Rückbesinnung auf die Kernkompetenz

Der GWA im Gespräch: PR-, Digital- oder doch Eventagentur?

PR-, Digital-, Eventagentur – die Grenzen werden heute immer fließender. Doch ist das auch ein Konzept für die Zukunft? Ein Gespräch mit dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA, in dem die meisten der großen deutschen Werbeagenturen beheimatet sind.

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Der GWA, ursprünglich gegründet als Gesellschaft Werbeagenturen, vereint heute die führenden Kommunikationsagenturen Deutschlands und vertritt ihre Interessen in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit, so die Selbstdarstellung. Bekannte Mitglieder sind u. a. BBDO, Ogilvy & Mather und Jung von Matt. Doch neben den großen Werbeagenturen werden auch Spezialisten in den Verband aufgenommen, sofern sie seine Qualitätskriterien erfüllen und mit ihrer Arbeit maßgeblich zur Markenbildung des Kunden beitragen. Stagg & Friends erfüllt diese Anforderungen, und war lange Zeit die einzige Agentur für Live-Kommunikation im Verband. Seit Mai ist nun noch die Stuttgarter PR- und Eventagentur Ansel & Möllers als neues Mitglied hinzugekommen.

Stagg & Friends Geschäftsführer Göran Göhring
(Bild: Stagg & Friends)

Wir haben mit Stagg & Friends Geschäftsführer Göran Göhring über die Mitgliedschaft im GWA, die Ansichten des Verbandes und das Verhältnis zwischen klassischen Werbeagenturen und Anbietern von Live-Kommunikation gesprochen.

Wir beobachten, dass sich die klassischen Werbeagenturen immer stärker auch im Eventmarkt aufstellen und Live-Kommunikation anbieten – was die reinen Eventagenturen natürlich kritisch beäugen. Auf der anderen Seite bieten Eventagenturen immer häufiger integrierte Kampagnen an, die auch klassische Instrumente wie PR und Werbung umfassen. Woher kommt Ihrer Meinung nach diese Entwicklung?
Dieses Thema ist nicht neu. Es lässt sich durch einige Beispiele belegen: etwa BBDO Live, aus Bob Bomliz entstanden, oder fischerAppelt live marketing. Zudem gab es bereits Eventinitiativen von Networks in Deutschland wie Grey Live oder McCann Momentum, die aber heute nicht mehr am Markt aktiv sind. Diese Überlegung der klassischen Agenturen, nicht nur Anzeigen und TV-Spots zu verkaufen, sondern das Angebot in die Live-Kommunikation und Live-Experience auszudehnen, gibt es also schon seit langem. Letztlich beschränken sich diese Bestrebungen aber auf einzelne, kurzfristige Aktionen und Projekte – das geht aus Recherchen und meinen Gesprächen mit einzelnen Mitgliedern des GWA deutlich hervor. Zwar geben viele auf ihrer Website an, dass sie solche Eventleistungen (mit) anbieten, aber konkrete Cases und aktuelle Beweise liefern die wenigsten.

Andersherum beobachte ich immer wieder, dass einige meiner Eventkollegen glauben, sie könnten auch andere Kommunikationsdisziplinen mal so eben zusätzlich oder parallel anbieten. Ich persönlich sehe das kritisch. Wenn eine Event agentur meint, ein wenig Social Media, standardisierte Apps, ein bisschen PR oder was auch immer mit anbieten zu müssen, nur weil der Kunde das gerade wünscht, dann sollte sich die Agenturführung sehr genau überlegen, ob sie das dann selbst macht oder nicht besser mit einem Spezialisten kooperiert. Denn das Problem an einer Dienstleistung ist: Wenn sie nicht hält, was sie verspricht, wechselt der Kunde, weil er irgendwo anders eine bessere Leistung oder 100%ige Qualität bekommt. Mittelmaß ist im Dienstleistungsbereich der Tod – und der tritt bei vielen schlechten Einzelangeboten häufig schnell auf. Die Glaubwürdigkeit der ganzen Agenturmarke wird dabei gleich mit beschädigt. Stattdessen sollten sich Eventagenturen lieber darauf konzentrieren, wie sie ihren wirklichen USP noch spitzer präsentieren und wie sie ihre kreativen Ideen noch besser mit Live Experiences für den Kunden im Markt positionieren können. Ich glaube, dass wir nur so unsere Wertschätzung im Kommunikationsmarkt steigern können.

Wie sieht dies der GWA: Werden sich die Profile der Agenturen, sowohl klassisch als auch Event, zunehmend auflösen und diese zu Allround-Agenturen? Oder gibt es bald nur noch viele kleine Spezialisten, die zusammen im Netzwerk arbeiten?
Klar ist, dass es immer einige Generalisten geben wird. Ich beobachte aber häufiger, dass die Tendenz zu Spezialagenturen geht. Warum? Spezialisierte Agenturen können die Leistungen, die sie anbieten, oftmals richtig gut. Sie fokussieren sich darauf, entwickeln ihr Know-how ständig weiter und bauen zusätzliche Kompetenzen in ihrem Fachgebiet auf. Im Digitalbereich geht das beispielsweise so weit, dass sich spezialisierte Agenturen nur für E-Commerce, Mobile, Social Media oder Apps herausgebildet haben. Dies ist den wachsenden Ansprüchen der Unternehmen und Marken geschuldet, für die es zunehmend problematisch wird, wenn sich einzelne Kommunikationsmaßnahmen auf „Regionalliga-Niveau“ bewegen. Marken müssen in der gesamten kommunikativen Wahrnehmung perfekt aufgestellt sein, damit sie erfolgreich sind. Dazu braucht es die besten Agenturen für jede einzelne Kommunikationsmaßnahme.

Ein spezialisiertes Können auf professionellem Niveau anzubieten, ist sicherlich wichtig. Doch wie steht es um die Koordination? – Nicht jeder Kunde möchte sich mit 20 verschiedenen Spezialdienstleistern auseinandersetzen; der ein oder andere wünscht sich da doch eher alles aus einer Hand. Und besteht nicht auch die Gefahr, dass das Markenbild verfälscht wird, wenn zu viele „Köche“ mitmischen?
Ganz im Gegenteil: Ich kenne keine der führenden Marken, die erfolgreich ihr komplettes Marketing aus der Hand gegeben hätte. Für mich liegen die Gesamtverantwortung der Markenführung und die Koordination der einzelnen Kommunikationsmaßnahmen beim Unternehmen. Natürlich ist das heute deutlich komplexer und aufwändiger als früher. Job Description auf Kundenseite ist aber, das alles zu managen, die Spezialisten im Sinne der Markenkommunikation zu leiten und somit integrierte Einzelmaßnahmen auf einem sehr hohen Level zu einer Kampagne zu verschmelzen.

Ein Beispiel für eine professionelle Koordination ist folgendes: Ein deutscher Automobilkonzern lädt ungefähr zwei Mal jährlich zu einem Agenturtag für alle Dienstleister, die für die Marke signifikante Arbeiten kreieren. Alle Beteiligten können sich untereinander besser kennenlernen und austauschen. Dabei entstehen ganz unterschiedliche Impulse und das Verständnis füreinander wird erhöht. So kann man seitens des Unternehmens aktiv die Koordination dieser Kommunikationsdienstleister fördern.

Meine Empfehlung an Markenverantwortliche in den Unternehmen: Arbeiten Sie mit möglichst vielen Spezialisten, dann erzielen Sie in der Gesamtheit den größeren Erfolg.

Stagg & Friends sind eine der wenigen Event- bzw. Spezialagenturen im GWA. Welche Art von Agenturen findet im Verband ein Zuhause, und was macht diesen aus?
Im Gesamtverband Kommunikationsagenturen sind Unternehmen, die außergewöhnliche und zielgerichtete Kommunikation für Marken und Produkte kreieren und realisieren. Das können sowohl Allrounder als auch Spezialisten sein. Was alle diese Agenturen eint, ist das Thema Markenführung. Auch Spezialisten finden nur Aufnahme, wenn sie maßgeblich zur Markenführung beitragen und sich nicht nur als Umsetzer verstehen. Eine weitere gemeinsame Position ist das Bestreben, die Wertschätzung für ihre Arbeit zu erhöhen. Dieses Thema „Wertschätzung“ ist in den letzten Jahren gerade auch für die wertschöpfenden Leistungen der Branche verloren gegangen. Für Werbungtreibende gilt: Eine Agentur zu beauftragen, ist eine Investition in die eigene Marke und nicht nur Kostenfaktor.

Kann man dies tatsächlich auch an Zahlen ablesen?
Insbesondere im Eventbereich sind Emotionen ja oft schwer zu messen. Wenn wir als Stagg & Friends zum Beispiel mit unserem Spezial-Knowhow eine zielgerichtete Face-to-Face-Trainingsveranstaltung für den Vertrieb konzipieren, entsteht dadurch eine nachweisbare Absatzsteigerung der geschulten Produkte. Wir tragen zur Wertschöpfung unserer Kunden bei, das sollte sich in Wertschätzung durch den Kunden widerspiegeln. Ich möchte dafür plädieren, dass auch der Einkauf eines Kunden immer wieder mal analysiert, welche qualitativ gute Arbeit Agenturen leisten sowie zu welchen quantitativen Erfolgen sie beitragen.

 

“Mittelmaß ist im Dienstleistungsbereich der Tod – und der tritt bei vielen schlechten Einzelangeboten häufig schnell auf”. 
Göran Göhring 

 

Generell besteht also in der gesamten Branche durchaus die Erkenntnis: „Mein Kunde, seine Marke und seine Produkte sind nicht mehr ausschließlich mit klassischen Kampagnen zu bedienen“ – sprich: Print und TV reichen nicht mehr aus. Deshalb werden heute vielfach Digital Experience und Live Experience als sich ergänzende Elemente eingesetzt. Daher noch ein Rat an meine Event-Kollegen: Konzentriert Euch auf Eure Stärken. Das ist Live-Kommunikation. Die persönliche Begegnung mit Marke und Produkt wird gerade in der digitalen Welt immer wichtiger.

Ist es im Zeitalter der allgegenwärtigen digitalen Vernetzung überhaupt noch zeitgemäß, einseitige Kampagnen zu fahren, sei es nur auf klassische Werbung oder nur Event beschränkt?
Das kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Markenführung sollte immer in den Händen des Kunden liegen. Dass er sich dafür von einer Strategieagentur ein Basiskonzept machen lässt, ist vollkommen okay. Aber letztlich muss das Unternehmen entscheiden, in welchen Kanälen die Marke kommunizieren möchte. Die Verantwortlichen für Markenführung legen fest, ob eine Kampagne mono- oder multichannel umgesetzt wird.

Der neue Vorstandsvorsitzende des FAMAB, Jörn Huber, kündigte Ende letzten Jahres an, dass sich der FAMAB und der GWA künftig verstärkt austauschen und eine gemeinsame Linie finden wollen. Wie sehen die Pläne für diese Kommunikation aus, was ist konkret angedacht?
Zunächst einmal finde ich es generell gut, wenn Verbände sich austauschen. In letzter Zeit gibt es hier positive Erfolge, wenn sie sich u. a. bei politischen Themen abstimmen und kooperieren. Das sind Themen wie „Mindestlohn“, „Einsatz von Praktikanten“ oder – ganz aktuell – „Werkverträge“, was neu auf der Agenda von Bundesministerin Nahles steht.

Meiner Meinung nach ist der GWA mit Deutschlands führenden Agenturen anders positioniert als der FAMAB. Somit ist der GWA kein Konkurrenzverband. Eine gemeinsame inhaltliche Linie zu finden, empfinde ich allerdings als schwierig. Ich glaube, dass man im Bereich Politik oder Nachwuchs Themen miteinander angehen kann, aber in anderen Bereichen aufgrund der Mitgliederstruktur eher weniger Schnittstellen vorhanden sind.

Was die FAMAB-Verantwortlichen eventuell diskutieren sollten, ist, sich um eine Mitgliedschaft im ZAW, dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, zu bewerben. Dort sind unter anderem der GWA, die Organisation der Mediaagenturen (OMG), der Fachverband Außenwerbung (FAW) sowie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) organisiert. Im ZAW wird eine starke politische Stimme in Berlin positioniert, die auch einiges für FAMAB-Agenturen leisten könnte.

Vielen Dank für das Gespräch!

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