Superlativen für Auge und Ohr

Content & Technik: Panoramakino in der Autostadt

Mitte 2015 feierte die Autostadt in Wolfsburg ihren 15. Geburtstag. Ebenso alt wäre auch das beeindruckende Präsentationskonzept des dortigen Panoramakinos geworden, doch pünktlich zum Jubiläum wurde der Kinoraum im Konzernforum technisch und architektonisch für die Anforderungen und Ansprüche der nächsten Dekade umgebaut.

Panoramakino in der Autostadt
(Bild: Autostadt GmbH )

Nicht nur die imposante 360-Grad-Projektion wurde durch eine gewölbte 120-Grad-LED-Wand und das bestehende Sound System durch ein Wellenfeld-Synthese-System ersetzt, sondern vielmehr wurden die neuen Techniken in ein zeitgemäßes Raumdesign integriert. Nur allerneuste und beste Technik ist im Panoramakino der Autostadt erlaubt, wenn es darum geht, Konzepte der Zukunft und das Image von Konzernen zu präsentieren, die für technologischen Fortschritt stehen. Dies dürfte der Grund gewesen sein, warum die 360-Grad Projektion des Panoramakinos der neuen LED-Wand weichen musste. Die 22 m breite und 4,5 m hohe 8K-LED-Wand beeindruckt auf den ersten Blick: Über fünfzehn Millionen Pixel, vertikal und horizontal optimiert bis zu einem Betrachtungswinkel von 145 Grad – das verrät später ein Datenblatt – leuchten der Retina entgegen. Rund zwei Drittel des maximalen Sichtfelds des menschlichen Auges wird durch diese vermeintliche „Leinwand“ abgedeckt. Das Bild ist im Gegensatz zu gängigen Kinoprojektionen also mehr als doppelt so breit!

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Statt starrer Kinositzreihen finden sich in dem Saal, der einen stattlichen Durchmesser von 21,5 m aufweist, locker verteilt bequeme Sofas und Sessel, die auf die Besucher warten. Wo man Platz nimmt, um das Bild zu genießen, ist unbedeutend. Das dreidimensionale Raumklang-Erlebnis funktioniert auf jedem der rund 360 Quadratmeter. Ungefähr einhundert Lautsprecher bilden die größte Indoor-3D-Wellenfeld-Synthese Festinstallation Europas. Man scheint sich regelrecht inmitten des Geschehens zu befinden, das sich auf der Leinwand abspielt. In diesem Moment sind es die Geräusche von Rennwagen auf einer Rennstrecke. Sobald eines der Fahrzeuge auf dem Screen erscheint, erklingt der Sound auch genau von dem Punkt, an dem sich das Fahrzeug gerade befindet. Auch als in einer Szene eine Fahrzeugtür zugeworfen wird, scheint das Geräusch genau von dort zu kommen.

Ausführende und planende Unternehmen
Architektenbüro: Morese
Planungsbüro: FachWerk-ibg GmbH
Ausführung, Projektsteuerung: Neumann&Müller Veranstaltungstechnik
Audio Processing: Fraunhofer Institut und QSC
Audio Programming: Shure Distribution GmbH
Audio Installation: Nord Sound Event- & Medientechnik
LED-Technik: ICT AG / Neumann&Müller Veranstaltungstechnik
Pandoras Box und Videozuspieler: Cube Circle und Neumann&Müller Veranstaltungstechnik

Die anderen Wagen, die aus dem Bild rasen, scheinen seitlich vorbeizufahren, hinter dem Blickfeld weiter, bis sie wieder im Sichtfeld erscheinen. Die Produktion und die Filme, die in den nächsten 15 bis 20 Minuten auf der Leinwand zu sehen sind, zeugen auf charmante Weise von der ganz unterschiedlichen Liebe der Menschen zu ihrem Automobil. Vier Storys wurden bisher unter der Regie des Schweizer Regisseurs Thomas Dirndorfer exklusiv von der Autostadt für diese einmalige LED-Wand produziert. Eine Spezialhalterung, die drei identische Kameras nahtlos nebeneinander arbeiten lässt, machte die Bildgestaltung für dieses Format überhaupt erst möglich. Die Autostadt hatte aktiv die Entwicklung dieser neuen Aufnahmetechnik forciert und sich an der Entwicklungsarbeit beteiligt. Wer für technologischen Fortschritt steht, der muss ihn eben vorantreiben! Auch außerhalb seiner Kernkompetenz. Die vier Kurzfilme laufen in der Autostadt täglich zwischen 9 und 18 Uhr in einer Schleife. Weltweit exklusiv. Kein anderes Kino kann dieses Format! Das Panoramakino steht noch am Anfang, weitere Produktionen sollen, laut Autostadt GmbH, folgen.

Multifunktionale und zukunftsweisende Gestaltungsideen
Die hier eingebaute Technik bietet ungeahnte Möglichkeiten für Video- und Audio-Formate. Und zwar nicht nur für Bewegtbild-Produzenten und Sounddesigner, auch für Komponisten, Dramaturgen und Choreografen dürften sich hier neue Perspektiven auftun. Um die multifunktionalen und zukunftsweisenden Gestaltungsideen der Autostadt GmbH umzusetzen, konnten bewährte Partner gewonnen werden: Das Büro der Morese-Architekten aus Braunschweig arbeitete dabei eng mit dem Planerbüro FachWerk aus Baden-Württemberg zusammen. Bereits seit der frühesten Planungsphase habe es wöchentlich einen Jour fixe gegeben. Wie trefflich diese Zusammenarbeit gedieh, wird z. B. klar, wenn man sich bewusst macht, dass die LED-Wand eine Bildfläche von rund 90 m2 bietet und sich dennoch nicht so massiv präsentiert. Allein das Fundament der gewölbten Wand, die immerhin ein Drittel des Hallenrunds benötigt, wiegt stattliche 10 Tonnen. Aber alles wirkt leicht, elegant und nicht so wuchtig, wie man beim Anblick der Daten denken würde.

Panoramakino in der Autostadt
(Bild: Hannes Bühring / Matthias Leitzke )

Die Audiotechnik ist in den Wänden nahezu komplett unsichtbar installiert. Spezielle, farblich exakt angepasste und akustisch neutrale Verkleidungen verbergen alle Lautsprecher. Lediglich einige Basslautsprecher kann ein geübtes Auge – wenn es sich Mühe gibt – im Dunkel über dem Screen ausfindig machen. An den Traversen unter der Decke des 10 m hohen Saals findet sich professionelle Lichttechnik, die bei Bedarf entsprechend erweitert werden kann. Nur der Fußboden ist für einen vermeintlichen Kinosaal etwas ungewöhnlich: ein Tanzboden. Aber es ist ja auch kein Kino oder Theatre, sondern eben ein Multifunktionsraum. Dank der akribischen Planung wirkt sich dieser Boden nicht unangenehm – wie man vermuten könnte – auf die Raumakustik aus.

Kompatibel für Technik und Konzepte
Hinter der LED-Wand, die von Technikern und Planern der Firma Neumann&Müller Veranstaltungstechnik in enger Zusammenarbeit mit Entwicklern der Firma ICT eingerichtet worden ist, finden sich Anschlüsse für zusätzliche VA-Technik. Hier können externe Licht-, Ton- und Videoregien problemlos angeschlossen werden. Auch im Saal gegenüber der Wand befindet sich ein identisches Anschlussfeld. Video- und Audio-Signale können dank modernster Medientechnik (Coolux, Shure, Q-sys) in Echtzeit integriert werden. Die Gestaltung des Bühnenraums ist dabei ebenso flexibel wie die Möglichkeiten der Bestuhlung. Je nach Konzept können hier zwei- bis dreihundert Sitzplätze entstehen. Überdies wird die Location während der Movimentos Festwochen 2016 das Publikum wie auch die Künstler begeistern.

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