Berufsbild Eventmanagement und Veranstaltungstechnik im Umbruch
Event-Ausbildung & Studium während und nach Corona
von Anna Habenicht, Artikel aus dem Archiv vom
Corona hat dem Event-Nachwuchs schwer zugesetzt: Wenig Praxiserfahrung, kaum Kontakt zu den Kolleg:innen, dazu neue Herausforderungen hinsichtlich digitaler Events. Was muss sich in Ausbildung und Studium ändern?
(Bild: Joke Event AG)
Studium und Ausbildung in der Eventbranche werden schon länger kritisch betrachtet: Zu wenig Praxisbezug bei manchen Studiengängen, veraltete und unflexible Ausbildungsinhalte, kaum IT-Themen. Mit der Pandemie und der dadurch massiv an Fahrt aufgenommenen Digitalisierung der Veranstaltungswirtschaft hat die Modernisierung des Studiums und der Ausbildung jedoch an Dringlichkeit gewonnen. Wie können Azubis unterstützt werden, die aufgrund der Pandemie wichtige praktische Erfahrungen nicht sammeln konnten, was muss sich – vielleicht auch institutionell – ändern für eine sachgemäße moderne Ausbildung des Eventnachwuchses und wie können Themen der Digitalisierung zukünftig in die Ausbildungs- und Studienverordnung integriert werden?
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Digitalisierung der Veranstaltungstechnik
Genau damit befasst sich auch die Poolgroup, deren Geschäftsführer 1998 bei der Grundsteinlegung für die Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik mit am Tisch saß. Sie sehen dringenden Bedarf, insbesondere IT-Themen verstärkt in die Ausbildung mitaufzunehmen. Gespräche mit der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) dazu sind schon gelaufen. Laut Oliver Ohrndorf, Director Marketing & Communications Poolgroup GmbH, habe sich die Projektlage im Unternehmen komplett verändert. Themen wie Streaming und IT-Infrastruktur würden von Kunden aktiv abgefragt werden. Die ursprüngliche Rehearsal-Halle dient mittlerweile als Streaming-Studio, vom reinen technischen Dienstleister hat sich die Firma zum kreativen Partner bei digitalen Projekten weiterentwickelt. Veranstaltungstechniker:innen aber auch -kaufleute müssten diese neuen technischen Inhalte vermittelt bekommen, um Beratung, Kalkulation und Ressourcenplanung korrekt durchführen zu können. Digitale Schnittstellen seien in der Veranstaltungstechnik überall angekommen, jedoch nicht in den Inhalten der IHK-Unterlagen, bemängelt Ohrndorf.
Nicht ganz so kritisch sieht das Randell Greenlee, Bereichsleiter Wirtschaft und Internationales beim Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V. (VPLT). Die Inhalte der Prüfungsordnung und des Rahmenplans würden explizit offengehalten werden, damit jedes Unternehmen die Ausbildung branchen- und marktspezifisch durchführen könne. Die Fachkraft für Veranstaltungstechnik sei bewusst ein Allrounder und kein Spezialist. Trotzdem ist auch er der Meinung, dass hybride und digitale Veranstaltungsformate mit in die Ausbildungsordnung aufgenommen werden sollten. Er gibt jedoch auch zu bedenken, dass der staatliche Weg kein schneller sei. Tiefgreifende Inhalte zu IT-Themen könnten stattdessen über zertifizierte Qualifikationen vermittelt werden.
Ähnlicher Meinung ist auch Stefan Werthmöller, Personal und Projektleitung L&S GmbH & Co. KG. Die Firma für Veranstaltungs- und Messetechnik hat in Pandemiezeiten ebenfalls ein Studio in den eigenen Hallen eingerichtet, der Unternehmensfokus soll jedoch auch zukünftig weiter auf Live-Produktionen liegen. Zwar würde es noch einige Zeit dauern, bis man wieder so große Corporate Events wie in den letzten Jahren umsetzen könne, Kunden würden sich jedoch nach Live-Veranstaltungen sehnen. Sollten Hybrid-Events zukünftig zum Standard werden, müsste das Wissen darum jedoch definitiv zum Ausbildungsinhalt der Fachkraft für Veranstaltungstechnik werden, stimmt Werthmöller zu. Er gibt jedoch auch zu bedenken, dass es schon jetzt eine Herausforderung sein kann, in drei Ausbildungsjahren alle Grundgewerke in ihrer wachsenden Komplexität ausreichend abzudecken. Die Fachkraft müsse weiter ein Generalist bleiben, daher könnten nur Grundlagen zu Digitalisierung und Streaming vermittelt werden. Tiefergreifendes Wissen könnte stattdessen in Workshops behandelt werden. Eine Spezialisierung finde in der Regel nach der Ausbildung, meist durch Eigeninitiative der Gesellen statt.
Bringt euch ein! Neue Inhalte in der Ausbildung
Der Prozess, eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zu verändern, ist kein schneller. Viele Stakeholder sollen nach den Vorgaben des Berufsbildungsgesetz mitreden, neben dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) auch Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie Wirtschaftsverbände und Interessengemeinschaften. Bis sie einen Konsens erreicht haben, gehen oft viele Monate, sogar Jahre ins Land. Grundsätzlich ruft das BiBB jedoch alle paar Jahre die Sachverständigen dazu auf, die Prüfungsverordnung zu begutachten und so auf dem neuesten Stand zu halten. Aktuell läuft wieder eine Prüfung, nun ist also der beste Zeitpunkt, Änderungswünsche anzubringen. Unternehmen, die hier – so wie die Poolgroup – Bedarf sehen, können sich bei ihrer IHK oder auch Verbänden bzw. Interessengemeinschaften melden. Wird ein Thema durch viel Resonanz aus der Branche als besonders relevant erkannt, kann dieses beim nächsten Prüfungsverordnungsverfahren von den Sachverständigen eingebracht werden.
Hochschule: hybrid bei Lehre und Inhalt
Mit der Herausforderung, digitale Themen in die bestehenden Lerninhalte zu integrieren, sind auch Hochschulen konfrontiert. Hier gibt eine bestehende, staatlich akkreditierte Studienverordnung die zu vermittelnden Inhalte vor. Statt das Curriculum komplett umzuarbeiten, setzt die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Ravensburg daher darauf, digitale Themen kontextuell passend in bestehende Vorlesungen und Module zu integrieren. Zusätzlich soll nun erstmals im November 2021 mit dem langjährigen dualen Partnerunternehmen, der Agentur marbet, ein Intensivworkshop zu digitalen und hybriden Events stattfinden. In Zukunft werde in der Branche einfach alles vorkommen, digital, Präsenz und hybrid. Darauf würden die Studierenden jetzt vorbereitet, erklärt Prof. Stefan Luppold, Studiengangsleiter BWL – Messe-, Kongress- und Eventmanagement an der DHBW. Der Themenbereich „Hybrid-Events“ solle künftig einen festen Platz im Lehrplan erhalten, ob als Vorlesung oder eigenes Modul. Welche Inhalte dann dafür weichen müssen, ist jedoch noch nicht klar.
Was jedoch schon jetzt klar ist: Die digitale Wissensvermittlung, die im Zuge der Corona-Pandemie gezwungenermaßen eingeführt wurde, soll auch zukünftig weiter einen festen Platz an der DHBW haben. Die Vorteile der digitalen Lehre wurden erkannt. Durch eine Mischung von Präsenzvorlesungen und virtuellen Formaten könnten Studierende an Brückentagen beispielsweise die Eltern in der Heimat besuchen, auch Vorlesungsgäste, die aufgrund einer weiten Anfahrt oder konkurrierender Termine früher nicht nach Ravensburg gekommen wären, könnten so einfach digital zu den Studierenden geschaltet werden. Sollte ab Oktober 2021 der reguläre Präsenz-Studienbetrieb wieder losgehen, hätten zudem schon einzelne Dozenten erklärt, aufgrund der noch vorhandenen Sorge um Corona zunächst weiter virtuell unterrichten zu wollen, so Luppold.
Trotzdem werde die DHBW am Prinzip der Präsenzlehre nicht rütteln, und beispielsweise kein Blended-Learning-Konzept, wie es die IST Hochschule für Management anbietet, einführen. Der informelle Austausch, die Zufallsbegegnungen auf dem Flur, das Studierendenleben in der Stadt seien ein essenzieller Part des Studiums an der DHBW.
Das scheint bei den jungen Leuten gut anzukommen: Auch im Corona-Jahr 2020 erhielt die DHBW eine Vielzahl an Bewerbungen. Dass sich nur etwas mehr als die Hälfte an Studierenden im Vergleich zum Vorjahr an der Hochschule einschreiben konnte, lag an den dualen Partnerunternehmen. In Zeiten von Kurzarbeit hätten viele Firmen einfach keine neuen Studierenden einstellen können, es gab schlicht und ergreifend nicht genügend duale Plätze für alle Interessierten, erklärt Stefan Luppold.
Das hatte auch Auswirkungen für die bereits eingeschriebenen Studierenden. Durch fehlende Projekte und Kurzarbeit in den dualen Betrieben mussten einige nach Hause geschickt werden. Wichtige Erfahrungen aus der Praxis, die dadurch entgangen sind, kann ihnen niemand mehr zurückgeben.
Eine duale Studentin berichtet: „Corona hat für mich alles zum Positiven gewendet“
Kathleen Laxy, Studentin des dualen Bachelor-Studiengangs „Kommunikation und Eventmanagement“ an der IST-Hochschule für Management und Projektleiterin bei der Berliner Kreativagentur Kaluza + Schmid sieht sich seit der Corona-Pandemie in allen Lebensbereichen vor neue Herausforderungen gestellt. Wie geht sie damit um?
Kathleen liebt den Trubel der Eventbranche und hat sich 2018 deshalb für das duale Bachelor-Studium „Kommunikation und Eventmanagement“ entschieden, dass sie bei der Full-Service-Veranstaltungsagentur Kaluza + Schmid absolviert. Als im März 2020 der erste Lockdown begann, wurde es in der Agentur sehr ruhig. Auf dem 10.000 m2 Firmensitz, auf dem sich normalerweise bis zu 90 Mitarbeitende tummeln, arbeiteten nur noch die Geschäftsleitung sowie die Auszubildenden. „Von heute auf morgen waren alle Events abgesagt und meine Kollegen in Kurzarbeit zu Hause“, berichtet die Studentin. „Wir nutzten die Zeit, um Standards für eine neue Software auszuarbeiten, Prozesse neu zu definieren und Abteilungen neu zu strukturieren.“
Mit den ersten Lockerungen im Sommer wurde Laxy die abteilungsübergreifende Projektleitung für eine Veranstaltung anvertraut. Eine Chance, neue Aufgabenbereiche zu übernehmen, die sie ohne Corona nicht so schnell bekommen hätte. Wie sieht es mit ihrem Studium an der IST-Hochschule für Management aus? Da es zum Großteil auf das orts- und zeitunabhängige Lernen ausgerichtet ist, gab es kaum Einschränkungen für die junge Studentin. „Das Einzige, dass sich für mich geändert hat, war, dass ein paar Präsenztage online stattfanden. Über Videokonferenz hat alles super geklappt und ich habe mir sogar die An- und Abreise gespart.“ Auch privat hat Kathleen das Beste aus der Situation gemacht und sich kurzerhand ein eigenes Fitnessstudio in ihrem Keller gebaut.
Wo bleibt der Praxisbezug?
Genau mit dieser fehlenden Praxis sind auch viele Auszubildende konfrontiert. Statt große Produktionen zu begleiten oder auf Tour zu gehen, hätte man die Azubis bei L&S zu Beginn der Pandemie mit Wartungsarbeiten beschäftigen müssen, erklärt Stefan Werthmöller. Auch wenn diese Arbeiten in der Ausbildung vorgesehen sind, können sie doch nicht die Erfahrungen im laufenden Geschäft ersetzen. Bei der Poolgroup gab es zu Beginn der Krise ebenfalls eine kurze Zeit des Stillstandes. Dann änderte sich die Projektlage, statt auf Entertainment setzte man auf digitale Projekte aus dem Corporate und öffentlichen Bereich. Zwar sei es für die Azubis eine Umstellung gewesen, statt des Festivals nun das politische Event im Anzug betreuen zu müssen, schmunzelt Oliver Ohrndorf, doch alle Auszubildenden hätten voll ausgelastet werden können. Die Projekte seien zwar anders, aber eben trotzdem Projekte am Kunden gewesen.
Genau dieser reelle Bezug, die Erfahrungen, die Azubis bei echten Kundenprojekten machen können, fehlen in Corona-Zeiten überall. Spezielle Azubi-Projekte im Betrieb könnten zwar wichtige technische Inhalte vermitteln, erläutert Werthmöller, den Druck einer echten Produktion, bei der zu einem bestimmten Zeitpunkt die Arbeiten fertig sein müssen, habe man hier jedoch nicht. So wurden dann bei L&S Azubi-Projekte initiiert, um eben diesen Druck bestmöglich zu simulieren: Streamings eines DJ-Sets auf Twitch oder auch ein kleines Open-Air-Konzert mit Freunden, Familie und Kolleg:innen auf dem Hof des Betriebs. Selbstverständlich nehme man die Azubis, mit Augenmaß dann auch mal den einen oder anderen mehr, auf alle Produktionen mit, betont Werthmöller. Die Azubis hätten zudem erlebt, wie flexibel sich ein Unternehmen anpassen kann, und wie sie sich auch selbst mit ihren Ideen einbringen können, betont Oliver Ohrndorf von der Poolgroup. Man sei in der Krise als Crew zusammengewachsen.
Joke Azubi-Projekt: mit Billy Green auf Tour
Text: Luis Pahl, Joke Event AG
Einen Produkt-Launch für junge Leute … setzt man am besten mit jungen Leuten um, dachte sich unser Kreativdirektor Arne Heyen und machte aus der Billy Green-Roadshow ein Joke Azubi-Projekt.
„Liebt euch… nachhaltig.“ Im ganzheitlichen Sinne des neuen Billy Green-Claims waren wir zwölf Azubis von der Konzeption bis zur Umsetzung mit viel Engagement und Spaß dabei. Angefangen beim „Fick-Off“-Meeting in der Baumschule mit Brainstorming zu Promo-Roadshow und Nachhaltigkeit über Branding- und Animations-Entwicklung bis hin zur Routen-Planung. Und als Highlight natürlich die Live-Umsetzung: Fünf Wochen als Billy-Boy-Green-Love-Botschafter unterwegs mit dem Liebes-Influencer Billy Green und seinem „Billy Green Fahrradständer“ – einem zum Promo-Mobil umgebauten Liegefahrrad -, um Deutschland mit nachhaltigen Kondomen grüner zu machen.
Emotionale Live-Momente mit lustigen Begegnungen und Pop-up Konzerten, begeistertes Publikum, Team-Spirit bei Promo- und Camping-Aktionen, die Möglichkeit eigene Ideen und Stärken einzubringen, der Stolz als Projektverantwortliche bei einer Kampagne dieser Größe dabei zu sein – nach der Corona-Dürrezeit hat unser Azubi-Projekt die Frage „Warum machen wir das hier eigentlich?“ mehr als beantwortet.
(Digitale) Lehre: Knackpunkt Berufsschule
Randell Greenlee bezeichnet die Ausbildung in Corona-Zeiten als eine Katastrophe: durch die kurzfristigen Entscheidungen der Politik sei eine Planung von Events schwer möglich, Projekte seien kaum vorhanden, für die Ausbildungsbetriebe wie auch Azubis gebe es kaum Perspektiven. Ebenfalls seien Berufsschulen zu Beginn der Pandemie auf das digitale Lernen schlecht vorbereitet gewesen. Greenlee fordert daher: „Die Berufsschulen müssen digitalisiert werden!“ Vor diesem Hintergrund hinterfragt er auch die Finanzierung der Berufsschulen sowie den richtigen Einsatz der Gelder. Natürlich gebe es sehr engagierte Lehrer, doch eben auch systematische Fehler. Viele Berufsschulen hätten es zudem versäumt, die Inhalte zu aktualisieren. Der Staat lasse die Dinge so laufen.
Ähnliche Probleme nimmt auch Stefan Werthmöller von L&S wahr. Die Lehrer vor Ort hätten zwar versucht alles zu geben, trotzdem hätte die Schule in der Pandemie mehr leisten müssen. Auch er kritisiert insbesondere die digitale Lehre in Zeiten des Lockdowns: „Bis der Video-Unterricht so richtig in Fahrt kam, hat es echt gedauert.“ Problematisch sei auch die geringe Anzahl von Berufsschulen im ländlichen Raum. Azubis müssten zum Teil mehrere hundert Kilometer Schulweg auf sich nehmen. Remote-Wissensvermittlung sollte in der Berufsschule daher Pflicht sein, und das eben nicht nur aus Gründen der Pandemie.
CoLABo: Initiative zur Sicherung der Ausbildungsqualität während Corona
Die Agentur Joke Event will in der möblierten Bremer Location Alte Werft ab September 2021 nicht nur sichere Events umsetzen, sondern mit dem Azubi-Projekt CoLABo gleichzeitig die berufliche Zukunft der Event-Fachkräfte von morgen sichern.
Bisher bekamen die Azubis von Joke sowie weiteren Bremer Eventunternehmen in sieben Workshops im Juli und August 2021 von Eventexperten Know-how und Praxiserfahrung zu allen Gewerken quasi am lebenden Objekt, sprich der Alten Werft, vermittelt. Dadurch unterstützen die Azubis gleichzeitig den Aufbau der All-in-One-Location.
Aber auch zukünftig werden die Azubis über das Projekt CoLABo weiter praktische Erfahrungen sammeln. Bei der Eröffnungsfeier der Alten Werft Ende September sowie allen weiteren Projekten in der Location sollen die Auszubildenden aktiv eingebunden werden.
Fehlendes Qualitätsmanagement
Aktualität der Inhalte, Qualität der Ausbildung in Betrieben und Schulen, aber auch die Rolle der IHK – all das könnte durch die Einführung eines Qualitätsmanagements verbessert werden, ist Randell Greenlee vom VPLT überzeugt. Auch wenn andere europäische Länder Deutschland ob des Ausbildungsstandards beneiden würden; bei uns fehle die Kontrolle. Und diese eben nicht nur an den Berufsschulen und in den Ausbildungsbetrieben, sondern ganz explizit auch bei der IHK. Der VPLT unterstützt daher ganz explizit die Diskussionen über Reformen des IHK-Systems, um eine Verbesserung der Kompetenzen und Qualitätsmanagement bei den Kammern voranzubringen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sei durchaus fortschrittlich, die einzelnen Kammern würden jedoch autark handeln, oft würden sie ihrer Aufgabe, eine hervorragende Prüfung zu ermöglichen, nicht gerecht werden. Eine regelmäßige Überprüfung ihre Leistungen müsste selbstverständlich sein und im Qualitätsmanagement-System der Kammer verankert werden. Haben die ehrenamtlichen Prüfer (oft auf Lebenszeit ernannt) das relevante und aktuelle Know-how? Und sorgen die Kammern dafür, dass nur die Unternehmen ausbilden dürfen, die auch wirklich geeignet sind? Die IHKs befänden sich in einem Interessenkonflikt, einerseits viele Ausbildungsplätze anbieten zu wollen und andererseits für eine gute Ausbildung zu sorgen.
„Virtuelle Events werden Live-Events auf Dauer ergänzen, darauf sollte man vorbereitet sein.“
(Bild: Frank Erpinar)
Michael Veidt-Molzberger, Dozent beim Studieninstitut für Kommunikation, u. a. auch für die Weiterbildung „Digital Events“, erklärt: „Die gesamte Veranstaltungswirtschaft wurde in den letzten Monaten in die digitale Welt von morgen katapultiert. Der Beruf des Eventmanagers hat sich gewandelt: Es sind neue Aufgaben dazugekommen, die vorher eine nicht so große Bedeutung hatten, wiederum anderen sind weggefallen. Es ist nun wichtig, dass man die unterschiedlichen Möglichkeiten und Technologien nicht nur kennt, sondern auch nutzen kann. In Zukunft wird man keine speziellen Fachleute für den digitalen Bereich anfragen, sondern erwarten, dass Eventmanager dieses Know-how bereits mitbringen. Weiterbildungen helfen hier, sich Wissen in bestimmten Bereichen anzueignen, um für seinen Beruf auch auf dem heutigen Stand immer up to date zu sein. Virtuelle und hybride Events werden Live-Events nicht ersetzen, aber sie werden sie auf Dauer ergänzen und darauf sollte man vorbereitet sein.“
Wie geht es weiter?
Laut ifo Institut klagen immer mehr Firmen über einen Mangel an Fachkräften. Bei der aktuellen vierteljährlichen Umfrage des Instituts nahmen 25,3% der befragten Firmen aus der Veranstaltungsbranche einen Fachkräftemangel war. Die Branche habe ein schlechtes Image, weiß auch Oliver Ohrndorf. Geregelte Arbeitszeiten, Work-Life-Balance, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, all das werde für den Eventnachwuchs aber auch ältere Mitarbeitende immer wichtiger. Sei es vor 20 Jahren noch normal gewesen, den Job über alles zu stellen, vor allem da der Beruf anders gar nicht zu machen war, würden sich die Prioritäten bei den jüngeren Angestellten verschieben. Arbeitgeber müssten ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen, bestätigt auch Stefan Werthmöller.
Doch reicht das in Zeiten von Corona aus, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken? Durch die wenigen Projekte fehlt es vielen Auszubildenden nun an praktischer Erfahrung. Dies sei zwar nicht unbedingt prüfungsrelevant, für den Einstieg ins Berufsleben aber sehr wichtig, erklärt Werthmöller. Azubis, die jetzt nicht übernommen würden, hätten es dann umso schwerer, später Fuß zu fassen.
Was also tun mit Auszubildenden, die nun aufgrund von Corona mit einem solchen Missstand konfrontiert sind? Natürlich kann das Ausbildungssystem nicht von jetzt auf gleich geändert werden. Neben privaten Initiativen aus der Branche, wie dem Azubi-Projekt CoLABo von Joke Event, könnten aber auch institutionelle Sonderregelungen helfen. Denkbar wäre beispielsweise ein gesondertes Praxisjahr als Brückenlösung. Eines ist jedoch klar: Die jungen Menschen aufgrund von Corona perspektivlos ins Messer laufen zu lassen, sollte keine Option sein!
“Ein gesondertes Praxisjahr als Brückenlösung” – das klingt an sich erstmal gut und ist mir beim Lesen des Artikels auch in den Kopf gekommen.
So wie ich diese Branche allerdings einschätze, wird das “Praxisjahr” dann eher ein “Hurra, wir müssen den noch ein weiteres Jahr nicht vollbezahlen”-Jahr werden – das sollte es vertraglich zu verhindern gelten…
“Ein gesondertes Praxisjahr als Brückenlösung” – das klingt an sich erstmal gut und ist mir beim Lesen des Artikels auch in den Kopf gekommen.
So wie ich diese Branche allerdings einschätze, wird das “Praxisjahr” dann eher ein “Hurra, wir müssen den noch ein weiteres Jahr nicht vollbezahlen”-Jahr werden – das sollte es vertraglich zu verhindern gelten…