Öffnungsstrategien: Kommentar zum Drei-Säulen-Bewertungsmodell des R.I.F.E.L. und FAMAB
von Martina Courth,
Während ganz Deutschland dem harrt, ob trotz Dauer-Lockdown eine dritte Welle bevorsteht, legen diverse Verbände und Länder ihre Pläne mit Öffnungsstrategien vor. So auch R.I.F.E.L. und FAMAB mit Unterstützung von #AlarmstufeRot, die ihr Drei-Säulen-Bewertungsmodell präsentieren. EVENT PARTNER Chefredakteurin Martina Courth sprach mit Nico Ubenauf, Mit-Autor des Papiers. Ein Kommentar.
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Nico Ubenauf, Vorstand von satis&fy, ist sehr unglücklich darüber, dass es die Veranstaltungswirtschaft nicht geschafft hat, ein gemeinsames konsolidiertes Konzept vorzulegen. Er selbst hat als Projektverantwortlicher innerhalb von #AlarmstufeRot für die Ausarbeitung eines Öffnungskonzeptes anfänglich mit den diversen Verbänden gesprochen und die Ideen der Initiative mit eingebracht, wurde aber im Verlauf aus den weiteren Beratungen seitens des Forums Veranstaltungswirtschaft ausgeladen. „Ich verstehe die Verbände, dass sie sich vor ihren Mitgliedern rechtfertigen müssen, aber indem sie in der aktuellen Lage derartige Partikularinteressen vertreten, tun sie der Veranstaltungsbranche keinen Gefallen.“
#AlarmstufeRot hat daraufhin insbesondere mit dem Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt/Main die Pain Points der Ämter diskutiert, und ein vorgeschaltetes Evaluierungsmodell entwickelt, das jene entlasten soll. Das Drei-Säulen-Bewertungsmodell will bewusst kein weiterer Stufenplan sein, sondern soll eine transparente, einheitliche und nachvollziehbare Bewertung von Veranstaltungen im Kontext von COVID-19 ermöglichen. Die Systematik sei mit jedem Stufenplan kompatibel, den ein Bundesland beschließen möge, so Ubenauf. „Wir wollen, dass sich politische Entscheider mit einer differenzierten Lösungsmöglichkeit auseinandersetzen und nicht Events – ab einer bestimmten Größe – pauschal verbieten. Die Personenzahl pro Quadratmeter muss die zentrale Messgröße für das Wieder-möglich-machen von Events sein. Problematisch sind die Kontaktpunkte vor und nach Veranstaltungen, also die Customer Journey, so unsere Analyse. – Bei Business Events gibt es diese Kontaktpunkte nicht, da das Teilnehmermanagement meist komplett vom Veranstalter geregelt wird. Messe- und Konzertveranstalter müssen dagegen kreativ werden und Ideen für die Abbildung der Customer Journey entwickeln.“
Dreigliedrige Ampel als vorgeschaltetes Evaluierungsmodell
Das Drei-Säulen-Bewertungsmodell soll für Veranstalter als Online-Plattform auf der Seite des jeweiligen Gesundheitsamtes zur Verfügung gestellt werden und als erste Genehmigungsinstanz für Veranstaltungen dienen. Jeder Veranstalter müsse künftig diese Plattform nutzen, um eine Bewertung und Analyse seines Events zu erhalten. Das Modell funktioniert wie eine Ampel, die sich aus drei Teil-Ampeln zusammensetzt. Für jede Säule wird eine separate Bewertung erstellt, die in einer Farbskala eindeutig dargestellt wird. Abschließend erfolgt eine Bewertung aller drei Säulen, um die Durchführbarkeit der Veranstaltung zu bewerten. Die Parameter der Säulen sind:
1. regionale/nationale Faktoren (Inzidenzwerte am Ort der Veranstaltung, Impfquote, Kapazitäten des Gesundheitssystems)
2. veranstaltungsspezifische Faktoren (Daten und Fakten der Veranstaltung, Schutzmaßnahmen)
3. zusätzliche Kontaktpunkte der Veranstaltungsteilnehmer durch An- und Abreise, Zwischenstationen, Übernachtungen (Customer Journey)
Die im Tool zu hinterlegenden Werte sollen mit einer Expertenkommission nach Ausarbeitung eines Vorschlags seitens des R.I.F.E.L. Instituts validiert werden. Der von der Bundespolitik geplante Ausfallfonds könne zudem mit dem Drei-Säulen-Bewertungsmodell als Steuerungs-Tool kombiniert werden. So könne man Missbrauch vorbeugen und mittels Online-Plattform und Auswertung sicherstellen, dass die Veranstaltungen zuvor wirklich sicher und umfangreich geplant worden sind. Durch einfache Adaption und Wegnahme der dritten Säule des Modells wäre es obendrein möglich, Steuerungsmechanismen bei Gastronomie, Einzelhandel, Fitnesscentern und weiteren betroffenen Branchen einzuführen. Ubenauf schätzt die Programmierkosten für das Drei-Säulen-Bewertungsmodell auf unter 250.000 Euro: „Unser Ansatz ist kein Gegenmodell, sondern ein Tool, um die Gesundheitsämter handlungsfähig zu machen, es spart diesen rund 70% der Zeit gegenüber der Durcharbeitung zentimeterdicker Hygienekonzepte.“
Digitalisierungsbaustelle Deutschland – Rang 16 im Digital Quality of Life Index 2020
Die Ampel bietet definitiv den Vorteil der universellen Verständlichkeit, und sich Gedanken um eine sichere Customer Journey zu machen, dürfte für die Wiederaufnahme von Events essenziell sein. Wenn man jedoch bedenkt, dass Anfang Februar 2021 erst 151 von 376 Gesundheitsämtern die Coronasoftware SORMAS nutzen, mit der die Ämter Kontakte von Coronainfizierten effizienter identifizieren und nachverfolgen können, darf man so seine Zweifel hegen, ob eine weitere Online-Plattform in dieser Republik (für die das Internet Neuland ist) realistisch flächendeckend umsetzbar ist.
Durch diesem immensen Mehraufwand der durch dieses mehrstufige System entsteht, wird sich der Ticketpreis, egal für welche Veranstaltung, um mindestens 25% erhöhen!
Wenn man jedoch bedenkt, dass Anfang Februar 2021 erst 151 von 376 Gesundheitsämtern die Coronasoftware SORMAS nutzen, mit der die Ämter Kontakte von Coronainfizierten effizienter identifizieren und nachverfolgen können, darf man so seine Zweifel hegen, ob eine weitere Online-Plattform in dieser Republik (für die das Internet Neuland ist) realistisch flächendeckend umsetzbar ist. – So ist es 🙂 – Deutschland ist sowas von Rückständig, besonders die Behörden.
Dieses Papier ist vollkommen realitätsfremd und ignoriert sämtliche politischen und faktischen Gegebenheiten in Deutschland. Die Säule 1 wäre ein Monstrum. Die Politik und die Behörden werden sicher keine privatwirtschaftlich (RIFEL?) betriebene Datenbank füttern, anhand derer dann kommunale und regionale Entscheidungen zum IfsG und den Länderverordnungen getroffen werden.
Wie realistisch ist die Einführung eines solchen Systems? Und in welcher Zeit lässt sich dieses realisieren? Gibt es bereits Partner, mit denen das System aufgesetzt werden soll? So viele Fragen…
…da wir Öffnungsstrategien und Perspektiven brauchen. Und die Politik muss reagieren, weil die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt. Daher finde ich den Ansatz gut, dass wir mit einem System arbeiten, das bundesweit einheitlich von den Veranstaltern und Gesundheitsämtern genutzt wird. Zusätzlich kann und muss jeder Veranstalter den örtlichen Schutzmaßnahmenkatalog des Landes zur Eindämmung der Pandemie kennen, aber so ein Prüfsystem wäre schon eine Erleichterung für alle.
Durch diesem immensen Mehraufwand der durch dieses mehrstufige System entsteht, wird sich der Ticketpreis, egal für welche Veranstaltung, um mindestens 25% erhöhen!
Top Nico, wenn ich – obwohl nur kleiner Veranstalter – irgendwie unterstützen oder beitragen kann, feel free to contact me at any time
Wenn man jedoch bedenkt, dass Anfang Februar 2021 erst 151 von 376 Gesundheitsämtern die Coronasoftware SORMAS nutzen, mit der die Ämter Kontakte von Coronainfizierten effizienter identifizieren und nachverfolgen können, darf man so seine Zweifel hegen, ob eine weitere Online-Plattform in dieser Republik (für die das Internet Neuland ist) realistisch flächendeckend umsetzbar ist. – So ist es 🙂 – Deutschland ist sowas von Rückständig, besonders die Behörden.
Dieses Papier ist vollkommen realitätsfremd und ignoriert sämtliche politischen und faktischen Gegebenheiten in Deutschland. Die Säule 1 wäre ein Monstrum. Die Politik und die Behörden werden sicher keine privatwirtschaftlich (RIFEL?) betriebene Datenbank füttern, anhand derer dann kommunale und regionale Entscheidungen zum IfsG und den Länderverordnungen getroffen werden.
Wie realistisch ist die Einführung eines solchen Systems? Und in welcher Zeit lässt sich dieses realisieren? Gibt es bereits Partner, mit denen das System aufgesetzt werden soll? So viele Fragen…
…da wir Öffnungsstrategien und Perspektiven brauchen. Und die Politik muss reagieren, weil die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt. Daher finde ich den Ansatz gut, dass wir mit einem System arbeiten, das bundesweit einheitlich von den Veranstaltern und Gesundheitsämtern genutzt wird. Zusätzlich kann und muss jeder Veranstalter den örtlichen Schutzmaßnahmenkatalog des Landes zur Eindämmung der Pandemie kennen, aber so ein Prüfsystem wäre schon eine Erleichterung für alle.