Vom 7. bis 12. September fand erstmals die IAA in München statt. Neben dem neuen Standort und einem neuen Namen, IAA Mobility, ging mit dem Remake der Messe auch einer neuer Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit einher – inhaltlich wie aus Messebau-Sicht. Im Interview steht die IAA Mobility Rede und Antwort zu ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen.
(Bild: Mario Drescher)
>> Lesen Sie hier den ausführlichen Artikel zum Thema “Nachhaltiger Messebau auf der IAA 2021“.
Während die bilanziell CO2-neutrale Präsentation im Open Space verpflichtend ist, gilt für den Summit nur eine Empfehlung. Warum wurde für den Summit nicht ebenfalls eine Verpflichtung erlassen? Gerade der klassische Messebau ist bekannt für seinen hohen Ressourcenverbrauch.
IAA Mobility: Für uns als Messeveranstalter ist der Aspekt der Nachhaltigkeit sehr wichtig. Mit den bilanziell CO2-neutralen Präsentationen der Aussteller auf dem Open Space haben unsere Aussteller einen ersten wichtigen Meilenstein für den nachhaltigen Messebau geschaffen. Nichtsdestotrotz ist der Messebau ein sehr komplexes Thema. Die Messebauten auf dem Open Space unterscheiden sich zum Beispiel in mehreren Aspekten von klassischen Messeständen. Ein wichtiger Unterschied war die Anforderung, sich bestmöglich in das Stadtbild zu integrieren. Das bedeutete, völlig neue und individuelle Lösungen für den Standbau zu entwickeln. In diesem Zuge hielten wir es nur für folgerichtig, dass sich Aussteller, die sich dieser Herausforderung zum ersten Mal stellen, bei der Konzeption auch auf Nachhaltigkeit achten müssen. Wir freuen uns sehr, dass die Aussteller diese Aufgabe beeindruckend gemeistert haben.
Für die Zukunft erwarten wir, dass sich der Markt rund um das Thema nachhaltiger Messebau weiterentwickelt und wir stufenweise die Anforderungen für den gesamten Messebau im Sinne des Weges zur Klimaneutralität ausbauen können. Wie fortschrittlich die deutschen Messeunternehmen sind, zeigt die Messe München bereits mit Projekten zur Minderung der CO2-Emissionen.
(Bild: Boris Loeffert)
Der Fragebogen zur Berechnung des CO2-Verbrauchs musste von jedem Aussteller bis zum 31. Mai abgegeben werden. Doch wie kann eine CO2-Bilanz – die drei Monate vor der Messe erstellt wird – Erkenntnisse über den Ist-Zustand eines Systems liefern und für eine kontinuierliche Überprüfung von Effizienz- und Reduktionsmaßnahmen genutzt werden, wenn 90 % der CO2-Emissionen durch Messebau, Mobilität, Catering, Übernachtungen, Energie- und Wasserverbrauch, Abfall etc. erst kurz vor, während und nach dem Rückbau erkenntlich werden? Insbesondere wenn man bedenkt, dass in Zeiten der Corona-Pandemie Event- und Messe-Planungen besonders kurzfristig angesetzt werden, da ein Stattfinden der Veranstaltungen stets mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist.
IAA Mobility: Wir haben mit myclimate einen renommierten Partner mit langjähriger Expertise, der für uns den Product Carbon Footprint anhand verschiedener Datengrundlagen unserer einzelnen Aussteller errechnet hat. Der Product Carbon Footprint (PCF) gibt Ihnen Aufschluss darüber, wie hoch der CO2-Fußabdruck eines Produkts oder einer ganzen Produktgruppe ist. Zudem erfährt man, an welchen Stellen im Produktlebenszyklus die Treibhausgasemissionen anfallen. Myclimate hat uns unterstützt, produktbezogene CO2-Emissionen zu berechnen, zu bewerten und langfristig zu reduzieren. Dieses methodische Verfahren basiert auf internationalen Standards. Dank der sorgfältigen Kalkulation von myclimate hatten wir eine fundierte Grundlage für die Entwicklung von ersten Effizienz- und Reduktionsmaßnahmen.
Als Veranstalter wissen wir, wie komplex die Planung einer Messe ist. Deshalb wollten wir unsere Aussteller möglichst früh in diesen Prozess integrieren. Für viele Aussteller war dies eine neue Erfahrung. Der 31. Mai war die erste Deadline, um ein Feingefühl zu entwickeln, was alles benötigt wird. Final wurden alle Inhalte bis Ende August eingereicht und zum Teil werden noch Fragebögen nach der IAA Mobility nachberechnet oder kompensiert.
(Bild: Oliver Tamagnini)
Mit den diesjährigen Nachhaltigkeitsvorgaben setzen Sie rein auf Kompensation von CO2-Emissionen im Standauftritt. Ist Kompensation nicht aber immer der schlechtere Weg und sollte nicht zuvorderst eine Reduktion versucht und angestrebt werden? Beim Klimaschutz geht es ja vor allem darum, eine andere Einstellung zum Ressourcenverbrauch, wenn auch schrittweise, zu verankern, und nicht für „schädliches Verhalten“ Abbitte zu leisten.
IAA Mobility: Der vereinfachte PCF ermöglicht die Identifikation der wichtigsten Hotspots der Klimabelastung eines Produktes oder einer Dienstleistung. Diese Erkenntnisse sind zukünftig sehr nützlich. Wir können nun anhand der gesammelten Daten ermitteln, welche Möglichkeiten es zur effektiven und konsequenten Reduzierung der CO2-Emissionen gibt. Für uns steht fest, diesen Prozess weiter zu unterstützen, denn die Vermeidung von CO2-Emissionen ist unbestritten das erste Mittel der Wahl.
Sie schreiben in Ihren Aussteller-Vorgaben: „Die CO2-Bilanz liefert Erkenntnisse über den Ist-Zustand eines Systems. Damit bildet sie die Grundlage für weitere Schritte im effektiven Klimaschutz, wie zum Beispiel die Entwicklung, Umsetzung und kontinuierliche Überprüfung von Effizienz- und Reduktionsmaßnahmen.“ Lässt sich daraus folgern, dass dieses Jahr seitens des VDA nur der erste Aufschlag zu einer nachhaltigen Messe(stands)konzeption erfolgt ist und Sie zur nächsten IAA schärfere Vorgaben setzen werden?
IAA Mobility: Nicht nur die Innovationen und Produkte der IAA Mobility sind auf dem Weg zur Klimaneutralität. Auch die IAA Mobility selbst als Event strebt dieses Ziel sukzessive an. Die diesjährige IAA Mobility war ein wichtiges Startsignal auf dem Weg zur klimaneutralen Eventbranche. Gemeinsam mit unseren Partnern und unseren Ausstellern haben wir neue umweltfreundliche Standards für die Branche etabliert. Diese werden wir jetzt fundiert auswerten und im Gespräch mit unseren Ausstellern bewerten. Für die nächste IAA Mobility werden wir die Konzepte zur Reduzierung und Minderung von CO2-Emissionen stufenweise weiterentwickeln und auf den Learnings der IAA Mobility 2021 umweltbewusst aufbauen.
Guten Tag, zunächst finde ich es einigermaßen seltsam, dass hier mit einer Frau oder einem Herrn “IAA Mobility” gesprochen wurde. Warum gibt sich der VDA nicht durch eine Person zu erkennen oder ist das Thema zu heiß?
Die Fragen sind genau richtig, besonders was die Kompensation betrifft, auch wurde die Eingangsfrage überhaupt nicht beantwortet, warum nachhaltiger Standbau nur auf Open Space gefordert war und nicht auf dem Summit. Wir dürfen gespannt sein, wie sich das Bemühen um eine nachhaltige Veranstaltung fortsetzt. Zumindest sind ja jetzt alle (großen) deutschen Messeveranstalter der Inititaive” netcerocarbon events” beigetreten und es sollte demnächst einen Wettbewerb nachhaltiger Messen zu erwarten sein, die nicht nur kompensieren um CO2 neutral zu werden.