Konzernkommunikation und Marke bei EWE. Sie hebt hervor, dass Unterhaltung ohne Ressourcenverschwendung machbar ist: „Unsere Aktivierungen bedienen sich überwiegend der Energie der Gäste, funktionieren komplett ohne Strom und halten nebenbei noch fit.“

Nach den ersten beiden Tour-Stopps zieht Bitterer ein positives Fazit: Die meisten Gäste zeigten großes Interesse daran, mit einem besseren Gewissen Festivals zu besuchen. Passend dazu wurde der EWE-Stand aus zirkulären Materialien wie Metall, Holz und Pflanzen konstruiert, was ebenfalls zu mehr Nachhaltigkeit beiträgt.

Stromerzeugung macht Spaß und hält fit – zumindest auf dem Bonanzarad und Laufband des Festival-Kraftwerks.
Stromerzeugung macht Spaß und hält fit – zumindest auf dem Bonanzarad und Laufband des Festival-Kraftwerks.

Die nächsten Schritte: Lobbyarbeit und Austausch

Die Erkenntnisse aus der Kraftwerk-Tour liegen vor und sollen nun gebündelt und mit Branchenakteuren, Technologieanbietern und politischen Entscheidungsträger:innen geteilt, diskutiert und weiterentwickelt werden. „Wir sind optimistisch, bald viel mehr Anstrengungen in puncto erneuerbarer Energie auf Festivals zu sehen“, gibt Heyen zu verstehen. Die Relevanz des Themas sei unbestreitbar – sowohl für die Umwelt als auch für Festivalbesuchende.

Um jedoch die Energiewende zu beschleunigen, bedarf es deutlicher Anreize. „Hier müssen wir politisch Druck aufbauen. Wir haben das Gefühl, dass die Eventbranche überhaupt nicht auf dem Radar der Politik ist. Das muss sich ändern“, ist sich Heyen sicher. Die Kommunikation mit politischen Vertreter:innen soll auf verschiedenen Wegen, etwa durch Verbandsarbeit, PR und direkte Ansprache, intensiviert werden. „Wir sind […] bereits in einem sehr konstruktiven Austausch mit den Veranstaltern einzelner Festivals und betrachten die spezifischen Anforderungen, aktuelle und zukünftige Technologien, Elektrifizierung der Venues und die ökonomischen Faktoren“, ergänzt Nils Broenstrup, Leiter Markenführung und Live-Kommunikation bei EWE. Gemeinsam mit Joke Event wolle man die Festival- und Eventbranche unterstützen, die richtigen Weichen zu stellen, um in Zukunft auch im Bereich der Energieversorgung grüner zu werden.

Dazu soll eine Plattform für aktiven Austausch und Wissensvermittlung zwischen allen Stakeholdern geschaffen werden. „Die Mehrarbeit und die Hürden, die eine Initialphase für ein grüneres Festival mit sich bringt, können wir reduzieren und hier konkret beraten“, bestätigt Heyen. Das Kraftwerk-Team plant, durch Impulsvorträge und die Teilnahme an Podiumsdiskussionen Einblicke für die Branche zu liefern. Und das ist noch nicht das Ende des Projekts: Eine weitere Festivaltour im Jahr 2024 mit noch ambitionierteren Zielen ist bereits in Planung. Nächstes Mal wolle man über die Autarkie des eigenen Standes hinaus gehen, hebt Heyen hervor.

Nils Broenstrup, EWE AG und Frauke Bitterer, EWE AG
Nils Broenstrup und Frauke Bitterer, EWE AG (Bild: EWE AG)

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