Wie meistert man die Königsdisziplin Jubiläumskonzeption?
von Martina Gawenda, Oliver Forst , Artikel aus dem Archiv
Man möchte meinen, ein Jubiläum an sich bietet schon genug „Stoff“, um zu einem gelungenen Event zu werden. Nun, ein Anlass ist vorhanden, doch wie schafft man es, dass die Veranstaltung nicht belanglos, langweilig oder gar unangenehm wird? Schließlich folgt eine Unternehmensgeschichte selten einem stetigen Aufwärtstrend. Was braucht es also für ein gutes Jubiläumsevent?
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(Bild: Pixabay.com)
Um eine gute Jubiläumskonzeption zu planen, sollten diese Fragen beantwortet werden können:
1. Wer sind wir eigentlich?
2. Wie wollen wir feiern?
3. Wo wollen wir feiern?
4. Welche Kommunikationskanäle wollen wir nutzen?
5. Was wollen wir über uns erzählen?
6. Wen laden wir ein?
7. Was wollen wir erreichen?
8. Wie viel wollen wir ausgeben?
Interview mit Tobias Stupeler
EVENT PARTNER sprach mit dem ehemaligen Uniplan-Kreativchef Tobias Stupeler, der bereits so einige Jubiläen absolviert hat, und Auskunft darüber gibt, wie man die schönste und anspruchsvollste Kommunikationsdisziplin zielgerichtet und erfolgreich inszeniert.
Was ist das Besondere an der Konzeption von Jubiläen?
Jubiläen sind eine Königsdisziplin, ich persönlich mag sie einfach total gern. Sie sind ein Moment, in dem alle mal innehalten und gucken, wo sie herkommen und hingehen. Da werden ganz viele Fragen gestellt, etwa: Wer sind wir? Wie sind wir das geworden? Was hat uns stark gemacht? Warum gibt es uns schon so lange? Für uns als Agentur ist es toll, dass es immer eine interessante Geschichte – mit Content – zu erzählen gibt. Da ist man ganz nah bei den Menschen, die das Unternehmen prägen. Mir macht das ganz viel Spaß, weil das sehr warmherzig wird. Ein großes Jubiläum ist meistens auch mit einem ordentlichen Budget hinterlegt, weil man weiß, dass es einen Effekt nach innen und nach außen hat. Das sind für uns sehr dankbare Anlässe.
Wie bekommt man es hin, dass die Inszenierung eines Jubiläums spannend wird?
Man muss sich ein anderes Thema als den Klassiker „Zeitreise“ suchen. Immer öfter hört man, dass Kunden sich nicht so in den Vordergrund stellen wollen. Sie möchten auch nicht so stark zurückblicken, sondern die Vergangenheit als Basis nehmen, um in die Zukunft zu schauen, um sich modern zu präsentieren.
Ist es Glücksache, dass man einen guten Aufhänger für eine Inszenierung findet?
Ich behaupte, dass man den immer findet, wenn man gut recherchiert. Der Kunde sollte grundsätzlich wissen, was er will und wohin er will. Und man muss mit dem Kunden reden und herausfinden, was ihn ausmacht.
“Kunden stecken in ihrem eigenen Mus-Topf gefangen und müssen bei einem Jubiläum versuchen, sich von außen zu betrachten.”
Tobias Stupeler
Wie viel Vorlauf muss man (als Kunde) einplanen?
Der Klassiker für das Eventgewerk ist ein Jahr. Ich habe einmal ein 250-jähriges Jubiläum gemacht – 250 Jahre sind eine super Ausnahme. Das Unternehmen hat mit dem Agenturscreening und Pitch rund drei Jahre vorher angefangen. Und zwei Jahre haben wir an dem Ding gearbeitet. Aber es war auch unfassbar riesig. Es kommt auch auf die Maßnahmen an, ob man nur ein einzelnes Event hat oder ob es um verschiedene Standorte geht, wenn man z. B. begleitend eine Wanderausstellung macht. Und ob es womöglich noch gedruckte Sachen, Jubiläumsbücher oder eine temporäre Microsite geben soll.
Meistens finden Jubiläen unter maximaler Aufmerksamkeit des Inhabers oder des Vorstands statt, was intensive Freigabeschleifen zur Folge hat. Vielleicht setzt die Internetkommunikation auch schon ein paar Monate vorher mit Bits und Bytes aus der Unternehmensgeschichte oder aus den Themen der Inszenierung an. Presse, PR – da wollen viele Kanäle parallel bedient werden, und das braucht einen langen Planungsvorlauf.
Wie kann man ein Jubiläum geschickt in den gesamten PR-Kontext einbetten?
Auf Kundenseite müssen die verschiedenen Abteilungen sehr eng zusammenarbeiten und dieselbe Geschichte erzählen. Marketing, PR und Event sind relativ eng verwandt, aber aus Sicht der Kunden oft unterschiedliche Komponenten. Es hilft, wenn man Event nicht nur als Einzelteil begreift, sondern als Baustein für ein übergreifendes Storytelling. Man muss vorher darüber nachdenken, wie man das ideal verwerten kann. Ich habe es auch erlebt – obwohl das eher selten ist –, dass Kunden das, was intern bei ihrem großen Firmenjubiläum passiert ist, unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit gehalten haben.
Es hängt auch sehr davon ab, ob es sich um ein B2B- oder B2C-Unternehmen handelt. Im B2B-Bereich geht es viel darum, dass man die Bindung zu den Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten stärkt.
Im B2C-Bereich geht es um Absatzförderung und die Imagekomponente für die Marke. Historie hat auch mit Vertrauen zu tun. Wenn es ein Unternehmen schon 100 Jahre gibt, dann denkt man, dass es in der Zeit einiges richtig gemacht haben muss. Bei einer Consumer-Marke ist es noch viel wichtiger, dass man daraus Kapital in anderen Kanälen schlägt. Wenn man bei B2B die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten an einem Abend konzentriert bei einem Event hatte, dann hat man alle Sinne angesprochen und kann die Wirkung auf einem anderen Kanal nicht mehr maximieren. Man kann nur die Erinnerung an diesen Tag noch einmal aufleben lassen, etwa durch ein aufwändig produziertes Fotobuch für alle Gäste oder indem man die Inszenierung noch einmal in Bewegtbild intern oder extern ausspielt. Im B2C-Bereich haben wir einmal ein 175-jähriges Jubiläum im Format einer Sonderausstellung in einem Museum durchgeführt. Der Trick war, die Ausstellung in Themen von A bis Z einzuteilen, wobei sich dahinter eine Art Chronologie versteckte. Das hat für den Kunden extrem gut funktioniert.
Was ist das absolute No-Go bei Jubiläen?
Es darf nie peinlich und nie langweilig werden. Beim Gala-Format gibt es natürlich zig No-Gos, aber das ist alles Eventhandwerk. Es darf nicht zu kalt oder zu warm sein, der Sitz muss bequem, das Essen warm, der Wein lecker und richtig temperiert sein. Vorstände müssen immer gut auf der Bühne aussehen. Jubelpropaganda würde ich nicht empfehlen, stattdessen sollte bei der Erzählung auf Höhen und Tiefen in der Unternehmenshistorie geachtet werden, darauf, dass man zu Rückschlägen steht.
Aufgabe für ein jubilierendes Unternehmen wäre also, bevor es an eine Eventagentur herantritt, sich darüber Gedanken zu machen, was diejenigen, mit denen sie zu feiern planen, eigentlich wollen.
Wir helfen den Unternehmen auch im Vorfeld dabei, eine Haltung zu dem Jubiläum zu entwickeln, denn wir kommen mit dem externen Blick und haben in vielen Branchen Vergleiche. Kunden stecken in ihrem eigenen Mus-Topf gefangen und müssen bei einem Jubiläum versuchen, sich von außen zu betrachten und über den Tellerrand zu gucken.
Aus Ihrer Erfahrung heraus: Worüber sollte sich ein Jubilar im Klaren sein?
Ressourcen, die über einen langen Zeitraum gebunden sind, und die Abstimmung innerhalb des Unternehmens werden von vielen Kunden total unterschätzt. Auf Kundenseite muss man sich rechtzeitig über eine gute Teamstruktur Gedanken machen und den Leuten auch dezidiert einen Entscheidungsspielraum und Zeit geben.
Gibt es letztlich auch auf dem Feld der Jubiläen so etwas wie Trends?
Ein Thema, das wir aktuell mehrfach hatten, ist das gemeinsame Erleben über eine Gala hinaus, z. B. indem man zusammen mit den Mitarbeitern kocht. Mitarbeiter einzubinden ist ein Trend, und ich würde sogar sagen, dass es mittlerweile Standard bzw. Pflicht ist. Das Ganze muss eng geführt sein und führt letztendlich zu einem persönlichen Erlebnis. Die Mitarbeiter sollen nicht „benutzt“ werden, sondern haben selbst einen Benefit davon. Ich habe es einmal erlebt, dass etwa das Mitarbeiter-Orchester den Soundtrack zur Show gespielt hat. Das erzeugt nach innen eine große Identifikation. Man kann auch bei einem Gala-Abend die Mitarbeiter über das Menü – auch für die Kunden – entscheiden lassen. So etwas setzt unglaubliche Denkprozesse in Gang. Damit kann man sehr lange intern Kommunikation betreiben. Und auch nach außen gespielt, ist das eine tolle Botschaft.
Hier finden Sie verschiedenste Jubiläums-Konzepte:
Schöner Beitrag! Ich möchte dem vielen Richtigen, noch ein, zwei “Ermutigungen für Unternehmen” aus der Praxis hinzufügen:
Wir haben einmal ein Jubiläum für einen großen Handelskonzern gemacht, dessen Gründung im Jahre 1932 vor allem eine Folge der Not war. Zum Glück konnten wir die Verantwortlichen überzeugen, diese Zeit nicht -wie geplant- zu übergehen, sondern daraus auch Stärke abzuleiten – nicht: das war schlimm, sondern was zeichnet uns aus, solche Zeiten durchgestanden zu haben und warum macht es uns nur noch besser?
Die zweite Ermutigung liegt darin, dass ein Jubiläum langfristig – im Vorfeld wie im Nachgang sehr integrativ wirken kann – weit jenseits einer Feier. Das richtige, mit Marketing, HR und Vertrieb abgestimmte Konzept kann Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen aktivieren, gerade auch online, z.B. durch Beiträge zum Entstehen oder durch Umsetzungsideen auf Filialebene, im Intranet etc. So entsteht oft ein Mehrwert, der die Kosten erheblich überflügelt.
Es kann dabei durchaus hilfreich sein, den Begriff EVENT ein wenig auszublenden und von “substanziellem und authentischen Content” zu sprechen, der einem quasi geschenkt wird, wenn man ihn denn nutzt. Nicht selten entsteht aus einem Jubiläum eine Kultur ganzheitlicher Inszenierungen des Markenkerns.
Schöner Beitrag! Ich möchte dem vielen Richtigen, noch ein, zwei “Ermutigungen für Unternehmen” aus der Praxis hinzufügen:
Wir haben einmal ein Jubiläum für einen großen Handelskonzern gemacht, dessen Gründung im Jahre 1932 vor allem eine Folge der Not war. Zum Glück konnten wir die Verantwortlichen überzeugen, diese Zeit nicht -wie geplant- zu übergehen, sondern daraus auch Stärke abzuleiten – nicht: das war schlimm, sondern was zeichnet uns aus, solche Zeiten durchgestanden zu haben und warum macht es uns nur noch besser?
Die zweite Ermutigung liegt darin, dass ein Jubiläum langfristig – im Vorfeld wie im Nachgang sehr integrativ wirken kann – weit jenseits einer Feier. Das richtige, mit Marketing, HR und Vertrieb abgestimmte Konzept kann Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen aktivieren, gerade auch online, z.B. durch Beiträge zum Entstehen oder durch Umsetzungsideen auf Filialebene, im Intranet etc. So entsteht oft ein Mehrwert, der die Kosten erheblich überflügelt.
Es kann dabei durchaus hilfreich sein, den Begriff EVENT ein wenig auszublenden und von “substanziellem und authentischen Content” zu sprechen, der einem quasi geschenkt wird, wenn man ihn denn nutzt. Nicht selten entsteht aus einem Jubiläum eine Kultur ganzheitlicher Inszenierungen des Markenkerns.