Temporäre Absperrsysteme im Kampf gegen den „modernen“ Terrorismus
von Harald Scherer,
Martialische Absperrsysteme, meterhohe Zäune, massive Betonsperren – solche Bilder begegneten uns zuletzt in Zeiten der Deutschen Teilung. Reste davon lassen sich heute noch besichtigen. Ansonsten sehen wir derartige Grenzanlagen bestenfalls in Nachrichtensendungen über das Ausland oder in Spielfilmen. Im Kontext der Besuchersicherheit waren solche Installationen nahezu unbekannt. Doch das friedliche Bild hat sich grundlegend geändert, seit Fahrzeuge durch Terroristen als Waffe eingesetzt werden.
Den traurigen Höhepunkt markierte der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Bei dieser Tat wurde den Besuchern eine Sicherheitseinrichtung zum Verhängnis: die vorhandene Rettungsgasse für Fahrzeuge von Feuerwehr und Rettungsdienst zusammen mit unmittelbarer Zufahrt von außen gab dem Täter die Möglichkeit, den schweren LKW nahezu ungehindert in das Marktgeschehen zu steuern.
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Darauf reagierten Kommunen allerorten und setzten auf Sperrmaßnahmen verschiedenster Ausführungen. Im Unterschied zu den USA, wo solche Vorfälle meistens eine Regelwerksanpassung zur Folge habe („Coding-by-Catastrophy“), marschierten die Beteiligten hierzulande aktionistisch drauf los.
Die Bandbreite reichte dabei von quergestellten Kommunalfahrzeugen bis hin zu ausgefeilten aktiven Systemen, die vielfach aus dem militärischen Bereich stammen. Die Wirksamkeit solcher Adhoc-Maßnahmen und deren sinnvolle Anwendung wurden oft nicht hinterfragt, Hauptsache man hatte etwas getan. Die – gut sichtbare – Spitze dieses Eisbergs waren und sind die Betonsperren, die dem eingangs beschriebenen Szenario sehr nahe kommen und die seitdem Veranstaltungen fast jeder Art und Größe begleiten.
Betonklötze und quergestellte Fahrzeuge wirkungslos?
Die damit erzeugte optische bzw. subjektive Sicherheit wurde jedoch weitestgehend zunichte gemacht, als diesen einfachen Betonklötzen durch Aufprallversuche 2017 weitgehende Wirkungslosigkeit attestiert wurde. Sogar zusätzliche Gefahren wurden damit erst aufgedeckt: die Streuung von Fahrzeugtrümmern bzw. die negative Wirkung der Sperre durch Verschiebung oder Zerstörung derselben. Ganz zu schweigen von der bereits vorher bekannten Beeinträchtigung der Flucht- und Rettungswege und dem Faktor Mensch, der in Gestalt des Ordnungsdienstes im Gefahrenfall Sperren öffnen oder bewegen soll.
Quergestellte Fahrzeuge wurden erst kürzlich durch einen Crashversuch als wirkungsarm und unberechenbar entlarvt. Durch diese Nachweise wiederum sehen sich die Hersteller von Stadtmobiliar bestätigt, die durch fest montierte Barrieren bzw. ertüchtigte Sitzbänke und Blumenkübel oder versenkbare Pollerlösungen eine höhere Sicherheit versprechen. Diese Maßnahmen stimmen jedoch oft nicht mit den Anforderungen der Veranstaltungen im urbanen Raum überein bzw. sind zu aufwändig für den singulären Einsatz.
Somit bleibt die Herausforderung, temporäre Systeme einzuschätzen und deren wirkungsvolle Aufstellung zu planen bzw. die konkrete Notwendigkeit durch eine qualifizierte Analyse erst festzustellen. Eine Hilfe stellt die technische Richtlinie der Polizeien der Länder und des Bundes dar, die seit kurzem öffentlich ist. Darin sind Schutzklassen bzw. die Anforderungen je nach Fahrzeugtyp, Gewicht und Geschwindigkeit eingeführt und Eigenschaften beschrieben, die eine temporäre Sperre erfüllen muss. Systeme lassen sich danach zertifizieren und beurteilen.
Sicherheitskonzept muss mit anderen Veranstaltungskonzepten verflochten werden
Für Veranstalter bleibt natürlich immer die Frage nach den Kosten für Sperrsysteme bzw. danach wer diese Kosten übernimmt. Neben den Miet- oder Beschaffungskosten spielen die gesamte Logistik und die Personalkosten, sowohl für Auf- und Abbau als auch für die Besetzung der Sperren, eine Rolle. Zusatzkosten können durch eine notwendige Schutzzone zwischen Sperren und Besuchern entstehen, etwa durch größeren Flächenverbrauch, zusätzliche Abschrankungen, Beleuchtung und ergänzende Maßnahmen wie Bodenaufbereitung etc.
Der Veranstalter bzw. Betreiber sieht zudem die Aufstellung von Fahrzeugsperren lediglich als einen Mosaikstein in seiner umfassenden Sicherheitsarchitektur. Solche Maßnahmen sind somit nur ein Teil des Sperr- bzw. Zufahrtskonzepts, gerade bei Events, die sich bewegen, wie Laufwettbewerbe oder automobile Veranstaltungen. Ein solches Konzept regelt in erster Linie die Anfahrt für Zulieferer der Eventtechnik und der Gastronomie bzw. für Besucher und Mitwirkende sowie die Gefahrenabwehr. Somit stellt es wiederum nur einen Teil des Verkehrskonzepts dar, welches engmaschig mit dem Sicherheitskonzept und weiteren Ansätzen, wie z.B. dem Brandschutz- oder dem Räumungskonzept verflochten sein muss. Der dürre §43 der Länderversammlungsstättenverordnung, der den Betreiber dazu verpflichtet, je nach Art der Veranstaltung ein Sicherheitskonzept aufzustellen, zeigt hier schon die Grenzen auf. Zukünftig wird vermehrt die Frage gestellt werden müssen, welcher Personenkreis überhaupt qualifiziert ist, eine solch umfassende Sicherheitsbetrachtung zu erbringen und durchzusetzen bzw. zu verantworten.
Noch mehr denn je ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten aus den Behörden, insbesondere der Gefahrenabwehr und auf Seiten des Veranstalters bzw. dessen Beauftragten erforderlich, um eine tragfähige, für beide Seiten zufriedenstellende und zumutbare Lösung zu finden. Dies bedingt eine kontinuierliche Weiterbildung aller Partner und die Bereitschaft, im Sinne der Sache vertrauensvoll gemeinsam eine Kultur der Verantwortung für die Besuchersicherheit zu leben.
>> Im März 2021 wurde ein neuer DIN Standard für mobile Fahrzeugsperren im öffentlichen Raum veröffentlicht. Der Teil 1: Anforderungen, Prüfmethoden und Leistungskriterien kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
Bei unseren Events ist ja unmöglich, die Schutzsysteme umzugehen. Eingesetzt werden meist von uns die versenkbaren Poller, die die Grenzen für die Fläche einsetzen. Für die Anregungen für ein kontinuierliches Sicherungskonzept vielen Dank!
Interessant, dass solche Katastrophen in den USA meist Veränderungen des Regelwerks nach sich ziehen. Ich finde, da sind wir mit den versenkbaren Pollern und den anderen Vorrichtungen, die die Kommunen aufbauen schon besser geschützt. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich fühle mich schon sicherer, wenn ich auf einem öffentlichen Platz bin und solche Poller sehe.
Die temporären Absperrsysteme sollten ja zielgerichtet und für eine kurze Zeitspanne eingesetzt werden. Uns haben die das Team-Event vor ungebetenen Gästen geschützt. Die Idee mit der Verflochtenheit mit dem ganzen Veranstaltungskonzept hat ja seinen Sinn, danke!
Bei unseren Events ist ja unmöglich, die Schutzsysteme umzugehen. Eingesetzt werden meist von uns die versenkbaren Poller, die die Grenzen für die Fläche einsetzen. Für die Anregungen für ein kontinuierliches Sicherungskonzept vielen Dank!
event-defender.de
Mobil, ohne Strom und zertifiziert.
Habt ihr schon mal dort geguckt:
event-defender.de
Interessant, dass solche Katastrophen in den USA meist Veränderungen des Regelwerks nach sich ziehen. Ich finde, da sind wir mit den versenkbaren Pollern und den anderen Vorrichtungen, die die Kommunen aufbauen schon besser geschützt. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich fühle mich schon sicherer, wenn ich auf einem öffentlichen Platz bin und solche Poller sehe.
Die temporären Absperrsysteme sollten ja zielgerichtet und für eine kurze Zeitspanne eingesetzt werden. Uns haben die das Team-Event vor ungebetenen Gästen geschützt. Die Idee mit der Verflochtenheit mit dem ganzen Veranstaltungskonzept hat ja seinen Sinn, danke!