Festival für Technologie, Marketing, Medien und Kultur
So geht Live-Kommunikation heute: Eine Liebeserklärung
von Ben Erben, Artikel aus dem Archiv vom
Das wohl bekannteste Festival der Welt für Technologie, Marketing, Medien und Kultur in Austin, Texas, die South by Southwest (SXSW), bot einen erkenntnisreichen Einblick, wie Live-Kommunikation heute aussehen muss, um zu funktionieren. Soviel vorweg: Oberflächliche Schönfärberei reicht für einen gelungenen Auftritt nicht aus. Ben Erben, ECD von Mutabor, berichtet für EVENT PARTNER.
Bild: Ben Erben
Bild: Ben Erben
Was ist dran am Mythos „South by Southwest“? Ich nehme es direkt vorweg: SXSW ist der Wahnsinn. In vielerlei Hinsicht. Die Plattform bietet eine bis dato unerreichte Vielfalt und Opportunität. Hier eine Kurzfassung davon, wie aus meiner Sicht Brand Experience auf der SXSW verstanden und gelebt wird:
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01. Mehr Talks, weniger Ausstellung
SXSW lebt von den vielen verschiedenen Talk-Formaten. Klassische Ausstellungsflächen sind im Veranstaltungserlebnis eher zweitrangig. Egal ob Keynote, Panel oder Masterclass, der zwischenmenschliche Austausch steht im Fokus. Viele Unternehmen machen sich dies zunutze und platzieren ihre Themen und Inhalte über solche Veranstaltungsformate. Die Möglichkeiten dafür sind bei der SXSW vielfältig: vom Sponsoring ganzer Veranstaltungstracks, über einzelne Formate in den Räumlichkeiten der allgemeinen Konferenz bis hin zur Gestaltung von Talk Stages in einer eigenen Location abseits der Hauptveranstaltung. Egal welche Strategie man wählt, zentraler Erfolgsfaktor ist, dass die Talk-Themen inhaltlich zur Agenda der Veranstaltung passen. Dies war leider bei einigen Veranstaltungen nicht gelungen und zeigte sich direkt in den Besucherzahlen. Auch reicht es offensichtlich nicht aus, einfach ein Trendthema wie „Metaverse“ in den Titel der Talks zu schreiben. Und: Externe Speaker, die neue Sichtweisen mitbringen, sind ein Muss geworden.
Ein gutes Beispiel ist der Auftritt von Porsche. Die Inhalte und Speaker stehen im Vergleich zu den inszenierten Produkten im Vordergrund und bieten den Besucher:innen so einen größeren Mehrwert. Aus meiner Sicht kann diese Vorgehensweise auch auf andere Veranstaltungen und Messen übertragen werden. Viel zu oft nutzen Marken ihre Bühnen ausschließlich für eigene Produktthemen und Unternehmensvertreter:innen. Was nicht selten in uninspirierten Verkaufspräsentationen endet. Das führt mich zum zweiten Learning.
02. Kooperationen statt Alleingang
Egal ob Marke mit Marke, Marke mit Künstler:innen, Marke mit Land oder Marke mit Location: Hauptsache zusammen. Klar, das Thema Kooperation ist an sich nichts Neues im Experiential Marketing. Aber die Konsequenz in der Umsetzung hier in Austin ist auf einem anderen Level. Sie geht an vielen Stellen weit über die gängige Influencer-Zusammenarbeit hinaus und versteht Kooperation als ein Kernelement von Gestaltung und Kommunikation. Wieder möchte ich Porsche als Paradebeispiel nennen: Der komplette Markenauftritt baute auf diesem Kooperationskonzept auf und wurde in unterschiedlichen Facetten umgesetzt, wie beispielsweise bei der Produktinszenierung, Exponaten oder der tatsächlichen Standgestaltung.
Bild: Ben Erben
Bild: Ben Erben
03. Werde Teil des Stadtbildes
Der Auftritt von Dolby, die in Kooperation mit Mercedes-Maybach ihre Produkte in einer eigenen Location präsentierten, beeindruckte mich besonders. Die Außenfassade des Veranstaltungsorts ziert ein großer farbiger Mural. Ein absoluter Blickfang, der einfach super in eine Stadt mit langer Street-Art Kultur wie Austin passt. Durch die Anpassung der Designsprache an die Stadt und den Veranstaltungshintergrund gelingt Dolby ein wesentlich kreativerer und modernerer Auftritt als vielen anderen Marken. Der Fit zwischen Marke und Plattform SXSW war damit einfach überzeugender. Andere Marken nutzen das gängige Vorgehen, ein bestehendes Corporate-Architecture-System in die jeweilige Plattform „zu pressen“.
Mich erinnert dies an Social-Media-Kommunikation: Ein cleaner Millennial-Content, der auf Instagram gut funktioniert, geht auf Tik-Tok komplett unter. Das gleiche gilt aus meiner Sicht für die Eventbranche. Die besten Auftritte sind immer jene, die die jeweilige Plattform und Zielgruppe wirklich verstehen und sich daran anpassen. Dies spricht für mich dafür, mehr in eine eigene Event-CI für den jeweiligen Markenauftritt zu investieren. Auf der SXSW wird der Unterschied zwischen beiden Vorgehensweisen klar sicht- und erlebbar.
Zusammensein mit Marken und Unternehmen
Zusammenfassend möchte ich jedem aus der Eventbranche ans Herz legen, die Reise nach Austin zu machen. Nicht zuletzt weil Brand Experience selbst ein Track auf der Konferenz ist. SXSW ist aus sich selbst heraus eine Liebeserklärung an Live-Kommunikation. Während viele der europäischen Messen und Events in den letzten Jahren in eine Sinnkrise gekommen sind, zeigt die SXSW ganz klar, dass es wahnsinnig viele Menschen gibt, die ein großes Interesse an Live-Erlebnissen mit Marken und Unternehmen haben. Und gerade hier in Austin, wo die digitalen Trendthemen XR, AI und Metaverse diskutiert werden, sind sich die meisten einig: Wir wollen mehr zusammen sein, und zwar „in real life“.