Woran erkennt man einen Profi der Veranstaltungsbranche? Ganz einfach: Er verlässt bei Feueralarm geordnet und ohne jedes Anzeichen von Panik den Saal. Allerdings nicht etwa, um das Gebäude schnellstmöglich zu verlassen und sich an den markierten Sammelpunkten einzufinden. Nein. Der Profi nutzt die unerwartete Unterbrechung zum Besuch der Toiletten und des Bierstandes.
Derlei Profiverhalten war zu beobachten bei der 18. Verleihung der FAMAB Awards: Mitten in der Award-Zeremonie wurde die Veranstaltung von einem gellenden Feueralarm unterbrochen, der sich glücklicherweise schnell als Fehlalarm herausstellte. Die Gäste reagierten: wie Profis, und schon nach zwanzig Minuten konnte die Show fortgesetzt werden – mit frischen Getränken. Die Branche traf sich dieses Jahr in Ludwigsburg, so dass die Besucher abends den FAMAB Award, tagsüber den zeitgleich stattfindenden Raumwelten-Kongress besuchen konnten. Eine kluge Kooperation, die sicher beiden Veranstaltungen nutzt und im nächsten Jahr fortgesetzt werden soll.
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Da capo al fine
Das Team von Eventuality, das dieses Jahr für die Show verantwortlich zeichnete, hatte die schwierige Halle – die Ludwigsburger Basketball Arena – gut in den Griff bekommen. Gäste und Nominierte saßen sich auf den Längstribünen gegenüber, die Show auf dem Infield bespielte also zwei Richtungen, wobei die Nominierten zumeist nur die Rückansicht des Moderators zu sehen bekamen. Friedrich Lichtenstein erzählte, unterstützt vom leuchtenden Dundu, die Schöpfungsgeschichte einer Idee. Stimmungsvolle Bilder, großartige Stimme, aber auch sehr vorhersehbar. Das Spannendste war, ob und wann er es sagen würde: sein Wort. Er sagte es nicht. Supergeil.
Moderator Aljoscha Höhn präsentierte die Nominierten vielleicht etwas zu routiniert, unterstützt von einem rappenden Sidekick. Die Nominierten wurden auf die Bühne gebeten, jede Nominierung wurde in einem kurzen Einspieler vorgestellt, und schon wurde im Stakkato verlesen, wer welchen Apfel nach Hause tragen durfte. Die Gewinner jubelten ein wenig verloren auf dem großen, leeren Infield, und schon ging es weiter: Da capo al fine.
Nachhaltigkeit? ≠ Tagungstasche
Insgesamt wurden 41 Äpfel vergeben, ähnlich viele wie 2014. Klare Trends ließen sich nicht ablesen, bis auf einen: Die Roboter sind in der Branche angekommen. Bei der mit Bronze ausgezeichneten Volkswagen Group Night in Genf und beim silberprämierten JubiläumsFestakt von Mercedes-Benz gruppierten Roboterarme die LEDs auf der Bühne zu immer neuen großen Bildern. Roboter werden zu Bühnenakteuren, ein Trend, dem wir sicher in den nächsten Jahren noch öfter begegnen werden.
Keine Auszeichnung vergeben wurde in der Kategorie Best Sustainable Process, allerdings wurden auch nur drei Projekte in der Kategorie eingereicht. Die Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen scheint auf Kundenseite leider nach wie vor überschaubar zu sein. Und auch der FAMAB, eigentlich sehr glaubwürdig engagiert in Fragen der Nachhaltigkeit, hat noch blinde Flecken: Die kiloschwere Tagungstasche, die die Besucher beim Verlassen der Party erhielten, bestand v. a. aus: unnützem Müll.
Jeder trinkt mit jedem
Eigentlicher Höhepunkt der Veranstaltung war wie immer die abschließende Party. Man genoss die Spitzenleistungen der anwesenden Caterer, traf alte Bekannte und ließ gemeinsam den Abend Revue passieren. Wie immer waren etliche der anwesenden Profis der Überzeugung, sie hätten die Verleihung deutlich spritziger, witziger und unterhaltsamer inszeniert. Wie immer hätte mancher den Raum ganz anders, also viel besser, genutzt. Und wie immer wurden v. a. einzelne Einreichungen und Entscheidungen der Jury heiß diskutiert: Wesentliche „Zankäpfel“ waren 2015 die Auszeichnung für die Volkswagen Group Night, weil Volkswagen erneut ohne Agentur eingereicht hatte, sowie der Goldene Apfel für den Deutschen Pavillon auf der Expo in Mailand, eine Arbeit, die offensichtlich geliebt und gehasst wird, beides mit Verve.
Am Ende war alles vergessen, es wurde wild getanzt und der FAMAB Award bewies erneut seine wesentlichste Qualität: Er ist das fröhliche Treffen einer Branche, in der am Ende jeder jeden kennt, und jeder mit jedem trinkt – Profis eben.