Umweltschutz, Naturschutz, Nachhaltigkeit & Co: Grüne Events im Fokus
von Sabine Funk , Artikel aus dem Archiv
Die Themenfelder Umweltschutz, Naturschutz und Nachhaltigkeit haben in den letzten Jahren auch im Veranstaltungskontext – ob in Versammlungsstätten oder bei Open-air-Veranstaltungen – zunehmend an Bedeutung gewonnen. Aber was bedeutet das eigentlich?
Was bedeutet ein „Siegel“, ein „Award“ oder eine sonst wie benannte Auszeichnung? Sicher nicht, dass alles gut ist und dass alles getan wird, was getan werden kann, sondern erst mal nur, dass ein (oder mehrere) Schritt(e) gemacht wurde(n). In der Realität führt dies zu abstrusen Situationen: Da wird unter der stolz aufgehängten Urkunde, die dafür verliehen wurde, dass Strom (fast) ausschließlich aus regenerativen Energien gewonnen wird, die Tintenpatrone des Druckers in den einzigen vorhandenen „Papierkorb“ (= Multimüllsammler) geworfen … auf der anderen Seite wird jedes noch so kleine Stückchen Abfall sorgfältig der Verwertung zugeführt (natürlich nicht, ohne sich auch hierfür eine Urkunde verleihen zu lassen).
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Während gleichzeitig die Energiefresser im Büro im ewigen Stand-by-Modus laufen und die Bohnen für den Bürokaffee von Kinderhänden unter erbärmlichen Bedingungen gepflückt wurden. Eine Wertung vorzunehmen, ist schwierig und führt auch zu nichts. Grundsätzlich gilt erst mal: Jeder noch so kleine Schritt ist besser als keiner. Ob allerdings jede eigentliche Selbstverständlichkeit mit einer Urkunde oder einem Award belohnt werden muss, sei dahingestellt. Aber letztendlich ist es nicht anders als im Supermarkt: Wenn der Verbraucher hübsche Verpackungen und Versprechungen möchte, soll er sie bekommen (solange sie nicht zu sehr neben der Wahrheit liegen). Und es spricht ja auch nichts dagegen, mit dem eigenen Engagement zu werben, getreu dem Motto: „Tue Gutes und sprich darüber.“
Mittlerweile ist die Flut der möglichen Auszeichnungen ohnehin so hoch, dass auch hier wieder der Supermarkt-Vergleich taugen könnte: Wer sich blenden lassen möchte, wird sich dankbar von bunten Logos leiten lassen. Wer das Thema ernst(er) nimmt, wird sich genauer mit den Inhalten auseinandersetzen und dann Entscheidungen treffen.
Mülltrennung? Besser: Müllvermeidung
Aber was ist denn nun „Umwelt- und Naturschutz“, was ist „Nachhaltigkeit“ im Veranstaltungskontext? In einer perfekten Welt werden die „großen“ technischen Lösungen, z. B. des Energie- oder Wassersparens, verbunden mit den „kleinen“ Lösungen des Alltags (von der selbstverständlichen Mülltrennung, über das papierlose(re) Büro bis hin zum fleischfreien oder gar tierproduktfreien Angebot in der Kantine). Die Möglichkeiten sind so vielzählig wie mit Fallstricken behaftet. Eines der besten Beispiele ist da sicherlich die Mülltrennung: Während die einen eifrig Zuhause, im Büro und im Produktionscontainer die (Soja-)Joghurtbecher ausspülen, schütteln die anderen nur die Köpfe, denn (und die Wahrheit schmerzt hier vielleicht so sehr wie die Erkenntnis, dass die Sache mit dem Weihnachtsmann und dem Osterhasen gegebenenfalls nicht ganz so ist, wie man uns das jahrelang weismachen wollte): Die Maschinen können das viel besser.
Gleichzeitig hat Mülltrennung einen wichtigen pädagogischen Effekt, der nicht vernachlässigt werden darf. Ist es also gut, den Müll zu trennen oder nicht? Bis auf weiteres sicher: Ja. Schöner wäre es noch, Müll zu vermeiden, was gerade im Veranstaltungskontext ein ernstzunehmendes Thema ist. Verpackungsmüll, Produktionsmüll, Deko, Cateringabfälle, meterhohe Papierstapel („Natürlich muss die Mail ausgedruckt werden – wie soll ich sie denn sonst abheften?“)
Das mehrfache Verwenden von Materialien ist immer noch mit einem Dünkel behaftet – „gebrauchtes“ Material? Das geht natürlich nicht. Einlagerung? Zu aufwändig, zu anstrengend. Weitergabe an andere, die es gebrauchen können oder kreativ genug sind, die Materialien im Rahmen des Upcyclings weiterzuverwenden (– aus Paletten lassen sich sensationelle Möbel bauen!)? Leider oft schwierig. Dann lieber alles in den Müll – aus den Augen, aus dem Sinn. Hier bestünden gerade in der Veranstaltungsbranche mit ihrem hohen Materialressourcenverbrauch mannigfaltige Möglichkeiten. Aber es gilt das Gesagte: Man muss auch wollen. Ideen gibt es jedenfalls genug.
Open-air-Festivals: Pool kreativer Ideen
Apropos Ideen: Schön zu beobachten ist, dass es ausgerechnet die Open-air-Festivals sind, die oft die kreativen Ideen hervorbringen. Während Versammlungsstätten sich häufig auf die technischen Lösungen konzentrieren (der erste Entwurf des Artikels sagte hier noch „beschränken“ – aber das wäre zu wertend), schaffen es die Festivals häufig, technische, organisatorische und kreative Aspekte zu kombinieren und so umfassende Antworten anzubieten; vom Einsatz energiesparender Beleuchtung bis hin zur Schaffung dauerhafter Lösungen (z. B. Feststrom) auf regelmäßigen Veranstaltungsflächen, über „Green Camping“ bis hin zu der Idee, die Deko im Catering aus dem Bühnenbanner des letzten Jahres herzustellen. Hervorzuheben sind hier sicherlich auch z. B. Kirchentage, die den Anspruch der Nachhaltigkeit ganz selbstverständlich „leben“ und von denen regelmäßig viele gute Ideen und Impulse ausgehen. Zugegebenermaßen allerdings auch im Kontext einer Besucherzielgruppe, die die Anliegen eher unterstützt als es z. B. der durchschnittliche Samstagsabend Kirmesbesucher tut.
Die Eventbranche als kreativer Vorreiter ist gefragt
Nun wäre es sicherlich falsch zu behaupten, dass alles schlecht ist. In der Welt da draußen existieren viele Möglichkeiten, wie Natur- und Umwelt nachhaltig geschont und entlastet werden – eindrucksvolle technische Lösungen und kreative Ideen, motivierte Menschen, kluge Denker und Ideengeber. Aber es reicht noch nicht. Und wer, wenn nicht die Veranstaltungsbranche mit ihren Möglichkeiten, ihrem Einfluss, ihren kreativen Köpfen und nicht zuletzt ihrem enormen Potenzial, meinungsmachend zu arbeiten und Millionen von Besuchern Ideen und ein Verständnis für das Thema mit auf dem Heimweg zu geben, soll das Thema aufgreifen und weiterentwickeln?
Dass das nicht immer einfach ist, von Rückschlägen geprägt (jeder motivierte Veranstalter kennt das frustrierte Gefühl beim Anblick leerer Müllbehälter und zugemüllter Veranstaltungsflächen), und manchmal auch teu(r)er ist, darf nicht verschwiegen werden. Aber vielleicht ist es das, was die Diskussion braucht: ein ehrlicher Umgang mit Möglichkeiten und Grenzen.
Kann ich es mir leisten, dem Sponsor das Verteilen von in kleinen Plastiktüten verpackten, sinnlosen Plastik-Giveaways zu verbieten? Vielleicht nicht. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch in Sachen Umwelt- und Naturschutz? Sicherlich auch nicht per se – obwohl es natürlich auch Veranstalter und Meinungsbildner gibt, die aufgrund ihrer Position durchaus in der Lage sind, dieses nicht nur abzulehnen, sondern auch den Sponsor im Hinblick auf gewünschtes Engagement in die richtige Richtung zu steuern.
Was es auch braucht, ist der Austausch von Ideen, von Möglichkeiten. Viele gute Ideen und Lösungen zur Umsetzung existieren bereits – leider weiß nur ein kleiner erlauchter Kreis davon. Während sich andere immer noch fragen, wie das Problem wohl zu lösen sei. Sei es der Zusammenschluss von Nutzerund Verbrauchsgemeinschaften, etwa bei der Bestellung von Merchandise-Material, welches nicht aus pestizidverseuchter Baumwolle, weiterverarbeitet von Kindern in irgendeiner Hinterhoffabrik besteht, sondern aus ordentlich produzierten Ressourcen mit einer „fairen“ Weiterverarbeitung. Oder die dünkelfreie Weiterverwendung bzw. Weitergabe von „Gebrauchtem“. Oder, oder, oder …
Nicht reden – tun!
Das Wichtigste, was es braucht, ist jedoch das „Wollen“. Denn dann ist es – auch wenn es sicherlich nicht gerne gehört wird – schon fast egal, was „gewollt“ wird: Der Wechsel des Energieanbieters auf regenerative Quellen, weil man dafür eine Urkunde bekommt? Gut. Hauptsache der Wechsel wird vollzogen. Das wöchentliche Teammeeting bei fair gehandeltem Bio-Kaffee, bei dem über die Möglichkeiten des Papiersparens im Büro gesprochen wird? Auch gut. Hauptsache es wird gemacht. Die Investition in teure energiesparende Technik, weil es sich steuerlich gerade gut darstellen lässt oder gefördert wird? Ebenfalls gut, solange es umgesetzt wird.
Der Umwelt, der Natur und den Kindern in den Hinterhoffabriken ist es schlichtweg egal, warum etwas gemacht wird. Wichtig ist, dass es passiert. Es ist immer leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen und aufzuzählen, was andere alles nicht tun (und ja, mit Blick auf die eingangs erwähnte Urkunden- und Award Sammelwut bietet sich das auch wirklich manchmal auf dem Silbertablett an). Aber statt andere zu demotivieren, indem man ihre Ansätze schlecht redet („Jaja, die haben ja leicht reden …“), sollten wir eher Energie investieren in die Motivation aller Beteiligten, sich (noch) mehr mit dem Thema zu beschäftigen, Ideen zu generieren und Lösungen zu finden