Events für Mitarbeitende: anspruchsvoll und unverzichtbar!
von Julia Jeworowski,
Durch Corporate Events können sich Mitarbeitende besser mit dem eigenen Unternehmen identifizieren. Es geht um emotionales Erleben, gemeinsame Werte, Spaß und Miteinander.
Unsere Welt wird diverser und dadurch bestenfalls auch die Zusammensetzung der Mitarbeitenden vielfältiger. Diversität bedeutet, Menschen als Individuen anzuerkennen. Aber Events für Individuen sind komplex zu planen. Denn die heterogene Belegschaft, die sich aus Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts zusammensetzt und eine Zielgruppe mit ganz vielfältigen Wünschen, Interessen, Lebenssituationen und Hintergründen definiert, ist wohl eine der anspruchsvollsten. Zu dem Schluss kommt auch Dr. Cornelia Zanger. Als Universitätsprofessorin (TU Chemnitz) hat sie zu den Zielgruppen geforscht und ordnet in einer Zusammenfassung verschiedener Studien* die eigenen Mitarbeitenden eines Unternehmens neben den Kunden als die wichtigsten Adressaten von Veranstaltungen ein.
Events für interne Zielgruppen sind zwar in ihrer Planung fordernd, umso bedeutender jedoch in einer Zeit, die gerade am Arbeitsplatz oftmals durch eine wirtschaftlich unsichere Lage geprägt ist oder ein Kollegium an unterschiedlichen Orten der Welt virtuell vernetzt. Sie werden als Weg genutzt, die Leistungsmotivation der Belegschaft zu erhöhen und emotionale Verbundenheit zur Firma zu entwickeln, meint Zanger und auch: „Für die Mitarbeitenden sind Live-Veranstaltungen angesichts von Homeoffice eine besonders wichtige Form zur Identifikation mit dem eigenen Unternehmen geworden. Hier geht es um gemeinsames emotionales Erleben der Unternehmenswerte. Dabei spielen aber auch Spaß und Kontaktpflege eine wichtige Rolle.“
Der gemeinsame Nenner ist also die Zugehörigkeit zur Firma. Und beim Team Spirit setzt auch das Beat Together Festival des dänischen Logistik- und Transportkonzerns DSV A/S an, das im Juni 2023 über tausend Angestellte seiner deutschen Standorte zwei Tage auf dem Gelände der Zeche Ewald in Herten zusammenbrachte. Ein Großteil der Teilnehmenden campte vor Ort, der Chef schlief im Zelt nebenan. Das Ziel: Die Beschäftigten sollten zum ersten Mal seit langem aufeinandertreffen und nicht nur im Kernteam, sondern über die Standortgrenzen hinaus ein Gemeinschaftsgefühl aufbauen, sagt Eike Liebenow, Strategy & Communications bei der Agentur für Live-Kommunikation Joke Event AG, die das Festival konzeptionell und in der Durchführung betreute.
Doch nicht gleich jedes Zusammenkommen – etwa die sommerliche Grillparty oder das Firmenjubiläum – sei als „Event“ zu etikettieren, erklärt Zanger. Das Label sollten ihrer Auffassung nach lediglich solche Veranstaltungen im Kollegenkreis erhalten, mit denen Unternehmen klar definierte Kommunikationsziele verfolgten. Eventstrategien ließen sich z.B. durch interne Galas und Festveranstaltungen verwirklichen, um dabei im Team aus einer „Outside-In-Perspektive“ auf die eigene Firma zu blicken und Erreichtes kritisch hinterfragen zu können oder auch die emotionale Vertrautheit zum Unternehmen zu festigen. Motivieren und das „Wir-Gefühl“ weiterentwickeln, könnten laut Zangers Zusammenfassung auch Kick-off-Meetings beim Start neuer Projekte oder Teambuildings bei Modifikation der Organisationsstruktur. Bindung und Erlebnis brächten u.a. Incentive-Reisen, Information und Wissen könnten Firmentagungen und -workshops vermitteln.
Auch das Beat Together Festival ist strategisch aufgebaut. „Aus unserer Sicht reicht es nicht aus, eine Mitarbeiterfeier zu organisieren, ein paar Acts auf die Bühne zu stellen und das Ganze ‚Festival‘ zu nennen“, meint Liebenow. DSV und Joke Event vertrauten stattdessen auf den „Wow-Effekt“. Emotionales Empfinden und die wahrgenommene Wertschätzung durch den Arbeitgeber entstünden nach Einschätzung des Joke-Experten nämlich vor allem, wenn Abwechslung zu konventionellen Corporate Events geboten würde. Und so fiel die Entscheidung auf ein für interne Anlässe eher untypisches Übernachtungskonzept, das Camping. Jedoch mit einem – verglichen mit Public Festivals – hohen Standard, insbesondere bei der Schlafsituation und in den Bereichen Sanitär und Verpflegung.
Ein authentisches Storytelling erzeugt ebenfalls Wirkung. Events für Mitarbeitende müssten, so Zanger, ehrlich und glaubwürdig in ihren Botschaften sein, denn das Personal kenne die Stärken und Schwächen des Arbeitgebers i.d.R. genau. „Unternehmenswerte und Ziele, die nicht tagtäglich durch das Management ‚vorgelebt‘ werden, werden auch mit einem noch so stimmigen Event nicht von der Belegschaft angenommen“, erklärt die Universitätsprofessorin. Um interne Wünsche besser zu berücksichtigen, empfiehlt Zanger, die Betriebsangehörigen frühzeitig einzubinden, bestmöglich schon in der Planungsphase. Zielgerichtete Kommunikation, z.B. durch den Aufbau von Spannung im Einladungsprozedere oder den Nachbericht in der Mitarbeiterzeitschrift, könne die Wirkung interner Events außerdem intensivieren.
Die Vorgehensweise bestätigt sich mit Blick auf das DSV-Festival. Im Rahmen der Vorbereitung konnten sich die Mitarbeitenden aktiv mit Ideen einbringen. Neben der Festival-Website flossen Informationen über ein eigenes soziales Netzwerk als Hauptkanal. Als witziger und zugleich nützlicher Helfer wurde zusätzlich der sogenannte „Festival-Guru“ aktiviert. Hinter der virtuellen Anlaufstelle antwortete ein „echter“ Mensch auf Mail- und Chatanfragen. Auf das Event aufmerksam machten weiter Mailings, Intranet-Einträge und – ganz klassisch – Poster und die Standortleitungen selbst.
Doch die Vorgesetzten informierten nicht einfach, sie brachten sich auch erzählerisch ein: „Im Videoformat ,DSVau und DSVaultier‘, einer humoristischen Liebesgeschichte, die bereits im Vorfeld wichtige Fragen zum Festival beantworten sollte, wurden keine Schauspieler:innen, sondern verkleidete leitende Angestellte unseres Kunden eingesetzt“, sagt Liebenow. Eine klare Botschaft kam auch von der Geschäftsleitung, unterstützt durch den Beatboxer Robeat: Alle Mitarbeitenden könnten stolz auf ihre Leistungen sein und hätten es sich verdient, ordentlich zu feiern.
Videos erklären und Maskottchen, die Gedanken stützen
Die aktive Ansprache in der Vor-Kommunikation hat sich nicht zuletzt dadurch gelohnt, dass vier Hobby-DJs aus der Belegschaft in Herten auflegten und so das Line-up nochmals mehr mit einer persönlichen Note versahen. Für Aufmerksamkeit, Vorfreude und Information sorgten vor allem kurze Videoclips. Eher skeptische Personen habe man mit Erklärformaten abgeholt, etwa zur Toilettensituation oder Sicherheit und Lautstärke auf der Campsite, so Liebenow. „Wir haben ein für viele unbekanntes und mit vielen Vorurteilen behaftetes Format gewählt“, erklärt der Kommunikationsexperte und trotzdem: Ein Großteil der Teilnehmenden habe letztlich vor Ort im Zelt geschlafen.
Die kommunikative Vorarbeit ging nahtlos in die Live-Phase über. Etablierte Formate und Maskottchen tauchten auch auf dem Gelände der Zeche Ewald auf – als Gedankenstütze und um die Botschaft in den Köpfen der DSVler zu verankern. „Das Beat Together Festival soll Freude, Spaß und Zusammenhalt in der Belegschaft fördern und alle zusammenbringen“, fasst Liebenow zusammen. Wiederkehrende Content-Pieces erinnern anschließend intern an das Gefühl. Nach außen sollen die Fotos und Videos vom Festival dem Recruiting dienen. „Echte glückliche Mitarbeitende sind wesentlich wertvoller als Stockmaterial oder Bilder von Schauspieler:innen“, betont Liebenow.
Die Ansprüche der Zielgruppe bestimmen auch das Programm, weiß Zanger. Bei Corporate Events stehe der Spaß an erster Stelle, doch das Line-up müsse den Teilnehmenden genügend Raum geben, sich bei Speis und Trank besser kennenlernen zu können, ergänzt Liebenow. Die Auswahl gleiche einem „bunten Blumenstrauß“, denn sie müsse alle Alters-, Bildungs- und sonstigen sozialen Schichten ansprechen, ohne dabei beliebig zu werden.
DSV und Joke Event entschieden sich also für ein vielfältiges Künstler-Set, passend zu den jeweiligen Locations der Zeche Ewald: Auf dem Playground legten die DSV- und Elektro-DJs auf. In der „Schwarzkaue“, wo früher Schichtarbeitende duschten und ihre Wäsche in Käfigen an der Decke einschlossen, lief das Headliner-Programm im optischen Flair eines Underground-Clubs. Auf der Main Stage erklang Gute-Laune-, Welt- und Party-Musik. Walking-Acts schauten vorbei und nebenher konnten die DSV-Mitarbeitenden am Kostümwettbewerb und Bier-Pong-Turnier teilnehmen, sich schminken oder verkleiden lassen, mit den Maskottchen feiern, auf der Wasserrutschbahn rutschen oder sich am Kiosk mit allem eindecken, was gebraucht und oft vergessen werde.
Im Mittelpunkt einer internen Veranstaltung, da sind sich Zanger und Liebenow einig, stehe außerdem das Catering. „Ein Corporate Festival muss sich von einem Festival für Externe unterscheiden“, meint der Joke-Experte. Es verlange wesentlich hochwertigere Produkte. Welche Zutaten gefragt sind? Für ein stimmiges Veranstaltungskonzept speziell für Mitarbeitende zumindest braucht es – so lautet das Gesamtfazit – viel Vertrauen und Kooperation: „Wir sind Profis. Doch wirklich gut wird es erst durch die Kunden“, mein Liebenow. Auch sie müssen liefern, und zwar genügend zeitliche Kapazität und Budget. „Als externe Agentur muss die Zusammenarbeit mit dem Kunden für einen Projekterfolg sehr eng sein, auf Dynamiken muss rasch reagiert werden können. Vieles kann man im Vorfeld planen, aber das I-Tüpfelchen findet sich oft in den Formaten, die kurzfristig aufgrund von Entwicklungen erdacht und umgesetzt wurden“, resümiert Liebenow.
Events für Mitarbeitende nicht inflationär einsetzen, sondern als Höhepunkt des internen Marketings.
Geringe Teilnahmezahlen selbstkritisch prüfen – sie können Indikator für das Unternehmensklima sein.
Positive emotionale Atmosphäre von Events nutzen, um Spannungen im Arbeitsumfeld abzubauen und persönlichen Dialog herzustellen, z.B. zwischen Generationen und Resorts.
Führungskräfte motivieren, sich in das Event zu involvieren und es emotional mitzutragen.
Events für Mitarbeitende als gelebten Unternehmenswert verstehen – sie müssen glaubwürdig sein und die tatsächliche „Stimmung“ im Unternehmen widerspiegeln.
Inwiefern bestimmen die Ansprüche von Mitarbeitenden, Gen Z, Frauen und Co. die einzelnen Schritte bei der Eventplanung? In der Artikelreihe widmen wir uns verschiedenen Zielgruppen und beleuchten die planerischen Komponenten anhand von Praxis-Cases.