Risiken im Vertrag: Personalmangel & rechtliche Konsequenzen
von Thomas Waetke, Artikel aus dem Archiv vom
Ein Dienstleister bekommt nicht genügend Personal zusammen und kann den Auftrag nicht erfüllen, oder er findet zwar das Personal, aber die Leute weisen nicht die vertraglich vereinbarten Qualifikationen auf. Was passiert nun? Unser Rechtsexperte klärt auf.
(Bild: Shutterstock/Pittha poonotoke)
Ein Dienstleister bekommt nicht genügend Personal zusammen und kann den Auftrag nicht erfüllen, oder er findet zwar das Personal, aber die Leute weisen nicht die vertraglich vereinbarten Qualifikationen auf. Was passiert nun? Unser Rechtsexperte klärt auf.
Der Vertragsschluss ist ein Meilenstein: Steigen danach die Kosten, wird es für den Auftragnehmer schwierig. Denn „einfach so“ kann er im Nachhinein die Kosten nicht erhöhen. Zu einer Kostensteigerung kann es kommen, wenn der Auftragnehmer nicht bereits vor der Auftragserteilung das Personal engagiert, sondern sich erst danach auf die Suche macht.
Denkbar ist, dass der Auftragnehmer sich bereits im Vertrag die Möglichkeit vorbehält, die Kosten anpassen zu dürfen. Derlei Preisanpassungsklauseln stoßen aber schnell an Grenzen: Sobald der Auftragnehmer solche Klauseln mehr als nur gegenüber einem/einer Kund:in verwendet bzw. verwenden will, richtet sich nämlich die Wirksamkeit der Klausel nach dem strengen AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB). Würde der Auftragnehmer aber nur gegenüber einem Kunden die Klausel einmal verwenden, kann er nahezu alles vereinbaren, solange der/die Kund:in nur unterschreibt.
Gehen wir aber von dem Standardfall aus, dass die Klausel gegenüber mehreren Kund:innen zum Einsatz kommen soll. Dann muss die Klausel „transparent“ sein, d.h. sie muss so formuliert sein, dass eindeutig ist, wann genau der Preis erhöht werden kann. Hier kommen zeitliche Faktoren in Betracht, aber auch Beschränkungen der Höhe nach. Unter Umständen muss dem Auftraggeber auch die Möglichkeit gegeben werden, bei einer allzu unerwarteten Kostensteigerung vom Vertrag zurücktreten bzw. die Kostensteigerung irgendwie abfedern zu können (bspw. durch eine Reduzierung des Auftragsumfangs).
Ganz schwierig wird es, wenn der Vertrag keine Preisanpassung vorsieht bzw. wenn Festpreise vereinbart sind. D.h., gerade mit Blick auf das Personalthema sollten Dienstleister gut überlegen, ob sie Festpreise anbieten können bzw. wollen.
Manchmal mag eine Kostensteigerung ein Luxusproblem sein, denn immerhin hat man sein Personal zusammenbekommen – wenn auch zu anderen Konditionen als anfangs gedacht. Was passiert aber, wenn das Personal fehlt, das man eigentlich zur Auftragsdurchführung bräuchte? Das Worst-Case-Ergebnis kann sein, dass sich der Auftragnehmer schadenersatzpflichtig gegenüber seinem Auftraggeber macht. Man denke hier an den Fall, dass aufgrund des Personalmangels die Veranstaltung nicht oder nicht wie geplant stattfinden kann. Ein Schadenersatz kommt dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer – je nach Bedeutung der notwendigen Personalstärke – nicht intensiv nach Personal gesucht hat bzw. zu spät damit angefangen hat.
Das kann der Auftragnehmer vermeiden, indem er seine Bemühungen dokumentiert, und sich möglichst frühzeitig auf die Suche macht. Auch wenn es natürlich unschicklich ist: Es kann sinnvoll sein, wenn der Auftragnehmer seinen Kund:innen darauf hinweist, dass er sich erst nach verbindlicher Auftragserteilung auf die Suche machen würde (und eben noch nicht das notwendige Personal bspw. als Festangestellte vorhält).
Für den Auftragnehmer kann der Zeitpunkt wichtig werden, seinen Kund:innen über das Personalproblem zu informieren. Denn je früher er seine Kund:innen informiert, desto eher können diese ggf. Anpassungen vornehmen. Der Hintergrund ist auf dem Papier einfach, im Alltag schwierig: die Schadenminderungspflicht (siehe § 254 BGB). Denn der Auftraggeber darf nicht tatenlos bleiben, wenn ein Schaden droht oder schon eintritt. Er darf sich nicht beleidigt oder empört auf den Stand-punkt stellen, sein Auftragnehmer möge sich allein kümmern. Denn die Schadenminderungspflicht verlangt auch vom Auftraggeber, sich aktiv darum zu bemühen, den Schaden so klein wie möglich zu halten. Dazu kann bspw. gehören, dass der Auftraggeber prüfen muss, seine Veranstaltung zu verkleinern, den Auftragsumfang zu reduzieren bzw. noch einen anderen Dienstleister zu suchen und zu beauftragen.
Je länger der Auftragnehmer aber (wenn auch verständlicherweise) zögert, seinen Kund:innen über das Personalproblem zu informieren, desto mehr juristischer Ärger droht ihm. Hier gilt es also, den richtigen Zeitpunkt solcher Informationen zu finden. Wenn er schon informiert, sollte der Auftragnehmer dafür sorgen, dass er diese Information an seinen Kund:innen später nachweisen kann.
Aus Sicht des Auftraggebers kann es sinnvoll sein, sich ausdrücklich ein Auskunftsrecht einräumen zu lassen. Auch kann es sinnvoll sein, über die Vereinbarung eines Teilrücktritts (für beide Seiten) nachzudenken: Man staucht den Auftrag zusammen und passt den Preis entsprechend an – aber kann zumindest den Vertrag im Übrigen aufrecht halten.
Was kann passieren, wenn das gefundene Personal nicht die notwendigen Qualifikationen aufweist? Natürlich muss man unterscheiden: Ist eine bestimmte Qualifikation notwendig, da sie bspw. in einem Gesetz o.ä. für gewisse Tätigkeiten vorgeschrieben ist? Fehlt dann dieses Personal bzw. hat das Personal nicht diese Qualifikation, dann gilt das oben Gesagte.
Etwas entspannter ist die Situation, wenn bzw. ein Senior Projektleiter vereinbart wurde, aber nur ein Junior zur Verfügung steht. Um sich nicht dem Vorwurf eines Abrechnungsbetrugs auszusetzen, darf der Auftragnehmer natürlich nur die wahre Qualifikation abrechnen – ggf. also weniger, als vereinbart. Denn maßgeblich ist, welcher Preis für welche Qualifikation vereinbart ist. Klar ist: Ist die Leistung auch minderwertig, droht dem Auftragnehmer eine Gewährleistungshaftung, die auch u.a. davon abhängig ist, ob dem Auftragnehmer ein Verschulden vorzuwerfen ist.
Der/die Unternehmer:in muss sich gerade in dieser Zeit überlegen, ob er/sie Personal sozialversicherungspflichtig beschäftigt, und wie er/sie das Personal dann auch in auftragsschwacher Zeit halten kann. Aber auch, wenn viel mit freien Mitarbeitenden oder Subunternehmer:innen gearbeitet wird, kommt der Vertragsgestaltung eine hohe Bedeutung zu. Veranstaltungen bzw. Aufträge können nicht nur durch Beschränkungen und Verbote gefährdet sein, sondern eben auch durch Personalmangel. Solcherlei Risiken gilt es im Vertrag bzw. in den AGB vorzubeugen.
Thomas Waetke ist Rechtsanwalt und spezialisiert auf das Veranstaltungsrecht. Er ist Dozent, Buchautor und Herausgeber des Internetportals eventfaq.de. Schreiben Sie Thomas Waetke an info@eventfaq.de: Seine Kanzlei berät und unterstützt Auftraggeber wie Auftragnehmer bei der Formulierung von Klauseln ebenso wie bei Verhandlungen mit potenziellen Vertragspartnern.