Vorsprung auf dem Arbeitsmarkt

EMAS, das europäische Umweltmanagementsystem

Als Mehrwert eines ambitionierten Umweltmanagements steht die EMAS-Zertifizierung für „mehr Umweltschutz und Glaubwürdigkeit sowie weniger Kosten und Haftungsrisiken“. Welchen Wert hat sie für Unternehmen der Eventbranche?

EMAS-Zertifizierung(Bild: Shutterstzock/Thx4Stock)

Seit 1993 gibt es EMAS, das „Eco-Management and Audit Scheme“. Es soll Unternehmen und sonstige Organisationen dabei unterstützen, ihre Energie- und Materialeffizienz systematisch zu verbessern, schädliche Umweltwirkungen und umweltbezogene Risiken zu reduzieren sowie ihre Rechtssicherheit zu erhöhen. Entwickelt wurde es von der Europäischen Union bzw. Europäischen Kommission und verbindet Umweltmanagement sowie Umweltbetriebsprüfung. Unternehmen jeder Branche und Größe sollen damit eine Brücke zwischen wirtschaftlichem und nachhaltigem Handeln schlagen und ihre Umweltleistung besser bewerten, dokumentieren und optimieren können. Stand September 2023 sind 1.101 deutsche Organisationen an 2.350 Standorten EMAS-zertifiziert.

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Seit der Einführung 1993 ist die EMAS-Verordnung zweimal novelliert worden: 2001 erfolgte die Integration der Managementsystemanforderungen der EN ISO 14001, die Öffnung für alle Branchen einschließlich Behörden und Vereinen sowie die Einführung eines neuen einheitlichen EMAS-Logos. Mit der zweiten Novellierung 2009 wurde EMAS auch für Standorte außerhalb der EU ermöglicht. Darüber hinaus sollten die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen berücksichtigt sowie verbindliche Kernindikatoren eingeführt werden, mit denen die Leistungen in sechs betrieblichen Umweltaspekten dargestellt werden.

Die Poolgroup: seit 2015 dabei

Die Eventproduktionsfirma Poolgroup GmbH aus Emsdetten ist seit 2015 EMAS- und seit 2013 Ökoprofit-zertifiziert. „Wir waren damit Vorreiter in unserer Branche und sind es, soweit ich das überblicke, heute noch“, sagt Jochen Dirks, Director Sales & Market Segments bei der Poolgroup. Er bewertet die Zertifizierung durch EMAS positiv: „Das geht ja über die Anforderungen von ISO 14001 hinaus und ist in unseren Augen damit ein besonders glaubwürdiger Qualitätsbeweis im Bereich Umweltmanagement. Der Fokus von EMAS liegt klar auf der kontinuierlichen Verbesserung der Umweltleistung des gesamten Unternehmens und erweitert sich für uns damit auf alle Standorte und Projekte. Wichtig ist uns, dass es nicht nur um eine Verbesserung des Managementsystems als solches geht, sondern auch um die wirklich kontinuierliche Verbesserung der im Umweltmanagementsystem erhobenen KPIs, etwa des Energieverbrauchs.“

Jochen Dirks_Poolgroup
Jochen Dirks, Director Sales & Market Segments bei der Poolgroup (Bild: privat)

Grundsätzlich seien die Sustainable Development Goals (SDGs) schon lange ein Thema für die Poolgroup, so Dirks: „Das hat für uns einen hohen Stellenwert. Unser Umweltmanagementsystem ist der Wegweiser, um unseren eigenen Ansprüchen an Umweltschutz und Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Denn wir meinen: Der Schutz der Umwelt ist eine zentrale Aufgabe der heutigen Gesellschaft und ein Teil unserer CSR-Strategie. So sind wir bei unseren Prozessen und Verfahrensweisen mittlerweile in der Lage, die Umweltauswirkung zu berücksichtigen und somit auch Veranstaltungen umweltbewusster und nachhaltiger umzusetzen.“

Werte und Grundsätze in CSR-Erklärung konkretisiert

Sich „Nachhaltigkeit“ auf die Fahnen zu schreiben, ist das eine, eine solch umfassende Zertifizierung zu durchlaufen, das andere. Wie aufwendig war der Prozess für die Poolgroup? „Wir haben stets die Nachhaltigkeit im Auge – das bedeutet für uns, grundsätzlich ökologisch, ökonomisch und sozial zu handeln. Unsere Werte und Grundsätze für nachhaltiges Handeln sind in unserer CSR-Erklärung konkretisiert, deswegen fiel uns das Festlegen eines Leitbildes, das Bedingung ist für die Zertifizierung, leicht. Aber die Festlegung des ersten Umweltprogramms und die jährliche Aktualisierung ist durchaus mit sehr großem Aufwand verbunden.“ Schließlich verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen bzw. Organisationen zu einem über ihre gesetzlichen Pflichten hinausgehenden betrieblichen Umweltschutz. Durch das Umweltmanagementsystem verbessern sie auch ihre Eigenüberwachung. Mit der Folge, dass Vollzugsbehörden EMAS-Unternehmen zunehmend Vollzugs- sowie Gebührenerleichterungen gewähren.

Ein Instrument, um Ressourcen und Kosten zu sparen?

EMAS, so die Selbstdarstellung, bietet „individuelle Lösungen, mit denen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit in Geschäftsprozessen langfristig miteinander verknüpft werden können“ und somit Ressourcen und Kosten eingespart werden. Wie funktioniert das in der Praxis? Jochen Dirks: „Es wird einfach gewährleistet, dass der Umweltschutz in allen Prozessen berücksichtigt wird. Wir haben uns etwa für eine PV-Anlage entschieden. Auf Dauer ist das nicht nur nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlicher. Dazu gewinnt man auch an Energie-Autarkie. Anderes Beispiel: Wir haben bei der internen Kaffeeversorgung von Portionstütchen auf Großpackungen umgestellt. Dadurch haben wir nicht nur weniger Abfall, sondern wir sparen auch bis zu 1.000 Euro im Jahr.“

Poolgroup_Photovoltaik
Auf insgesamt 1.400 m² Dachfläche am Standort in Emsdetten können bis zu 160.000 kWh Strom erzeugt werden. Außerdem hat die Poolgroup in einen Solar Carport investiert. (Bild: Poolgroup)

Wer an EMAS teilnimmt, erfasst und analysiert systematisch Daten. Kernindikatoren, auf die sich das EMAS-Verfahren konzentriert, sind Emissionen, Material, Wasser, Energie, Biodiversität und Abfall. Aus der Erhebung sollen die Unternehmen weitere Maßnahmen und Prozesse zur Steigerung ihrer Anstrengungen für die Umwelt ableiten – ein erster wichtiger Grundstein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Aber auch ein aufwendiger Prozess, der sich „lohnt“, nicht nur für die Umwelt, die Gesellschaft, sondern auch fürs Unternehmen?

Unabhängige Prüfung schafft Glaubwürdigkeit

Jochen Dirks: „Die Zertifizierung stellt ja sehr konkrete und hohe Anforderungen an Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Unternehmen. Durch die unabhängige Prüfung im Zertifizierungsprozess wird offiziell bestätigt, dass wir diese Anforderungen erfüllen – das schafft Glaubwürdigkeit. Uns ist wichtig, öffentlich zu zeigen, dass wir stetig bemüht sind, uns bei Themen wie Energienutzung, CO2-Emmision etc. zu verbessern.“


Artikelreihe Nachhaltigkeitszertifizierungen

Viele Unternehmen der Eventbranche durchleuchten die eigenen Workflows und machen sich fit für eine Nachhaltigkeitszertifizierung – derer es viele gibt. In der Artikelreihe stellen wir verschiedene Siegel vor und den Prozess dahin. Lesen Sie auch „DGNB-Siegel: Nachhaltigkeit im Location-Lebenszyklus“, „Es geht noch grüner: Zertifizierung nach ISO 14001“ und „Die ISO 20121 und ihr Trickle-down-Effekt“.


Wird dies denn auch von den Kunden, etwa bei Pitches wertgeschätzt? „Wir haben uns deutlich mehr Wettbewerbsvorteile und einen höheren Umweltanspruch seitens der Kunden erhofft“, sagt Dirks offen. „Um es deutlich zu sagen: Zu Anfang gab es kein Interesse. Die meisten Kunden sind von der Überregulierung überfordert und sehen erstmal nur höhere Kosten und mehr Aufwand. Dabei ist es für Kunden deutlich einfacher, grundsätzlich zertifizierte Dienstleister wie uns als Totalunternehmer zu beauftragen, als für ein Projekt ein eigenes Managementsystem aufzubauen und jeden Lieferanten einzeln zu prüfen. Was wir auch häufig sehen, ist die Reaktion der Kunden, lieber C02 zu kompensieren, anstelle Emissionen zu vermeiden. Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels! Wir verspüren ein deutliches Umdenken der Kunden. In einem komplexen Vergabeverfahren der öffentlichen Hand etwa spielte das Thema EMAS und die Entwicklung eines vollumfänglichen Umweltmanagementsystems auf Grundlage der Zertifizierung eine entscheidende Rolle. Dazu kommt, dass Kunden unsere Kompetenz auch für interne Schulungen nutzen. Als Beispiel haben wir für die Architekturund Messeabteilung der Firma Miele einen eigenen Workshop entwickelt. Dieser Kurs wurde sogar durch die Architektenkammer anerkannt.“

Um das Instrument „EMAS“ im Unternehmen zu etablieren, müssen alle mitziehen. Wie erreicht man das? „Umweltschulungen sind verpflichtend für unsere Mitarbeitenden“, erklärt Dirks. „Jeder Mitarbeitende darf neue Ideen einbringen – und erhält zu diesen selbstverständlich auch Feedback. Es werden regelmäßig Umfragen zur Evaluierung durchgeführt. Ebenso kommen immer wieder Impulse aus unserem CSR-Team, die das Umweltteam aufnimmt.“ Dabei setze sich das Poolgroup- Umweltteam folgendermaßen zusammen: „Je eine Person aus den Bereichen Veranstaltungsproduktion, Logistik, Büro, Abfall- und Gefahrenstoffbeauftragte, Schnittstellen zur Administration sowie zu den Teamleitungen und Umweltmanagementbeauftragten“, so Dirks.

Regelmäßige Rezertifizierungen

EMAS hat in Zusammenhang mit ISO 14001 einen Zertifizierungszeitraum von drei Jahren, danach ist eine Rezertifizierung erforderlich. Jochen Dirks erläutert: „Jährlich erfolgen extern geprüfte Überwachungsaudits durch EMAS-Gutachter:innen. Die Umwelterklärung wird ebenfalls jährlich auf ihre Korrektheit überprüft, und eine diesbezügliche Gültigkeitserklärung muss der IHK übermittelt werden.“ All das läuft gewissermaßen automatisiert bei der Poolgroup ab.

Poolgroup_nachhaltige Maßnahmen
Neben den PV-Anlagen stellt die Poolgroup u.a. zehn Ladesäulen für Firmen- und Privat-PKWs zur Verfügung. (Bild: Poolgroup)

Und immer wieder werden laut Dirks auch Weiterentwicklungen in Sachen SDGs bei der Poolgroup angestoßen: „Aktuell haben wir ein großes Projekt zum Thema Photovoltaik abgeschlossen, bei dem wir Strom von bis zu 160.000 kWh klimaneutral erzeugen. Das nächste große Projekt ist der Umbau der Heizungsanlage an unserem Hauptsitz auf Wärmepumpentechnologie. Unser CSRTeam plant zurzeit ein Charity-Event. Und zwei Mitarbeitende lassen sich derzeit zu Vertrauenspersonen durch die IHK schulen. Allein noch bis Ende des Jahres 2023 bieten wir 16 interne Schulungen u. a. zu den Themen Umwelt, CSR und Compliance für unsere Mitarbeitenden in unserer ‚Academy‘ an. Dazu kommen Angebote wie Job Rad oder das kostenlose Aufladen von Elektrofahrzeugen.“

Maßnahmen, um die selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sind das eine, der stetige umfängliche Prozess, um rezertifiziert zu werden, eine ganz andere Sache, die grundsätzlich ins Geschehen des Unternehmens eingreift. Hat sich das alles „gelohnt“, sind Vorteile im Wettbewerb spürbar? „Nach fast acht Jahren mit dem Zertifikat sind wir ein bisschen ‚müde‘ geworden, Marketing in dem Themenumfeld zu betreiben. Vielleicht ein Fehler und wir sollten hier weitere Runden drehen, damit die Kunden auf unsere Kompetenz aufmerksam werden – insbesondere mit Blick auf die wachsende Bedeutung von ESG-Topics und die neuen CSR-Standards, etwa das Lieferkettengesetz, CSRD, EU-Taxonomie. Wir sind grundsätzlich eher ein Unternehmen, das nicht zu stark nach außen ruft. Wir sehen uns allgemein in unserer Branche eher als ‚Hidden Champion‘ “, erläutert Dirks. „Aber richtig ist, dass wir jetzt schon durch unsere Maßnahmen im gesamten ESG-Bereich – etwa CSR, Arbeitsschutz und Umweltschutz – gute Mitarbeitende finden und binden. Gerade der jüngeren Generation sind diese Themen im Arbeitskontext sehr wichtig – und Unternehmen, die hier vorangehen, haben auch einen Vorsprung auf dem Arbeitsmarkt.“

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