Wer in China erfolgreich Geschäfte machen will, muss mehr als ein schnelles kulturelles Training absolvieren, man muss die Kultur leben, wie Vok Dams und Leyendecker zu berichten wissen. Erstere sind schon seit einer Dekade im Land des Drachen vertreten, letztere erst seit knapp zwei Jahren.
Vok Dams gehört zu den erfolgreichen Eventagenturen in China. 2004 starteten die Wuppertaler ihr Fernostabenteuer in einem Joint Venture und schlugen damit eine erste Brücke nach Bejing. Mittlerweile hat man sich freigeschwommen und firmiert selbstständig in Bejing und seit 2009 auch in Shanghai. Ulrike Ellmann begleitete das Abenteuer über zehn Jahre, sie war Niederlassungsleiterin und gründete auch das zweite Büro. Mittlerweile ist sie zurück in Deutschland und Direktorin von Vok Dams in Frankfurt am Main.
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Die Technikspezialisten der Leyendecker GmbH sind erst vor kurzem mit einer Dependance nach China gezogen, aber investieren dort eifrig in die Zukunft, wie Geschäftsführer Marcus Leyendecker berichtet. EVENT PARTNER fragte nach Erfahrungen und Perspektiven.
Vok Dams ist seit zehn Jahren in China aktiv. Was hat sich in dieser Zeit getan? Früher hat man von China als „schlafendem Riesen“ gesprochen. Ist der Riese inzwischen erwacht? Ulrike Ellmann: Auf alle Fälle. Für Vok Dams waren es sehr spannende Jahre, weil man genau diese Entwicklung miterlebt hat. Der Standard und die Anforderungen im Bereich „Event“ sind unheimlich gestiegen. Die chinesischen Events und Messen sind inzwischen auf einem internationalen Niveau. Auch die Ansprechpartner unserer Kunden haben sich geändert. Wir sitzen dort mittlerweile Chinesen gegenüber, die super Englisch sprechen und international gebildet sind. Die wissen, was in Frankfurt, L.A., New York oder Dubai stattgefunden hat und wollen das auch.
Merken Sie als Dienstleister auch, dass Sie chinesische Konkurrenzfirmen haben? Marcus Leyendecker: Ja, die gibt es auf jeden Fall. Die chinesischen Firmen oder Dienstleister haben aber noch einen anderen Anspruch, was zum Beispiel das Finish, das Auftreten, den grundsätzlichen Umgang mit einem Projekt oder die Arbeitssicherheit betrifft. Bei denen ist das ein bisschen „Jugend forscht“, aber der Weg geht stramm nach vorn. Die Chinesen holen auf. Noch haben wir jedoch als europäische Firma Vorteile, weil wir ein anderes Verständnis von Qualität haben.
Haben Sie mit Korruption zu tun? Leyendecker: Wir hatten bis jetzt noch keine Schwierigkeiten. Ellmann: Da gab es keine Probleme.
Das heißt: keine Schmiergelder? Leyendecker: Unsere Firmengründung und ein paar größere Veranstaltungen, die wir durchgeführt haben, liegen jetzt hinter uns. Das lief alles reibungslos. In unserem Bereich ist uns nichts aufgefallen. Es kann aber sein, dass wir einfach zu klein für so etwas sind.
China ist keine Demokratie. Merkt man die Zensur im Alltag? Leyendecker: Ich persönlich habe keine Einschränkungen gehabt, bin nirgendwo aufgehalten und auch immer freundlich empfangen worden. Die Behörden, mit denen ich zu tun hatte, haben keine komischen Avancen gemacht. Ich war relativ häufig drüben und habe auch eine private Rundreise gemacht. Mein chinesischer Guide meinte mal zu mir: „Es gibt so viele Chinesen. Ob da einer im Gefängnis verschwindet oder nicht, das interessiert hier keinen.“ Sie haben ein Problem mit Demokratie, aber dadurch, dass dort so viele Menschen leben, wird das oft gar nicht beachtet. Ellmann: Wir arbeiten für internationale Unternehmen. In dem Umfeld, in dem wir uns bewegen, haben wir sehr positive Erfahrungen gemacht. Bei Genehmigungen gab es nie Probleme.
Sind Sie nur in den bekannten Metropolen wie Peking oder Shanghai unterwegs oder auch in anderen Regionen? Leyendecker: In Ghuangzhou, Peking und Shanghai, klar. China hat allerdings über 100 Städte mit mehr als zwei oder drei Millionen Einwohnern. Es gibt zig Städte, von denen man noch nie den Namen gehört hat. Da sitzen beachtliche Firmen, es gibt riesige Messen und große Veranstaltungen. Wir versuchen dort auch aktiv zu sein. Wie ist es bei euch? Ellmann: Man hat erkannt, dass ganz viel Potenzial in diesen „Second Tier Cities“ steckt. Das funktioniert auf Agenturseite nur mit Menschen, die sich auch in diesen Regionen zurechtfinden. Das ist ein zusätzlicher Punkt, der es nach wie vor spannend macht: Veranstaltungen unter anderen Rahmenbedingungen als in Großstädten zu planen.
Man kann also nicht nur einfach als Langnase dorthin gehen, sondern muss sich auch noch ein wenig chinesisches Know-how einkaufen? Ellmann: Das wird nicht reichen. Das ist die Herausforderung in diesem starken Wettbewerb. Vok Dams war von Beginn an sehr konsequent und hat gerne internationale Mitarbeiter eingestellt. Diese mussten allerdings schon vor Ort sein und fließend Chinesisch sprechen. Man muss sich dort auskennen, einsatzfähig sein, die Sprache sprechen und gleichzeitig die Kultur verstehen. Eine Langnase mit einem chinesischen Übersetzer – das wird nie funktionieren. In der Übersetzung geht zu viel an Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Effizienz verloren.
Aus der Ferne stellt man sich China ja als ein Land vor. Soziologisch ist es aber ein Kontinent. Merken Sie innerhalb Chinas Mentalitäts- und Kulturunterschiede? Ellmann und Leyendecker: Ja! Leyendecker: Wenn man in Peking und Shanghai unterwegs ist, merkt man das sofort. Die Leute dort reden nicht gut über die Leute in der jeweils anderen Stadt.
So wie bei Köln und Düsseldorf? Leyendecker: So ungefähr. Die Leute aus Peking fühlen sich als etwas Besseres. Die nehmen die Leute aus den Großstädten im Landesinneren – dort sind auch 10- und 15- Millionen-Städte – nicht so ernst. Das ist Landbevölkerung für die. Ellmann: Aufgrund der Mentalitätsunterschiede hat Vok Dams auch zwei Büros: eines in Peking und eines in Shanghai. Langfristig für einen Kunden aus Shanghai zu arbeiten, wenn man nur in Peking ist, ist eigentlich fast unmöglich. Die menschliche Nähe ist einfach wichtig.
Sind Sie auch in Enklaven wie Hongkong oder Macao aufgestellt? Ellmann: In Hongkong ja, in Macao nicht.
Gibt es da einen Mentalitätsunterschied durch die längere westliche Tradition? Ellmann: Das ist ein komplett anderes Land! Leyendecker: Hongkong ist wie London. Das erste, was mir aufgefallen ist: In China stehen die Leute wie ein Knubbel vor dem Bus und jeder drängt rein. In Hongkong stehen die Leute aufgereiht hintereinander in einer Schlange. Hongkong ist sehr, sehr westlich. Macao eigentlich auch. Da sprechen viele Chinesen Englisch. In Shanghai spricht, abgesehen von den Geschäftsleuten, fast kein Chinese Englisch.
Welche Perspektiven sehen Sie für China und Ihr Chinageschäft? Ellmann: Ich denke, dass dort weiterhin das Thema „Event“ auf sehr hohem Standard umgesetzt wird. Das ist eine ganz große Chance für Vok Dams, weil wir uns über die Jahre gut aufstellen konnten und ein sehr kompetentes Team haben. Die Aufbruchstimmung ist mit dem Wirtschaftswachstum relativiert worden. Es fühlt sich aber auch alles ein bisschen realer an, weil nicht immer in Superlativen gedacht wird. Für Vok Dams ist es nach wie vor ein Bereich, in dem man gerne wachsen würde. Bisher stehen die Vorzeichen gut. Leyendecker: Wir sind ein Jahr in China ansässig, investieren gerade sehr viel in Produkte, die es dort noch nicht so gibt, die aber trotzdem von unseren europäischen Kunden gefordert werden. Denn wir sehen für uns in China eine Zukunft. Wachstum ist dort möglich. Der Wettbewerb wird stärker, die Chinesen werden besser. Wenn man sich aber nicht ganz dumm anstellt, kann man seinen aktuellen Vorsprung, zum Beispiel in Sicherheitsaspekten, auch ausbauen. Wir sehen unsere Vorzeichen in China weiterhin positiv.