Veranstaltungsleiter: Mythos der MVStättVO – was er kann, was nicht
von Redaktion, Artikel aus dem Archiv vom
Gespickt mit vielen Halbwahrheiten und Unsicherheiten führt die Definition des Veranstaltungsleiters bei vielen Betreibern und Veranstaltern zu reichlich Kopfschmerzen. Was es genau mit dem Begriff auf sich hat, klären unsere Experten aus Recht und Versicherung.
Die Veranstaltungsleitung aus der (Muster-)Versammlungsstättenverordnung ist für viele ein Mythos mit vielen Geheimnissen, Unsicherheiten und Halbwahrheiten. Welche Aufgaben konkret erfüllt werden müssen, ist oft nicht klar. Das Risiko: Der Veranstaltungsleiter macht mehr, als er eigentlich machen müsste und vergrößert damit sein Haftungspotential. Ich bin immer wieder überrascht, wie leichtfertig der Veranstaltungsleitung alles Mögliche angedichtet wird. Oftmals lese ich: „Der Veranstaltungsleiter ist für die Leitung der Veranstaltung verantwortlich“, „Er muss sich mit allen Gewerken auf der Veranstaltung koordinieren“, „Er ist für alles verantwortlich, was in der Veranstaltung passiert“, „Er muss alles im Blick haben“ usw. Wer ist dieser Supermann?
Gehen wir einmal nüchtern an die Frage heran: Wofür ist ein Veranstaltungsleiter verantwortlich? Oftmals fehlt es schon an einer klaren Definition. Ich gehe hier nur auf die Veranstaltungsleitung im Sinne der jeweiligen Landes-Versammlungsstättenverordnung ein. Vielfach wird der Begriff auch verwendet für den Projektleiter, der für den Veranstalter das Event organisiert und vor Ort leitet. Ich gehe in meinem Beitrag außerdem davon aus, dass der Betreiber der Versammlungsstätte und der Veranstalter nicht identisch sind, sondern dass der Veranstalter die ihm fremde Versammlungsstätte mietet. Außerdem gehe ich davon aus, dass die Versammlungsstättenverordnung überhaupt anwendbar ist.
Der Veranstaltungsleiter im Sinne der jeweiligen Landes-Versammlungsstättenverordnung ist der Beauftragte des Betreibers. Um zu wissen, was der Veranstaltungsleiter tun oder lassen muss, gilt es also zunächst festzustellen, was originär ein Betreiber tun oder lassen muss. Die Aufgaben des Betreibers ergeben sich insbesondere aus § 38 Absatz 1 (M)VStättVO. Diese Regelung darf allerdings nicht allzu wörtlich genommen werden, denn dort heißt es: „Der Betreiber ist für die Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.“ Diese Vorschrift muss man eigentlich so lesen: Der Betreiber ist „für die baurechtliche Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften verantwortlich“. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Denn andernfalls müsste sich der Betreiber um veranstaltertypische Aufgaben kümmern und vor allem auch in die Planung und Auswahl des Personals usw. eingreifen. Allerdings hat er keinen Einfluss auf Planung oder die Auswahl von Technik und Personal, denn das obliegt dem Veranstalter. Warum soll plötzlich dafür der Betreiber verantwortlich werden? Wörtlich betrachtet, müsste er sich auch um steuerrechtliche Fragen u.ä. kümmern. Das geht zu weit: Für alles, was originär in der Veranstaltung selbst passiert, ist der Veranstalter verantwortlich.
Der Betreiber ist aber dafür verantwortlich, dass die Veranstaltung die Aufgaben aus der Versammlungsstättenverordnung nicht beeinträchtigt. Baut also der Veranstalter seine Bühne vor einen Rettungsweg, muss der Betreiber das verhindern – theoretisch würde es ausreichend, wenn er dem Veranstalter vorab den Rettungswegeplan zur Verfügung stellt und bei einem Verstoß die Öffnung seiner Versammlungsstätte für Besucher verhindert. Ob aber die Bühne fachmännisch aufgebaut ist, ist allein Sache des Veranstalters.
Und jetzt kommen wir zum Veranstaltungsleiter. Er kann schon aus den notwendigen Gründen nicht für mehr verantwortlich sein, als der Betreiber es ist. Im Gegenteil sogar: Der Veranstaltungsleiter ist nur für solche Aufgaben des Betreibers verantwortlich, die er von diesem übertragen bekommt. Der Veranstaltungsleiter leitet insoweit also nicht etwa die Veranstaltung. Korrekter wäre die Bezeichnung „Leiter der Versammlungsstätte“, denn ein Veranstaltungsleiter kann parallel mehrere Veranstaltungen in einer Versammlungsstätte beaufsichtigen. Daraus ergibt sich aus, dass er nicht im Veranstaltungsraum anwesend sein muss, sondern „nur“ in der Versammlungsstätte.
Die Besucher sind im Übrigen nicht schutzlos, wenn sich der Betreiber bzw. Veranstaltungsleiter „nur“ um das Baurecht kümmern: Es gibt immer noch den Hauptverantwortlichen der Veranstaltung – also den Veranstalter.
Der Veranstaltungsleiter ist „nur“ – wenn er überhaupt wirksam dazu bestellt wurde – für die baurechtliche Sicherheit mitverantwortlich. Und zwar auch nur in dem Umfang, in dem ihm die Verantwortung vom Betreiber übertragen wurde. Für die restlichen baurechtlichen Pflichten bleibt der Betreiber selbst verantwortlich, und für die Veranstaltung als solche der Veranstalter.
Auch aus der Sicht der Versicherung bzw. des Versicherungsmaklers ist das Berufsbild des Veranstaltungsleiters eher als harmlos anzusehen. Meist wird dieser Veranstaltungsleiter auch ein Angestellter des Hallenbetreibers sein. Das bedeutet, wie für jeden anderen Angestellten auch, dass dieser über seinen Arbeitgeber, also die Veranstaltungshalle oder den Hallenbetreiber versichert ist. Nachdem der Arbeitgeber für Schäden an Dritten so haftet, als ob er den Schaden selbst verursacht hat, wäre die Deckung auch über die Betriebshaftpflicht des Betreibers abgedeckt.
Der Hallenbetreiber selbst sollte natürlich eine passende Haftpflichtversicherung haben. Je nachdem, ob er immer nur die Halle vermietet oder auch selbst dort als Veranstalter auftritt, gestaltet sich der Versicherungsschutz. Als reiner Vermieter reicht eine sogenannte Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Die leistet bei Schäden, wenn sich z.B. etwas vom Gebäude löst und einen Passanten oder Besucher der Location trifft. Meist bleibt auch die Räum- und Streupflicht beim Betreiber, sodass auch diese Schäden mitversichert sind. Sobald der Hallenvermieter bzw. Betreiber selbst Veranstaltungen durchführt, braucht er natürlich die klassische Veranstalterhaftpflichtversicherung.
Wieder auf unseren Veranstaltungsleiter heruntergebrochen, wäre ein typischer Schaden, dass er für die Sicherheit der Besucher verantwortlich ist, wenn diese z.B. durch einen abstehenden Nagel direkt im Eingangsbereich verletzt werden, sollte dieser zur Sicherung der Tür vom Veranstaltungsleiter angebracht worden sein. Vorstellbare Schäden wären auch, wenn der Veranstaltungsleiter es zulässt, dass man Notausgänge zustellt oder wichtige Brandschutztüren bzw. Notausgangsschilder abhängt. Da er sich mit der Location am besten auskennt, macht es eben auch Sinn, dass er diese Dinge überwacht bzw. gegebenenfalls unterbindet.
Berufshaftpflichtversicherung für selbstständige Veranstaltungsleiter
Sofern der Veranstaltungsleiter selbstständig tätig ist, braucht er natürlich auch eine entsprechende Berufshaftpflichtversicherung als Veranstaltungsleiter. Diese bewegt sich bei einer Deckungssumme von fünf Millionen Euro für Personen- und sonstige Schäden bei ungefähr 200 Euro im Jahr. Also sprich, ein relativ übersichtlicher Betrag. Sogar die Privathaftpflichtversicherung ist bereits inkludiert. Das Wichtigste an der Police ist, dass der Kunde nicht nur die Befriedigung der berechtigten Ansprüche (also dass der Versicherer einen berechtigten Schaden auch bezahlt), sondern auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche (also die möglichen Rechtskosten zur Abwehr von Schäden) versichert hat. Denn wie wir im Bereich der Rechtssicht schon gelesen haben, wird sicherlich öfters einmal versucht werden, dem Veranstaltungsleiter mehr Verantwortung zuzuschieben, als er eigentlich hat.
Das ist eine sehr interessante Information, denn bislang habe ich den “Veranstaltungsleiter” gleichgesetzt mit dem Projektleiter der jeweiligen Veranstaltung. Gemäß VStättO ist das in der Tat nicht klar definiert. Da ich gerade über das Thema “Planen, Vorbereiten, Durchführen von Veranstaltungen” für angehende Musikfachwirte (IHK) referiere, werde ich dahingehend mein Skript ändern. Danke für diesen Beitrag 🙂
Naja, ist das nun eine Auslegung eines Fachanwalts oder steht das wirklich irgendwo: Ich zitiere: .” Die Aufgaben des Betreibers ergeben sich insbesondere aus § 38 Absatz 1 (M)VStättVO. Diese Regelung darf allerdings nicht allzu wörtlich genommen werden,…”
Wenn ich alles, was in der VstättVO mir so hinbiegen kann, dass ich die Dinge nicht “allzu wörtlich” nehme, habe ich ein leichteres Leben. Was gilt denn nun?
Lese ich die Publikation von Herrn Sakschewski im Beuth-Verlag, komme ich auf einen ganz anderen Nenner zum Thema “Veranstaltungsleitung”, vor allem die Anforderung an die Kenntnisse der Veranstaltungsleitung sind in diesem Buch sehr viel höher. Der Autor dort fällt meines Erachtens nach auf der anderen Seite vom Pferd.
Das ist eine sehr interessante Information, denn bislang habe ich den “Veranstaltungsleiter” gleichgesetzt mit dem Projektleiter der jeweiligen Veranstaltung. Gemäß VStättO ist das in der Tat nicht klar definiert. Da ich gerade über das Thema “Planen, Vorbereiten, Durchführen von Veranstaltungen” für angehende Musikfachwirte (IHK) referiere, werde ich dahingehend mein Skript ändern. Danke für diesen Beitrag 🙂
Doch, das ist klar über die VStättVO definiert. Die Dinge, um die sich der VL kümmern muss sind im weiteren Verlauf des § 38 VStättVO benannt.
Naja, ist das nun eine Auslegung eines Fachanwalts oder steht das wirklich irgendwo: Ich zitiere: .” Die Aufgaben des Betreibers ergeben sich insbesondere aus § 38 Absatz 1 (M)VStättVO. Diese Regelung darf allerdings nicht allzu wörtlich genommen werden,…”
Wenn ich alles, was in der VstättVO mir so hinbiegen kann, dass ich die Dinge nicht “allzu wörtlich” nehme, habe ich ein leichteres Leben. Was gilt denn nun?
Lese ich die Publikation von Herrn Sakschewski im Beuth-Verlag, komme ich auf einen ganz anderen Nenner zum Thema “Veranstaltungsleitung”, vor allem die Anforderung an die Kenntnisse der Veranstaltungsleitung sind in diesem Buch sehr viel höher. Der Autor dort fällt meines Erachtens nach auf der anderen Seite vom Pferd.