Zora in Wonderland oder Opfer des Erlebnismarketings
von Event-Zora , Artikel aus dem Archiv
Die fünfte Jahreszeit läuft gerade auf Hochtouren, während ich diese Zeichen in die Tastatur hacke. Nächste Woche verschwinde ich erst mal für sechs wilde Tage von der Textfläche. Keine Angst – mich lockt kein Jihad, sondern nur das närrische Treiben am Rhein. Das ist zwar für Nicht-Jecke ebenfalls extremistisch, aber auch lustig. Angst? Nein, ich werde immer eine Armlänge Abstand halten, sonst klappt das ja auch im Notfall nicht mit dem Pfefferspray.
Letztens war ich auf der Karnevalsmesse. Lustige Gestalten liefen da rum. Eine Rosenheckengiraffe tanzte mich an, ein Narr im sehr aufwändigen Roboterkostüm belästigte mich ästhetisch, lustig-laute Musikzüge behelligten mich krachmobartig akustisch… Und zu trinken gab es auch reichlich, zum Beispiel Cocktails aus den zahlreichen Bauchläden. Bis ich dann merkte, ich war auf der Best of Events International – die internationale Fachmesse für Erlebnismarketing. Und holla, das waren Erlebnisse. Hatte ich von dem Magic Mushroom genascht, der mich in eine Alice-im-Live-Kommunikations-Wunderland verwandelte. Der Event-Zorro hatte mich gewarnt, ich solle immer gleich eine Armlänge Abstand zu den Walking Acts halten. Und die Lupe nicht vergessen, um die Innovationen zu finden.
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Lupe? Ha Opa, MesseApp ist angesagt. Pyrographie war gestern, Pfannkuchenportraits sind heute – Erlebnismarketing, das durch den Magen geht. Und nach Drumcafé kommt Eimertrommeln. Schade, dass die heute-show und Lutz van der Horst unsere Branche und die Messe noch nicht entdeckt haben. Ein wenig mehr CES würde der Messe eindeutig gut tun. Die Trend Gallery war nicht wirklich trendy. Flugzeugtrolleys fürs Catering sind ein ziemlich alter Hut, den selbst ich noch kenne. Und auch eine App fürs Voting, die – nomen est omen – „Meetoo“ heißt, zeugen nicht gerade von Avantgarde.
Apropos „mee too“: Bei den Acts ist viel Copy und Paste. Da werden die Clown-, Zauberei- und Entertainmentformate der letzten Jahrzehnte eifrig kopiert, ohne sich des Plagiats zu schämen. Für wirklich Neues müsste man wohl zur Kulturbörse nach Freiburg reisen. Das mache ich dann nächstes Jahr. Ich fand die Dortmunder Schau auch nicht gerade übersichtlich – okay, das ist unsere Branche auch nicht immer. Vielleicht gibt es ja mal echte Themenhallen, wo der geneigte Profibesucher schnell findet, was er braucht. Und dann gibt es halt eine eigene Halle fürs Halligalli. Wer es will, der kann dann da rein und braucht keine Drogen für sein Erlebnismarketing. Jetzt höre ich aber auch mal auf zu moppern.
Die BOE ist ein „Klassentreffen“, wenn man so die Facebook-Posts liest, und das ist auch gut so. Schließlich geht es nicht nur um Live-Kommunikation, die Messe selbst ist es ja auch. Es gibt „ewige Aussteller“, die das nicht machen würden, wenn es sich nicht lohnt, so der Event-Zorro. Und auch das busseweise angekarrte Nachwuchs-Jungvolk, über das sich nun der eine oder andere wieder aufregt, gehört dazu. Denn wir sind die Zukunft, spätestens wenn wir mal Head of Corporate Live-Communication oder Vice President Content Strategy sind.
So, jetzt arbeite ich an einer echten Innovation weiter: Dem ersten interaktiven Erlebniskeks.