Nicht erst seit dem Inkrafttreten der DSGVO müssen sich Unternehmen mit den gesetzlichen Vorgaben zum Veröffentlichen von Fotos befassen. Nun hat das neue EU-Gesetz die Vorschriften für Datenerhebung und Datenspeicherung – zu denen auch das digitale Fotografieren zählt – deutlich verschärft. Und laut dieser gilt bereits die Aufnahme einer Person als Datenerhebung.
(Bild: Pexels)
Christian Heutger, Geschäftsführer der PSW GROUP, erklärt: „Ohne Einwilligung der abgebildeten Personen darf nur noch die sogenannte institutionalisierte Presse Fotos anfertigen und veröffentlichen. Viele Unternehmen wissen nicht, ob sie überhaupt noch Fotos mit Personen, zum Beispiel ihrer Mitarbeiter, auf der eigenen Firmenhomepage oder der eigenen Facebook-Fanpage veröffentlichen dürfen. Einmal ganz abgesehen von freien Fotografen oder Bloggern, die Fotos als Beweis ihres Könnens beispielsweise auf ihrer Website veröffentlichen.“
Rechtfertigungsgrund oder Einwilligungserklärung
Dabei wird die Erlaubnis zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten in Artikel 6 der DSGVO geregelt. Demnach ist die Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn entweder zuvor eine Einwilligung erteilt wurde oder ganz bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Fotos sind dabei von besonderem Interesse, ob die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichem Interesse ist. Darunter falle, so Heutger, zum Beispiel die Frage, ob es im öffentlichen Interesse ist, dass im Rahmen einer Berichterstattung Fotos angefertigt und veröffentlicht werden.
Noch interessanter ist, ob die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Christian Heutger betont: „Denn Erwägungsgrund 47 sieht es beispielhaft als „berechtigtes Interesse“ des Verantwortlichen, also Auftraggebers an, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht. Das wäre der Fall, wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht.”
Nichtsdestotrotz muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird. Wer keine Rechtfertigung für eine Aufnahme vorweisen könne, so Heutger, brauche die Einwilligung der betroffenen Person. Diese müsse der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke zustimmen und zudem über Zweck und Umfang der Verarbeitung aufgeklärt sein. Generaleinwilligungserklärungen gab es nie und gäbe es mit der DSGVO gleich gar nicht.
Aufnahmen von Angestellten und deren Veröffentlichung
Schon immer hatten Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ihre Einwilligungen zur Veröffentlichung von Bildern im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mussten seit jeher schriftlich erfolgen – und zwar freiwillig. Das gilt erst recht in Zukunft. Bei Bildnisnutzungen im Arbeitsverhältnis müssen deshalb die Ermächtigungsgrundlagen (gesetzliche, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) geprüft und bei fehlender Rechtfertigungsmöglichkeit die schriftliche Einwilligung eingeholt werden.
Unsicherheiten in der Rechtslage hausgemacht
Dabei sind nach Artikel 85 der DSGVO nationale Regelungen für das Verarbeiten von Daten zu wissenschaftlichen, journalistischen, literarischen oder künstlerischen Zwecken möglich. Erfolgt also das Veröffentlichen von Fotos zu eben diesen Zwecken, kann der Regelungsspielraum vom nationalen Gesetzgeber auch mit der DSGVO genutzt werden.
Christian Heutger: „Leider hat die deutsche Bundesregierung versäumt, die nationale Rechtsprechung mit Hilfe dieser Öffnungsklausel an die neue DSGVO anzupassen oder zumindest eindeutig klarzustellen, ob das deutsche Kunsturhebergesetz, das bisher klar die Veröffentlichung von Fotos regelte, als eine solche Spezialregelung angesehen werden kann.”
Damit bleibt derzeit nur, auf Klärung durch weitere Rechtsprechung zu warten.
Als Faustformel sollte deshalb, laut Heutger, folgendes gelten: Fotos, auf denen Personen zu erkennen sind, dürfen in Zukunft nur noch mit deren Einwilligung angefertigt, gespeichert und verarbeitet sowie weitergegeben werden.
Ob das Pixeln von Personen ausreicht, Bilder „rechtssicher“ zu veröffentlichen, ist übrigens auch unklar. Denn künstliche Intelligenz ist inzwischen in der Lage, solche Bearbeitungen rückgängig zu machen.