Round Table Talk mit Lunatx SFX, Move & battleRoyal
Was macht eine gute Showproduktion aus?
von Andreas Schäfer,
Was macht eine gute Showproduktion aus und wie kommt man da hin? Das waren Fragestellungen beim EVENT PARTNER Round Table Talk mit Frank Lohse und Patrick Kennedy von Lunatx SFX aus Düsseldorf, Roberto Emmanuele von Move aus Frankfurt und dem australischen Regisseur Brendan Shelper von battleROYAL aus Berlin.
Während der Geschäftsführer Frank Lohse und Projektmanager Patrick Kennedy für Flammen und Funken, also Special Effects die Spezialisten sind, ist das beim Gründer und Inhaber Roberto Emmanuele die Musik, die den biografischen Hintergrund bildet. Brendan Shelper dagegen inszeniert als CEO und Creative Director von battleROYAL mit seinen Shows lebendige Geschichten. Alle drei sind erfahrene Profis. Wir suchten im Gespräch nach diesen Erfahrungen, dem Ist-Zustand, der Philosophie dahinter und dem Haken, den jedes Gewerk auch hat.
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Gibt es ein Projekt, das für Sie typisch ist und auf das Sie besonders stolz sind?
Patrick Kennedy: Wenn man ein Projekt besonders herausstellen kann, dann sind es die Olympischen und Paralympischen Spiele in Sotschi. Das war für uns bislang auch einer der größte Aufträge. Hier konnten wir unsere gesamte Bandbreite an Dienstleistungen zeigen. Wir waren verantwortlich für die Flammensysteme, das Höhenfeuerwerk, die Feuerwerksinstallation auf dem Dach sowie für das Indoor-Feuerwerk, das während der Show ablief.
Roberto Emmanuele: Ich weiß gar nicht, ob ich ein Projekt besonders herausstellen möchte. Es gab viele schöne. Eins beispielsweise in Zusammenarbeit mit Lunatx, Schäfer-Kalk. Dafür haben wir Preise gewonnen. Das war sicher eine interessante und besondere Produktion. Ich denke aber, Größe ist nicht alles, sondern: wie liebevoll man mit jeder Art von Projekt umgeht.
Da wäre noch die Deutsche Leasing City 2014, wo wir auf 9.000 m² eine Stadt gebaut haben, durch die die Leute geführt wurden – das Unternehmen als Erlebnisstadt. Eine ganz andere Art von Event, mit einem Audio-Guide-System in verschiedenen Sprachen, ein erlebnisreicher „Silent Event“ sozusagen. Das war besonders.
Brendan Shelper: Wir machen natürlich viele Shows und Konzepte. Das reicht von ganz kleinen Events bis hin zu großen, wie der 100-Jahr Feier von BMW im Olympiastadion vor 40.000 Leuten. Wir haben für die ganze Show das Regiekonzept und die Show-Produktion gemacht. Es gab über zwölf Monate Interaktionen und Zusammenarbeit mit dem Kunden und der Leadagentur zerotwonine. Am Ende war es eine große emotionale Erfahrung in diesem riesigen Stadion, und diese Erfahrung mit all den Zuschauern und Fans zusammen zu teilen, das war großartig für uns.
Was macht eine gute Showproduktion aus?
Frank Lohse: Ich glaube, das Wichtigste ist ein emotionales Konzept. Etwas, das überrascht, was die Leute mitnimmt. Das gefällt mir persönlich. Das Publikum sollte mit einem positiven Gefühl aus der Show gehen und sagen: „Hey, das war cool!“
Emmanuele: Gute Zusammenarbeit macht eine Show gut. Wenn da die Chemie, die Auffassung stimmt. Ich sage immer: Der Ton macht die Musik. Die Tonalität, die dieses Team für das Konzept von innen heraus erst mal entwickelt. Die transportiert sich weiter und erreicht dann auch tatsächlich die Menschen. Ich komme von der Musik, bin musikbegeistert und halte Musik schon immer für ein wichtiges Element – das wichtigste Medium, das wir überhaupt auf der Welt haben, um Emotionen zu transportieren. Eine Show ist für mich wie eine Partitur, wobei ich nicht nur „Cue-genau“, sondern sozusagen „16tel-Noten-genau“ arbeite. Das ist dann noch mal eine andere Dimension, die man erreichen kann, wenn man den Anspruch setzt, alle Elemente einer Show so genau wie in der Musik die Melodie oder den Rhythmus umzusetzen. Dann groovt eben alles. Das ist durch Maschinen nicht zu ersetzen, es ist etwas, das wir noch als Menschen in der Hand haben, das wir steuern sollten und einsetzen müssen. Denn das Gefühl ist unsere größte Intelligenz.
Shelper: Eine gute Show, eine gute Produktion ist für mich ein gutes Konzept, eine gute Idee. Das Resultat muss sein, das Publikum für 20 Minuten oder zwei Stunden in eine andere Welt zu entführen. Es soll eine einzigartige Erfahrung machen. Bei battleRoyal benutzen wir alle möglichen Elemente des Theaters: Musik, Licht, Ton, Technologie, Schauspieler, Tänzer usw. Am Ende müssen wir eben etwas Einmaliges kreieren. Das ist für uns der Hauptteil einer neuen Produktion. Ob das für BMW oder ein Theaterstück ist, das bleibt gleich.
Sie arbeiten ja international. Gibt es, was Shows angeht, einen Unterschied in den diversen Teilen der Welt?
Shelper: Shows sind ein großes Genre. Da gibt es so viele Ansätze, so viele Produktionen und Entwicklungen von Shows … Aber generell denke ich, wenn man einen erfolgreichen Regisseur oder ein Showproduktionsteam fragt, was das Ziel einer Showproduktion ist, sagen die meisten: „Ich mache, was in meinem Kopf ist.“ Ich sehe in Deutschland, dass Eventarbeit sehr effizient ist. Die anderen Länder und Unternehmen suchen nach neuen Mitteln, nach neuen Technologien. Deutschland ist diesbezüglich führend. Das ist interessant für uns, denn so können wir mit den „neuen Spielzeugen“ spielen und coole Dinge damit machen.
“In den Prozess investieren, etwas Neues finden, Musik machen, sogar ein neues Genre erschaffen – das kann man nicht in einer Woche.” Brendan Shelper
Emmanuele: Event ist eine Art Hochleistungssport, bei dem man sicher in enormen Zeitdruck gerät. Bei diesem „Immer-schneller-werden“ muss man aufpassen, dass man die Seele nicht verliert. Dass man nicht in die Ecke gedrängt wird, sondern bei der Industrie für Verständnis sorgt, dass ein guter kreativer Prozess einfach auch ein bisschen Zeit und Reife braucht. Auch für Probezeiten. Die sind bei der Industrie oftmals der Knackpunkt, über den man verhandeln muss. Das hat natürlich auch mit Kosten zu tun. Zu einer guten Individual-Show gehören Proben einfach dazu.
Brendan Shelper hat ja schon gesagt, dass alles sehr effizient und systematisiert ist. Es gibt eine wirkliche Industrie mit einer Struktur, es gibt mittlerweile eine Ausbildungsstruktur mit dem Beruf eines Eventmanagers. Wie Roberto Emmanuele eben bereits anmerkte, ist es dennoch wichtig, die künstlerischen Freiräume zu erhalten, die es in den 90er Jahren noch viel expliziter gab. Sowohl auf der zeitlichen als auch auf der inhaltlichen Schiene. Wie stellt sich das für Sie dar?
Lohse: Die Anfragen kommen mittlerweile so kurzfristig, da hat man wenig Zeit, sich vernünftig vorzubereiten, sich auf Sachen einzulassen. Das ist über die Jahre hinweg wirklich extrem geworden. Effizienz hin oder her, da bleiben einfach viele Dinge auf der Strecke.
Kennedy: Wir beobachten, dass momentan die großen internationalen Event-Pitches oft von französischen und italienischen Agenturen gewonnen werden. Deutsche Kreativleistungen sind aktuell scheinbar international nicht so gefragt. Corporate Events sind in Deutschland sicherlich sehr effizient gestaltet und hochtechnisch ausgestattet, aber was die kreative Vielfältigkeit angeht, die kommt in Deutschland oft zu kurz. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass deutsche Kunden hier die Agenturen konzeptionell einbremsen und sich einfach weniger trauen als in anderen Ländern.
Emmanuele: Dieses momentane Thema, zehnstündige Arbeit und dass es stärkere Kontrollen gibt, wird oder kann uns in der Zukunft gegebenenfalls wieder zuspielen. Man kann es in der Übergangsphase teilweise als Dilemma sehen, als schwierig, wenn die Budgets nicht daran angepasst sind, aber es ist Fakt, dass für die eine oder andere Produktion die Probezeit länger laufen muss. In Amerika gibt es diese Vorschriften schon länger. Damit kann man in Zukunft vielleicht wieder etwas Luft gewinnen. Jede Medaille hat ja auch zwei Seiten. Oft hast du auch die gute Idee unter Hochdruck. Nachts, fix und fertig, alle sind müde, da entsteht oft auch eine sehr positive und kreative Energie, mit der man Dinge leisten und schaffen kann, die man im normalen Ablauf gar nicht erreichen kann.
Vor 30 Jahren war es üblich, dass man noch mit dem Vorstand oder der Geschäftsführung eines Unternehmens gesprochen hat. Auch als Kreativer, wo man einen Gegenpart hatte, der entscheiden konnte, der mutig war, der auch eine gewisse unternehmerische Weitsicht hatte. Das ist inzwischen alles drei Abteilungen runter an die Eventmanager delegiert. Auch in den Unternehmen, die sich bei allen vier Ebenen über sich noch rückversichern müssen, bevor sie eine Entscheidung treffen können. Dazwischen hängt dann meistens noch eine Agentur. Da gibt es dann das gleiche Hierarchieproblem.
Emmanuele: Das ist auch so ein Glättungsprozess. Alles, was so ein bisschen Kante hat, wird dem Vorstand oft erst gar nicht vorgelegt. Eine Idee durchläuft so viele Stufen und Instanzen, die im Prinzip alle Angst haben und dadurch die Vorlagen „glätten“. Dabei könnte man vielleicht gerade „mit Kante“ den Nerv des Vorstands treffen – wenn man mal unterstellt, dass der keinen Standard, sondern eigentlich doch etwas Besonderes will – aber es kommt oft gar nicht mehr dazu.
Kennedy: Man hat halt manchmal die Angst, ob Idee und Konzept, wie wir sie angedacht haben, wirklich so weit in die Entscheidungsebenen hochgetragen werden.
Lohse: Dadurch wird viel Potenzial verschenkt – ein bisschen wie „Stille Post“. Wir sehen uns oft gezwungen, im Vorfeld aufwändige 3D-Visualisierungen der pyro- bzw. effekttechnischen Inszenierungen anzufertigen, um unsere Ideen zu transportieren, weil man selbst an die Entscheider beim Endkunden nicht rankommt.
Wie kann man das ändern? Ist es überhaupt zu ändern?
Shelper: Wir haben v. a. gute Erfahrungen gemacht, wenn auch beim Kunden eine leitende Person beteiligt war, die bereits vorab Erfahrungen mit großen Events sammeln konnte. Gerade bei großen Unternehmen, die große Events wünschen, ist dies natürlich in der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Eventagentur und allen anderen Beteiligten von Anfang an ein großer Vorteil, nicht nur weil ein Großteil der Entscheidungen von dieser Person abhängt. Wenn wir über kreativen Freiraum, kreative Probe- oder Konzeptionszeit sprechen, haben wir bei battleRoyal einen neuen Weg eingeschlagen. Wir machen jetzt ein- oder zweimal im Jahr ein sogenanntes battleLab; eine Art Kreativlabor, eine Schaffensperiode, die jedoch frei und an kein festes Projekt geknüpft ist. Das ist nur für uns. Wir bringen dort neue Ideen hervor, neue Konzepte, neue Technologien. Egal ob es zehn oder 14 Tage dauert, wir kommen immer mit viel neuem Material heraus. Dieses Material können wir bei kommenden Shows, Events und Kunstprojekten verwenden. Wir proben und spielen mit einer kleinen Gruppe. Das ist eine coole Investition, denn mit dem, was wir da zusammentragen, können wir in der Zukunft viel machen. Ein Problem bei Events ist, dass es selten neue Ideen gibt und die Zeit oft knapp ist. Was können wir hingegen im Theater machen? Da haben wir acht oder zwölf Wochen und nicht nur eine Woche. Wir können in den Prozess investieren, etwas Neues finden, Musik machen, sogar ein neues Genre erschaffen. Das kann man nicht in einer Woche.
Vielleicht ist das in der Zukunft ein guter Weg, Agenturen oder Kunden zu gemeinsamen Workshops einzuladen, um solche Prozesse einfach deutlich zu machen. Die sehen ja ansonsten immer nur das Ergebnis und nicht den Prozess.
Kennedy: Wir stellen oft fest, dass Kunden nicht um die gestalterischen und technischen Möglichkeiten in unserem Bereich wissen. Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Beispielsweise können wir heutzutage mit deutlich umweltverträglicheren Produkten arbeiten – Stichwort: „Grünes Feuerwerk“. Oft wird aber leider sehr pauschal gesagt: „Na ja, ein Feuerwerk geht ja immer.“ Ein Workshop ist da sicherlich eine sehr gute Idee.
Shelper: Das Phänomen ist universal, nicht nur im Event- und Unterhaltungsbereich. Die verschiedenen Abteilungen, die Anbieter sind alle unter Druck, weil die Anfragen immer später kommen. Das ist seit 2009, der Wirtschaftskrise, nichts Neues mehr, auch schon Jahre davor. Für uns ist es eine große Herausforderung, eine Lösung zu finden, und das in sehr kurzer Zeit. Wenn ich eine neue Show entworfen habe und das Konzept steht, ist es problematisch, wenn der Kunde kommt und sagt: „Wir müssen die Pyrotechnik einsparen.“ Dann sage ich: „Okay, was haben wir dann noch? Es war eine Pyrotechnik-Show.“ So etwas passiert immer wieder. Dann muss ganz schnell eine neue Konzeptphase folgen, und die Bemühung, die Pyrotechnik in diesem Konzept zu erhalten, bedeutet noch mehr Arbeit in einem noch kleineren Zeitfenster. Das ist Teil der Herausforderung.