Die optische Wirkung eines Projektes ist in der Live-Kommunikation oft der erste Aspekt, der wahrgenommen wird. Dass aber erst das passende Sounddesign den Gesamteindruck abrundet, ist längst keine Unbekannte mehr. Im Interview sprechen drei Experten über ihre Herangehensweise an das perfekte Sounddesign.
(Bild: Pixabay.com)Das Sounddesign bei Live-Events kann man von zwei Seiten aufrollen: Von der musikalisch-künstlerischen Seite her oder von der Technik. Denn wenn es um mehr geht als Lautstärke und Verständlichkeit, sind Sounddesigner beiderlei Seiten im Spiel.
Anzeige
Auch für Jörg Willhauk, Chefkreativer bei Pure Perfection in Wiesbaden, ist das Sounddesign ein wichtiges Thema ist. Gutes Beispiel aus der Praxis: Die Weltpremiere des Porsche Cayenne, in dessen Namen die Buchstaben C, E und A enthalten sind, die auch Noten und Tonarten voranstehen. Diese drei Komponenten waren die Grundlage für die „Symphony of Life“, die in mehreren europäischen Tonstudios von namhaften Orchestern und Solisten aufgenommen wurde, um später dem Cayenne ein tönenendes Festkleid für das Debüt zu verleihen.
In den bekannten Sono Recording Studios in Prag, wo auch schon David Bowie zu Gast war, wurde das Prager Symphonieorchester Bohemia aufgenommen, in Leipzig die Bläser des weltberühmten Gewandhausorchesters. In Köln wurden die Percussions von Renis Mendoza und Rhani Krija eingespielt, die Solo-Violine von Franceska Reyter eingespielt. Die Mischung und das Mastering der Produktion wurden bei Porkandrabbit von Guido Craveiro geliefert. Eine ganz schöne Reihe von Ereignissen in der Vorbereitung eines Events. Als Mastermind war der Komponist und Musiker Jesse Milliner engagiert, der Klavier, Filmmusik und Komposition in Essen, Ludwigsburg und Köln studierte und einen Master in Jazz-Komposition der Manhattan School of Music New York erwarb. Durch die verschiedenen Aufnahmen entstand eine hymnische Mischung aus traditioneller und elektronisch produzierter Musik. Ausgewählte Instrumentengruppen verkörperten den sportlichen Charakter des Cayenne und machten in vier Akten die Lebenswelten auf der Tonspur emotional erlebbar.
Doch wie sieht es mit der technischen Seite des Sounddesigns aus? Wie nähert man sich dem passenden Soundkonzept an? Drei Experten haben uns ihre Ansätze verraten: Steffen Kuhlebrock, Teamlead Technical Design Audio Services bei Satis&Fy, Dirk Ziervogel, Projektleiter Ton bei Neumann & Müller und Thomas Mundorf, Head of Audio Project Management & Technologies bei PRG.
Steffen Kuhlebrock, Teamlead Technical Design Audio Services bei Satis&Fy:
Ist Sounddesign bei Events bei Ihnen überhaupt ein Thema?
Sounddesign im Sinne einer Planung und/oder Konzeption einer Beschallung ist bei uns auf jeden Fall ein Thema und ist gleichzeitig Teil unserer Kernkompetenz. Viele Anfragen, die wir bekommen, enthalten keinerlei technische Vorplanung, weshalb wir dann mit dem Kunden zusammen den Bedarf erörtern und eine Beschallung gemäß der Anforderung konzeptionieren.
Enthält die Anfrage die Anforderung bzw. den Anspruch eines ganzheitlichen Sounddesigns, bei dem Veranstaltungsinhalt und Dramaturgie mehr als eine konventionelle Beschallung erfordern, können wir auch in diesem Fall übernehmen. Hier gibt es verschiedene Fälle. Zum Beispiel bei mehreren Bühnen mit unterschiedlichen akustischen Ortungen oder virtuell bewegten Schallquellen im Raum, die besondere Akzente oder ganze Inhalte der Veranstaltung übermitteln sollen. Oft haben Unternehmen auch einen eigenen Sound im Rahmen ihrer Corporate Identity. Dieser soll den Gast schon am Eingang „abholen“ und ihn regelrecht bis in den eigentlichen Veranstaltungssaal leiten, am besten in Kombination mit Video- und Licht Design/Effekten, z.B. bei großflächigen Projektionen. Auch punktuelle Beschallung mit verschiedenen Audio-Inhalten von einzelnen Bereichen im gleichen Publikumsbereich können möglich sein. Die Möglichkeiten beim Sounddesign sind sehr vielfältig, aber es ist auch nicht immer alles machbar. Aber ein ganzheitliches Sound-Design, das mit entsprechend produziertem Audio-Content auf den Veranstaltungsinhalt angepasst ist, verleiht einem Video- oder Licht-Design erst die nötige Aussagekraft.
Ist bei Ihnen jemand fürs Sounddesign zuständig und gibt es ein Standardprozedere wie Sie an solche Aufgaben herangehen?
Einen bestimmten Ansprechpartner haben wir dafür nicht, je nach Veranstaltung und Anforderungen teilen wir die Aufgabe einem passenden Mitarbeiter zu.
Gibt es eine Firmenphilosophie dafür?
Wir haben 17 Unternehmensleitlinien, die unser Miteinander aber auch die Arbeit mit Kunden definieren. Viele davon implizieren, dem Kunden eine bestmögliche Umsetzung seiner Ideen und Projekte zu garantieren.
Welches Best-Practice-Beispiel aus Ihrer Praxis können Sie für gelungenes Sounddesign anführen?
Bei der Wella-Veranstaltung 2014 in unserer Eventlocation Fredenhagen war die besondere Herausforderung an unser Sounddesign, dass es verschiedene „Event-Inseln“ pro Themenbereich gab. Um dies auch durch die Beschallung zu unterstützen, wurde neben der jeweiligen lokalen Beschallung pro Bereich, eine weitreichende Delay-Beschallung für die jeweiligen Bereiche realisiert. Damit war für alle Zuschauer – auch solche, die weiter entfernt waren – eine akustische Ortung auf den jeweiligen Bereich gewährleistet. Da die „Inseln“ räumlich weit genug voneinander entfernt waren, war es auch möglich, dass gleichzeitig auf allen Bühnen Programm ablief.
Dirk Ziervogel, Projektleiter Ton bei Neumann & Müller:
Ist Sounddesign bei Events für Sie überhaupt ein Thema?
Natürlich! Uns geht es in erster Linie um einen möglichst „runden“ Gesamteindruck. Das beginnt zumeist beim Visuellen, hört für uns dort aber lange nicht auf: Unser Anspruch ist es, stets ein Design zu entwickeln, dass einem natürlichen Hörerlebnis so nah wie möglich kommt, um dem Zuhörer einen einfachen Zugang zu den transportierten Inhalten zu gewähren.
Ist bei Ihnen jemand fürs Sounddesign zuständig? Gibt es ein Standardprozedere wie Sie an solche Aufgaben herangehen?
Zuständig sind bei N&M grundsätzlich alle Kolleginnen und Kollegen, die mit der Konzeption und Umsetzung des Audio-Parts von Projekten betraut sind. Ein Standardprozedere kann es aus dem Grund nicht geben, da jedes Projekt individuelle Anforderungen hat und von uns deshalb stets auch immer als einzigartig betrachtet wird.
Bei einigen Projekten beziehen wir gern so früh wie möglich externe Planer und Sounddesigner ein. Das hat den Vorteil, dass sie unabhängig von unserem eigenen Equipment und dessen Verfügbarkeit einen Blick von außen auf das Projekt haben. Andererseits ist das Sounddesign in den Ausschreibungen oftmals durch externe Planer und technische Planungsbüros vorgegeben. Hier gehen die Sound-Planer von N&M zeitnah auf die externen Kollegen zu, um gemeinsam ein optimales Design für den Kunden umzusetzen.
Im Mittelpunkt steht immer eine möglichst native Umsetzung der individuellen Anforderungen. Um dies zu gewährleisten setzen wir schon länger auf dynamischen Ortungsbezug und professionelle Raumsimulation.
Gibt es eine Firmenphilosophie dafür?
Unser Grundsatz ist: Die Technik sollte vollständig in den Hintergrund treten können, denn je weniger das einzelne Equipment wahrnehmbar ist, desto einfacher lässt sich den transportierten Inhalten und Emotionen folgen. Der Weg dahin geht für uns über ein Design, das sich an natürlicher, auditiver Wahrnehmung orientiert.
Zudem gibt es N&M-intern für jedes Gewerk ein so genanntes „Technisches Gremium“, das sich mit Neuheiten, Entwicklungen, Trends und technischen Lösungen befasst – natürlich auch im Audiobereich. In diesen Gremien sitzen Projektleiter und Tonplaner aus allen N&M-Niederlassungen, die mit den Werkstätten und der Entwicklungsabteilung sehr eng zusammenarbeiten.
Welches Best-Practice-Beispiel aus Ihrer Praxis könnten Sie für gelungenes Sounddesign anführen?
Das sind die Domstufen-Festspiele in Erfurt und die Schlossfestspiele Schwerin sowie „Klassik am Odeonsplatz“ in München. Darüber hinaus der Klassik-Echo in der Hamburger Elbphilharmonie und die Aktionärsversammlung der Daimler AG.
Thomas Mundorf, ehemals Head of Audio Project Management & Technologies bei PRG
Ist Sounddesign bei Events für Sie ein Thema?
Sounddesign im technischen Sinne beginnt im Grunde genommen, sobald ich mich dazu entscheide, irgendwo einen Lautsprecher hinzustellen. Insofern ist es natürlich bei jedem Event, bei dem Tontechnik zum Einsatz kommt, ein Thema. Natürlich mit unterschiedlichem Umfang.
Ist bei Ihnen jemand fürs Sounddesign zuständig? Gibt es ein Standardprozedere wie Sie an solche Aufgaben heran gehen?
Grundsätzlich sind alle unsere Mitarbeiter der Tonabteilung – die fest angestellten wie auch die freien – für das Sounddesign der ihnen übertragenen Projekte zuständig. Da nicht alle auf dem gleichen Erfahrungsschatz aufbauen können, ist natürlich wichtig, dass man bei komplexen Projekten miteinander spricht und sich gegebenenfalls Hilfe sucht. Es ist wie in der Natur: Die Jungen lernen beim Spielen von den Alten.
Zur Herangehensweise: Zunächst einmal sollte man sich ein klares Bild verschaffen, was denn eigentlich die Aufgabe ist. Das heißt im Klartext: Welches Frequenzspektrum muss bei welchem SPL wiedergegeben werden? Welche Zuhörerflächen sind zu beschallen? Welche Möglichkeiten habe ich, Lautsprecher aufzuhängen oder aufzustellen? Welches Budget ist vorhanden?
Wenn man diese Fragen geklärt hat, kann die Planung losgehen. Simulationsprogramme wie MAPP Online, Soundvision oder ArrayCalc sind dabei heutzutage selbstverständlich Standard.
Gibt es eine Firmenphilosophie dafür?
Philosophien sollten meiner Meinung nach in einem eher technischen Prozess weniger eine Rolle spielen als vielmehr ein fundiertes Verständnis von mathematischen und physikalischen Grundsätzen der Beschallung sowie die Fähigkeit, auch in komplexen Systemen nicht den Blick fürs Wesentliche zu verlieren. Als Philosophie würde ich dabei höchstens den Qualitätsanspruch an unsere Arbeit sehen.
Welches Best-Practice-Beispiel aus Ihrer Praxis könnten Sie für gelungenes Sounddesign anführen?
Nun, ich hoffe, jedes war gelungen. Spaß bei Seite, ich denke, dass neben der subjektiven Klangqualität auch die Effizienz eines Sounddesigns in der heutigen Wettbewerbssituation ein sehr wichtiger Faktor ist. Ich sehe immer wieder Designs, wo massiv mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Genau wie in der Akustik, wo +6 dB eine Verdoppelung der Schallquellen bedeutet, kann man auch auf der wirtschaftlichen Seite sagen, dass +6 dB eine Verdoppelung der Kosten bedeutet. Wer also genau weiß, mit welchem Material er genau zum Punkt kommt, der hat einen echten Wettbewerbsvorteil.
[4686]
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel stammt aus dem Jahr 2018.