Inklusion in der Eventbranche

Inklusion beginnt nicht erst auf der Veranstaltung

Der Stellenwert von Inklusion gewinnt in der Eventwelt immer mehr an Bedeutung. Nicht nur im Hinblick auf die Besucher von Veranstaltungen – auch die ersten Branchendienstleister widmen sich diesem wichtigen Thema und stellen beeinträchtigte Personen ein. Weiter so!

Schild: Barrierefreier Zugang
Barriefreiheit bzw. -armut wird immer mehr zu einem Zeichen von Qualität auf Veranstaltungen. (Bild: Pixabay.com)

Im Hinblick auf Veranstaltungen aller Art entwickeln sich Inklusion und die damit einhergehende Barrierefreiheit bzw. -armut sogar zunehmend zu einem Zeichen für Qualität. Als wichtiges Argument für die Wahl einer Location findet das Thema zudem immer öfter seinen Weg in Verkaufsgespräche. Nicht nur, dass generell alle Besucher (und nicht nur körperlich beeinträchtigte Personen) von einer besseren Erreichbarkeit der Location, einer strukturierten Wegeleitung und variablen Lesefunktionen auf Websites profitieren. Verfolgt man den demografischen Wandel, erkennt man schnell, dass ein Ausbau der Barrierefreiheit auch eine Investition in die Zukunft ist. Denn bereits in 25 Jahren soll ein Drittel der Deutschen dem demografischen Wandel zufolge älter als 60 Jahre sein. Ein Drittel der Bürger Deutschlands wird demnach aus Senioren bestehen, die aktiv an der Gesellschaft – und damit auch an Veranstaltungen – teilhaben wollen! Wer also in Barrierefreiheit investiert, investiert automatisch in seine Zielgruppe und vergrößert die damit verbundene Reichweite.

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Beeinträchtigte Personen = wertvolle Teammitglieder

Doch Inklusion beginnt nicht erst auf der Veranstaltung. Sie kann schon viel früher greifen und zwar in den Unternehmen, die diese Veranstaltungen überhaupt erst ermöglichen. Genauso wie beeinträchtigte Personen an Veranstaltungen teilhaben wollen, wollen die meisten auch als Arbeitskraft anerkannt werden – und das zu Recht. Denn aus welchem Grund sollte eine körperlich beeinträchtigte Person weniger Anspruch darauf haben, den eigenen Lebensunterhalt in einer wertschätzenden Arbeitsumgebung zu verdienen als eine nicht-beeinträchtigte Person? Schließlich bringt ein Job nicht nur das notwendige Kleingeld im Alltag, sondern sorgt noch dazu für eine nicht unerhebliche Portion Selbstwertgefühl. Wer dann noch das Glück hat, in seinem Job wertgeschätzt zu werden, darf sich in den meisten Fällen auch noch über ein gestärktes Selbstbewusstsein freuen.

Warum also sollte man beeinträchtigten Personen diese Chance verwehren? Das haben sich auch der Caterer FSGG und die Location Stiftung Zollverein gedacht und zwei Mitarbeiter eingestellt, die zu einem besonderen Mehrwert für die Unternehmen geworden sind: Jens Lohmann, der Teil des Facility Managements bei der Stiftung Zollverein ist, und Norman von der Weydt, der bei der Frank Schwarz Gastro Group seine Ausbildung zum Koch erfolgreich gemeistert hat.

Stiftung Zollverein: Viel mehr als ein Arbeitsplatz

Als Jens Lohmann an den Fahnenmasten vor dem zentralen Eingang zum UNESCO-Welterbe Zollverein eine neue Flagge hisst, wandert sein Blick nach oben zum berühmten Doppelbock Fördergerüst der Zeche Zollverein. Stolz spiegelt sich in seinen Augen. Seit Januar 2014 arbeitet der mittlerweile 20-Jährige auf dem Welterbe Zollverein. Gemeinsam haben die Stiftung Zollverein und die GSE, Gesellschaft für soziale Dienstleistungen Essen mbH, einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz für ihn geschaffen. Bei dieser Art der Anstellung können Menschen mit Beeinträchtigungen in einem Unternehmen ihren Berufswunsch verwirklichen und werden dabei durch einen Träger, in diesem Fall die GSE Werkstätten, unterstützt. Seit dem letzten Jahr ist Jens Lohmann Teil des Facility-Management-Teams der Stiftung Zollverein, zuvor unterstützte er das Team des Besucherzentrums in der ehemaligen Kohlenwäsche. Bei jedem Wetter ist er auf dem 100 Hektar großen Gelände unterwegs und sorgt dafür, dass Besucher Informationsmaterial erhalten oder legt Hand an, wenn etwas repariert werden muss.

Jens Lohmann
Jens Lohmann ist stolz auf seinen Arbeitsplatz im Team der Stiftung Zollverein. (Bild: Jochen Tack/Stiftung Zollverein)

Jens Lohmanns Beispiel zeigt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen mit professioneller Unterstützung am Arbeitsleben erfolgreich teilhaben können. Roland Pfromm, Technischer Leiter des Facility Managements der Stiftung Zollverein, lobt den 20-Jährigen: „Für unser Team spielt Jens eine wichtige Rolle. Er ist immer da, wenn man ihn braucht. Und er hat sich ganz toll entwickelt seit seinem ersten Praktikum auf Zollverein vor rund zwei Jahren.“

Am Fahnenmast an der Gelsenkirchener Straße kontrolliert Jens Lohmann noch einmal, ob das Seil fest sitzt. „Wenn eine neue Ausstellung eröffnet oder eine besondere Veranstaltung stattfindet, tausche ich eine Fahne aus“, erklärt er. „Mindestens fünf der bunten Welterbe-Flaggen wehen in der Regel aber immer“, so Jens Lohmann weiter, „so werden die Besucher schon von Weitem auf uns aufmerksam.“ „Uns“ – das sagt Jens Lohmann ganz bewusst: „Ich fühle mich als ein Teil von Zollverein, es ist ein ganz besonderer Ort für mich.“

FSGG: Individuelle Fähigkeiten fördern

Drei Jahre hat Norman von der Weydt in seine Ausbildung bei der Frank Schwarz Gastro Group investiert und als Belohnung seine Gesellenprüfung erfolgreich bestanden. Eigentlich nichts Besonderes. Doch der junge Duisburger hat ein Handicap: Er ist stark sehbehindert. „Wenn ich so an das erste Lehrjahr denke, war es schon eine gewaltige Umstellung im Vergleich zur Schule.“ Um ihm die Arbeit zu erleichtern, schaffte die FSGG extra farbige Messer an. Sein Arbeitsplatz mit dem Schneidbrett ist erhöht. Um überhaupt etwas erkennen zu können, muss der leidenschaftliche Hobbyfotograf sehr nahe an die Dinge herangehen. „Ich befinde mich ständig im Makromodus“, lacht der frischgebackene Jungkoch. Während die Sehkraft eher bescheiden ist, hat Norman von der Weydt einen ausgeprägten Geschmacks- und Geruchssinn. „Ein Koch muss nicht unbedingt gut sehen können“, weiß FSGG-Geschäftsführer Frank Schwarz. „Viel wichtiger ist doch das sichere Gefühl für den Geschmack der Speisen.“

FSGG-Geschäftsführer Frank Schwarz und die stellvertretende Geschäftsführerin Silvia Borghorst freuen sich zusammen mit ihrem ehemaligen Auszubildenden Norman von der Weydt.
FSGG-Geschäftsführer Frank Schwarz und die stellvertretende Geschäftsführerin Silvia Borghorst freuen sich zusammen mit ihrem ehemaligen Auszubildenden Norman von der Weydt. (Bild: Holger Bernert)

Während seiner Ausbildung hat der junge Koch bei der FSGG Lebensmittel verarbeiten dürfen, die man sonst niemals zu Gesicht bekommt. Auch die Einsatzbereiche waren vielfältig: „Meine Einsätze verliefen auf Messen, Großveranstaltungen sowie Events im In- und Ausland. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Und ich habe eine Menge gelernt“, erklärt von der Weydt.

Als Integrationsbetrieb hat die FSGG insgesamt sechs Arbeitsplätze für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen geschaffen. „Allerdings werden sie nicht mit Glacéhandschuhen angefasst“, meint Frank Schwarz mit einem Zwinkern. „Bei uns sind alle Menschen mit Handicap vollwertige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da machen wir keine Unterschiede. Sie werden ohne Sonderbehandlung in unseren betrieblichen Tagesablauf integriert. Daher sind unsere Erfahrungen durchweg positiv.“ Mitfinanziert werden die integrativen Arbeitsplätze vom Jobcenter und der Agentur für Arbeit Duisburg sowie dem Integrationsamt des Landschaftsverbandes Rheinland.

Und wie geht es jetzt weiter? Norman von der Weydt hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag als Koch bei der FSGG erhalten. Als „Postenchef“ arbeitet er im Bereich Qualitätsmanagement bei der Kita-Verpflegung. Täglich werden in der Küche 300 kindgerechte Essen für Kindergärten auf biologischer Basis zubereitet. Hier passt der Jungkoch mit dem sechsten Sinn prima hin. „Ich habe meinen Traumberuf gefunden“, so der glückliche ehemalige Auszubildende.

 

Auch Sie wollen die Barrierefreiheit auf Ihrem Event unterstützen? Hier finden Sie eine hilfreiche Checkliste:

Checkliste: Die Wahrnehmung für Barrierefreiheit auf Events schärfen

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