Auch wenn gewisse Präsidenten der westlichen Welt den Klimawandel als „Hirngespinst der Chinesen“ bezeichnen, lassen die zahlreichen Untersuchungen und Fakten keinen Zweifel daran, dass unsere Erde unter der Belastung und Ausbeutung durch den Menschen leidet. Damit künftige Generationen ebenso wie wir über einen gesunden Lebensraum und ausreichend Ressourcen zur globalen Versorgung verfügen, ist verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln unerlässlich. Und so blumig der Begriff der Nachhaltigkeit auch klingen mag, er hat reale Konsequenzen und kann sich überdies für Unternehmen auszahlen, wenn er richtig umgesetzt wird.
Der Sustainability Image Score der Serviceplan Gruppe in Zusammenarbeit mit facit reasearch untersucht jährlich den Einfluss von Nachhaltigkeit und Corporate Responsibility auf das Unternehmensimage, ebenso wie die Wahrnehmung der Nachhaltigkeitskommunikation der Unternehmen bei den Kunden. Dabei werden ein Gesamtranking sowie einzelne Branchenvergleiche erstellt. Die Daten der Studie basieren auf Onlineumfragen, die ausschließlich unter Konsumenten durchgeführt werden.
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Aufbau der Studie und Berechnung des Scores
Für den Sustainability Image Score 2016 wurden rund 9.000 Teilnehmer in einer jeweils 20-minütigen Sitzung online befragt. Den Angaben folgend, bei welchen Unternehmen die Person Kunde ist, wurden jedem Beantworter per Zufallsprinzip zwei Marken zugeteilt. Insgesamt wurden 106 Unternehmen aus 16 verschiedenen Branchen untersucht, sodass letztlich auf ein Unternehmen etwa 150 Kundenbeurteilungen kamen.
Die Herangehensweise der Forscher bestand darin, den Begriff der Nachhaltigkeit zunächst in drei Dimensionen zu unterteilen: ökologisch, ökonomisch und sozial. Innerhalb dieser Dimensionen wurden verschiedene Indikatoren, beispielsweise umweltschonende Technik, Arbeitsbedingungen der Angestellten oder aber die Anfälligkeit des Unternehmens für fragwürdige Geschäftspraktiken, abgefragt und ihr Einfluss auf das Nachhaltigkeitsimage von den Probanden beurteilt. Durch die Bündelung dieser Indikatoren ergab sich der eigentliche Sustainability Image Score (SIS) jedes Unternehmens.
In der zweiten Stufe ermittelten die Herausgeber die Relevanz dieses Faktors, sprich, des Nachhaltigkeitsimages, für das allgemeine Unternehmensimage im Vergleich zu anderen Aspekten wie Qualität der Leistung und wirtschaftlichem Erfolg der Firma. Der dritte Schritt bestand anschließend darin, den Einfluss dieser Reputation und insbesondere der Nachhaltigkeit auf das konkrete Konsumentenverhalten am Beispiel der Loyalität zu eruieren.
Zur Verdeutlichung wurden die Ergebnisse aus der Schulnotenskala des Fragebogens noch in einen Indexscore von 0 bis 100 umgerechnet und in vier Kategorien eingeteilt: Ein Score von 0 bis 60 wird als „kritisch“ betrachtet, zwischen 60 und 70 gilt es, das Unternehmen „zu beobachten“. Von 70 bis 86 Punkten wird es als „gut“ eingestuft und in der Spitzengruppe „sehr gut“ landet, wer es über die Marke 87 schafft.
Studienergebnisse: Babynahrung vorne
Als knapper Sieger geht aus dem Ranking der neu hinzugekommene Babynahrungshersteller BEBA hervor, dicht gefolgt vom Branchenkollegen Hipp, der im vergangenen Jahr die Liste anführte. Platz drei belegt mit Frosta ein weiterer Lebensmittelproduzent, im Anschluss daran Outdoorhersteller Patagonia und auf Platz fünf die bekannte deutsche Marke Miele. Das Schlusslicht der 106 Unternehmen ist Primark, davor mit ein paar Punkten Abstand Kik. Vor den Billigbekleidern landen auf Platz 102 und 103 die Burgerketten McDonald’s und Burger King. Rang fünf vom unteren Ende der Liste belegt die Deutsche Bank. Insgesamt erhalten 31 Unternehmen eine gute Bewertung, 18 werden als „kritisch“ eingestuft, den Rest dazwischen gilt es „zu beobachten“. Die Auszeichnung „sehr gut“ schafft hingegen niemand.
Positiv hervorzuheben ist die Entwicklung des Branchenrankings: Gab es 2013 mit den Herstellern von Babynahrung nur eine einzige „Top-Branche“ und dafür dank Versicherungen, Lebensmitteleinzelhandel, Textil, Finanzdienstleistern, Energieanbietern, Fast Food und Telekommunikation ganze sieben „Flop-Branchen“, so sind es 2016 bereits fünf Branchen mit einem Score über 70 (Babynahrung, Outdoor, Haushaltsgeräte, Kaffee und Molkereiprodukte) und nur noch einen Flop (Fast Food), der weiterhin im roten Bereich unterhalb der 60-Punkte-Marke bleibt.
Die Automobilbranche konnte zwar den eigenen Score in den letzten Jahren von 66 auf 69 verbessern, wurde jedoch durch andere Spitzenreiter nach unten verdrängt. Dass sie 2016 wieder um einen Punkt gefallen ist, lässt sich insbesondere auf den Abgasskandal um Volkswagen zurückführen: Im Einzelranking hatten sich die Wolfsburger 2014 und 2015 mühsam in den grünen Bereich hochgearbeitet, fielen nun jedoch über 10 Indexpunkte herab auf 69,7. Auch bei Audi leidet das Nachhaltigkeitsimage unter den Verfehlungen des Großkonzerns, sodass die Marke vom guten in den zu beobachtenden Bereich abrutschte.
Interpretation & Konsequenzen
Neben den Rankings ermittelten die Urheber der Studie noch weitere Einsichten in die Bedeutung der Nachhaltigkeit für Image und Kundenverhalten. So verstehen die Verbraucher unter nachhaltigem Handeln neben der klassischen Umweltfreundlichkeit und Schonung der Ressourcen auch die Langlebigkeit der Produkte sowie Sparsamkeit, Verantwortung und Zukunftsorientierung des Unternehmens. Bei der Frage, welche Bedeutung Nachhaltigkeit für sie habe, gab es unter den Kunden gemischte Stimmen: „Nachhaltigkeit bedeutet für mich vor allem Verantwortung gegenüber der Natur, gegenüber den nach uns kommenden Generationen, gegenüber den Menschen in den Ländern, in denen die Rohstoffe gefördert werden und in denen teilweise für die deutschen Firmen produziert wird.“, lautet ein Statement aus Kundensicht.
Die Verbraucher legen besonderen Wert auf die tatsächliche Umsetzung der zahlreichen Nachhaltigkeitsversprechen der Unternehmen: „Nachhaltig bedeutet für mich, dass sich ein Unternehmen seinen festgelegten Qualitäts- und Umweltstandards auf lange Zeit verpflichtet fühlt und nicht jeden kurzfristigen Mode-Gag für die Gewinnoptimierung ausnutzt.“
Nicht selten zeigt sich auch eine gewisse Resignation gegenüber der Nachhaltigkeitskommunikation der Produzenten: „Leider ein Begriff, der hauptsächlich für Marketing- und PR-Zwecke missbraucht wird. Eine Modeerscheinung, mit der oft höhere Preise gerechtfertigt werden.“
Letztlich ergeben die Zahlen, dass der Anteil der Nachhaltigkeit am Gesamtimage nur leicht zurückgegangen ist und insgesamt stabil bleibt. Dafür ist das Unternehmensimage aber immer weniger wichtig für die tatsächliche Loyalität der Kunden. Die Herausgeber der Studie erklären sich den Rückgang der Relevanz der Nachhaltigkeit damit, dass einige ihrer Aspekte von den Kunden verstärkt der Qualität zugeordnet werden, die in ihren Augen eine zunehmende Bedeutung erhält. Trotzdem zeigt die Studie, dass Unternehmen, die einen hohen SIS vorweisen können, auch bei der Loyalität der Kunden gut abschneiden. Ob hier eine wirkliche Kausalität oder doch eher eine Korrelation vorliegt, bleibt fraglich.
Hervorzuheben ist jedoch, dass eine umfassende Nachhaltigkeitskommunikation laut der Studie für eine positive Wahrnehmung der Marke an sich sorgt – sofern die angesprochenen Aktivitäten, wie oben dargelegt, auch tatsächlich authentisch sind. Der Leitsatz „Tue Gutes und sprich darüber“ trifft hier einmal mehr zu und zeigt, wie Nachhaltigkeit, wenn richtig angegangen und glaubwürdig kommuniziert, einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen darstellen kann.
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