Das Alter macht doch einen Unterschied

Altersgerechte Veranstaltungsplanung: So tickt die Gen Z!

von Julia Jeworowski, Artikel aus dem Archiv vom 6. Juli 2023

Und das Alter macht doch einen Unterschied – zumindest bei der Zielgruppenansprache. Denn die Gen Z ist anders als die meisten Generationen mit Technologie und Internet aufgewachsen. So hegt sie auch ihre eigenen individuellen Ansprüche an Events und die sollten Planende kennen.

(Bild: Shutterstock / LuckyN)

Zwar lassen sich Zielgruppen nicht pauschal nach den Geburtsjahren zusammenfassen, doch hilft die Eingrenzung nach Generationen, abhängig von der Art des Events, das Konzept zu schärfen und Interessent:innen zu erreichen. Denn auch wenn keine Altersgruppe in sich homogen ist, können z.B. Sozialisation, historischer Kontext, technologischer Fortschritt oder gesellschaftliche Veränderungen während unserer Entwicklungsjahre die Einstellungen, Werte und das Wesen einer ganzen Generation erheblich beeinflussen – so auch die Haltung der Gen Z, die groß geworden ist in einer Zeit geprägt von technologischem Wandel, einer globalisierenden Welt, prägnanten terroristischen Ereignissen sowie einem wachsenden Bewusstsein für Diversität und Umweltschutz.

Smartphone-sozialisierte Generation

Die Zeit formt also Generationen und altersspezifische Merkmale das Eventkonzept. Gerade bei Veranstaltungen hätten verschiedene Zielgruppen differenzierte Ansprüche und die Motive zur Teilnahme könnten je nach Altersgruppe stark variieren, weiß Cornelia Zanger. Als Universitätsprofessorin hat sie zu den Zielgruppen geforscht und besonders zu der nach ihren Aussagen „Smartphone-sozialisierten Gen Z“, die als Persönlichkeit noch in der Selbstfindungsphase stecke. Überraschend ist der letzte Punkt nicht, denn der Terminus umfasst vergleichbar junge Leute: Laut statistischem Bundesamt bezeichnet die Gen Z den in den Jahren 1996 bis 2009 geborenen Teil der Bevölkerung, dem rund 11,57 Millionen Menschen in Deutschland angehören (Stand 2021; vgl. Statistisches Bundesamt 2022a).

Cornelia Zanger (Universitätsprofessorin) (Bild: Privat)

Abwechslung, Spaß und Neues

Doch wie ticken nun die etwa 14- bis 27-jährigen Eventteilnehmenden? Und mit welchen ihrer Merkmale sollten Planende sich bei Konzeption und Umsetzung unbedingt befassen, um die Zugehörigen der Altersgruppe zu begeistern? „Mitglieder der Gen Z suchen Abwechslung und Spaß auf Veranstaltungen, möchten Neues erleben und neue Bekanntschaften schließen“, fasst Zanger die Motivation der Zielgruppe zusammen. In der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse – AWA 2022 ist weiter nachzulesen, dass die Generation, verglichen mit anderen, besonders den Wunsch nach starken Erlebnissen, Abenteuer und Spannung (62,7%) hege, weniger jedoch danach, Kinder zu haben (35,4%) oder viel zu leisten (30%) (vgl. IfD Allensbach 2022a). Wichtig sei ihr gemäß der Studie, das Leben zu genießen (82%), enge Beziehungen mit anderen zu führen (90,9%) und für die Familie da zu sein (70,9%). Der Großteil der Gen Z ist offenbar ledig (vgl. Statistisches Bundesamt 2022b).

Stark von Influencer:innen beeinflusst

„Eine wichtige Rolle für die Generierung von Interessengebieten spielen vor allem eigene Freunde, die sich nicht nur im direkten Umfeld, sondern auch elektronisch finden“, sagt Zanger und meint damit Communitys im Internet. Die Zielgruppe werde zudem stark von Influencer:innen beeinflusst. Der Verbrauchs- und Medienanalyse – VuMA 2021 zufolge, nutzten im Jahr 2020 rund 90,2% der damals 14- bis 24-Jährigen mehrmals in der Woche die sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram und WhatsApp (vgl. VuMa 2020). Zu ihren Freizeitbeschäftigungen zählen sie z.B. Shoppen/Einkaufen (92,2%), Fotografieren (85,6%), Essen gehen (84,8%), Computerspiele (76,9%), Gesellschaftsspiele (69,5%), den Besuch von Diskotheken/Clubs (67,2%) und den von Freizeitparks (64%) (vgl. IfD Allensbach (2022c). Sehr wichtige Themen für die Gen Z sind u.a. soziale Verantwortung, Menschenrechte, Toleranz, Gerechtigkeit, Diversity und Umweltbewusstsein (vgl. ifaa 2022).

Artikelreihe Zielgruppen

Inwiefern bestimmen die Ansprüche von Babyboomern, Generation X und Y, Mitarbeitenden und Co. die einzelnen Schritte bei der Eventplanung? In der Artikelreihe widmen wir uns verschiedenen Zielgruppen und beleuchten die planerischen Komponenten anhand von Praxis-Cases. Lesen Sie auch den Artikel “Weibliche Zielgruppen und ihre Ansprüche an Events“.

Umweltbewusst und gesunde Lebensweise

In unserer „multi-Krisen-geprägten“ Zeit finde die Gen Z, sagt Cornelia Zanger, Orientierung z.B. in der Klimabewegung und einem klimaschonenden Lifestyle. Diese Lebensweise schließe oftmals eine vegane Ernährung, den Verzicht auf alkoholische Getränke und umweltschädliche Verpackungen sowie die Fortbewegung per Fahrrad und ÖPNV ein. Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland erntet die Gen Z sogar den Stempel als „gesundheits- und umweltbewusst“ (vgl. PwC Deutschland 2020). Ein Drittel beurteilte – so heißt es in der Allensbacher Analyse – „Die Grünen“ als die sympathischste Partei (vgl. IfD Allensbach 2022b).

Gen Z informiert sich online

Dr. Christian Wulff, Consumer Markets Leader bei PwC Deutschland und EMEA, beschreibt die Altersgruppe im Rahmen der PwC-Studie mit den Worten: „Die Generation Z legt Wert auf eine gesunde Lebensweise und kann sich ein Leben ohne Smartphone nicht vorstellen. Die jungen Menschen haben hohe Erwartungen: Produkte und Dienstleistungen sollen schnell, intuitiv, unterhaltsam und nachhaltig sein.“ Auf Produkte und Services würden sie, so die Ergebnisse der PwC-Befragung, eher online aufmerksam als über klassische Medien, über das Weltgeschehen informierten sie sich vor allem über Webseiten, Podcasts, Blogs und soziale Medien (vgl. PwC Deutschland 2020).

Beruflicher Erfolg versus Work-Life-Balance

Wie die Gen Z ihre Karriere plant? Weniger präsent ist der Gedanke daran sicherlich bei den Jugendlichen der Altersgruppe. Für die übrigen Jahrgänge hat das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. in einem Factsheet die Gesinnung stereotyp aus Studien zusammengetragen: Erfolg und Karriere seien der Gen Z weniger wichtig als anderen Generationen bzw. bemesse sich die Bedeutung dessen an der Höhe der Leistung, die man selbst einbringen müsse (vgl. ifaa 2022). Bei der Wahl des Arbeitgebers achtete sie daher besonders auf eine gute Work-Life-Balance. Der Großteil der Altersgruppe befand sich (40%) im Jahr 2021 in einem Ausbildungsverhältnis, 35% waren in Vollzeit berufstätig, 14% in Teilzeit und 10% nicht erwerbstätig (vgl. Deloitte 2022). Für die Gen Z sei es besonders bedeutend, in Freiheit und Unabhängigkeit zu leben und ihr Leben nach den eigenen Vorstellungen und Werten zu gestalten (vgl. ifaa 2022).

Influencer:innen aktivieren Zielgruppe

Nachdem nun diverse Interessen und Merkmale der Gen Z beschrieben sind, bleibt die Frage: Wie können Planende auf die Ansprüche mit einem stimmigen Veranstaltungskonzept reagieren? Cornelia Zangers Tipp: „Die Einladung angesagter Influencer:innen bringt hohe Resonanz in der Zielgruppe sowohl bezüglich der Teilnahme als auch der Berichte über soziale Medien wie TikTok, Instagram oder Snapchat.“ Weiter ist sich die Professorin sicher: „Sowohl das Veranstaltungsprogramm als auch der Einladungsprozess, die Anreise und das Catering sollten auf die Gen Z abgestimmt sein, um die Zielgruppe tatsächlich zu erreichen.“ Wie das in der Praxis läuft? Wir haben bei den Eventagenturen follow red und Uniplan nachgefragt.

follow red entwickelt Kommunikation für Azubi-Event

Die Stuttgarter Eventagentur follow red hat es besonders auf die 16- bis 21-Jährigen abgesehen bzw. auf (potenzielle) Ausbildungsplatzsuchende. Für das Azubi-Event eines Automobilherstellers in wenigen Wochen erarbeitet sie eine Kommunikationskampagne, die online und offline ausgerollt wird. „Das Ziel aller Maßnahmen ist ein Zuwachs an Teilnehmenden am Event-Tag“, sagt Charlotte Kramer, Etat Director Brand Communication bei follow red. Der Weg dahin: vor allem die sozialen Medien wie TikTok und Instagram. Denn die Zielgruppe kommuniziere fast ausschließlich digital, weiß Kramer und auch um die enorme Bedeutung beider Kanäle bei der jungen Altersgruppe.

Charlotte Kramer (follow red) (Bild: Björn Borg)

Reels, Challenges und ganz klar: mobile first

„Die Maßnahmen sind auf die Gen Z zugeschnitten – Reels, Challenges und ganz klar: mobile first“, beschreibt Kramer den Fokus der Kampagne. Mit dem Format „follow me around“ gibt es auch Einblicke von den Corporate-Azubis des Automobilkonzerns selbst in ihren Arbeitsalltag. Und diese weiteren Zutaten braucht es laut follow red noch für ein zielgruppengerechtes Gen-Z-Konzept: eine authentische Kommunikation auf Augenhöhe, ein zwangloses, aber professionelles Auftreten und die Relevanz des Tuns erlebbar machen – angefangen bei der Kommunikation bis hin zu den Aktionen auf dem Event.

Kommunikationskampagne fokussiert Ausbildung

Direkt vor Ort gibt es für die 2.500 Teilnehmenden Insights von den aktuellen Auszubildenden des Unternehmens, Mitmach-Aktionen, um mögliche Arbeitsbereiche kennenzulernen, Bewerbungstipps oder beim sogenannten Speed-Dating Antworten von den Ausbilder:innen. „Zudem bietet der Außenbereich die Möglichkeit, sich mit anderen Besucher:innen auszutauschen – ganz entspannt mit Liegestühlen, einem Food Court und leckeren Getränken“, sagt Kramer. Für musikalische Untermalung sorgt ein DJ. Die Teilnehmenden sollen sich wohlfühlen – und bestenfalls für einen Ausbildungsplatz entscheiden, denn genau das ist der Fokus der Kampagne: Ausbildung. „Die Zahl der Studierenden steigt, die Wahl einer klassischen Ausbildung in Form einer Lehre geht zurück. Diesem Trend wollen wir entgegenwirken“, beschreibt Kramer den Hintergrund des Events.

Chinesische Gen Z verknüpft Content und Konsum

Auch die Douyin E-Commerce Food Industry Conference war gemünzt auf die Gen Z, aber die chinesische. Die Veranstaltung fand im Dezember 2022 im Hangzhou Canal Culture Publishing Center in Hangzhou, in der Nähe von Shanghai, statt. Doch ob Deutsch oder Chinesisch, die Altersgruppe sei in beiden Ländern mit Digitalität aufgewachsen, was zunehmend zu einer Verschmelzung der Online- und der Offline-Welt führe, sagt Katja Sassi-Bucsit, Director Global Communications bei Uniplan. „Diese Entwicklung ist in China aufgrund des technischen Fortschritts bereits wesentlich stärker ausgeprägt und eng gekoppelt an das Konsumverhalten der Menschen.“ Die chinesische Gen Z kaufe gerne ein, auch über Social Media: Während in Deutschland über soziale Medien primär Content konsumiert werde, verknüpften jene in China bereits Content und Konsum (Social Commerce). Diese Art des Einkaufens sei im Alltag der Gen Z fest verankert, meint Sassi-Bucsit und beschreibt die Zielgruppe abschließend als Hightech-affin, interessiert an hochwertigen Produkten und der Rückbesinnung auf chinesische Tradition sowie als stolz auf die Errungenschaften der jüngsten Vergangenheit.

Uniplan setzt auf Tradition und Hightech

Tradition und Hightech hat die Agentur also auch auf der Douyin E-Commerce Food Industry Conference zusammengebracht. Für die Brand Experience habe man den digitalen Raum der Kurzvideo-App Douyin in den physischen Raum übersetzt und mit digitalen Elementen erweitert, erklärt Sassi-Bucsit. So wurde z.B. die Bühnenshow in Form eines traditionellen Palasttanzes, gemischt mit modernen Dance-Elementen, mit einer interaktiven Medienproduktion auf digitalem Hintergrund kombiniert. Außerdem wurde sie als Public Viewing an die Außenfassade der Location, die sich übrigens an einem Ort befindet, der von mehr als 2.000 Jahren Geschichte und Kultur geprägt ist, projiziert. „Tradition im Hightech-Gewand“, meint Sassi-Bucsit. „Konkret haben wir die Gäste in eine Symbiose aus dem traditionellen chinesischen Neujahrsfest, dem wichtigsten nationalen Feiertag, dessen Atmosphäre und modernen digitalen Elementen eintauchen lassen.“ Diese Kombination fand sich auch im Set Design wieder, z.B. durch die Farbe Rot und klassische Symbole wie die Pflaumenblumen sowie interaktive Elemente an den Ständen.

Katja Sassi-Bucsit (Uniplan) (Bild: Uniplan)

Douyin Conference kombiniert Food- mit Neujahrsfest

Doch warum adressierte das Event nun ausgerechnet die Gen Z? Das ist einfach: Die größte Nutzergruppe von Douyin – gemeint ist die chinesische (erweiterte) Version von TikTok, die im Land unter den Kurzvideo-Apps führend ist – sind junge Menschen. Ihnen bzw. den 350 Teilnehmenden wollte man beim saisonalen Food-Festival die traditionelle Atmosphäre des chinesischen Neujahrsfestes gepaart mit modernen Trends und Produkten näherbringen sowie das Bewusstsein für den Food-Bereich der Plattform stärken, fasst Sassi-Bucsit zusammen und auch die E-Commerce-Verknüpfung von Douyin: Über die App lassen sich nicht nur Kurzvideos einstellen und ansehen, sondern Nutzer:innen können einkaufen, Urlaube buchen und Restaurantplätze reservieren – die Gen Z sei schließlich ein Treiber des innerchinesischen Konsums.