Nachwuchsmangel

Wie kann man die Gen Z als Arbeitnehmer in der deutschen Hotellerie gewinnen?

Eine Branche, die bereits über viele Jahre hinweg Probleme hat, Nachwuchs- und Fachkräfte zu rekrutieren, ist die Hotellerie. In ihrer Bachelor-Arbeit eruiert Chantal Pottins Symptomatik sowie Schritte, wie Jobs im Hotelgewerbe wieder attraktiv werden können.

Women housekeeping and cleaning(Bild: 2021 u photostock/Shutterstock)

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Übersicht:

Die Generation Z

Untersuchungsergebnisse

Expertenmeinung: Zukunft der Hotellerie gefährdet

Online-Umfrage: Wichtige Faktoren bei der Arbeitgeberwahl

Gruppendiskussion

Handlungsempfehlungen

Über die Autorin

Bewertung der Professur


Gerade der Mangel an Personal in der Hotellerie bringt spürbare negative Auswirkungen mit sich, darunter eingeschränkte Öffnungszeiten, fehlende Planungssicherheit und eine übermäßige Belastung des bestehenden Personals. Die Hauptproblematik besteht vorwiegend in der abnehmenden Arbeitgeberattraktivität und die oft als unattraktiv empfundenen Arbeitsbedingungen, beispielsweise in der Form einer geringen Vergütung, Überstunden sowie Schichtdienst, selbst an Wochenenden und Feiertagen. Diese Aspekte wirken sich negativ auf die Mitarbeitermotivation aus und führen dazu, dass sich der Nachwuchs- und Fachkräftemangel in der Branche zuspitzt. 

Früher konnten Betriebe aus einer Vielzahl von Bewerber:innen den/die am besten qualifizierte:n Kandidaten/Kandidatin auswählen. Im heutigen Arbeitsmarkt hingegen konkurrieren Unternehmen verstärkt darum, offene Stellen mit geeigneten Kandidat:innen zu besetzen (War for Talents). Die Bewerber haben nun die Auswahl und können höhere Ansprüche stellen, wohingegen Unternehmen sich aktiv bemühen müssen, sich als attraktive und wettbewerbsfähige Arbeitgeber zu präsentieren. 

Der demographische Wandel verschärft die Situation zusätzlich. Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter, gleichzeitig werden jedoch weniger Kinder geboren. Daraus resultiert, dass immer weniger Schul-, Ausbildungs- und Universitätsabsolvent:innen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Übergang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand eine beträchtliche Lücke in vielen Unternehmen hinterlässt, die aufgrund des Mangels an Nachwuchs- und Fachkräften schwer zu füllen ist. 

In der Zeitspanne von 2020 bis 2022 haben etwa 150.000 Fachkräfte ihre Tätigkeit im Gastgewerbe aufgegeben. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Ausbildungsbilanz wider, da im Jahr 2021 die Anzahl der gesamten Ausbildungsverträge im Gastgewerbe bei rund 40.000 lag, im Vergleich zu 107.000 Verträgen im Jahr 2007.  

Bei der Interpretation der Zahlen dürfen selbstverständlich nicht die Auswirkungen der Corona-Pandemie vernachlässigt werden. Viele Betriebe stellten keine neuen Mitarbeitenden mehr ein, mussten teilweise Kurzarbeit anmelden oder sogar Personal kündigen. Jobs im Gastgewerbe galten vor der Pandemie als krisenfest, doch Corona hat diese Gewissheit nachhaltig verändert. Viele Mitarbeitende flüchteten in andere Jobs, womit die Fluktuationsrate der Branche zunahm. Jedoch lag das Gastgewerbe schon im Jahr 2018 mit einer Fluktuationsrate von 68,9 % unter den Spitzenreitern –die Personalsituation war also bereits vor Corona sehr angespannt. 

Die Verfügbarkeit qualifizierten Personals wird damit zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil für Unternehmen, der bereits heute von großer Bedeutung ist und auch zukünftig sein wird. Demnach müssen Betriebe verstärkt die veränderten Bedürfnisse und Ansprüche der jüngeren Generation erkennen und entsprechend zielgruppengerechte und attraktive Rahmenbedingungen schaffen. 

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Die Generation Z

Etwa 12 Millionen Personen können in Deutschland der Gen Z (Jahrgänge 1996-2009) zugeordnet werden. Die Generationsmitglieder werden als Digital Natives 2.0 bezeichnet, da Computer, Mobiltelefone sowie das Internet bereits existieren, als die Gen Z zur Welt kommt. Plattformen wie Instagram werden durch sie sogar erst etabliert. Sie ist somit die erste Generation, die von Beginn an mit der Digitalisierung aufgewachsen ist. Ihre Kommunikation wurde maßgeblich durch sie geprägt. 

Durch das junge Alter befinden sie sich aktuell in der Phase, in der die ersten Schritte im Arbeitsleben getan werden. Nach Abschluss der Schule, der Ausbildung oder der Universität tritt die Gen Z zum ersten Mal auf den Arbeitsmarkt und stellt komplexe Ansprüche an die Arbeitswelt. Offenheit, Ehrlichkeit, Wertschätzung, transparente Kommunikation und flache Hierarchien sind entscheidende Kriterien, die sie an potenzielle Arbeitgeber stellen. Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, durch nachhaltiges Handeln und soziales Engagement zusätzliche Pluspunkte zu sammeln. Neben diesen sozialen Werten haben auch ein angemessenes Gehalt ebenso wie attraktive Zusatzleistungen, darunter gute Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten, eine ausgewogene Work-Life-Balance und flexible Arbeitszeiten hohe Priorität bei der Jobauswahl. 

Die Gen Z betritt den Arbeitsmarkt somit mit klaren Prioritäten und einem Streben nach Arbeitszufriedenheit. Demnach müssen Unternehmen entsprechende Maßnahmen entwickeln und sich auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe einstellen. 

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Untersuchungsergebnisse

Doch was bedeutet das für die Hotellerie? Eine empirische Untersuchung, durchgeführt von Chantal Pottins im Rahmen ihrer Bachelorarbeit, will hier Aufschluss geben: Geführt wurden drei Experteninterviews mit zwei Hoteldirektorinnen und einer Personalsachbearbeiterin eines Hotels, eine standardisierte Online-Umfrage (173 Teilnehmende) sowie eine Gruppendiskussion im Rahmen einer Schulklasse an einer Wirtschaftsschule für Hotellerie und Gastronomie. Das Ziel war es, Handlungsempfehlungen zu entwickeln, wie die Mitglieder der Gen Z effektiv als Arbeitnehmer rekrutiert werden können. 

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Trainee cleaning a mirror under supervision(Bild: 2015 Phovoir/Shutterstock)Expertenmeinung: Zukunft der Hotellerie gefährdet

Durch Experteninterviews sollten sowohl die Perspektiven von Führungskräften als auch einer Expertin im Personalbereich dargestellt werden, um praxisnahe Einblicke in die Nachwuchs- und Fachkräftesituation der Hotellerie zu gewinnen. 

Alle drei Expertinnen betonen, dass die Branche akut unter dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel leidet. Als besonders problematisch wird dabei die Überbelastung des bestehenden Personals angesehen, sowie die damit einhergehende Gefahr des Verlusts an Servicequalität als Gastgeber. Als mögliche Gründe für den Personalmangel werden die schlechten Arbeitsbedingungen (geringe Bezahlung und Wertschätzung, unattraktive Arbeitszeiten etc.), veraltete Betriebsstrukturen sowie der Einfluss der Corona-Pandemie angesehen. Zudem wird der überwiegend schlechte Umgang mit den Auszubildenden als ein weiterer schwerwiegender Faktor betrachtet, da sie in einigen Betrieben nur als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden. Zusammenfassend leide die Hotellerie unter dem schlechten Image als Arbeitgeber, doch der Imagewandel komme nur schlecht voran. 

Diesbezüglich wurden die Expertinnen nach Maßnahmen gefragt, um dem Personalmangel entgegenzuwirken. Als Beispiele nennen sie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, transparente Kommunikation, Anerkennung von geleisteter Arbeit, eine attraktive und abwechslungsreiche Gestaltung der Ausbildung sowie Anreize wie zeitgemäße Arbeitszeitmodelle und Benefits (z.B. Betriebsrente, ÖPNV-Ticket, Schulungen). Die Expertinnen betonen die Verantwortung der Hoteliers, die Branche als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren und fordern Unterstützung von Institutionen wie der IHK und Berufsschulen. 

Abschließend wurde deutlich, dass die Zukunft der Hotellerie gefährdet ist und sich die gegenwärtige Situation ändern muss, um den langfristigen Betriebserhalt sicherzustellen und das Branchenimage zu verbessern. Die Gewinnung der Gen Z wurde dabei als ein wichtiger Bestandteil für die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen herausgestellt, um die Nachwuchssicherung zu gewährleisten. 

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Online-Umfrage: Wichtige Faktoren bei der Arbeitgeberwahl

Um die Zielgruppe weitergehend hinsichtlich ihrer Bedürfnisse an die Arbeitswelt zu analysieren, wurde in einer Online-Umfrage ausschließlich die Gen Z befragt.

Die Befragten legen bei der Wahl ihres Arbeitgebers besonderen Wert auf eine angemessene Bezahlung, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten. Interessante Ausbildungsinhalte, die den digitalen Wandel berücksichtigen, sind in diesem Zusammenhang ebenfalls von Bedeutung. Berufsschulen und die Unternehmen selbst müssen daher ihre Lerninhalte und deren Vermittlung prüfen und zeitgemäßer gestalten. Ein freundlicher Umgang mit Mitarbeitenden und Wertschätzung sind weitere entscheidende Parameter, die für die Mitarbeitermotivation angestrebt werden sollten, sowie eine gute Arbeitsatmosphäre, geprägt von Team- und Kommunikationsfähigkeit. 

Zusammenfassend können die genannten Kriterien somit als wichtige Entscheidungsfaktoren für die Gen Z bei der Arbeitgeberwahl angesehen werden und sollten daher unbedingt aufgegriffen werden. 

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Gruppendiskussion

Die Branche als Arbeitgeber näher betrachten und aus der Perspektive von jungen Arbeitnehmenden evaluieren – das war Ziel einer Gruppendiskussion, deren Teilnehmende über umfangreiche Berufserfahrungen im Gastgewerbe verfügten. Zudem waren die Beteiligten der Gen Z angehörig, wodurch ein Einblick in die Denkweisen und Anforderungen der Zielgruppe gewährleistet werden konnte. 

Die Teilnehmenden sind sich einig, dass die Hotellerie aufgrund des schlechten Images und schlechten Arbeitsbedingungen schon viel eher hätte anfangen müssen sich zu verändern, um dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Während andere Branchen sich auf Neuerungen und Innovationen einlassen, haben die Beteiligten der Diskussion das Gefühl, dass die Hotellerie und die Berufsschulen immer noch auf veraltete Strukturen setzen und keine Veränderungen zulassen. Trotzdem betrachten sie die Situation als Chance, sich dahingehend zu verbessern. 

Die Teilnehmenden sehen darin jedoch auch Vorteile für sich persönlich. Sie erkennen, dass sie sich aufgrund des Personalmangels gerade als ausgelernte Fachkräfte den Job und den Betrieb mittlerweile aussuchen sowie höhere Ansprüche stellen können. 

Bei der Arbeitgeberwahl legen die Teilnehmenden Wert auf den Ruf des Ausbildungsbetriebs, ein angemessenes Gehalt, ein positives Arbeitsklima, Wertschätzung, Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In Bezug auf die Work-Life-Balance erwähnen sie, dass sehr viel Zeit durch den Schicht- und Wochenenddienst im Betrieb verbracht wird und die Zeit für Familie und Freizeit dadurch geringer ausfällt. Daher würden sie flexible Arbeitsmodelle sowie einheitliche Arbeitszeiten bevorzugen und speziell in der Hotellerie eine gleichmäßigere Dienstplangestaltung, mit einem langfristigen oder monatlichen Dienstplan. 

Die digitale Präsenz eines Unternehmens ist laut den Teilnehmenden in der heutigen Zeit unverzichtbar. Die Art und Weise, wie sich ein Unternehmen nach außen und in den sozialen Medien präsentiert, betont nicht nur die äußere, sondern auch die innere Professionalität. Arbeitgeber können dadurch signalisieren, dass sie modern und zukunftsorientiert sind. Besonders im Rahmen der Arbeitgebersuche berichten die Befragten, dass sie sich die Social-Media-Accounts eines Unternehmens zuerst anschauen und Stellen häufig über Karrierenetzwerke suchen. Die Diskussion hebt auch die Bedeutung der Active-Sourcing-Methode hervor, wobei persönliche Ansprache und individuelle Berücksichtigung positiv bewertet werden. Zudem werden digitale Bewerbungsverfahren bevorzugt.  

Die Hotellerie als Arbeitgeber wird von den Teilnehmenden als kritisch betrachtet aufgrund der Arbeitsbedingungen, geringen Vergütung, Ausbeutung während der Ausbildung und der mangelnden Vielfalt in der Berufsschule. Dennoch sehen sie die Hotellerie als vielseitige Branche, die durchaus auch Aufstiegsmöglichkeiten bietet.  

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Handlungsempfehlungen

Abschließend wird die Notwendigkeit für die Hotellerie deutlich, sich den Herausforderungen des Nachwuchs- und Fachkräftemangels anzunehmen. Aus den Ergebnissen der empirischen Untersuchungen konnten konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet werden in Bezug auf die Rekrutierung der Gen Z als Arbeitnehmer: 

  • Imageverbesserung der Hotellerie: Veränderungen, Strategien sowie Imagekampagnen seitens der DEHOGA und IHK wie z.B. attraktivere Ausbildungsgestaltung sowie zielgerichtete Vermittlung der Inhalte in den Berufsschulen, ansprechende digitale Präsenz von Betrieben in den sozialen Medien 
  • Attraktive Arbeitsbedingungen im Betrieb schaffen: Flexible Arbeitsmodelle und Work-Life-Balance (z.B. mit einer Vier-Tage-Woche), angemessene Gehälter (auch faire Entlohnung von Überstunden), Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten, nicht-monetäre Benefits 
  • Digitaler Bewerbungsprozess: Nutzung von Karrierenetzwerken (Möglichkeit der Verwendung des Active Sourcings), Mobile Recruiting (über Apps und mobil optimierte Webseiten), Nutzung von Recrutainment (Gamification des Recruitings)  
  • Feedback und Wertschätzung: Förderung von Fähigkeiten, Ideen und Stärken von Mitarbeitenden, Feedbackgespräche, transparente Kommunikation über alle Hierarchien hinweg, regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, Einhaltung von Versprechen 

Es liegt nun an der Branche, durch Imageverbesserung, attraktive Arbeitsbedingungen und zeitgemäße Rekrutierungsstrategien einen nachhaltigen Wandel einzuleiten und somit eine erfolgreiche Zukunft für die Hotellerie zu sichern. 

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Chantal Pottins
Chantal Pottins (Bild: Foto Pollmann)

Über die Autorin

Chantal Pottins schloss ihr Bachelorstudium im Frühjahr 2023 im Bereich Tourismus und Event Management an der International School of Management (ISM) in Dortmund ab und arbeitete daraufhin bei einem Sprachreiseveranstalter in Düsseldorf, wo sie die Organisation und Koordination von Sprachaufenthalten betreute. Mittlerweile befindet sie sich in ihrem Masterstudium mit dem Schwerpunkt Marketingmanagement. 

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Bewertung der Professur

Nachwuchsmangel in der Touristik, Hotellerie, Gastronomie und Eventwirtschaft – was beschäftigt die Branche mehr als dies? Entsprechend hat Chantal Pottins ihre Thesis diesem leider nach wie vor aktuellen und noch drängender gewordenen Thema gewidmet. Mit Literaturrecherche, aber auch Experteninterviews, Gruppendiskussionen und einer Online-Umfrage hat sie allen Beteiligten ganz konkret „auf den Zahn“ gefühlt. Dabei wurde klar, wo es noch hakt und was getan werden muss, um hier voran zu kommen – und dass dabei besonders die Arbeitgeber gefordert sind, die sich von bewährten Verfahren, Bewerbungsprozessen und Führungsverhalten verabschieden müssen. Heute sehen wir noch deutlicher, dass Corona und der neue Arbeitsmarkt dazu geführt haben, dass sich das Gesicht von Hotellerie, Gastronomie und Events klar gewandelt hat. DASS dieser Wandel kommt und unaufhaltsam ist, hat Chantal Pottins schon gezeigt, aber eben auch, was die Betroffenen tun können, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten.

Prof. Dr. Bernd Schabbing, International School of Management, Dortmund 

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Hinweis der Redaktion:

Der Artikel basiert auf Literatur und Quellen, die in der vollständigen Bachelorarbeit einzusehen sind und deren explizite Nennung für die Veröffentlichung im Magazin vernachlässigt wurde. 

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