Wie können Digital-Events die Teilnehmer begeistern und fesseln? Welche Elemente kommen hier zum Einsatz? Und was hat das mit dem roten Faden zu tun? Brigitte Nussbaum und Martin Danner von der Agentur trendhouse im Interview.
[Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel stammt von Februar 2021]
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Nebenbei Wäsche waschen, Mittag essen oder mit den Kolleg:innen chatten – schnell kann während eines Digital-Events die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden zu den alltäglichen Dingen des Lebens abdriften. Doch das muss nicht sein. Storytelling lautet das Zauberwort der Agentur trendhouse. Hier ist man überzeugt, dass Streaming und hybride Events keine technischen, sondern konzeptionelle Herausforderungen sind. Sie benötigen eine Geschichte, die begeistert und die Teilnehmenden an die Bildschirme fesselt. Wir sprachen mit den Geschäftsführern der Agentur, Brigitte Nussbaum und Martin Danner.
Digitale Events sind keine technischen, sondern konzeptionelle Herausforderungen: Wie sind Sie zu dieser Erkenntnis gekommen?
Martin Danner: Unsere Branche hat sich früher bei der Konzeption von Events leider viel zu oft über die Rahmenbedingungen zum Inhalt hingearbeitet. Genau mit dieser Logik sind viele Firmen auch an Digital-Events rangegangen. Es geht jedoch nicht darum, auf welcher Plattform das Ganze gespielt oder wie es gestreamt wird. Im Fokus muss stattdessen, wie auch bei Live-Events, der Inhalt stehen. Bei digitalen Events ist das noch viel wichtiger, da der Gast hier nicht mit Nebensächlichkeiten wie dem Essen oder Rahmenprogramm begeistert werden kann.
Tools, Umfragen, der rote Faden: Wie schafft man es, die Zuschauer bei Laune zu halten und zur Interaktion zu animieren?
Danner: Hospitality Packages, Mitmach-Tools – das gehört natürlich dazu, ist aber nur Beiwerk. Wir sind überzeugt davon, dass man eine Geschichte erzählen muss, um Spannung zu erzeugen und Teilnehmern auch digital ein besonderes Erlebnis zu bieten. Auch Gamification kann sinnvoll sein, also Tools, die Spaß machen und Neugierde wecken. Für die interne Einführung eines Herz-Kreislauf- Medikaments haben wir beispielsweise aus der Patientenzentrierung, die im Kern des Unternehmenswerts steht, eine Rahmengeschichte entwickelt, die genutzt wurde, um Spannung über insgesamt vier Events zu erzeugen. Im Fokus steht ein Patient, der an seinem 65. Geburtstag einen Herzinfarkt erleidet. Die Teilnehmer bekamen VR-Brillen zugeschickt und erlebten dann hautnah, wie der Patient mit der Krankheit umgeht und welchen Einfluss das Medikament auf sein Leben hat. Dazu gab es ein Fitnessarmband, in einer europaweiten Challenge haben wir die Mitarbeiter herausgefordert, besonders aktiv zu sein, also herzgesund zu leben.
Brigitte Nussbaum: Wichtig ist, den Kunden verständlich zu machen, dass Digital-Events anders aufgezogen werden müssen. Es reicht nicht aus, das Live-Event beizubehalten und einfach die Kamera drauf zu halten. Bei digitalen Events hat man die Aufgabe, Menschen zwei bis drei Stunden vor dem Bildschirm zu fesseln, zu faszinieren, zu emotionalisieren, zu begeistern. Hier muss man in der Kreation einen Switch schaffen.
Wie schafft man es, dieses ganz besondere Eventgefühl über den Bildschirm zu transportieren?
Danner: Ein Event sollte immer ein besonderes Ereignis sein. Ich muss also Spannungsmomente aufbauen, Dinge in das Konzept einarbeiten, die dem Teilnehmer das Gefühl vermitteln, dass er die Veranstaltung nur zu einem bestimmten Moment erleben kann. Ebenso spielt der Aspekt des Gemeinschaftsgefühls eine entscheidende Rolle und natürlich die Immersion.
Nussbaum: Schon der Einstieg muss einfach stimmen! Es muss ein Wow-Effekt geschaffen werden, der den Gast packt. Für einen langjährigen Kunden, mit dem wir sonst immer innovative Konzepte im Ausland umsetzen, haben wir in diesem Jahr ein digitales Format kreiert. Zu Beginn des Events hat die Moderatorin das Set-up erklärt und einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Die Dimensionen des Ganzen zu sehen, zu erleben, was normalerweise kein Gast zu Gesicht bekommt, hat einen besonderen Moment noch vor dem eigentlichen Start der Veranstaltung geschaffen. Ein virtuelles Event muss aber explizit nicht ein Live-Event abbilden. Ganz im Gegenteil. im Falle des Beispiels aus der Pharmabranche haben wir alles anders gemacht, als wir es live umgesetzt hätten und sind wahrscheinlich deshalb in der Kategorie Digital Transformation für den Bea World Award 2020 nominiert worden.
Werden Hybrid-Events das New Normal? Und welche längerfristigen Konsequenzen hat dies für das Live-Marketing?
Danner: Formate werden sich zukünftig verändern, Menschen werden den Wert des Zusammenkommens anders wertschätzen. Es ist zum Beispiel denkbar, die Zeit vor Ort mehr für das Emotionalisierende, das Netzwerken, das Erleben zu nutzen und die Inhalte stattdessen mehr digital zu spielen. Muss ich den Live-Moment nutzen, um Vorträge zu halten oder kann ich die Leute nicht vorher auf einer digitalen Plattform informieren?
Nussbaum: Es gibt einige Formate, die sich perfekt für eine hybride Umsetzung eignen, wie Kongresse oder Produktpräsentationen. Andere Formate werden jedoch überwiegend live bleiben, insbesondere bei sehr engen Beziehungen zu der Zielgruppe, wie beispielsweise Jubiläumsevents oder Preisverleihungen. Austauschen, Vernetzen, das Gefühl des Miteinanders – das sind wichtige Aspekte unserer Gesellschaft, die sich auch im Live-Event widerspiegeln. Live bleibt live und ist auch nicht ersetzbar!