Alles wie immer, nur einer fehlte

Highlights der Trendschau IAA 2015

Die Autopresse ist sich einig: Die IAA 2015 war kein Schauplatz lauter Revolutionen, sondern eher einer der leisen Evolutionen. Und was für die Fahrzeuge gilt, das galt auch für ihre gebauten Hintergründe, die Messestände. Auch hier viele kluge Weiterentwicklungen und evolutionäre Veränderungen. Und dann doch eine kleine Revolution.

BMW auf der IAA 2015
Nachhaltigkeit am Stand von BMW auf der IAA 2015: Für das Design wurde der Stahl von 2013 genutzt. (Bild: Marcel Courth )

Sprechen wir kurz über die großen Drei, die traditionell um den spektakulärsten Stand der IAA wetteifern: Meiré und Meiré inszenieren BMW auf der Automesse ganz nachhaltig im Stahl von 2013, trotzdem gelungen anders, eine abwechslungsreiche Messelandschaft mit vielen Highlights, in der es viel zu entdecken gibt, und die dennoch die BMW-typische Übersichtlichkeit behält.

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Der Stand von Mercedes, dieses Jahr entworfen von Atelier Markgraph und Jangled Nerves, ist ebenfalls dem eigenen Vorgänger nicht unähnlich. Die Bühne läuft wieder entlang der Längsseite, aber Besucherführung und Blickachsen sind deutlich optimiert. Die Pressekonferenz, für die erneut Oliver Schrott Kommunikation verantwortlich zeichnet, überzeugt mit tollen Bildern: Zur Eröffnung verzaubern Tänzer mit Drohnen die Bühne, eine schöne Übersetzung des Megathemas Mensch-Maschine-Kommunikation. Dann wird das gesamte Fahrzeugspektrum in einem riesigen mehrstöckigen Regal präsentiert, das sich hinter der LED-Wand versteckt. Gelungene Bilder.

Mercedes-Benz Cars auf der IAA 2015
Mercedes-Benz auf der IAA 2015. (Bild: Daimler AG )

Und Audi? Schmidhuber und – jetzt wieder – Mutabor inszenieren in einem temporären Kubus auf der Agora ein Erlebniskino mit den vier Audi-Fokusthemen Sport, Quattro, Technologies und Ultra. Ein überdimensionaler Kompass an der Decke gibt die Richtung bzw. das Thema vor. An den Wänden hängen drehbare Fahrzeuge, deren Bewegung in die aufwändigen Medienbespielungen integriert ist. Totaltheater. Ohne dass der Funke wirklich überspringt. Bei der Pressekonferenz tanzen dann Leuchtkugeln und bilden die Kontur eines Autos. „Wie im BMW-Museum!“, raunt es im Publikum. Überraschend.

Audi auf der IAA 2015
Der Audi Auftritt auf der IAA 2015 mit überdimensionalem Kompass an der Decke. (Bild: Hilmar B. Traeger )

Mediatektur wird zur Realität

Was jenseits der großen Drei generell auffällt: Die Autoindustrie hat ihr Selbstvertrauen wiedergefunden, die Präsentationen biedern sich nicht länger an. Keine Autos mehr in inszenierten Wohnzimmeratmosphären, keine Lampen, Teppiche und Designermöbel mehr neben den Fahrzeugen. Die Autos werden nicht mehr in den Alltag der Messebesucher hineininszeniert. Sie dürfen wieder bewundert, bestaunt, geliebt werden. Und auch die Zeiten des (offensichtlichen) Greenwashings sind vorbei. Keine Vertical Gardens, keine Bäume, keine Pflanzen mehr auf den Ständen. Nachhaltigkeit ist nur noch ein Aspekt von vielen, der routiniert bedient wird, die neuen Megatrends heißen autonomes Fahren und Connectivity.

Was erstaunlicherweise die Folge hat, dass die Zahl der interaktiven Exponate deutlich abgenommen hat. Keine lustigen Touchscreens mehr zum „Erleben“ des intelligenten Kurvenlichts. Nirgendwo mehr die Gelegenheit, das eigene Foto, ergänzt um einen lustigen Spruch, zu Facebook hochzuladen. Aber wahrscheinlich hat das eh nie jemand getan. Außerdem: Social Media kann jetzt das Auto selbst, that’s the news! Dafür muss keine Stele mehr neben dem Wagen stehen.

Insgesamt immer elaborierter wird der Umgang mit Medien, auch kleine und mittlere Stände überzeugen mit überraschenden Konzepten und Formaten. Zum Beispiel Alfa Romeo: Ein innen bespieltes Medienband umschließt über Kopf den kompletten Innenraum des Standes. Und wird kongenial bespielt. Mal vollflächig, mal in Teilen, mit Bildern, die zueinander in Bezug stehen und sich ergänzen. Und den Besucher zusammen mit der Audioscape wirklich in eine ganz eigene Welt entführen. Oder Opel: Eine Spiegeldecke verlängert die Medienbespielung fast ins Unendliche. Das passt, gefeiert wird die Premiere des neuen Astra. Und Jeep: Klug gestaffelte Medienflächen spielen miteinander, ergänzen sich, schaffen Tiefe oder übergreifende Bilder und erzeugen auch hier eine ganz eigene, markenkonforme Atmosphäre.

Kurz: Die Vision von der Mediatektur, der Verschmelzung von Medien und Architektur, wird immer mehr zur Realität. Und zwar auch in Marktsegmenten, die sich solche Ansätze bisher nicht leisten konnten oder wollten. Eine simple vorgehängte 4:3 oder 16:9 Medienwand ist kaum mehr zu sehen und wirkt auch gleich aus der Zeit gefallen. Spätestens 2015 will man das nicht mehr sehen.

Volvo: IAA-Verzicht. Stattdessen Roadshow.

Und eine messebauliche Revolution gibt es dann doch noch. Allerdings eben nicht auf der IAA. Volvo, die schwedische Marke, die in den letzten Jahren immer wieder mit mutigen und überraschenden Standkonzepten überzeugt hat, ist gar nicht da. „Auf der IAA geben wir Millionen aus und zeigen doch nur, dass die deutschen Hersteller viel größer sind als wir“, sagte Volvo Vize Alain Visser der wiwo. Also sagten die Schweden ihre Messebeteiligung ab und touren stattdessen mit einem mobilen Markenhaus durch Deutschland, dem Volvo-Forum.

Mobiles Markenhaus von Volvo
Ein mobiles Markenhaus bringt Volvo zu den Kunden. (Bild: Volvo Car Group )

Die sehr wertige modulare Container-Architektur mit Größen von 12 bis 120 m² präsentiert sich überall dort, wo Volvo seine Kunden vermutet. Während der IAA zum Beispiel auf der Interboot in Friedrichshafen und der Art.Fair in Köln. Einen klassischen Messeauftritt auf einer Automesse planen die Schweden für den europäischen Markt vorerst nur noch in Genf, behalten sich aber vor, ihre Strategie nach den ersten Erfahrungen mit der Roadshow zu überprüfen. Man darf gespannt sein.

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