„Telling a Story“ – auch ich wollte eine Geschichte erzählen, wie es das gleichnamige Motto versprach. Eigentlich, ach eigentlich. Ich war das erste Mal live dabei beim FAMAB Award, formerly known as Adam- und Eva-Verleihung. Ich wollte selbst schauen, ob das Event auch ein internationales Benchmark der Begegnungskommunikation würde, wie es der FAMAB für die von ihm ausgezeichneten Arbeiten versprach.
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Und danach wollte ich zum Opa, dem Event-Zorro, und er sollte aus dem Nähkästchen vergangener Shows plaudern. Er hatte so schöne Storys von verpatzten Cues und Moderatorenkauderwelsch à la Verona Poth. „Herr Lambret“, ausgesprochen mit französischem Akzent, wurde die Branchengröße Roland Lambrette einst in Düsseldorf auf die Bühne gebeten. Oder das eiskalte Hechtsüppchen von der mangelnden Heizung mit Trilogie von Blasenentzündung, Schnupfen und Heiserkeit in den MMC-Studios Anfang der Tausenderjahre. Ja, in der Geschichte der Verleihung gab es einige Anekdoten. Aus Ludwigsburg könnte man Aljoscha Höhns Miss-Moderation des „Bronze-Fluchs“ von facts and fiction zu den Annalen hinzufügen, als er die ausgezeichneten Kölner auf offener Bühne und vor versammelter Mannschaft heiß machte und es doch „nur“ Bronze gab. Ach, es fehlte die Stimmung. Aus Essen vor einem Jahr kamen selbst auf dem Live-Stream noch die Jubelaktionen von Pure Perfection rüber, deshalb sollte der FAMAB überlegen, den Wiesbadenern immer einen FAMAB Good-Mood Achievement Award zu verleihen, egal ob sie eingereicht haben.
Aber dann kamen Schlag auf Schlag Sinai, Beirut und Paris. Jetzt kann ich mich nicht mehr über einen Fehl-Feueralarm in der Sporthalle oder die gewollt, aber nicht so gekonnte „Back to the Roots“-Preisverleihung in Ludwigsburg aufregen. Ja, „ein gelungenes Back to the Roots“ erlauschten meine Ohren beim Smalltalk neben mir des Öfteren. Aber die Wurzeln der Awardshows waren deutlich mehr Red Carpet als das württembergische Linoleum der MHP Arena. So, noch ein Hieb, dann ist Schluss. Nämlich das Maß, auf das die einst doch glamouröse und ein wenig auch relevante Branche in Form des derzeitigen FAMAB, formerly known as FME, geschrumpft ist, so analysiert es jedenfalls der Event-Zorro. Da ich die guten alten Zeiten nicht aus eigener Live-Experience kenne, muss ich ihm wohl glauben.
Der Opa war aber nicht wirklich heiß auf frische Word-by-Mouth Kommunikation durch seine Enkelin. Er philosophierte lieber über andere Dinge. Als am Pressetag der IAA 2011 die Nachricht aus New York einschlug und die Branche kurzzeitig ins Wanken brachte. Oder 2003, als Georg W. Bush die Truppen in den Irak schickte und alle Events in muslimischen Ländern erst mal verlegt wurden. „Die Terroristen haben sich diesmal zwei Live-Events als Tatort ausgesucht, ein Konzert und das Länderspiel. Aber: The Show must go on!“, rief er aufgeregt und stampfte mit der Gehhilfe auf den Boden. Ich wagte nicht, ihm zu widersprechen.
Hat er Recht? Mir kamen die Zweifel ja nicht erst bei dem Flüchtlingsthema. Übrigens gab es nur ein einziges Flüchtlings-Projekt, das beim FAMAB Award eingereicht wurde – Bronze für facts and fiction. Schon allein deshalb hätte es Gold verdient gehabt. Es war ein unaufgeregtes und unaufwändiges Projekt, das jede andere Agentur auch nebenbei hätte machen können. Der Event-Zorro meinte, vielleicht hätten ja viele lieber im Stillen gehandelt und Schweigen sei das wahre Award-Gold.
Leute, ich weiß es auch nicht. Weiter so mit Häppchen und Hussen, weil wir uns vom Terrorismus nicht in die Knie zwingen lassen wollen? Weiter so Projekte in Katar und Saudi-Arabien, weil da das Geld sitzt? Im Sommer 2015 wurde wieder mal ein Kreuzfahrtschiff für erfolgsverwöhnte Salespeople angeheuert – während andere Menschen das Gummiboot nehmen müssen? Von Bunga-Bunga in Budapest ganz zu schweigen. Oder Marken wie VW, sorry Volkswagen, die massenhaft ihre Kunden hinters Licht führten und ihre Agenturen dabei die Sharpies ausrichten halfen. Und wer weiß, was bis Auslieferung dieses Heftes noch so in der Welt passiert. Letzte Nacht träumte ich von einem Schiffsorchester, das im sanften Wellengang antiquierte Tanzmusik spielte. Es muss eine Mottoparty gewesen sein. Die Kostüme Art-déco-mäßig, und dann kam der Rums und das Orchester spielte munter weiter. Telling a Story…