Ein profaner Catering-Stand wurde auf der dmexco 2014 mithilfe kreativer Ideen von concept X erfolgreich in einen „Twitter Urban Campus“ umgewandelt.
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Eigentlich dürfte dieser Bericht nur 140 Zeichen lang sein, aber mit Gedanken an das ohnehin kärglich bemessene Salär des Autors sowie den Wunsch nach einer angemessenen Würdigung eines kreativen Messestandkonzeptes wäre Microblogging keine gute Idee. Auch ein Satz zum Thema „Twitter hat einen Vogel“ könnte missverstanden werden, wenngleich das niedliche Signet inzwischen global geläufig ist.
Die Spatzen zwitschern es von den Dächern: Der börsennotierte US-Dienst erreicht im Facebook-fanatischen Deutschland trotz Podolski/Merkel-Fotos nicht die Nutzerzahlen, welche sich die Twitter-Verantwortlichen wünschen würden – Grund für eine Charme-Offensive im weltweit viertgrößten Werbemarkt, ein frisch eröffnetes Sales/Marketing-Office in Hamburg und einen Stand auf der rapide wachsenden dmexco, die am 10. und 11. September 2014 in der Koelnmesse ausgerichtet wurde.
No SexyBack
„Mit unserer Agentur sind wir Teil der internationalen Agenturgruppe 27Names“, erklärte Ulf Gassner, Geschäftsführer der concept X Strategische Kommunikation GmbH. „Unsere holländische 27Names-Kollegin Christine van Dalen vom Bureau voor Reuring betreut den Kunden Twitter. Als das dmexco-Vorhaben konkrete Formen annahm, kam Christine direkt auf mich zu, da es wenig Sinn ergeben hätte, von Holland aus ein Projekt in Köln zu betreuen.“ Das Netzwerk 27Names ist inzwischen die nach eigenen Angaben „erste europäische Agentur der Live-Kommunikation“ entstanden. Ein Headquarter in Brüssel wurde bezogen, Milo Vergucht bekleidet die Funktion des CEO.
In der Branche ist concept X nicht unbedingt als ausgewiesener Spezialist für Messeauftritte bekannt. „Das stimmt, aber natürlich machen wir regelmäßig Setdesigns für Events und verfügen innerhalb der Agentur über eine eigene Designabteilung“, antwortete Ulf Gassner auf eine entsprechende Anmerkung. „Beim dmexco-Auftritt von Twitter stellte sich die Frage nach einer ausgeprägten Messebaukompetenz ohnehin nicht, da klassischer Messebau nicht im Fokus der Aktivitäten stand.“
Da die Anmeldung zur dmexco relativ spät erfolgte, war keine typische Standfläche mehr verfügbar. Die Messe unterbreitete Twitter das Angebot, die Fläche eines Catering-Standes („market place 1“) in Halle 8 zu nutzen – genauer gesagt ein 30 m² großes Areal auf der Rückseite der Essensausgabe zwischen zwei Verzehrflächen. „Diese Offerte war aufgrund der späten Anmeldung von Seiten der Messe entgegenkommend, aber nicht wirklich sexy“, kommentierte Ulf Gassner.
Camouflage
Bei concept X löste man sich gedanklich vom begrenzten Rückraum des Essensstandes, was letztlich zu einer Neugestaltung des gesamten, rund 400 m² großen Catering-Areals führte: Der ursprünglich grüne Teppichboden wurde durch Auslegeware in blauer Twitter-Farbe ersetzt, die vorhandenen anthrazitfarbenen „Klammern“ mit weißer Farbe übertüncht und mit dem Twitter-Emblem sowie dem Hashtag #meetandtweet versehen. Hightables, Stühle und Sitzbänke wurden passend zur Twitter-CI in weißen Ausführungen geordert.
Der kleine, als Nukleus des Messeauftritts vorgesehene Bereich auf der Rückseite des Standes wurde mit einer großen LED-Wand bestückt – eine aufmerksamkeitsstarke Lösung für eine knapp bemessene Präsentationsfläche. Die Wand hatte eine Größe von 6,24 m × 3,36 m und sorgte mit HD-Auflösung bei einem geringen Pixelpitch von 3,75 mm für eine gute Lesbarkeit der gezeigten Inhalte. Zusammenfassend wurde der vorhandene „market place 1“ mit einem mutmaßlich recht überschaubaren Kostenaufwand optisch in einen großzügig dimensionierten Twitter-Stand verwandelt. Die Rechnung ging auf, und die meisten Messebesucher ordneten den umgestalteten, weithin sichtbaren Food Court vollständig Twitter zu. Verwunderung rief bei genauerem Hinschauen lediglich die äußerst großzügig dimensionierte Bar hervor, an welcher Geld für Essen und Getränke verlangt wurde.
Gleich kommt das Vögelchen!
Kompetenz im Bereich Neue Medien ist bei concept X inhouse vorhanden, und passend zum Geschäftsfeld des Kunden wurden diverse Ideen für den Kölner Messeauftritt entwickelt. Programmiert wurde unter anderem ein Tool, das sämtliche unter dem Hashtag #meetandtweet eingehenden Tweets auf der großen LED-Wand anzeigte. Proportional zur Zahl der Tweets stieg die Menge der sich über den Screen bewegenden „Bubbles“ – animierte Kreise mit Twitter-Vögeln (siehe auch http://twitter.cxdev.de/).
Wären böswillige Tweets eingelaufen, hätte ein Techniker im Hintergrund die Möglichkeit zu einer Filterung gehabt. Bewusst aussortiert wurden Tweets einer zeitgleich in Australien stattfindenden Veranstaltung, die denselben Hashtag verwendete. Beliebtes Gesprächsthema am Stand war eine blau gestrichene Kuckucksuhr, die von concept X eigens für Twitter gebaut worden war und auf den Hashtag #meetandtweet reagierte:
Jeder Eingang ließ den Twitter-Vogel aus dem aufklappenden Türchen fliegen; die Zahl der eingehenden Tweets wurde mithilfe einer vierstelligen Anzeige visualisiert. „Twitter sucht für Auftritte in jedem Land etwas Spezifisches – wir bei concept X haben die welterste digitale Kuckucksuhr samt der erforderlichen Vernetzung entwickelt!“ stellte Axel Hoffmann, Senior Consultant bei concept X und als Projektleiter für den dmexco-Auftritt verantwortlich, schmunzelnd mit Blick auf den viel beachteten Eyecatcher fest.
„Der Hashtag, auf welchen die Uhr reagiert, ist selbstverständlich frei programmierbar, so dass sie auch bei anderen Gelegenheiten Verwendung finden kann.“ Bestens angenommen wurde der so genannte „Twitter Mirror“: An einer weißen Stele mit integriertem Bildschirm, Beleuchtung und eingebauter Kamera konnten Besucher ohne großen Aufwand Selfies erstellen. Die mitunter bemerkenswerten Selbstbildnisse ließen sich auf Wunsch direkt vom Ort des Geschehens tweeten und mit individuellen Textnachrichten versehen.
Eine schöne Idee waren 20 digitale Vogelhäuschen aus Plexiglas: Das Dach bildeten jeweils zwei Apple iPads, an denen sich diverse Inhalte abrufen ließen. Als „Vogelfutter“ lagen in der Futterschale Mentos Kaubonbons in mit dem Twitter-Logo bedruckten Verpackungen. Am Rande: Twitter verzichtet trotz eines auf moderner Digitaltechnik basierenden Geschäftsmodells nicht auf hochwertige Print-Erzeugnisse. Am Stand waren aufwändig gestaltete Broschüren verfügbar, die von concept X entworfen worden waren.
Touchpoints
Um das Messegelände nicht nur in Halle 8 zu bespielen, waren weitere Twitter-Standorte eingerichtet worden: Ein blau gestrichener, in Kooperation mit SinnerSchrader entwickelter Kickertisch kam in Halle 6 zum Einsatz – die aufgereihten Spielfiguren waren selbstverständlich mit Twitter-Leibchen versehen. Der Profiansprüchen genügende Tisch war modifiziert und konnte über Lichtschranken in den Auslaufschächten die Zahl der Tore messen:
Zur Anzeige des aktuellen Spielstandes musste man nicht unbedingt die obligatorischen Klötzchen verschieben, sondern konnte alternativ sein Smartphone in am Tisch vorhandene Halterungen einsetzen. Die Ergebnisse wurden an eine Website übertragen, und am Ende der Messe wurde der beste dmexco-Kickerspieler ermittelt.
Am Übergang von Halle 6 zum zentralen Messeboulevard befand sich der #TweetShop: Turnbeutel, Notizblöcke, Stifte, T-Shirts oder mit einem Branding versehene Wasserflaschen konnten dort abgeholt werden, sobald man einen passenden Tweet abgesetzt hatte. Die T-Shirts ließen sich auf Wunsch vor Ort individuell mit einer gewünschten Hashtag-Adresse bedrucken.
Bereits am Eingang Nord der Koelnmesse machte Twitter mit „Flogos“ (Kunstwort aus „flying“ und „logo“) auf sich aufmerksam. Rautenzeichen, das Twitter-t und Twitter-Vögel aus weißem Schaum stiegen unablässig in den Himmel, der am ersten Messetag leider nicht in einem zur CI passenden Blau erstrahlte. Die Flogos zogen dennoch viel Interesse auf sich, und zahlreiche Neugierige mussten unbedingt einen genaueren Blick auf die blau ummantelten Flightcases werfen, um das Prinzip der Flogo-Erstellung zu verstehen – eine perfekt genutzte, durch die Glasfassade von außen und innen sichtbare Kommunikationschance.
#prima
„Die Idee, das Catering-Areal derart deutlich umzugestalten, stieß bei den Verantwortlichen der dmexco zunächst nicht auf ausgeprägte Gegenliebe“, verriet Axel Hoffmann im Gespräch am Messestand. „Nach anfänglichen Vorbehalten ist jedoch eine großartige Zusammenarbeit entstanden.“ Auf die Journalistenfrage, wie Besucher ohne Smartphone die Twitter-Messeangebote nutzen können, war Ulf Gassner selbstverständlich vorbereitet: „Ich glaube, auf einer Messe wie der dmexco gibt es wohl keinen Besucher, der nicht über ein aktuelles Smartphone verfügt …“
Zusammenfassung zum Twitter-Auftritt auf der dmexco in deutlich weniger als 140 Zeichen: Verwandlung gelungen! Prima Ideen! Lob für die kreativen Geister bei concept X!