Was macht eigentlich ein Pitch-Berater bzw. eine Pitch-Beraterin?
von Anna Habenicht, Artikel aus dem Archiv vom
Pitches verändern sich und das schon seit einigen Jahren. Die Zeiten, in denen sich Agenturen im stillen Kämmerlein vorbereiteten und dann ein paar Wochen später eine Idee präsentierten, sind vorbei. Hochkomplexe, integrierte und interdisziplinäre Projekte erfordern sowohl von Kunden- als auch Agenturseite ein gemeinsames, bestenfalls partnerschaftliches Vorgehen. Damit sich die richtigen Player zusammenfinden, kann ein:e Pitch-Berater:in ins Spiel kommen.
(Bild: Pexels)
Die Möglichkeiten eines Pitches werden oft überschätzt. Kunden erwarten am Ende eine fertige Lösung, die direkt umgesetzt werden kann – ein Pitch sollte jedoch, gerade bei umfangreichen Projekten, eher als Beginn einer Partnerschaft verstanden werden. Keinesfalls sollte es in einem Pitch darum gehen, die Kosten zu drücken und für weniger Budget noch mehr herauszuholen. Im Vordergrund steht vielmehr das beste Gesamtpaket für die höchste Erfolgsquote und nicht eine halbherzige Entscheidung für die Agentur mit der besten Lösung bei den geringsten Kosten. All das behält ein:e Pitch-Berater:in im Auge. Ebenso, dass es auch für beide Seiten weniger aufwändige Möglichkeiten gibt, wie z. B. Workshops oder Chemistry Meetings, in denen sich das Unternehmen von der eventuell zukünftigen Agentur ein erstes Bild machen kann.
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Leistungsportfolio eines Pitch-Beraters/einer Pitch-Beraterin
Pitch-Consultants und Pitch-Berater:innen sind weit mehr als nur Organisatoren von Pitches. Sie sind vielmehr dafür zuständig, dass der Kunde, den sie beraten, und eine von ihm vorgeschlagene Agentur so optimal wie möglich zusammenarbeiten können.
Um genau die richtige Agentur zu finden, muss im Vorhinein einiges geklärt werden:
Worauf kommt es dem Kunden an?
Wie stellt er sich eine Zusammenarbeit vor?
Welche Erfahrungen konnten bereits mit Agenturen gesammelt werden?
Welche Philosophie vertritt das Unternehmen?
Welche Anforderungen gibt es?
Die Agentur muss also nicht nur die richtigen Kompetenzen mitbringen, sondern auch vom Mindset passen. Um das zu gewährleisten, suchen Pitch-Berater:innen nach Agenturen (über Agentur-Datenbanken oder aufgrund der eigenen Marktkenntnisse und des Netzwerks) und führen mit Agentur und Kunde Testprojekte, Workshops und Chemistry Meetings, aber auch Pitches durch.
Damit der Pitch oder auch ein kreativer Workshop nicht zum Reinfall werden, gilt es Erwartungen, Visionen, Ziele, Anforderungen und Aufgaben eindeutig in einem Briefing festzuhalten. Gerade bei komplexen Projekten müssen die strategische Ausrichtung und Kommunikationsarchitektur klar erkennbar sein. (Viele Unternehmen, die wenig Erfahrung haben, unterschätzen die Bedeutung eines guten Briefings.) Das A und O beim Auswahlprozess sollte immer eine Kultur des offenen Dialogs sein für eine möglichst hohe Transparenz auf allen Seiten. Entscheidet sich der Kunde mithilfe des Pitch-Beraters für eine bestimmte Agentur, hilft dieser oft auch bei der Vertragsgestaltung und dem Onboarding.
Wichtig zu wissen: Pitch-Berater:in/ Pitch-Consultant ist weder eine geschützte Job-Bezeichnung, noch ein anerkannter Ausbildungsberuf.
Vor- und Nachteile eines Pitch-Consultants für Unternehmen und Agenturen
Schon 2011, so eine Untersuchung des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA (Frühjahrmonitor 2011), fanden ca. 10 % aller Pitches mit der Beteiligung von Pitch-Berater:innen statt. 63 % der in der Studie befragten Agenturen gaben zudem an, dass die Zahl von Pitches mit Pitch-Consultants weiter gestiegen sei. 53 % gehen außerdem davon aus, dass die Bedeutung von Pitch-Berater:innen in Zukunft noch zunehmen wird.
Setzt ein Unternehmen eine:n Pitch-Berater:in ein, wird dies jedoch nicht immer positiv aufgenommen. Gerade Agenturen können den Berater:innen kritisch gegenüberstehen. Insbesondere für Firmen ergeben sich aber einige Vorteile.
Pro Unternehmen
Unternehmen schätzen in der Regel, dass Pitch-Berater:innen einen oft sehr komplexen und zeitaufwendigen Agentur-Selektionsprozess entlasten können. Anstatt sich mit logistischen und organisatorischen Aufgaben abzumühen, kann sich der Kunde ganz auf die Auswahl der richtigen Agentur konzentrieren.
Pitch-Consultants sorgen zudem für eine neue Perspektive und verfügen in der Regel über ein großes Agentur-Netzwerk. So kann sichergestellt werden, dass zwar die richtigen, aber nicht immer die üblichen Verdächtigen zu einem Pitch, einem Workshop oder Chemistry Meeting eingeladen werden.
Unternehmen sind bei der Agenturfindung aufgrund von Compliance-Richtlinien und einem stärkeren Controlling zudem einem erhöhten Legitimationsdruck ausgesetzt. Die Einbindung eines Pitch-Beraters/einer Pitch-Beraterin erleichtert oft den Nachweis von Neutralität und Transparenz.
Zu guter Letzt kann bei der finalen Entscheidung für oder gegen eine Agentur die objektive Meinung eines erfahrenen Pitch-Beraters/einer erfahrenen Pitch-Beraterin hilfreich sein.
Pro und contra Agenturen
Manche Agentur sieht die Unvoreingenommenheit des Beraters/der Beraterin jedoch nicht immer gewahrt, bzw. kann nicht nachvollziehen, nach welchen Kriterien Unternehmen in ihren Entscheidungen beeinflusst werden. (So ist es auch nicht verwunderlich, dass nur ein Prozent der im Rahmen des GWA Frühjahrsmonitors 2011 befragten Agenturen davon ausgehen, dass Pitch-Berater:innen bei der Auswahl der Agenturen neutral sind.)
52 % der Befragten geben zudem an, dass Pitch-Berater:innen in erster Linie dem Unternehmen und nicht der Agentur nutzen.
Agenturen können den Consultants jedoch auch etwas Positives abgewinnen: 24 % der untersuchten Agenturen stimmen zu, dass Pitch-Berater:innen sich für die Zahlung von Pitch-Honoraren einsetzen. (Ein wichtiges Thema für Agenturen, wie auch der GWA Frühjahrsmonitor 2013 deutlich macht: Befragt danach, was in den letzten sechs Monaten als besonders belastend empfunden wurde, wird neben ständiger Kostendiskussionen auch das Problem der Gratis-Pitches genannt.)
Stimmen aus der Branche: bei Pitch-Berater:innen & Agenturen nachgefragt
Der GWA Frühjahrsmonitor kommt zu dem Ergebnis, dass immer mehr Unternehmen die Dienste von Pitch-Berater:innen in Anspruch nehmen werden. Können Sie diese Einschätzung bestätigen?
(Bild: Norbert Lindhof)Norbert Lindhof, Gründer und Gesellschafter Aller!Best: Ja. Ein klares und eindeutiges Ja! Und das aus mehreren Gründen: Erstens, durch die vielen und immer neuen Agenturtypen in Spezialsegmenten wird es für die Unternehmen immer schwieriger den Über- und Durchblick zu behalten. Will man mehr als nur die “üblichen Verdächtigen” sehen, helfen externe Berater:innen den wirklich passenden Agentur-Partner zu finden. Zweitens, in immer mehr Unternehmen sind durch verschärfte Compliance-Bedingungen auch revisionssichere Nachweise über die ordnungsgemäße Durchführung der Ausschreibung zu leisten. Das gilt vor allem für international tätige Unternehmen. Drittens, hat die Anzahl der Pitch-Berater:innen in Deutschland ordentlich zugenommen. Heute gibt es einige professionell arbeitende Berater:innen und daneben auch eine Vielzahl von “Nebenerwerbs-Anbieter:innen”, die so nebenbei Pitches führen wollen.
(Bild: John Sealey)John Sealey, Regional Managing Partner Observatory International: Mehr denn je! In den letzten sieben Jahren ist die Kommunikationswelt dank der fortschreitenden Digitalisierung um einiges komplexer geworden. Hier suchen sich viele Unternehmen zuverlässige und neutrale Sparringspartner, die einen differenzierten Blick auf den Agenturmarkt werfen können. Erfreulicherweise sind wir für viele unserer Auftraggeber feste Partner geworden und werden sogar innerhalb eines Konzerns von unterschiedlichen Abteilungen oder Business Units immer wieder beauftragt. Abseits des reinen Pitch-Geschäfts etabliert sich zudem ein neuer und nicht unwesentlicher Beratungsbedarf, bei dem heute oft internationale Agentur-Expert:innen wie wir beauftragt werden: die Frage des richtigen Agenturmodells bzw. Agentur-Set-ups und der dazu erforderlichen Steuerungs-, Performance-Monitoring- und Vergütungssystemen.
(Bild: Oliver Klein)Oliver Klein, Inhaber cherrypicker: Als Markt- und Qualitätsführer im Bereich Agentur-Management und -Auswahl kommt cherrypicker sicherlich an dieser Stelle eine besondere Rolle zu. Wir verfolgen schon lange die Entwicklungen. In der Tat hatte der GWA Frühjahrsmonitor 2011 mit seiner Prognose Recht behalten. Wir bei cherrypicker verzeichnen seit Jahren eine deutlich stärkere Nachfrage nach externer Unterstützung bei Auswahlprozessen. Unserer Meinung und Erfahrung nach kann kein Unternehmen mehr einen so guten und aktuellen Überblick über den sich extrem wandelnden Agenturmarkt haben
(Bild: Vera Viehöfer)Vera Viehöfer, Director Live-Marketing EREIGNISHAUS: Wir haben im Bereich Live-Marketing noch keine direkte Erfahrung mit Pitch-Berater:innen gemacht. Bisher waren alle Pitches rein durch das ausschreibende Unternehmen betreut. Allerdings haben die Kolleg:innen aus der Media bei uns regelmäßig Kontakt zu entsprechenden Berater:innen. Das mag also von Branche zu Branche und Etat zu Etat unterschiedlich sein.
(Bild: Göran Göhring)Göran Göhring, Geschäftsführender Partner STAGG & FRIENDS: Generell sind Pitch-Berater:innen sehr vielfältig im Markt präsent. In GWA Foren und Gesprächen mit Vertretern anderer Kommunikationsagenturen diskutieren wir dieses Thema häufig. Für Spezialagenturen der Live-Kommunikation erfolgt eine Zusammenarbeit mit Pitch-Berater:innen eher selten. Stagg & Friends ist zwar bei den wichtigsten Pitch-Berater:innen gelistet. Signifikante Ergebnisse oder Anfragen haben sich bisher aber nicht ergeben. Da es aktuell in der Live-Kommunikation noch vielfach mehr um Projektaufträge als um komplette Etatpitches geht, ist dieser Kommunikationsbereich für Pitch-Berater:innen scheinbar nicht so interessant oder lukrativ.
(Bild: Jörn Huber)Jörn Huber, CEO ottomisu communication GmbH: Das kann ich nicht ausreichend beurteilen. Unsere letzten (guten) Erfahrungen mit einem Pitch-Berater:innen liegen ein paar Jahre zurück. Für diese Kunden arbeiten wir heute noch. Darüber hinaus werden wir entweder direkt von unseren Kunden angefragt oder aus unserem Netzwerk empfohlen. Wir arbeiten insgesamt sehr langfristig mit unseren Kunden und nehmen diesen Trend auch auf Unternehmensseite wahr. Das sogenannte „Agenturhopping“, das Pitch-Berater:innen zwingend notwendig macht, nimmt aus meiner Sicht in letzter Zeit eher ab. Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig. Ein wichtiger Punkt ist, dass die Entscheider:innen auf Kundenseite in Zeiten sich rasant verändernder Märkte einen Partner brauchen, der ihre Themen, Produkte und Strukturen sehr gut kennt. Der Aufwand, neue Agenturen zu onboarden steht offensichtlich aktuell in keinem Verhältnis zum Mehrwert eines vermeintlich frischen „Kreativ-Windes“.
Einige Agenturen kritisieren eine mangelnde Transparenz beim Auswahlprozess mithilfe von Pitch-Consultants, stellen aber den offenen Dialog zwischen Kunden und Agenturen als Benefit heraus. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz in der Wahrnehmung?
Norbert Lindhof: Ein Dauerbrenner in der Bewertung. Auch wenn Sie den Prozess, wie wir bei Aller!Best, noch so transparent aufsetzen, kann es durch Entscheidungs-Verzögerungen auf Unternehmensseite oder Zuständigkeitsfragen immer wieder mal vorkommen, dass man nicht alles “gleich mitteilen darf”. Diese Erfahrungen machen die Agenturen im Übrigen auch, wenn der Pitch direkt durch das Unternehmen geführt wird. Und – natürlich will man immer mehr wissen, als andere zu sagen bereit sind. In Summe erhalten wir sowohl von unseren Mandant:innen als auch von den Agenturen gute bis sehr gute Beurteilungen hinsichtlich der Transparenz.
John Sealey: Wir unterliegen selbstverständlich immer den strengen Vertraulichkeitsvereinbarungen unserer Kunden und dürfen deswegen den Agenturen einiges nicht ohne Weiteres erzählen oder zeigen. Allerdings sorgen wir schon bei jedem Pitch für einen fairen Prozess – mit beispielsweise vernünftigen Pitch-Honoraren, realistischen Timings oder angemessenen Pitch-Aufgaben. Uns ist zudem ein persönlich wertschätzender Umgang mit allen Agenturen sehr wichtig und freuen uns, dass wir immer wieder sehr positives Feedback von den Agenturen erhalten, dass sie während des gesamten Prozesses fair und respektvoll behandelt worden sind – auch wenn sie den Pitch nicht gewonnen haben.
Oliver Klein: Wir bei cherrypicker legen sehr viel Wert auf ein angemessenes und hilfreiches Feedback an die teilnehmenden Agenturen. Wir investieren von uns aus eine Menge Zeit in das Absagemanagement, da Kunden oft nicht bereit sind, dafür extra zu zahlen. Dies erfolgt abhängig von der Tiefe des Auswahlprozesses und der Qualität des Kundenfeedbacks an uns: Wenn eine Agentur lediglich Unterlagen eingereicht hat, bekommt sie ein einfaches Feedback, wenn sie aber beispielsweise beim Kunden präsentiert haben oder gar an einem Pitch oder Workshop teilgenommen haben, gibt es ein detaillierteres Feedback. Die Diskrepanz kommt wahrscheinlich daher zustande, dass eine Agentur auf der einen Seite verständlicherweise sehr genau wissen will, warum ein Kunde sich gegen sie entschieden hat. Auf der anderen Seite wird sie das in Detail nur nachvollziehen können, wenn sie auch den Vergleich, also die Performance und Ergebnisse der anderen Agenturen sowie die Beweggründe und Argumente des Kunden in der Gesamtbetrachtung kennen würde. Dass dies niemand offenlegen kann und will, versteht sich sicher von selbst. Ein Agenturauswahlprozess ist kein öffentliches Event wie X-Factor oder GNTM. Vieles ist vertraulich und muss auch vertraulich bleiben. Auch im Sinne der siegreichen Agenturen.
Vera Viehöfer: Hier ist meiner Meinung nach die Perspektive entscheidend: Natürlich braucht der/die Pitch-Berater:in einen offenen Austausch mit den Agenturen und diese werden auch bereit sein, ihm weitestgehend alle Informationen bereitzustellen, nach denen er fragt. Es geht schließlich um einen Job, den man haben will. Für die Agenturen wäre es daher auch super zu wissen, nach welchen Kriterien die Entscheidung über die Vergabe des Pitches getroffen wird, um sich darauf bestmöglich vorzubereiten. Der/die Pitch-Berater:in will aber ein authentisches Bild der Agenturen sehen und kein geschöntes, denn er berät den Auftraggeber und nicht den Auftragnehmer.
Göran Göhring: Die gesammelten Erfahrungen sind dabei entscheidend: Je nachdem, wie erfolgreich eine Agentur über oder mit Pitch-Berater:innen agiert hat, bewertet sie deren Wirken positiver oder eben negativer. Viel hängt hier auch vom Kunden ab. Denn Pitch-Berater:innen sind genauso Dienstleister wie wir Agenturen und sitzen damit zwischen den Stühlen. Ohne Klarheit und Haltung beim ausschreibenden Kunden kann auch ein:e Pitch-Berater:in wenig ausrichten!
Jörn Huber: Wie gesagt, wir haben aufgrund unserer langfristigen Rahmenverträge und einer dadurch sehr guten Auslastung in letzter Zeit wenig Kontakt zu Pitch-Consultants. Grundsätzlich gibt es hier aber sicher, wie bei jedem Thema, zwei Seiten einer Medaille. Durch die Pitch-Betreuung entsteht auf der einen Seite natürlich eine höhere „Trefferquote“ in der Auswahl der richtigen Agenturen. Auf der anderen Seite kann es durch die zusätzliche Instanz zwischen Kunde und Agentur natürlich auch zu Missverständnissen und Informationsverlust kommen. Wir legen in unserer Pitch-Matrix daher u. a. hohen Wert darauf, sowohl im Vorfeld einer Ausschreibung, beim Re-Briefing sowie bei der Präsentation direkt mit den Entscheider:innen zu sprechen und lehnen die Teilnahme auch mal ab, wenn das nicht möglich ist. Die Unschärfen durch die berühmte „Flüsterpost“ zwischen der Arbeitsebene und den „Hidden Executives“ führen (schon ohne Pitch-Berater:in) oft zu Konzept-Ideen aus der Reihe „Thema verfehlt“ und am Ende dann zu intransparenten, schlecht bis gar nicht begründeten Ablehnungen. Das alles birgt für uns Agenturen einfach ein (zu) hohes ökonomisches Risiko – bei Pitch-Investitionen, die in der Regel im 5-stelligen Bereich liegen. Ein Pitch-Consultant sollte aus meiner Sicht auf Kundenseite helfen, diese Rahmenbedingungen im Sinne beider Seiten zu verbessern.
Besonders Unternehmen soll der/die Pitch-Berater:in einen Vorteil bringen. Wie können auch Agenturen von der Arbeit eines Pitch-Consultants profitieren?
Norbert Lindhof: Ich denke, jede Agentur spürt sehr schnell die Vorteile einer durch professionelle Pitch-Berater:innen geführte Ausschreibung. Die Anforderungen an die Agenturen werden sehr viel konkreter formuliert. Die Timings sind deutlich realistischer. Und der Präsentationsaufwand wird klar und vergleichbar vorgegeben. Alles Themen, die den Agenturen nicht nur Aufwand und Zeit, sondern auch viel Frust ersparen. Und das eine oder andere Mal sogar den Pitch überhaupt. Manchmal, nur manchmal, würde man sich wünschen, dass der oder die eine oder andere Agentur-Manager:in seine/ihre Vorurteile gegenüber professionellen Berater:innen auch revidiert. Nicht nur im direkten Gespräch, sondern auch öffentlich.
John Sealey: Wir sorgen dafür, dass jeder Agentur gegenüber faire Spielregeln gelten. Wir sorgen für eine tatsächlich „kleine“ Anzahl von Agenturen auf der Shortlist. Wir sind permanenter und vertrauensvoller Ansprechpartner der Agenturen im Laufe des gesamten Auswahlprozesses und bieten offenes und wertschätzendes Feedback – auch bei Absagen oder Kritik. Wir können oft mehr Zeit als die Kunden investieren, wenn es um die Belange der Agenturen geht. Als strenge Schiedsrichter im Prozess sorgen wir dafür, dass jede Agentur faire Chancen im Auswahlprozess hat.
Oliver Klein: Es gibt in Deutschland und international nicht ein einheitliches Modell der sogenannten Pitch-Berater:innen. Folglich kann es auch nicht DEN einen Vorteil für Agenturen geben. Beispielsweise gibt es Modelle, bei denen ein:e Berater:in nicht nur für Kunden, sondern auch für Agenturen arbeitet und diesen eine Reihe von Leistungen direkt anbietet. Für cherrypicker gesprochen arbeiten wir nur für Kunden, aber mit Agenturen. Bei unseren Projekten kann eine Agentur stets sicher sein, dass wir die Prozesse so fair und agenturkonform aufsetzen, wie es der Kunde nur zulässt. Wir setzen uns seit Jahren für Pitch-Honorare aktiv ein und kürzen umfangreiche Kunden-Briefings auf ein für beide Seiten sinnvolles Maß ein. Unsere Prozesse sind hart aber fair, was viele Agenturen wissen und gut finden. Wir geben den Agenturen so viel Feedback, wie wir weitergeben dürfen, manchmal auch, obwohl der Kunde diese Position aus unserem Auftrag rausverhandelt hat. Und vor Allem: Wir sind für die Agenturen eine Art Gütesiegel, dass es sich bei dem Prozess auch um eine echte Ausschreibung handelt und der Kunde auch wirklich die beste Lösung sucht. Für einen Proforma-Prozess, bei dem der Sieger schon feststeht oder eine Pflichtausschreibung, obwohl der Kunde bei seiner bestehenden Agentur bleiben möchte, würde kein Kunde eine:n Berater:in an Bord holen.
Vera Viehöfer: Wenn sich Pitch-Berater:innen wirklich als neutrale (Unternehmens-)Berater:innen verstehen und u. a. die Passung zwischen Unternehmen und Agentur prüfen, kann das durchaus sinnvoll sein und unter Umständen die Objektivität in der Auswahl der Partner fördern. Darüber hinaus sind viele Ausschreibungen im Markt wenig aussagekräftig und in der Regel nicht angemessen vergütet, was in meinen Augen ein großes Problem ist. Nur monetär gut ausgestattete Agenturen können es sich leisten, für einen anspruchsvollen Pitch, bei dem ein entsprechendes Budget avisiert wird, auf eigene Kosten in eine erfolgsversprechende Vorleistung zu gehen. Hier könnte eine professionelle Beratung von Vorteil für uns Agenturen sein und für bessere Wettbewerbsbedingungen sorgen. Die Qualität eines Beraters/einer Beraterin beginnt mit der Beratung des Unternehmens und das spiegelt sich auch in der Nachhaltigkeit der Beratung und im Werteverständnis wieder. Unprofessionelle Pitches verzerren den Wettbewerb und haben negativen Einfluss auf die Branche und die Kostenstrukturen im Markt. Und letztlich sind sie absolut nicht ressourcenschonend mit Hinblick auf unser wichtigstes kreatives Gut – unsere Kolleg:innen und Mitarbeitenden. Hier sehe ich für Pitch-Berater:innen einen echten Ansatzpunkt, von dem die gesamte Branche profitieren könnte – Auftraggeber und -nehmer gleichermaßen.
Göran Göhring: Natürlich können Agenturen davon auch profitieren. Pitch-Berater:innen haben einen anderen, sicherlich auch transparenteren Marktüberblick. Sucht man den Austausch, erhält man ein gutes Feedback zur Agentur und deren Eigendarstellung. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Pitch mit Pitch-Berater:innen transparent, prozesssicher und nachvollziehbar in der Entscheidung erfolgt. Das kommt doch Allen zugute.
Jörn Huber: Der wichtigste Benefit liegt sicher darin, uns Agenturen in Kontakt mit in jeder Hinsicht passenden Unternehmen zu bringen. Das hat nicht nur mit Branchen, Regionen und Disziplinen zu tun, sondern vor allem auch mit ähnlichen Arbeitskulturen auf beiden Seiten und gemeinsamen Werten zwischen den handelnden Akteuren. Jedes Projekt und jede Kampagne sind neben der fachlichen, vor allem auf der menschlichen Seite hoch intensiv. Da braucht es stabile und tragfähige Beziehungen im Team mit dem Kunden. Durch ihre Erfahrung können Pitch-Berater:innen Agenturen sicher das ein oder andere aussichtslose „Blind Date“ ersparen.