Veranstaltungssicherheit

Die Veranstaltungsleitung in der Praxis – Begriffsdeutung und nötige Qualifikationen

Was braucht es, um die Funktion der Veranstaltungsleitung zu besetzen? Aufgrund fehlender Definition des Begriffs in der MVStättVO herrscht ein breiter Auslegungsspielraum. Veranstaltungssicherheitsexpertin Sabine Funk umreißt Rechte & Pflichten sowie Qualifikationen aus praktischer Sicht.

Veranstaltungsleitung in der Praxis 1(Bild: Shutterstock/lucky boy studio)

Vorbemerkung: Zur rechtlichen Position der Veranstaltungsleitung herrschen durchaus unterschiedliche Meinungen. Da die Autorin keine Juristin ist, erfolgen die nachfolgenden Überlegungen aus praktischer Sicht, basierend auf ihren Erfahrungen in der Arbeit als Veranstaltungsleitung sowie aus der Zusammenarbeit mit Veranstaltungsleitungen und aus den Rückmeldungen aus Schulungs- und Trainingsbetrieb.

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Beispiel einer Beauftragung (fiktiv)

Es beginnt mit einem Telefonat:
A: Wir brauchen eine Veranstaltungsleitung für den xx.xx.
B: Okay, klingt spannend. Ich bräuchte dann alle sicherheitsrelevanten Dokumente zum Einlesen und würde mich vorher gerne mit den handelnden Beteiligten zusammensetzen. Vor Ort bin ich dann zwei Tage vor der Veranstaltung, um mich mit dem Gelände und den Abläufen etc. vertraut zu machen. Kosten dafür liegen dann bei ….
(Stille)
A: Aeh, ich habe gedacht, Du kommst da morgens hin und machst das dann …
B: Aeh: Nö. Ich muss ja dann relevante Entscheidungen treffen, da muss ich ja die relevanten Informationen dazu haben.
A: Ach so, nee, die wichtigen Entscheidungen trifft dann ja eh jemand anderes …

Auch wenn der Beispieldialog überspitzt klingen mag: So oder so ähnlich verläuft die „Beauftragung“ von Veranstaltungsleitungen gar nicht mal so selten. Die Alternative dazu: „Du bist ja eh da, dann kannst Du auch die Veranstaltungsleitung machen.“ Ebenfalls nicht selten: Menschen, die „Veranstaltungsleitung sind“, ihre Aufgaben aber nicht wirklich beschreiben können – genauso wenig, wie sie ihre Entscheidungskompetenzen definieren können.

Konfusion des Begriffs „Veranstaltungsleitung“

Veranstaltungsleitung in der Praxis 2
Die Verantwortung und die damit einhergehenden Aufgaben, Rechte und Pflichten der Veranstaltungsleitung müssen genau definiert werden. (Bild: Shutterstock/lucky boy studio)

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Im Rahmen der Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO) wurde ein Begriff, eine Funktion in die Luft geworfen, ohne sie inhaltsgerecht zu definieren – und dann sind alle losgelaufen und haben draus gemacht, was immer sie dachten, das richtig und/oder passend sei. Entstanden ist eine Auslegungsbreite, die in der Praxis durchaus zu Herausforderungen führt; insbesondere, wenn unterschiedliche Sichtweisen in der operativen Umsetzung aufeinanderprallen. Wenn dann auch noch die Terminologie nicht abgegrenzt ist und die Veranstaltungsleitung des Betreibers auf die Veranstaltungsleitung des Veranstalters trifft, ist das Chaos perfekt. Auch ohne, dass noch die zahlreichen Veranstaltungsleitungen auf den Plan treten, die nicht im Sinne der MVStättVO fungieren, sondern die vielmehr Projekt- oder Produktionsleitungen sind.

Veranstaltungsleiter:in oder Veranstaltungsleitung?

Aufmerksame Leser:innen werden dabei schon bemerkt haben, dass in diesem Artikel von der Veranstaltungsleitung gesprochen wird, und dies nicht aus Gründen der Geschlechtsneutralität, sondern um klarzumachen, dass es sich erst einmal um eine Funktion handelt, die von einer oder mehreren Personen besetzt werden kann – detaillierte Abgrenzung der jeweiligen Rechte und Entscheidungskompetenzen vorausgesetzt. Dazu kommt, dass wenig überraschend das Arbeitszeitgesetz auch für Veranstaltungsleiter:innen gilt. Ein Fakt, der der potenziellen Bedeutung der Funktion gerne untergeordnet wird, in der Theorie und manchmal auch in der Praxis aber dazu führt, dass die Veranstaltungsleitung in Schichten von mehreren Personen abgedeckt wird.

Rechte und Pflichten

Ansonsten gilt: Veranstaltungsleitung ist, was man daraus macht. Sprich: Welche Rechte und Pflichten übertragen werden, bleibt Verhandlungsmasse der Delegation. Fakt jedoch ist, dass zu den jeweiligen Pflichten die notwendigen Rechte übertragen werden müssen – bestenfalls schriftlich, unbedingt detailliert. „Die Veranstaltungsleitung ist für die Sicherheit der Veranstaltung verantwortlich“ entspricht diesen Anforderungen nicht und ist auch realistischerweise nicht umzusetzen, da die Veranstaltungsleitung – und auch sonst niemand – pauschal „die Sicherheit“ gewährleisten kann.

Es ist daher unbedingt notwendig, dass die Verantwortung und die damit einhergehenden Aufgaben, Rechte und Pflichten genau definiert und ggf. die Schnittstellen zu anderen verantwortungstragenden Funktionen abgegrenzt werden.


Weiterlesen!

>> Mehr zur Veranstaltungsleitung aus rechtlicher und Versicherungssicht lesen Sie im Artikel „Veranstaltungsleiter: Mythos der MVStättVO – was er kann, was nicht“


Welche Qualifikation?

Die Frage, für was die Veranstaltungsleitung verantwortlich ist, hängt damit unmittelbar an der vielleicht wichtigsten Frage: Was qualifiziert jemanden dazu, Veranstaltungsleitung zu sein? Der eine Teil der Antwort ist sicherlich fachlich zu beantworten: Kenntnis der Veranstaltungsstätte und der Veranstaltung an sich sind sicherlich unwidersprochen, wie weit dies allerdings z.B. tatsächlich technisches Detailwissen oder spezielle Fachkenntnisse umfasst, ist (strittiges) Thema verschiedener Auslegungen. Reicht es, wenn gewährleistet ist, dass die Fachkenntnis „an sich“ vorhanden ist oder muss die Veranstaltungsleitung alles selbst können und wissen?

Die Erfahrungen aus der gelebten Praxis der Autorin zeigen, dass die Veranstaltungsleitung eher eine koordinierende Funktion der Zuarbeit der Fachbereiche übernimmt. So wird z.B. die Freigabe zur Öffnung einer Veranstaltung (eine der „klassischen“ Aufgaben einer Veranstaltungsleitung) regelmäßig nach Meldung durch die Fachbereiche erteilt – und nicht nach persönlicher Kontrolle aller dafür maßgeblichen Belange.

Dies führt zu einer mindestens genauso wichtigen Frage: Wenn Veranstaltungsleiter:innen vor allem eine Schnittstellen- und Koordinationsfunktion haben, wie muss jemand dann sein, um diese Position nicht nur innezuhaben, sondern sie auch auszufüllen? Neben dem fachlichen Wissen ist es vor allem die Persönlichkeit, die eine:n gute:n Veranstaltungsleiter:in ausmacht: kommunikativ, team- aber auch durchsetzungsfähig und in der Lage, auch mit kritischen Situationen klarzukommen. Ein:e Veranstaltungsleiter:in, mit dem/der niemand gerne spricht, der/die den Respekt der anderen nicht hat oder mit anderen schlecht umgeht, wird trotz größtem Fachwissen immer Probleme habe, die Aufgabe auszufüllen. Auch das gehört zu einer sorgsamen Auswahlverantwortung: Jemanden finden, der/die nicht nur fachlich geeignet ist, sondern auch charakterlich. Ein:e Veranstaltungsleiter:in, mit dem/der niemand gerne zusammen arbeitet, ist nichts anderes als ein Sicherheitsrisiko.


Veranstaltungsleiter:in werden!

Das IBIT hat seinen Kurs zur Veranstaltungsleitung überarbeitet: mehr Lerneinheiten, mehr Interaktivität, mehr Übungen und noch mehr Praxisbezug. Theoretische Wissensvermittlung soll unmittelbar durch Übungen manifestiert, Interaktivität und Teilnehmendenbezug an oberste Stelle gesetzt werden. Gerade im Hinblick auf die immer noch unterschiedlichen Interpretationen der Rolle setze das IBIT neben der Wissensvermittlung auf die Stärkung der Sozial- und Selbstkompetenzen der Teilnehmenden. Dadurch sollen Handlungssicherheit gefördert und Verantwortung wahrnehmbar gemacht werden.

>> Termine unter https://ibit.eu/bildung/veranstaltungsleitung-fuer-events


Die perfekte Veranstaltungsleitung

Zusammengefasst braucht es also einiges, um die Funktion der Veranstaltungsleitung zu besetzen: eine klare detaillierte Abgrenzung von Rechten und Pflichten, eine ebenso klare Definition der auszuführenden Aufgaben sowie einen Menschen, der nicht nur fachlich, sondern auch charakterlich geeignet ist, die jeweiligen Aufgaben wahrzunehmen. Ist all das gegeben, ist der/die Veranstaltungsleiter:in ein wichtiges Mitglied der Sicherheitsarchitektur einer Veranstaltung – und das nicht nur im Geltungsbereich der MVStättVO, sondern bei jeder Veranstaltung.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Schön geschrieben. 🙂

    Seriöse Anbieter für entsprechende Seminare sind: TÜV Nord Akademie, IBIT, TÜV Rheinland, AVB-Akademie, Umweltinstitut und ggfs. weitere.

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  2. jawoll! und dann sollten auch noch die Schnittstelle und Abgrenzung zu Technische Leitung / Bühnen Meister:in definiert werden. In der Praxis sind ja alle Gewerke miteinander verzahnt und ablauforientiert organisiert. Nur wenn mal was nicht funktioniert, wird gefragt: wer hat entschieden? wer ist verantwortlich? wer haftet für Schaden? Und genau das muss vorher klar geregelt sein!

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  3. Hallo und Gute Abend, ein Link zum IGVW Standard SQO6 – Auswahl, Aufgaben und Beauftragung einer Veranstaltungsleitung hätte den Bericht abgerundet.
    igvw.org/standards-der-qualitaet/sqo6/

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