Leinen los!? Restart des Eventbetriebs nach Corona
von Falco Zanini,
Manche Dinge verlernt man nie, wie das Fahrradfahren, andere benötigen ständige Übung. Oder eine sorgsame Überprüfung, im Fall von Material. Wir empfehlen, wo nach eineinhalb Jahren Corona-Stillstand Auffrischungstrainings und Materialwartungen nötig sind, damit der Eventbetrieb sicher anlaufen kann.
(Bild: Falco Zanini)
Corona ist vorbei! So könnten wir dieser Tage den Eindruck bekommen, wenn wir auf die Straße oder in die Biergärten schauen. Die Inzidenzen fallen schneller als ein schlecht befestigter Scheinwerfer und an die Regeln zu AHA + L – 3G, diesen neuen Abkürzungen, scheint sich keiner mehr halten zu wollen. Viele Firmen rufen ihre Mitarbeiter ungeduldig wieder in die Büros zurück und die ersten Bühnen und Stände werden offenbar auch schon wieder aufgebaut. Doch ist das alles so einfach? Nach teilweise 15 Monaten komplettem Stillstand der betrieblichen Aktivitäten? Montags wieder alle zum Appell und es fluppt wie vorher?
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Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste
Bereits im Artikel „Die Psyche schützen“ erfolgte der Hinweis, was die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen bewirken können. Darunter die teilweise immense Belastung der Mitarbeiter durch Kurzarbeit, mobiles Arbeiten und die allgemeine Unsicherheit. Es mehren sich aktuell die Gespräche unter Kunden und Kollegen darüber, dass Mitarbeiter, besonders ehemalige freie Mitarbeiter, nicht mehr in die vorherige Beschäftigung oder Art und Weise der Ausführung der Beschäftigung zurückkehren möchten, da sie in der Pandemie andere, teilweise familien- und geldbeutelgerechtere Lebens- und Arbeitsmodelle kennengelernt haben. Personaldienstleister der Branche, so es sie noch gibt, klagen bereits über Schwierigkeiten beim Finden von Hilfspersonal, so dass die vor Corona normal erscheinenden Großaufläufe von hunderten Aufbauhelfern in den nächsten Monaten eher unmöglich scheinen.
Zusätzlich fehlt der Nachwuchs. Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit zum Ausbildungsmarkt 2021 und des VPLT ergaben einen Rückgang von knapp 17 % an Bewerbern für Ausbildungsteilen allein im Bereich Veranstaltungstechnik im Vergleich zum Vorjahr.
Wie bei allen Tätigkeiten, bei denen Wissen und Können notwendig sind, baut sich dieses langsam auf und benötigt ständige Anreize, ständiges Lernen, Erfahren, Ausprobieren und Trainieren. Wieder und wieder. Sobald die dauernden Reize der Körper- und der Gehirnmuskeln entfallen, setzt ein langsames Vergessen, eine Trägheit ein. Je länger die Stillstandsphase dauert, desto nachhaltiger geht die Erfahrung verloren. So sollte für alle Mitarbeiter, die demnächst wieder an die Arbeit gehen sollen, eine Eingewöhnungsphase, eine Wiedereingliederung mit ausführlichen Trainings, Schulungen und Unterweisungen stattfinden. Mitarbeiter, die körperlich arbeiten, sollten ihre Muskeln langsam wieder an die Tätigkeit gewöhnen und sich anfangs nicht überschätzen. Besonders bei gefahrgeneigten Tätigkeiten, wie Rigging, Bedienen von Staplern und Hubarbeitsbühnen und Dekobau, sollte Vorsicht an erster Stelle stehen. In der Projektplanung ist dieses „Mehr Aufpassen“ und „Langsamer“ bei den Aufträgen einzuplanen, so wie bei Leitung und Aufsicht hierauf besondere Rücksicht genommen werden muss.
Das Virus schläft nicht
In der Öffentlichkeit fallen die Masken, ebenso wie bereits in manchen Bundesländern die Schutzmaßnahmen und auch die Verpflichtung, Infektionsschutzkonzepte vorzulegen, entfallen. Dies mag nun einige Beteilige dazu verleiten, im Betrieb und bei der Zusammenarbeit ebenfalls komplette Erleichterung vorzugeben. Doch das Virus schläft nicht. Auch und grade bei fortschreitender Immunisierung der Bevölkerung durch Impfung steigt das Risiko einer Ansteckung für nicht-immunisierte Personen. Nach wie vor sind die vorgeschriebenen betrieblichen Maßnahmenkonzepte nach der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel, bzw. der branchenspezifischen Umsetzung der jeweiligen Berufsgenossenschaft, umzusetzen und die Mitarbeiter sollten sich an die Vorgaben halten. Besonders bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten, wie Auf- und Abbau oder LKW entladen, werden viele Aersosole freigesetzt und gleichzeitig steigen mit der Verbreitung von Virus-Mutationen auch die Wahrscheinlichkeiten von stärkerer Infektiosität, schwereren Verläufen und längeren Inkubationszeiten. Damit wächst das Risiko für den infektionsbedingten Ausfall ganzer Abteilungen und Firmen, auch auf laufenden Produktionen im zweiten Halbjahr. Dies umso mehr, als die Zahl und Häufigkeit von Dienstreisen und damit Kontakten wieder ansteigen wird.
Burn the dust off
In einem Fachforum amerikanischer Theatertechniker fand sich letztens eine Diskussion darüber, dass die Lampen, die jetzt nach anderthalb Jahren erstmals wieder eingeschaltet wurden, über zwei Tage lang einen durchdringenden Brandgeruch im Haus verbreiteten. Dies wurde darauf zurückgeführt, dass die Lampen über die Zeit Staub auf den Leuchtmitteln angesammelt haben. Wahrscheinlich auch innerhalb der Gehäuse. Eine andere Firma berichtet darüber, dass während eines Streaming-Events eine DI-Box „abgeraucht“ wäre, die seit letztem Jahr nicht mehr betrieben wurde, was bisher so noch nie passierte. Diese Stories verdeutlichen, dass der Stillstand nicht nur Techniker, sondern auch das Material einrosten lässt, ohne dass es bewegt oder sonst schädlichen Einflüssen ausgesetzt wird.
Umso wichtiger ist daher vor bzw. mit der Wiederaufnahme des Betriebs, dass alle Betriebsmittel, egal ob elektrische, wie z.B. Lampen, Verteiler, Kabel, Verstärker, oder auch andere, wie Stapler, Hebezeuge, Leitern, Stative oder Anschlagmittel, den Vorschriften gemäß auf Betriebssicherheit geprüft werden. Genauso sollten die persönlichen Schutzausrüstungen, besonders diejenigen gegen Absturz, durch eine befähigte Person geprüft und Helme oder auch Sicherheitsschuhe im Zweifel erneuert werden.
Bei der Wiederbelebung der Betriebe sind auch die lange nicht benutzten Gas- oder Wasserinstallationen fachgerecht wieder in Betrieb zu nehmen. Besonders bei Trinkwasserleitungen und -installationen sind je nach Dauer der Nichtnutzung unterschiedlich aufwändige Vorsichtsmaßnahmen umzusetzen, damit die Beschäftigten nicht wegen Legionellen oder anderen Bakterien gleich wieder außer Gefecht gesetzt werden. So sind die Leitungen entweder ausgiebig zu spülen oder gar Fachunternehmen zu beauftragen.
Eine übergangslose Wiederaufnahme des Betriebes, egal ob Messebauunternehmen, Agentur, Veranstaltungshalle oder Dienstleister, „aus dem Stand“ ist nicht zu empfehlen. Ebenso sollten Verhaltensweisen und Gewohnheiten aus Vor-Corona-Zeiten kritisch geprüft und im besten Fall gegen neue, menschengerechte ersetzt werden. Dazu gehört auch die kritische Betrachtung der eigenen Preisstruktur und des Kostenapparates. Aktuell ist nicht nur personal Mangelware, sondern auch Material und Vorprodukte sind auf dem Weltmarkt nicht oder nur zu stark erhöhten Preisen oder mit monatelangen Lieferzeiten zu erhalten. Die Automobilhersteller haben bereits Tausende von Mitarbeitern wegen Chipmangels in die Kurzarbeit verabschiedet und Kabel werden aktuell mit Aufschlägen von bis zu 30% verkauft. So besteht in der Krise weiterhin eine Chance und doch wird so schnell keine Normalität einkehren.
Ja das sehe ich auch so. Das Risiko und die Fehlerquote wird steigen.
Fachkräftemangel kommt noch dazu, plus eine Verschiebung unzähliger Veranstaltung ins Jahr 2022.
Wenn es für ein normales Jahr kaum genug Fachkräfte gibt, wie soll das in einem Jahr funktionieren mit mehr als doppelt so vielen Veranstaltungen.
Hinzu kommt der Aspekt der Nachhaltigkeit.
Es sollten also nicht nur die alten Fähigkeiten trainiert werden, sondern neue Fähigkeiten dazu gelernt werden, damit wir einen klimaneutralen und nachhaltigen Neustart der Veranstaltungswirtschaft hinbekommen.
Wie wichtig der Umwelt und Klimaschutz ist, zeigen ja die aktuellen katastrophalen Wetterereignisse.
Der Klimawandel führt zu weiteren Problemen und Kosten in der zukünftigen Veranstaltungsindustrie.
Ja das sehe ich auch so. Das Risiko und die Fehlerquote wird steigen.
Fachkräftemangel kommt noch dazu, plus eine Verschiebung unzähliger Veranstaltung ins Jahr 2022.
Wenn es für ein normales Jahr kaum genug Fachkräfte gibt, wie soll das in einem Jahr funktionieren mit mehr als doppelt so vielen Veranstaltungen.
Hinzu kommt der Aspekt der Nachhaltigkeit.
Es sollten also nicht nur die alten Fähigkeiten trainiert werden, sondern neue Fähigkeiten dazu gelernt werden, damit wir einen klimaneutralen und nachhaltigen Neustart der Veranstaltungswirtschaft hinbekommen.
Wie wichtig der Umwelt und Klimaschutz ist, zeigen ja die aktuellen katastrophalen Wetterereignisse.
Der Klimawandel führt zu weiteren Problemen und Kosten in der zukünftigen Veranstaltungsindustrie.
Deshalb müssen wir als Branche aktiv werden!