Was man über die GEMA wissen sollte und wie man im Umgang mit der GEMA sparen kann, erklärt Rechtsanwalt Dr. Valentin Horst.
Wer als Veranstalter GEMA-Rechnungen erhält, sollte genau hinschauen. Eine kurze Prüfung der entscheidenden Eckpunkte und ein prägnantes Reklamationsschreiben können reichen, damit die GEMA eine Rechnung um die Hälfte oder mehr reduziert. Mitunter lassen sich bei großen Veranstaltungen so mit überschaubarem Aufwand hohe fünfstellige Beträge einsparen.
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Genauso sollten Veranstalter schon bei der GEMA-Anmeldung sorgfältig vorgehen und einige Dinge beachten, um nicht unnötig draufzahlen zu müssen.
(Bild: 2022 Gecko Studio/Shutterstock)
Wer oder was ist die GEMA?
Die GEMA ist für viele eine Blackbox. Das ist nachvollziehbar, denn einen Großteil ihres Tagesgeschäfts wickelt die GEMA über gesichtslose Aufforderungsschreiben und Rechnungen ab. GEMA steht für „Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte und mechanische Vervielfältigungsrechte“. Sie ist eine sogenannte Verwertungsgesellschaft. Organisiert ist sie als privater Verein – auch wenn die GEMA mitunter den Eindruck einer Behörde erweckt.
Die GEMA ist Repräsentantin Musikschaffender, d.h. vor allem der Komponist:innen und Texter:innen kommerzieller Musik und ihrer Verlage bzw. „Labels“. Diese haben an ihrer Musik Urheberrechte inne, die es ihnen z.B. erlauben, darüber zu entscheiden, wer ein Lied öffentlich – live oder von einem Tonträger – spielen darf. Dank dieser Rechte können sie ihr Musikstück kommerzialisieren, indem sie für die Nutzung Lizenzgebühren verlangen. Die GEMA unterstützt die Rechteinhaber:innen bei dieser Kommerzialisierung.
Aufgaben und Zweck der GEMA
Wer ein Event organisiert, auf dem er – in welcher Art auch immer – Musik spielen möchte, darf sich glücklich schätzen, dass es die GEMA gibt. Denn ohne sie müsste er für jeden Song, der gespielt werden soll, klären, wer Rechteinhaber:in ist, bei diesem um eine Lizenz bitten, eine Vergütung aushandeln und einen Vertrag schließen.
Die GEMA erspart Ihnen einen Großteil dieser Arbeit: Geht es um kommerziell vertriebene Musik, ist die GEMA so gut wie immer der richtige Ansprechpartner, um Wiedergaberechte zu erhalten. Die Suche nach dem bzw. der Rechteinhaber:in fällt weg. Eine Vergütung muss nicht ausgehandelt werden, denn diese richtet sich nach Tarifen der GEMA. Man kann sich auch darauf verlassen, dass man die begehrten Wiedergaberechte erhält: Die GEMA ist zum Vertragsschluss gesetzlich verpflichtet.
Die Tarife der GEMA
Die Tarife der GEMA entscheiden darüber, wie viel Vergütung ein Veranstalter schließlich zahlen muss. Die GEMA stellt diese Tarife selbständig auf, unterliegt dabei aber gesetzlichen Vorgaben. Die Höhe der Vergütung soll sich nach den „geldwerten Vorteilen“ richten, die ein:e Musiknutzer:in erhält. Auf religiöse, kulturelle und soziale Belange der Nutzer:innen muss Rücksicht genommen werden. So muss z.B. der Betreiber einer Diskothek eine höhere Vergütung zahlen als der Veranstalter eines Charity-Flohmarkts.
Es gibt derzeit ca. 90 GEMA-Tarife, die alle auf der Website der GEMA veröffentlicht sind. Für die Auswahl des richtigen Tarifs kommt es einerseits darauf an, ob die Musik live performt oder von einem Tonträger abgespielt wird. Daneben ist entscheidend, in welchem Kontext Musik gespielt werden soll: Es gibt z.B. jeweils spezielle GEMA-Tarife für Messen, Straßenfeste und Sportveranstaltungen; aber auch für Klanginstallationen, Bowlingbahnen, Gottesdienste und Bordelle.
Die GEMA bestimmt in den Tarifen, anhand welcher Parameter sie die Vergütung berechnet. Das können z.B. die Veranstaltungsfläche oder die Anzahl an Veranstaltungsteilnehmenden sein. Weil es hier erhebliche Unterschiede gibt, kann es sich fatal auswirken, wenn bei der Anmeldung versehentlich ein Tarif ausgewählt wird, der ungünstiger ist als der eigentlich anzuwendende.
Beispiel:
Sie veranstalten ein ganztätiges Sportevent, z.B. ein Hobby-Fußballturnier. In den Pausen soll es Live-Musik geben. Das Event findet auf einer Fläche von 3.000 m2 statt und Sie verlangen netto 10 Euro Eintritt pro Person. Leider kommen nur 200 Zuschauer:innen.
Richtigerweise findet auf die Veranstaltung Tarif M-SP Anwendung. Die Höhe der GEMA-Gebühr beträgt laut diesem Tarif grundsätzlich netto 28 Euro pro 150 Zuschauer:innen. Auf Veranstaltungsfläche und Eintrittspreis kommt es nicht an. Sie müssen also netto 37,33 Euro an die GEMA zahlen.
Übersehen Sie aber, dass es einen speziellen Tarif für Sportveranstaltungen gibt, und melden Sie Ihr Event versehentlich als „Einzelaufführung mit Musikern mit Veranstaltungscharakter“ an, wird die Vergütung fälschlicherweise anhand des Tarifs für „Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Musikern“ (Tarif U-V) errechnet. Nach diesem Tarif entscheiden die Veranstaltungsfläche und die Höhe des Eintrittsgelds über die Vergütung – wie viele Zuschauer:innen tatsächlich erscheinen, ist nach diesem Tarif egal. Dass Ihr Event floppt, wirkt sich deshalb umso dramatischer aus: Sie müssen nämlich aufgrund der großen Fläche und des hohen Eintritts netto 3.276 Euro an die GEMA zahlen. Für Fälle, in denen die tatsächlichen Einnahmen und die Vergütung in „grobem Missverhältnis“ stehen, hält der Tarif U-V zwar eine „Angemessenheitsregel“ bereit. Nach dieser müssen nur 11,89 % der vereinnahmten Netto-Eintrittsgelder und sonstigen Entgelte gezahlt werden. Auch dies wären in unserem Beispiel mit netto 237,80 Euro aber noch mehr als das sechsfache der eigentlich richtigen Vergütungshöhe.
Tarifbesonderheiten und Nachlässe
Veranstalter können außerdem Geld sparen, indem sie die Besonderheiten des Tarifs und mögliche Nachlässe (Rabatte) im Auge behalten. Ein Beispiel hierfür ist die bereits angesprochene Angemessenheitsregel im Tarif U-V. Von dieser können Veranstalter nicht nur dann Gebrauch machen, wenn ihre Einnahmen besonders niedrig ausfallen. Auch wenn die tatsächliche Personenkapazität ihrer Location geringer ist, als allein aufgrund der Veranstaltungsfläche anzunehmen wäre, kann die Vergütung nach unten angepasst werden.
Daneben finden sich weitere – teils unerwartete – Sonderregelungen und Pauschalen: Nach dem Tarif U‑V ist beispielsweise pauschal nur ein Drittel des Eintrittsgeldes für die Berechnung der Vergütung zu berücksichtigen, wenn der Eintrittspreis auch auf ein Buffet oder eine Getränke-Flatrate entfällt – unabhängig davon, wie in welchem Verhältnis der Wert dieser Angebote zur musikalischen Darbietung tatsächlich steht.
Nach Tarif U-K (Konzerte der „Unterhaltungsmusik“) ist die Vergütung anhand des tatsächlich erzielten Kartenumsatzes zu berechnen. Sonstige geldwerte Vorteile, z.B. durch Werbung oder Sponsoring, werden (egal wie hoch diese ausfallen) durch einen pauschalen Aufschlag von 7 % auf den ermittelten Kartenumsatz berücksichtigt. Wer seine Veranstaltung also vor allem durch Werbe- und Sponsoringeinnahmen finanziert, dabei aber günstigere Tickets anbietet, zahlt weit weniger GEMA-Vergütung.
Veranstalter sollten auch prüfen, ob sie einen sogenannten Gesamtvertragsnachlass beanspruchen können. Organisationen, vor allem Verbände, können nämlich für ihre Mitglieder mit der GEMA Verträge schließen, die u.a. einen pauschalen Nachlass auf die Vergütung enthalten. Welche Organisationen mit der GEMA einen solchen Vertrag geschlossen haben, lässt sich auf der Website der GEMA einsehen.
Was ist also zu tun?
Die folgenden Punkte sollten Sie beachten:
GEMA-freie Musik nutzen: Zuständig ist die GEMA nur für die Musik derjenigen Rechteinhaber:innen, die mit der GEMA einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen haben. Trifft das auf die Musik, die Sie spielen wollen, nicht zu, müssen Sie der GEMA auch nichts zahlen. Doch selbst dann müssen Sie – wenn es zumindest irgendwelche Musik zu hören gibt – Ihre Veranstaltung bei der GEMA anmelden. Denn GEMA-Musik überwiegt in der Praxis so sehr, dass grundsätzlich vermutet wird, dass genutzte Musik aus dem GEMA-Repertoire stammt. Juristen nennen das die „GEMA-Vermutung“. Es liegt daher an Ihnen, vor der Veranstaltung anhand der Setlist nachzuweisen, dass Sie keine GEMA-Musik nutzen.
Den richtigen Tarif auswählen: Wollen Sie GEMA-Musik nutzen, müssen Sie bei der Anmeldung den richtigen Tarif angeben. Die GEMA-Anmeldung können Sie bequem und zügig online erledigen – doch die Benutzerfreundlichkeit des GEMA-Portals sollte Sie nicht zur Nachlässigkeit verleiten. Die Zuordnung zu einem bestimmten Tarif fällt oftmals schwer. Sie sollten auf jeden Fall vermeiden, versehentlich einen falschen teureren Tarif auszuwählen. Denn selbst, wenn Sie Ihren Irrtum später bemerken, müssen Sie die GEMA dann davon überzeugen, dass die Vergütung eigentlich nach einem anderen Tarif zu bestimmen ist. Daher sind Zweifelsfälle genau zu prüfen.
Die richtigen Berechnungsgrößen nennen: Bei der Anmeldung über das Benutzerportal der GEMA werden die Daten für die Berechnung der Vergütung abgefragt. Beim Eingeben dieser Daten wird aber nicht klar kommuniziert, dass und in welcher Weise sich die eingegeben Daten auf die Höhe der Vergütung auswirken. Sie sollten sich deshalb mit dem Tarif vertraut machen und vor allem bei den vergütungsrelevanten Daten besonders auf ihre Richtigkeit achten.
Tarifliche Besonderheiten und Nachlässe: Halten Sie Ausschau nach tariflichen Besonderheiten und Nachlässen. Wenn die besonderen Eigenschaften Ihrer Veranstaltung dazu führen, dass Berechnungsgrößen wie die Veranstaltungsfläche oder der Eintrittspreis Ihren tatsächlichen geldwerten Vorteil nicht widerspiegeln, kann das zu einer Absenkung der Vergütung führen. Wenn die Vergütung unverhältnismäßig hoch ausfällt, können Sie möglicherweise einen Antrag auf Berechnung anhand einer Angemessenheitsregelung stellen.
Fehler reklamieren: GEMA-Rechnungen können falsch sein. Spätestens, wenn Ihnen eine Rechnung ungewöhnlich hoch vorkommt, die Berechnungsparameter unstimmig sind oder der angegebene Tarif nicht zu Ihrer Veranstaltung passt, sollten Sie die Rechnung genau prüfen. Kommen Sie zu dem Ergebnis, dass sie zu hoch ist, sollten Sie die Rechnung reklamieren. Um zu viel gezahlte Beträge zurückzufordern, haben Sie in der Regel bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist Zeit.
Nicht auf vermeintlich Bewährtes vertrauen: Vielleicht veranstalten Sie ein Event regelmäßig und haben bei der GEMA-Anmeldung schon Routine. Gerade dann sollten Sie genauer hinsehen. Denn zum einen können sich Fehler eingeschlichen haben, die über Jahre niemand bemerkt hat. Auf eine penible Überprüfung durch die GEMA und einen Hinweis, man zahle ihr zu viel, kann man sich nicht verlassen. Zum anderen ändern sich die Tarife der GEMA regelmäßig. Daher sollte man auch jüngere Entwicklungen in den relevanten Tarifen im Auge behalten.
Fazit
Sich mit der GEMA auseinanderzusetzen, mag lästig sein. Wer auf seiner Veranstaltung aber Musik spielen möchte, muss sich so oder so mit ihr beschäftigen – schon allein, weil er sich andernfalls strafbar macht. Um günstiger wegzukommen, müssen Sie nur ein paar Punkte bei der GEMA-Anmeldung beachten und Ihre Rechnungen prüfen – das genügt meistens schon.
Planen Sie eine große Veranstaltung und soll bei der Anmeldung auf keinen Fall etwas schief gehen; haben Sie Schwierigkeiten bei der Anmeldung oder stellt sich die GEMA auf eine Reklamation hin quer, ist anwaltliche Unterstützung sinnvoll.
Über den Autor:
Dr. Valentin Horst ist Rechtsanwalt der Medienrechtskanzlei FREY Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Köln, die unter anderem auf Urheberrecht und Verwertungsgesellschaften spezialisiert ist.