Eingangsbereiche von Veranstaltungen, insbesondere die mittels Infrastruktur gesteuerten Zugänge haben eine besondere Bedeutung im Rahmen der Sicherheitsplanung für Veranstaltungen. Sie sind wichtig für den ersten Eindruck, den der Besucher von der Veranstaltung bekommt, bieten Handlungs- und Aktionsfläche für die Steuerung der Besucher (z.B. im Rahmen von Einlasskontrollen) und müssen häufig einer wechselhaften, nicht immer im Voraus vorherzusagenden Belastung („frühe Anreise“) standhalten.
(Bild: Shutterstock / gnoparus)
Dazu kommt die Bedeutung der Bereiche als Schnittstelle zwischen geschütztem und öffentlichem Bereich, oftmals verbunden mit einer – vorsichtig formuliert – unklaren Abgrenzung der jeweiligen Verantwortungsbereiche.
Ein- und noch viel mehr die Ausgänge werden aus baurechtlicher Sicht vernachlässigt: Einlässe werden auf die reine Kontrollfunktion reduziert, Ausgänge auf ihre Funktion als Notausgänge. Betrachtet man jedoch einige der Unglücke, die sich im Rahmen von Veranstaltungen ereignet haben, findet man genau diese Bereiche immer wieder als Entstehungs- oder Ereignisort eines Unglücks – hier sei beispielhaft das Konzert von The Who in Cincinnati genannt [1], bei dem 1979 elf Menschen unmittelbar in einer Einlasssituation starben, oder Hillsborough [2], wo 1989 96 Menschen aufgrund schlecht geplanter und schlecht gemanagter Einlässe starben, sowie zuletzt der Anschlag auf das Konzert von Ariana Grande in Manchester [3], der die Bedeutung des Auslassbereiches in den Fokus der Betrachtung rückte.
Demgegenüber steht eine unspezifische Forderung der Musterversammlungsstättenverordnung [4], dass vor Eingängen von Sportstadien mit mehr als 10.000 Besucherplätzen „Geländer so anzuordnen [sind], dass Besucher nur einzeln und hintereinander Einlass finden.“ Darüber hinaus „sind Einrichtungen für Zugangskontrollen sowie für die Durchsuchung von Personen und Sachen vorzusehen.“ (§ 30, Abs. 2). Die Bedeutung der Einlassbereiche und die notwendigerweise im Rahmen der Planung zu beachtenden Faktoren finden keine Berücksichtigung. Ausgangs- oder Auslassbereiche in der Normalnutzung werden gar nicht betrachtet.
Basierend auf einem über diese eingeschränkte Betrachtung hinausgehenden Verständnis von Eingangs- und Auslassbereichen als multifunktionale genutzte Transfer-, Warte- und Aktionsflächen müssen an diese Bereiche jedoch deutlich weitreichendere Anforderungen gestellt werden.
Übersicht
Faktoren für die Gestaltung von Einlassbereichen
Infrastrukturelle Gestaltung
Information & Kommunikation
Organisation
Ausgänge und Auslassflächen
Literatur
Faktoren für die Gestaltung von Einlassbereichen
Zu- & Abfluss: Die Einlässe müssen so gestaltet werden, dass die Zahl der von außen zufließenden Besucher durch die Eingänge abfließen kann, ohne dass sich eine z.B. die öffentlichen Flächen belastende oder Druck aufbauende Stauungen bilden können. Neben der Anzahl der Kontrollstellen ist die Intensität der Zugangskontrollen hierbei genauso zu berücksichtigen wie das Profil der Besucher (Früh- bzw. Spätanreisende) oder die Jahreszeit (mehr/weniger Kleidung).
Warte- & Entlastungsflächen: Einlassbereiche müssen Platz für die Wartenden bieten – besonders zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Platz auch dann noch ausreichen muss, wenn der Abfluss der Besucher in die Veranstaltungsfläche stockt – z.B. bei einer Verzögerung des Einlassbeginns. Im Rahmen der Flächenplanung ist daher zu definieren, wie viele Personen die Fläche maximal aufnehmen muss bzw. kann.
Diese einfache Formel zeigt die Zusammenhänge
ZIEL: Nan > Nab
SONST (Nan/t) – (Nab/t) = Nfüllen/t
Kapazität (m2*PAX)
________________ = Zeit bis Füllung
Nfüllen/t
Dabei ist:
Nan – die Zahl der von außen zufließenden Besucher
Nab – die Zahl der durch die Schleusen abfließenden Besucher
(Nan/tmin) –Zufluss pro Minute
(Nab/tmin) – Abfluss pro Minute
Nfüllen/tmin– Delta zu- & Abfluss / Minute
Kapazität (m2*PAX) – festlegte Kapazität (tolerierte Personendichte) der Fläche (Pers/m2)
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(Bild: Shutterstock / Dziurek)
Infrastrukturelle Gestaltung
Im Rahmen zugangskontrollierter Veranstaltungen werden regelmäßig Einlassschleusen genutzt zur Vereinzelung der Besucher und damit zur Ermöglichung einer strukturierten Kontrolle der Besucher. Zur Kalkulation einer ausreichenden Anzahl von Schleusen sind die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:
- Anzahl Besucher
- Anzahl Kräfte pro Schleuse
- Durchsuchungsintensität
- Besucherprofil
- Geplante Einlassdauer
- Kontrollvorgaben
Die Besucher sollten dabei auf die tatsächlichen Einlässe gelenkt werden, sodass keine unkontrollierte Wartemenge vor den Einlässen entsteht. Im Rahmen einer geordneten Zuführung der Besucher mit Richtungswechseln (um den Aufbau von Druck zu verhindern) und Möglichkeiten, den Zufluss zu unterbrechen, sind immer auch begleitende kommunikative und organisatorische Maßnahmen nötig (s.u.).
Eine geordnete Zuführung ist insbesondere bei einem hohen gleichzeitigen Besucheraufkommen nötig, um zu vermeiden, dass die Besucher in ungeordneten Trauben vor den Einlässen stehen und hierdurch sowohl die notwendigen Sonderflächen (Notausgänge, Zugänge für Nutzer von Rollstühlen etc.) oder die Aktionsflächen des Sicherheits- und Ordnungsdienstes eingeschränkt werden als auch, dass eventuell Druck oder zumindest für den Besucher unangenehme Situationen durch Drängeln und/oder fehlende Orientierungs- und Entscheidungsmöglichkeiten entstehen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die eingebrachten Infrastrukturen nicht die möglicherweise für Fluchtwege und Notausgänge vorgesehenen Flächen und Wege blockieren.
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In vielen Fällen verbringen Besucher Zeit in den Eingangsbereichen, die über die reine Transferzeit hinausgeht – dies kann einige Minuten sein aber auch mehrere Stunden. Diese Zeit kann zum einen genutzt werden, um notwendige Informationen zu vermitteln, zum anderen muss sichergestellt werden, dass die Kommunikation mit allen Wartenden über den gesamten Zeitraum möglich ist. Dies ist insbesondere relevant bei sehr langen Wartezeiten, bei sehr komplexen Zuführungssituationen und natürlich bei Zwischenfällen und in Schadenlagen.
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Organisation
Zu den organisatorischen Maßnahmen gehört das Freihalten der Bereiche von ungewünschten oder störenden Aufbauten und/oder Aktionen als auch das Management der Wartenden. Hierzu gehören Ansprache und Ansprechbarkeit genauso wie das Steuern von Abläufen durch geschultes Personal. An den Einlässen selbst ist sicherzustellen, dass durch eine geeignete Anzahl an Kräften die Abarbeitung des Zuflusses unter Berücksichtigung der Aufrechterhaltung der Kontrollintensität sichergestellt wird.
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Ausgänge und Auslassflächen
Auch bei der Gestaltung der Auslassbereiche sind das Publikumsprofil und die An- bzw. Abreisemodalitäten zu beachten. Besondere Vorkehrungen müssen z.B. getroffen werden bei einem sehr jungen Publikum (hohe Anzahl an Abholern, für die Wartebereiche und Treffpunkte eingerichtet werden müssen) oder bei einer räumlich engen Anbindung an eine Haltestelle (Überschneiden von Auslass- und Wartebereichen). Auch Auslassbereiche müssen so gestaltet werden, dass sie die Anzahl der erwarteten Besucher aufnehmen können und dass eine Ansprache sowie Organisation der Besucher (z.B. Aufhalten bzw. Stoppen des Auslasses) sowohl infrastrukturell als auch organisatorisch jederzeit möglich sind.
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Literatur
- DIN EN 13200-7:2014-06, Zuschaueranlagen – Teil 7: Eingangs- und Ausgangsanlagen und Wege
- NaCTSO National Counter Terrorism Security Office (2017) Crowded Places Guidance online unter https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/619411/170614_crowded-places-guidance_v1.pdf
Einzelnachweise
[1] https://www.rollingstone.com/music/news/rock-and-roll-tragedy-why-eleven-died-at-the-whos-cincinnati-concert-19800124
[2] Hillsborough Independent Panel, Report, online verfügbar unter: http://hillsborough.independent.gov.uk/report/
[3] https://www.theguardian.com/uk-news/2017/may/22/manchester-arena-police-explosion-ariana-grande-concert-england
[4] Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO). Fassung Juni 2005 (zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014). http://www.bauministerkonferenz.de/verzeichnis.aspx?id=991&o=759O986O991
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