In der Veranstaltungsbranche wird Nachhaltigkeit oft als Herausforderung gesehen. Neumann & Müller begegnet ihr jedoch mit einem klaren Bekenntnis: Nachhaltigkeit ist kein Zustand, sondern ein Handlungsprinzip, das tief in die Prozesse des Unternehmens integriert wird. Ein Gespräch über nachhaltige Ziele, interne Audits und die Verantwortung gegenüber Kunden und Gesellschaft.
Wie kann man durch ein nachhaltiges integriertes Managementsystem Transparenz und Kontinuität schaffen, die Mitarbeitenden motivieren und welche Rolle spielt langfristiges Denken in der Unternehmensstrategie? Das erklären Florian Nürnberger, Entwicklungsleiter bei Neumann & Müller Veranstaltungstechnik, und Martin Hartmann-Schüler, Nachhaltigkeitsmanager, im Interview.
Anzeige
Nachhaltigkeit ist für viele Unternehmen eine Herausforderung. Was war der Auslöser für Neumann & Müller, sich diesem Thema anzunehmen?
Florian Nürnberger: Das Thema kam bei uns Mitte der 2000er Jahre auf und führte 2012 zur Gründung einer Arbeitsgruppe, die sich speziell mit ökologischen Fragestellungen beschäftigte. Der Ursprung lag in der Frage, wie wir es schaffen können, die vielen guten Ideen aus unseren verschiedenen Standorten zusammenzubringen und im gesamten Unternehmen umzusetzen. Es wurde schnell deutlich, dass Nachhaltigkeit aber weit mehr bedeutet als nur Ökologie. Ein entscheidender Wendepunkt war 2018, als wir merkten, dass das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde ist, wir aber im Unternehmen noch unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, was das genau bedeutet. Wir haben uns daher intensiv mit dem Begriff auseinandergesetzt und festgestellt, dass er den Kern unserer unternehmerischen Verantwortung bildet. Unser ökonomischer Erfolg ist unmittelbar davon abhängig, dass auch das soziale und ökologische Umfeld stabil ist. So haben wir begonnen, die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – fest in unserem Denken zu verankern.
Diese grundlegende Haltung führt aber nicht automatisch dazu, dass man sich zertifizieren lässt. Wie kam es dazu, dass N&M diesen Schritt gegangen ist?
Florian: Die Entscheidung, uns zertifizieren zu lassen, hatte zwei zentrale Aspekte. Zum einen wollten wir sicherstellen, dass wir intern konsequent mit dem Thema umgehen. Es hilft enorm, wenn man einen externen Dritten hinzuzieht, der einen objektiven Blick auf alle Prozesse des Unternehmens wirft. Zum anderen gab es eine steigende Nachfrage seitens unserer Kunden, die immer häufiger Zertifizierungen verlangten. Da viele Kundenanfragen ähnliche Anforderungen stellten, haben wir uns entschieden, ein integriertes Managementsystem zu entwickeln. Dieses System ermöglicht es uns auch, die Anforderungen unterschiedlicher Zertifizierungen oder Bewertungen einheitlich umzusetzen. Sei es für die neu erfolgten ISO-Zertifizierungen oder die schon lange vorhandene DPVT-Zertifizierung sowie für unser EcoVadis-Rating.
Wie sieht dieses Managementsystem konkret aus? Habt ihr dieses komplett selbst entwickelt oder gab es externe Vorbilder?
Florian: Das Managementsystem haben wir weitgehend selbst entwickelt, wobei wir natürlich auf bestehenden Normen und Richtlinien aufbauen. Ich benutze gerne den Vergleich mit einer Speisekammer: Um verschiedene Gerichte zu kochen, braucht man bestimmte Grundzutaten. Unser Job ist es, sicherzustellen, dass diese Zutaten immer verfügbar und frisch sind. Das heißt, dass die relevanten Daten im Unternehmen stets aktuell sein müssen, damit wir flexibel auf unterschiedliche Anfragen reagieren können. Wir haben uns aber nicht nur mit externen Zertifizierungen auseinandergesetzt. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Schaffung von einheitlichen Prozessen in all unseren Standorten. Dabei ging es darum, zu identifizieren, was an einem Standort gut funktioniert, und diese Best Practices im gesamten Unternehmen umzusetzen.
„Nachhaltigkeit ist kein Zustand, den man erreicht, sondern ein Handlungsprinzip. Unser Ziel ist es, nachhaltiges Handeln in unsere Prozesse zu integrieren und bei unseren Mitarbeitenden, Lieferanten und Kunden ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen.“ Florian Nürnberger, N&M Entwicklungsleiter
Wie haben die Mitarbeitenden auf die Einführung des Managementsystems reagiert? Gab es Skepsis oder Widerstand?
Florian: Ehrlich gesagt, haben wir kaum Widerstand erlebt. Im Gegenteil: Die Bereitschaft, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, war von Anfang an groß. Natürlich entstehen durch die Einführung eines solchen Systems neue Aufgaben, wie das Sammeln und Dokumentieren von Daten, die es vorher nicht gab. Das ist ein Mehraufwand, den man erklären muss. Doch die Begeisterungsfähigkeit für das Thema Nachhaltigkeit ist hoch. Was uns wirklich geholfen hat, ist, dass wir das Managementsystem nicht von oben herab eingeführt haben, sondern gemeinsam mit den betroffenen Mitarbeitenden entwickelt haben.
Martin Hartmann-Schüler: Genau, wir haben uns mit den Mitarbeitenden zusammengesetzt und ihre Prozesse durchleuchtet. Ich, mit dem Blick auf Nachhaltigkeit, erkläre den Teams nicht, wie sie ihre Arbeit zu machen haben, sondern wir haben gemeinsam neue Ansätze und Lösungen erarbeitet. Das hat dazu geführt, dass die Akzeptanz sehr hoch ist. Viele Mitarbeitende haben erkannt, dass Nachhaltigkeit nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist und dass sie in ihrem Arbeitsbereich echte Verbesserungen bewirken können.
Besucht N&M auf der LEaT con 24!
Am Stand F8 könnt ihr mit den Mitarbeitenden von N&M vom 22. bis 24. Oktober in der Hamburg Messe über Nachhaltigkeitsthemen diskutieren.
Ein nachhaltiges Wirtschaften erfordert in der Regel Investitionen. Wie geht ihr mit der Frage um, ob sich Nachhaltigkeit auch ökonomisch lohnt?
Florian: Nachhaltigkeit als reine Kosten-Nutzen-Rechnung zu betrachten, greift zu kurz. Natürlich kostet es Geld und Zeit, und es ist schwierig, den Nutzen direkt in Euro zu messen. Aber für uns war von Anfang an klar, dass es eine Investition in die Zukunft ist. Und ja, es zahlt sich aus – nicht nur finanziell, sondern auch in Bezug auf die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden und die langfristige Stabilität unseres Unternehmens. Ein weiterer Vorteil liegt in der Außenwahrnehmung: Kunden, die sehen, dass wir nach ISO zertifiziert sind, wissen, dass wir nachhaltig arbeiten. Das schafft Vertrauen und verkürzt die Anbahnungsphase von Geschäftsbeziehungen erheblich.
Martin: Es gibt aber auch interne Effekte. Unsere Mitarbeitenden sehen, dass sie in einem Unternehmen arbeiten, das Verantwortung übernimmt und auf Nachhaltigkeit setzt. Das schafft eine Identifikation mit dem Unternehmen, die man nicht unterschätzen darf. Nicht zu vergessen: Auch Bewerber:innen nehmen dies wahr. Wir sehen uns als Vorbild für nachhaltiges Handeln und das spiegelt sich in der Einstellung unserer Mitarbeitenden wider.
Und doch: Veranstaltungstechnik ist ressourcenintensiv. Wie verfahrt ihr bei Investitionsentscheidungen?
Florian: Wir haben seit jeher auf langlebige Technologien gesetzt und legen großen Wert darauf, dass unser Material lange im Einsatz bleibt. Die Wartungsintensität sowie die Möglichkeit, in unseren eigenen Werkstätten Produkte instandzuhalten, wurden daher genauso bewertet wie die Frage, was am Ende des Lebenszyklus damit passiert. Kann es recycelt oder einer anderen Nutzung zugeführt werden? Die Entscheidungskriterien für neue Investitionen haben sich in den letzten Jahren jedoch um zusätzliche Nachhaltigkeitsparameter erweitert.
Wo seht ihr die größten Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit in der Veranstaltungsbranche?
Florian: Eine der größten Herausforderungen ist die fehlende Verfügbarkeit und Transparenz von Daten bei den Nachhaltigkeitskriterien der Produkte, die wir kaufen. Es gibt viele Bemühungen auf europäischer Ebene, wie die Product Environmental Footprints, aber die Umsetzung ist schwierig. Ein Produkt, das in Norwegen mit Wasserkraft betrieben wird, hat einen völlig anderen CO2-Fußabdruck wie das gleiche Produkt, das woanders mit Kohlekraft betrieben wird. Diese Unterschiede sichtbar zu machen, ist eine Aufgabe, die noch gelöst werden muss. Für uns als Unternehmen wäre es viel einfacher, wenn wir Produkte anhand klarer und vergleichbarer Kriterien bewerten könnten.
„Ein finales Ziel gibt es bei Nachhaltigkeit nicht. Es ist ein Prozess, der sich ständig weiterentwickelt, und wir wollen uns dabei immer wieder neuen Herausforderungen stellen.“ Martin Hartmann-Schüler, N&M Nachhaltigkeitsmanager
Gibt es für Neumann & Müller ein Ziel in Bezug auf Nachhaltigkeit – kann es so etwas überhaupt geben?
Martin: Ein Ziel gibt es nicht, weil Nachhaltigkeit ein ständiger Prozess ist. Wir müssen uns immer wieder neuen Herausforderungen stellen und uns weiterentwickeln. Nachhaltigkeit bedeutet für uns, kontinuierlich besser zu werden, und das wird auch in Zukunft so bleiben.
Florian: Eine wichtige Erkenntnis für uns war, dass Nachhaltigkeit kein Zustand ist, den man erreicht, sondern ein Handlungsprinzip. Wir wollen dieses Prinzip in alle Prozesse unseres Unternehmens integrieren. Es geht darum, immer nachhaltiger zu handeln, besser zu werden als vorher, und das mit unseren Mitarbeitenden und Kunden gemeinsam zu tun.
Martin: Unser Ziel kann es nur sein, positive Veränderungen für uns als Unternehmen, unsere Mitarbeitenden, aber eben auch die Umwelt und die Gesellschaft zu bewirken.
Neue ISO-Zertifizierungen bei N&M
Neumann & Müller Veranstaltungstechnik ist jetzt nach den internationalen Standards ISO 14001 (Umweltmanagement) und ISO 45001 (Arbeits- und Gesundheitsschutz) zertifiziert. Diese Zertifizierungen unterstreichen das Engagement des Unternehmens für Nachhaltigkeit und den Schutz der Mitarbeitenden. Zu den Maßnahmen gehören ressourceneffiziente Beschaffung, optimierte Transportlogistik und eine verstärkte Zusammenarbeit mit regionalen Partnern. Das integrierte Managementsystem prüft und überwacht kontinuierlich die Wirksamkeit dieser Ansätze und sorgt für sichere Arbeitsbedingungen. Die Maxime soll sein, eine nachhaltige Zukunft mit sozialer und ökologischer Verantwortung mitzugestalten.