Wie können Großveranstaltungen von der Bedrohung durch unautorisierte Drohnen zuverlässig und schnellstmöglich geschützt werden? Antworten will das Forschungsprojekt ArGus liefern. Roland G. Meier, Geschäftsführer der VDS GmbH, gibt einen Einblick in die Forschung.
(Bild: Forschungsprojekt ArGus / Michael Harter)
Übersicht
Was ist ArGUS?
Wie wird geforscht: die Arbeitspakete
Ausblick: Drohnenregulierung hinkt Drohnenentwicklung hinterher
Geförderte Sicherheitsforschungsprojekte zum Thema „Drohnen“
Was ist ArGUS?
ArGUS steht für Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch UAS (Unmanned Aerial Systems = unbemannte Flugsysteme). Das System detektiert UAS und generiert Einsatzvorschläge für rechtlich abgesicherte Gegenmaßnahmen. Dadurch können Einsatzkräfte die Bedrohung sehr früh erkennen, die Auswirkungen abschätzen und nach kurzer Reaktionszeit zu einer optimalen Entscheidung hinsichtlich geeigneter Gegenmaßnahmen gelangen. Die Situationsanalyse ist der wichtigste Bestandteil, wenn es um den Schutz der Menschen und der Infrastruktur geht. Die für diese Situationsanalyse erforderliche Informationsgrundlage wird rechtskonform gewonnen. Simulation und Prognose der möglichen weiteren Entwicklung des vorliegenden Szenarios helfen bei der Entscheidung der richtigen Reaktion.
Potenziell gefährdet sind u.a. Großveranstaltungen wie Konzerte, Feste, Demos oder Sportevents. Derweil steigt die Zahl autorisierter UAS – z.B. Überwachungsdrohnen und Paketzustellungen –, die innerhalb definierter Flugkorridore ihren Dienst verrichten. Eine Unterscheidung zwischen diesen autorisierten und nicht autorisierten UAS ist somit eine erste wichtige Voraussetzung für die Lagebewertung.
Der Zeitaspekt bei der Einleitung von Abwehr- und Schutzmaßnahmen ist dabei hochkritisch und stellt somit einen der wesentlichen Schwerpunkte der Forschung dar. Im Optimalfall findet der Eingriff schon in der Vorbereitungsphase des Angriffs statt. Somit ist die Chance einer rechtzeitigen Abwehr sehr hoch und die möglichen Auswirkungen einer Gefahr sowie unerwünschter Seiteneffekte von Maßnahmen noch sehr niedrig. Anderenfalls bleiben maximal wenige Sekunden zwischen der Detektion, Klassifizierung und Situationsanalyse einerseits und der möglichen Verhinderung der Realisation einer Gefahr auf der anderen Seite, was die enorme Herausforderung an die Agilität und intuitive Nutzbarkeit eines Assistenzsystems verdeutlicht.
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(Bild: Michael)
Wie wird geforscht: die Arbeitspakete
1. Szenariendefinition
In dem von der VDS GmbH hauptsächlich mit unterstützten Gesamtszenario „Großveranstaltung/Stadion“ wurde zunächst eine Klassifizierung in Szenarien, betroffene Bereiche, Tätertypen und Schadenstypen vorgenommen und diese vier Teile dann im Hinblick auf die Gefährdungs- und Risikoanalyse jeweils weiter untergliedert.
Hierbei stieß man auf die besondere Herausforderung, der Ergebnisse zuliebe das richtige Maß an realistischen Möglichkeiten aus der Unsumme an Kombinationen herauszufiltern und sich notwendigerweise mit diesen Annahmen und einer dadurch unvermeidlichen Unschärfe für dieses Leitszenario zufrieden geben zu müssen. Dennoch musste sichergestellt sein, dass die Annahmen genügend belastbar waren, um später auch tatsächlich in einem einsetzbaren Assistenzsystem ausreichend genaue Ergebnisse liefern zu können.
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2. Rechtliche Bewertung
Welche (Teil-)Maßnahme – angefangen von der Detektion einer Drohne, über ihre Klassifizierung, ggf. die Ortung des Steuernden (sofern vorhanden), über die Feststellung einer Gefährdung als Grundlage für die Verhältnismäßigkeit etwaiger Abwehrmaßnahmen bis hin zu diesen selbst – betrifft welchen Rechtsbereich? Handelt es sich dabei um Störung der Telekommunikation, um das Erheben und Verarbeiten persönlicher Daten – oder beides? Wieviel wiegt das Eigentumsrecht eines „versehentlichen oder unwissenden“ Störers an seiner Drohne gegen das Abwehrrecht einer drohenden Gefahr und unter welchen Bedingungen? All diese Fragen müssen geklärt sein, bevor ein entsprechendes Assistenzsystem irgendwann eingesetzt werden kann.
Ist all dies für staatliche Akteure schon unklar, so verhält es sich noch wesentlich komplexer, wenn nun private Akteure (Stadionbetreiber, Veranstalter, Bewachungsunternehmen im Veranstaltungsordnungsdienst etc.) hinzukommen, die von Haus aus kaum eigene rechtliche Eingriffsmöglichkeiten haben.
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3. Sensorsysteme
Hierbei dreht sich alles um das Finden bzw. Entwickeln geeigneter Sensoren und Schnittstellen und deren intelligente Koppelung.
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4. Situationsanalyse
Vielleicht das Herzstück des Assistenzsystems – zumindest aus Sicht der künftigen Benutzer. Hier werden die vielfältigen Sensorsignale zusammengeführt, analysiert und als optimierte Vorschläge an das Assistenzsystem übergeben.
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5. Integration
In diesem Arbeitspaket schließlich sollen die einzelnen Bestandteile so im Assistenzsystem zusammengeführt und visualisiert werden, dass damit – nach spezieller Schulung – für die Anwenderinnen ein möglichst intuitives Arbeiten gepaart mit einer sicheren Entscheidungsunterstützung gewährleistet werden können.
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6. Sensibilisierung
Bisher basieren die allermeisten bekannten Vorfälle hierzulande immer noch „nur“ auf Leichtsinnigkeit, Unwissenheit über Regelungen und Verbote oder das eigenmächtige, aber nicht bösartige Hinwegsetzen über diese. Hier muss also massiv mit Aufklärung und Sensibilisierung – gerade auch gegenüber behördlichen Einsatzkräften – nachgebessert und weitergewirkt werden. Dazu muss auch in allen relevanten Bereichen bereits bei den beruflichen und anderen Aus-, Fort- und Weiterbildungen angesetzt werden, sowohl was die Gefährdungen betrifft als auch die Möglichkeiten und Maßnahmen zu deren Abwehr.
Schlussendlich hilft das schönste Assistenzsystem nichts, wenn es nicht richtig angewandt wird. Daher braucht es spezielle Schulungen für die künftigen Anwender, damit die minimale Zeit zwischen der Detektion und der zu vermeidenden Realisierung eines Schadens optimal für dessen Verhinderung genutzt werden kann.
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(Bild: Forschungsprojekt ArGus / Michael Harter)
Ausblick: Drohnenregulierung hinkt Drohnenentwicklung hinterher
Angesichts der Tatsache, dass die Drohnenforschung und noch mehr die Drohnenregulierung der Entwicklung der Drohnen und ihrer Verkaufs- und Einsatzzahlen wenigstens um mehrere Jahre hinterherläuft, ist es nicht leicht, eine verbindliche Prognose abzugeben. Es steht zu befürchten, dass sich – wie so oft – wohl oder eher übel erst etwas in der Politik bewegt, wenn es eines Tages ein größeres Unglück als Flughafensperrungen gegeben hat.
Fakt ist zum heutigen Stand: Offiziell dürfen Privatmenschen mit Drohnen eigentlich schon fast nirgendwo mehr fliegen, eingebaute Beschränkungen über GPS z.B. für Flugverbotszonen über Flughäfen, militärischen Anlagen, Gefängnissen etc. werden ein „versehentliches“ Übertreten dieser Regeln durch Unbedarfte weiter reduzieren. Bleiben all jene, die das eine oder andere mit Absicht betreiben. Hier bleibt zu hoffen, dass die Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und gesetzlichen Anforderungen mit den tatsächlichen Gefährdungen und den technischen Möglichkeiten irgendwann wieder Schritt halten mögen.
Für die Veranstaltungssicherheit bedeutet dies aber zumindest, diese Gefährdungen in unsere Sicherheitskonzepte einzuarbeiten und im Rahmen der Möglichkeiten entsprechende Vorsorge und Vorplanung zu treffen.
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Geförderte Sicherheitsforschungsprojekte zum Thema „Drohnen“
Aktuell werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vier Sicherheitsforschungsprojekte zum Thema „Drohnen (UAS)“ gefördert. Neben den Projekten AMBOS, ORAS und MIDRAS gehört auch ArGus dazu. Noch bis März 2020 laufen hier die Forschungen. Zum Konsortium, welches von Dr. Gunther Grasemann vom Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) geleitet wird, gehören auch esc Aerospace und die VDS GmbH. Verbundpartner sind Atos IT Solutions and Services, das European Aviation Security Center, die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, die Technische Hochschule Deggendorf – Technologie Campus Freyung und das VfS – Forum für Sicherheit. Assoziierte Partner des Projektes sind die Fraport AG, das Bundeskriminalamt, Referat Einsatztechnik, das Bayrisches Landeskriminalamt und Power Personen Objekt Werkschutz.
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