Veranstaltungssicherheit: Wie UV-C-Licht Viren tötet
von Herbert Bernstädt, Artikel aus dem Archiv vom
UV-C-Licht tötet Viren. Sicher? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Lichtleistung, Raumgeometrie, Aufstellungsorten, Betriebsmodi und mehr. Wir erklären die Grundlagen!
(Bild: Orca GmbH)
UV-Strahlung wird seit langen gegen Keime, Bakterien, Viren und sogar zum Löschen von EPROMs eingesetzt. Vielleicht hat der eine oder andere dies bereits bei der Wasseraufbereitung seines Gartenteichs praktiziert. Doch wenn es jetzt darum geht, Hygienekonzepte für den Betrieb von Veranstaltungsstätten umzusetzen, finden sich auch UV-C-Desinfektionslösungen in der Diskussion. Aber wie so oft, dort wo Angst und Unbekanntes zusammentreffen, lassen sich auch schnell Investitionen abgreifen, ohne dass der versprochene Nutzen eintritt. Nachfolgende Grundlagen sollen Ihnen helfen, Investitionsentscheidungen untermauern zu können.
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Legende:
nm = Nanometer
W = Watt
mJ/cm² = Millijoule pro Quadratzentimeter
Am Anfang war das Licht
Aus der Lichttechnik ist uns UV-Strahlung und die Schädigungen durch sie bekannt. Nicht umsonst werden vor UV-Leuchtmittel UV-Schutzgläser eingesetzt. Je nach Wellenlänge wird das UV-Licht in drei Gruppen unterteilt: Nach dem sichtbaren Bereich fügt sich das UV-A-Licht (unser Schwarzlicht und verantwortlich für die Hautbräunung) mit dem Spektrum 315-380 nm an, gefolgt von UV-B-Licht (Sonnenbrand), welches im Bereich 280-315 nm definiert ist. Wir interessieren uns nun aber für das UV-C-Licht (Entkeimung und verantwortlich für die Ozonbildung), das mit 280-100 nm die energiereichste Strahlung darstellt. UV-C wird von der Atmosphäre absorbiert, deshalb haben Organismen keinen Schutzmechanismus dagegen entwickelt. Aber wir können es künstlich herstellen. Die Energiedichte ist so groß, das DNA-Strukturen bei Bestrahlung geschädigt werden und sich Viren somit nicht vermehren können. Es wurde festgestellt, dass UV-C-Licht mit einer spezifischen Wellenlänge von 254 nm am wirksamsten gegen Coronaviren wie SARS-CoV und MERS-CoV sowie anderen Viren wie H1N1-Influenza ist (*2).
Typische Lichtquellen für UV-C Licht sind z.B. Nieder- oder Mitteldruck-Entladungslampen (ähnlich einer Leuchtstofflampe, die bekanntermaßen die UV-Strahlung durch ihre Phosphorschlemmung in sichtbares Licht wandelt). Diese werden seit Jahren in der Medizin und Industrie, z.B. von Osram (*4) oder Philips (*5), im Leistungsspektrum von 4 bis 95 W hergestellt. Natürlich sind heute auch LEDs für dieses Spektrum erhältlich, wobei der Wirkungsgrad bei dem geforderten Spektrum gerade mal 2 % beträgt gegenüber 30 % Wirkungsgrad bei den UV-C-Entladungslampen. Und wenn man vom Bundesamt für Strahlenschutz den Warnhinweis hört, dass „UV-C-Strahlung als COVID-19-Therapie nicht geeignet“ (*9) sei, so geht es nicht um die Desinfektion von Luft, Flächen oder Gegenständen, sondern um das Bestrahlen von Menschen oder Tieren. Denn hier muss noch einmal deutlich gesagt werden, dass UV-C-Strahlen je nach Einwirkdauer und Intensität Genmaterial zerstören. Das bedeutet, dass weder der Mensch noch Tiere oder auch Pflanzen dieser Strahlung ausgesetzt werden dürfen. Leider sind in der heutigen Zeit, wo selbst Präsidenten ähnlich verrückte Vorschläge unterbreiten, solche Hinweise notwendig geworden. Doch betrachten wir erst einmal die Infektionswege.
COVID-19-Infektionswege & der Luftaustausch
Die Verbreitung der Coronaviren erfolgt über Schmierpartikel, Tröpfchen und Aerosole. Die Schmierpartikel, die auf Oberflächen aufgetragen und durch Berührung von einem anderen Menschen wieder aufgenommen werden, müssen noch den Weg zu den Schleimhäuten finden. Meist geschieht dies, wenn wir uns unbewusst durchs Gesicht streifen, über den Mund fahren oder an der Nase jucken. Tröpfchen, die durch Husten ausgestoßen werden, sind zum Glück so schwer, dass sie schnell der Schwerkraft folgen und zu Boden sinken; deshalb die Mindestabstände. Auch die sogenannten Spuckschutzwände helfen effektiv gegen den direkten „Treffer“ einer weiteren Person, wenn sich Mindestabstände nicht einhalten lassen.
Aber bei den Aerosolen, die aus allerkleinsten Tröpfchen von gerade mal Mikrometer bis zu Nanometer Größe bestehen, ist es ein wenig diffiziler. Wir verbreiten Aerosole beim Atmen, Sprechen oder Singen. Während die Tröpfchen auf den Boden fallen, schweben die Aerosole weiter in der Luft. Im Sommer, bei Wärme und Trockenheit, verdunsten die Aerosole schneller und das Virus kann sich nicht mehr halten. Dagegen bleiben die Aerosole in kühler und feuchter Umgebung recht stabil, so wie die Viren auch. Starke Winde transportieren Aerosole über weite Strecken, verstreuen diese immer weiter und somit nimmt die Virenkonzentration stark ab. Dementsprechend ist das Ansteckungsrisiko in geschlossenen Räumen 19-mal höher als im Freien, da dort die Aerosole sozusagen im geschlossenen Raum gefangen sind und sich dort über lange Zeiten halten, was eine Ansteckung fördert. Also müssen wir schauen, wie wir eventuell kontaminierte Aerosole aus dem Raum bekommen.
Naheliegend ist natürlich Lüften und je mehr Luftaustausch, umso besser. Nur, im Winter ist es bekanntermaßen den Frostbeulen schnell zu kalt und ein völliger Luftaustausch wird nur bei großen Temperaturunterschieden oder starken Wind erreicht. Also hilft das Lüften nur zu einem kleinen Teil. Erfolgt der Luftaustausch nicht auf natürlichen, dann auf technischen Wegen. Klima- und Lüftungsanlagen, die die Luft nur umwälzen, verteilen jedoch die kontaminierten Aerosole und bewirken eher das Gegenteil. Besser sind dagegen Ventilationssysteme, die frische Luft einbringen und Raumluft nach draußen abführen. Allerdings ist dies, energetisch betrachtet, genau das Gegenteil von dem, wie wir einen Raum mit geringen Heizkosten auf Temperatur halten wollen. Deshalb versucht man, in geschlossenen Räumen mit Filtergeräten die Luft von den Aerosolen zu befreien.
Wege der Desinfektion mittels UV-Strahlung
UV-Strahlen können Viren auf Flächen, Gegenständen oder in der Luft abtöten. Das Prinzip wird schon seit Jahrzehnten in der Medizin und Industrie wie auch der Lebensmittel verarbeitenden Industrie erfolgreich angewendet, ist erprobt und eigentlich ein alter Hut. Zur Bestrahlung von Flächen, die entkeimt werden sollen, verwendet man UV-Fluter bzw. -Strahler mit einem entsprechenden Leuchtmittel, das UV-C abstrahlt. Das ist eine sehr effektive und umweltfreundliche Möglichkeit, um z.B. das eigene Handy zu desinfizieren: Man lege dieses in eine Box, in der dann UV-Quellen das Handy bestrahlen. Warum das so wirksam ist, liegt daran, dass die UV-Lichtquellen sehr nah an dem Objekt sind und damit eine hohe Energiedichte über einen längeren Zeitraum auf die Oberfläche gelangt. Diese Box ist sicher, weil der umgebende Kasten dafür sorgt, dass kein UV-Licht nach außen dringt und Mensch, Tier oder Pflanzen schädigen könnte. Gleichzeitig sollte der Kasten so aufgebaut sein, dass keine Schattenbildung um das Handy herum entsteht, während es bestrahlt wird.
Und damit sind wir in der nächsten Kategorie: der Desinfektion von Flächen über offene Strahler. So bleiben bei Raumdesinfektionen z.B. die Rückseiten eines Türgriffes aufgrund der Schattenbildung meist unbehandelt. Ein dicker Teppich hat viel Flor, um viele Schatten zu bilden. Viren, die sich weiter unten im Flor befinden, werden in der Regel nicht erfasst. Damit bei einer Raumdesinfektion keine Menschen oder Tiere von der Strahlung erfasst werden, müssen Sicherungsmaßnahmen und -schaltungen eingesetzt werden, wie z.B. Bewegungsmelder, zeitverzögertes Einschalten oder ein optisches und akustisches Warnzeichen, dass das Gerät gerade in Betrieb und ein Aufenthalt in dem Raum nicht gestattet ist. Hier muss man erneut das Risiko abschätzen, inwieweit man mit dem eingesetzten System sicher sein kann, dass niemand verletzt wird.
Der nächste Aspekt in der Oberflächendesinfizierung ist die Entfernung vom Strahler zur Zielfläche sowie die Einwirkdauer, damit die Bestrahlung auch die gewünschte Wirkung erzielt. Der Vorteil der Bestrahlung gegenüber chemischen Desinfektionsmitteln ist die Chemiefreiheit der Strahlung – also eigentlich eine sehr umweltfreundliche Art der Desinfektion. Auch werden – im Gegensatz zur chemischen Desinfektion – von den Mikroorganismen keine Resistenzen gegen bestimmte Stoffe aufgebaut. Dennoch wird man solche Systeme nicht in Museen finden, denn die harte UV-Strahlung lässt auch viele Oberflächen sehr schnell altern, bzw. die Energie kann bestimmte Materialen wie Stoffe, Papier, Farbstoffe, Kunststoffe und viele mehr schädigen.
Die Flächendesinfektion ist sinnvoll, wenn ein Wechsel der Raumbelegung stattfindet, wie im Schichtbetrieb oder wenn ein Hotelzimmer neu belegt wird und man sicher sein kann, dass in der (Zwischen-)Zeit der Desinfektion keine Personen den Raum betreten, oder die Ausstrahlung von UV-C zumindest sofort unterbrochen wird. Meist versucht man, mit mehreren Geräten oder verschiedenen Aufstellpositionen der Abschattung entgegenzuwirken. Es werden, ähnlich wie Saugroboter, auch schon selbstfahrende UV-C-Wagen eingesetzt, um Räume aus verschiedenen Richtungen zu desinfizieren.
Aerosole und Räume
Letztlich wird die Gefahr der Ansteckung durch Aerosole bei einer Konferenz mit mehreren Akteuren in einem Raum jedoch viel höher angesehen als durch Kontakt mit kontaminierten Schmierpartikeln, wenn man diszipliniert die vorgegeben Sitzordnung und Hygieneregeln einhält. Eigentlich haben wir in der Veranstaltungstechnik mit dem Einsatz von Hazern und Nebelmaschinen bereits viel Erfahrung im Verhalten von Aerosolen. Denn ähnlich wie der künstliche Nebel verhalten sich auch Aerosole, die das Virus tragen. Im Freien müssen wir unendlich viel Nebel auf die Bühne einbringen, weil mit der natürlichen Luftbewegung die Schwaden schnell weggetragen werden. Dagegen halten sich in Räumen ohne Lüftung die Nebelschwaden oft sehr lange, obwohl wir dort nur kleinste Mengen eingebracht haben. Schalten wir die Klimaanlage in den Räumen ein, dann verschwindet der Nebel meist recht schnell, was man auch am Nebelfluidverbrauch deutlich spürt. Somit wäre eine Klimaanlage doch super, um die Viruslast zu verringern.
Dem ist es leider nicht so, denn kaum eine Klimaanlage bringt ausschließlich Frischluft in den Raum und transportiert die „Alt“-Luft ins Freie. Vielmehr wird ein Großteil der „Alt“-Luft und damit die Gefahr infektiöser Aerosole dem Frischluftkreislauf anteilig zugeführt. Damit verbreitet man sogar das Virus, da die in der Klimaanlage eingesetzten Filter in der Regel nicht darauf ausgelegt sind, die evtl. virenbehafteten Aerosole herauszufiltern. In Krankenhäusern, wo man von Natur aus mit Keimen und Viren zu tun hat, werden hingegen Virenfilter eingesetzt. Bei Veranstaltungsstätten war dies vor Corona jedoch nie ein Thema.
Wir wollen stationäre Anlagen, die in Klimaanlagen eingebaut werden, einmal außer Acht lassen, auch wenn Bundesförderungen für die Corona-gerechte Um- und Aufrüstung raumlufttechnischer Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten beim BAFA beantragt werden können (*11). Nachfolgend sollen eher die mobilen oder einfach mal schnell nachträglich einzubringenden Lösungen betrachtet werden. Denn prinzipiell können Raumluftreiniger gut geeignet sein, um Aerosolpartikel bzw. Viren aus der Luft zu filtern. Zumindest soweit, dass die Virenlast auf kleinstem Niveau gehalten wird. Damit dieses Niveau erreicht wird, sollte mindestens das sechsfache Volumen des Raumes pro Stunde durch das Gerät gefiltert werden (*1).
Und nun kommen wir an den Punkt, an dem wir uns mit den mobilen oder quasimobilen Geräten auseinandersetzen müssen. Denn man kann bei Amazon und Alibaba durchaus sehr preiswerte UV-Desinfektionsgeräte kaufen. Selbst kleine Handheld-Stäbe, um mal eben seine Tastatur, die Toilette oder sein Haustier zu desinfizieren. Das man für 30 Euro keine UV-C-strahlenden Dioden mit Leistung erhält, ist naheliegend. Falls doch, wäre es gemeingefährlich, wenn man diese Strahlung einfach auf Mensch oder Tier richten kann. Aber man erhält meist immerhin ein schön Blau leuchtendes Etwas.
Wir kennen z.B. von manchen Handtrockensystemen die Blau leuchtenden LEDs an der Stelle, an welcher man seine Hände entlang bewegt. Diese haben keinerlei desinfizierende Wirkung, suggerieren nur den erfolgreichen Wascheinsatz der Hände. Sollten die LEDs evtl. noch in den UV-A-, maximal UV-B-Bereich hineinreichen, dann kann man beim Trocknen immerhin sehen, ob der phosphoreszierende Einlassstempel abgewaschen wurde oder die Phosphorschnipsel im Geldschein die Echtheit desselben untermauern. Immerhin sagen hier die Handtrocknerhersteller nicht, dass dies zur Desinfektion dient. Anders jedoch, wenn man auf Amazon nach UV-Desinfektion sucht.
Auf der anderen Seite kann man auf den besagten Internetplattformen für ein paar hundert Euro schon recht vernünftige Geräte zu Auswahl anklicken. Auch wird einem jene sehr erleichtert, da man nur die Quadratmetergröße des Raumes angeben muss, und angeblich anschließend das passende Gerät bekommt. Und schon wiegt man sich in einer trügerischen Sicherheit und – Gott bewahre – sorgt im ungünstigsten Fall selbst dafür, dass man als Superspreader bekannt wird. Doch wie kann man einen Fake von einer vernünftigen Lösung unterscheiden?
Worauf man achten sollte
Zunächst eine alte Käuferregel: Wer billig kauft, kauft zweimal. Hier in diesem Zusammenhang jedoch mit der Gefahr, weitere Menschen exponentiell um ihre Gesundheit zu bringen. Zurück zu unseren UV-C-Desinfektionsgeräten: Möchte man dem ersten Anhaltspunkt nach Wirksamkeit nachgehen, so kann man in der Anleitung des Gerätes oft die verwendete Lichtquelle finden, die z.B. folgendermaßen bezeichnet wird: TUV 36T5 HO 4P SE UNP/32. Anschließend kann man auf der Herstellerseite (*4, *5) des Leuchtmittels die UV-C-Abgabeleistung ermitteln. Damit ist einem schon mal geholfen, um wenigstens festzustellen, dass eine virendesinfizierende Energiequelle vorhanden ist und mit welcher UV-C-Strahlung man rechnen darf.
Jetzt kommt die zweite und schwierigste Hürde. Mit wieviel Energie wird das Virus wie lange bestrahlt, damit es seine tödliche Dosis erhält? Zwar findet man auch bei den billigsten Produkten Angaben wie 99,9 % Virendesinfektion verbunden mit den schönsten Studien. Meist sind dies allgemeine Aussagen, wie das UV-C-Licht Viren abtötet, aber nicht, wie das Gesamtsystem von Strahler, Geometrie, Luftdurchsatz und allen weiteren Faktoren, die hier eine Rolle spielen, auf das System wirkt. Zurzeit ist COVID-19 die treibende Kraft für Veränderungen und Investitionen in den Versammlungsstätten. Aber wenn dieses Virus seine Bedrohung verliert, werden andere Viren kommen. Vielleicht will der eine oder andere seine Anlage auch auf andere Mikroorganismen auslegen. Zwar sind für nahezu alle Mikroorganismen (Bakterien, Schimmel, Hefen, Viren, Sporen) die „tödlichen Dosen“ (Letaldosis LD) an UV-C-Strahlung bekannt, aber leider gibt es dabei verschiedene Szenarien. Befindet sich der Mikroorganismus auf einer Oberfläche oder ist er in einem Aerosol eingebunden? Dementsprechend gelten unterschiedliche Werte, Anhaltspunkte liefert die untenstehende Tabelle. Wenn man hier den Mittelwert nimmt, muss einem gewahr sein, dass bei geringerer Dosis oder resistenteren Viren eben keine 90 % vermehrungsunfähig werden, sondern entsprechend weniger.
Die UV-C-Dosis, die zu einen 90 %igen Inaktivierungsgrad (10 % Überlebensgrad) der spezifizierten Mikrobe führt, ist auch bekannt unter der Bezeichnung „LD90“. Ebenfalls wird die Bezeichnung „LD99“ für einen Inaktivierungsgrad von 99 % verwendet (*10). Es zeigt sich, dass bei einer gewünschten Steigerung von 90 % auf 99 % die UV-Bestrahlungsdosis verdoppelt werden muss. Und für 99,9 % muss sich die Dosis – von 90 % ausgehend –verdreifachen. Man kann es schon erraten: Für 99,99 % muss sie sich vervierfachen.
Relevante Faktoren hinsichtlich der Wirksamkeit eines jeden Desinfektionssystems sind Ein- und Auslassöffnungen, Röhrengeometrie, Geschwindigkeiten der hindurchgeführten Luft wie auch das Strömungsverhalten im Raum, Platzierung des Gerätes im Raum sowie nicht zuletzt die eventuelle Luft-zirkulare Rückkopplung; d.h. gerade ausgestoßene Luft wird wieder eingesaugt, ohne dass sie im Raum eine Vermischung bewirkt hat. In diesem Zusammenhang muss einem klar sein, dass es letztendlich immer um eine prozentuale Verringerung des Risikos geht, nicht mehr und nicht weniger. Man reduziert die Virenlast, aber eine Zahl, die eine 99,9 %ige Sicherheit suggeriert, ist nicht das Gesamtergebnis des Komplettsystems inklusive Raumbetrachtung. So kommt eine Pilotstudie vom Zentrum für Mykologie Köln (*18) bei einem Praxisversuch zu dem Schluss, dass bei dem getesteten System die Keimzahl um 75 %, Bakterien um 67 %, Schimmelpilze um 88 % und Mikroorganismen mit erhöhter UV-Stabilität um 69 % im Raum reduziert werden. – Dass man hier nicht SARS-CoV-Viren zum Praxistest in einen öffentlichen Raum einbringt, wird jedem einleuchten.
Über den Daumen gepeilt hat eine UV-C-Entladungslampe einen 30 %igen Wirkungsgrad. Verwendet ein Gerät z.B. eine 75 W-Röhre, dann stehen einem zur Desinfektion ca. 25 W zur Verfügung. Einen großen Einfluss auf die Desinfektion haben zusätzlich eine erhöhte Luftfeuchtigkeit (üblicherweise wird mit 60 % relativer Feuchte gerechnet) und der Strahlungsrückgang, der mit der Lebensdauer einhergeht und je nach Typ zwischen 20 % und 35 % nach üblicherweise 8.000 bis 12.000 Stunden variiert. Je weiter die Entfernung von der Strahlungsquelle umso kleiner die Energiedichte. Das nimmt quadratisch ab, genau wie das Entfernungsgesetz in der Lichttechnik auch. Anstatt theoretischer Betrachtung ermittelt der Hersteller meist mittels Messgeräts die Energiedichte an den entsprechenden Positionen.
Berechnung der tödlichen Dosis
Fassen wir zusammen: Die tödliche Dosis wird in J/m² = 0,1 mJ/cm² = 0,1 mWs/cm² angegeben. Die Dosis He [Bestrahlung] ist das Produkt aus der Strahlungsintensität Ee [auch Bestrahlungsstärke] (mW/cm² bzw. W/m²) mal der Zeit t (s). Ergo, je höher die Strahlungsleistung und je länger die Bestrahlungszeit, desto größer die desinfizierende Wirkung. Dafür hat das Bundesamt für Strahlenschutz auch die im Auszug folgenden Hinweise veröffentlicht:
1. Herstellerangaben zu einem Gerät sollten möglichst vollständig und konkret sein. Dazu gehören Angaben zu den eingesetzten Wellenlängen und zur Bestrahlungsstärke.
2. Es sollte vom Hersteller dargelegt werden, wie lange und aus welchem Abstand Oberflächen oder Gegenstände bestrahlt werden müssen, damit aktive Mikroorganismen und Viren um einen bestimmten Anteil reduziert werden.
3. Bei Geräten und Anlagen zur Desinfektion von Raumluft sind Angaben zum Luftzirkulationsvolumen und zur Raumgröße, für die das Gerät/die Anlage geeignet ist, wichtig. Die Luft muss einerseits oft genug, andererseits langsam genug an der UV-C-Quelle vorbeigeführt werden, damit die für die Abtötung der Mikroorganismen und Viren erforderliche Dosis im Luftstrom erreicht wird. Es sollte auch erkennbar sein, wie lange es dauert, bis ein bestimmter Desinfektionsgrad der Raumluft erreicht ist.
4. Insbesondere Aussagen zur Wirksamkeit sollten daher vom Hersteller nachvollziehbar belegt werden. (*8)
Eine Übersichtstabelle könnte z.B. folgendermaßen aussehen:
Mit den Werten aus der obigen Tabelle zur benötigten Dosis und den zugehörigen Raumabmessungen ist schon ein erster Anhaltspunkt gegeben. Möchte man in seinem Unternehmen auch noch die Grippeverbreitung eindämmen, könnte man z.B. von einer LD90-Dosis von 3,4 mJ/cm² ausgehen. Nimmt man den Durchschnitt der Mikroorganismen aus der obigen Tabelle und ignoriert die komischen Werte wie 75 mJ/cm², so kommt man auf einen Durchschnitt von ca. 11 mJ/cm².
Geräuschentwicklung
Während Werk- und Produktionsstätten mit ihrem sowieso höheren Geräuschpegel recht unkritisch gegenüber Lüfter-betriebenen Zusatzgeräten stehen, werden in einen Konferenzraum zusätzliche Lüftergeräusche durchaus als sehr störend empfunden. So nutzen solche Filteranlagen nichts, wenn sie wegen ihrer Geräuschentwicklung abgeschaltet werden oder die Akteure ihre Arbeit unter den Geräuschen einstellen. Aber auch das Einschalten eines eventuell vorhandenen Automatikmodus der Geräte kann eine trügerische Sicherheit vortäuschen: Meist regeln die Geräte runter, sind entsprechend leiser, jedoch wird dann das angestrebte sechsfache Raumvolumen pro Stunde nicht mehr erreicht, um das Infektionsrisiko zu minimieren (*1).
(Fiktive) Lautstärken einer UV-C-Desinfektionsröhre entsprechend der Betriebsstufe:
Level 1: 252m³/h bei 39dBA
Level 2: 413m³/h bei 46dBA
Level 3: 840m³/h bei 60dBA
Level 4: 1170m³/h bei 70dBA
Dabei ist zu bedenken, wie man mit einem leistungsschwachen Gerät bei lauten Lüftergeräuschen sein Ziel erreichen will oder mit einem leistungsstärkeren Gerät bei niedriger Betriebsart mehr Ruhe genießen kann. Auf der anderen Seite, je höher die Luftgeschwindigkeit – sprich mehr Raumvolumen pro Stunde – eingestellt wird, erreicht man vielleicht zwar die angestrebte sechsfache Umwälzung pro Stunde, jedoch die Viren-Durchlaufzeit an den UV-Emittern verkürzt sich dementsprechend. Hier stellt sich dann die Frage, ob bei hoher Durchlaufzeit die Letaldosis nicht erreicht wird bzw. wieviel Prozent der Viren noch deaktiviert werden.
Fazit: Helfer zur Minimierung des Infektionsrisikos
Der Kauf einer mobilen oder quasimobilen UV-C-Desinfektionsanlage ist nicht zu vergleichen mit dem Kauf eines Flachbildschirms. Insbesondere wenn man die Gesundheit der Besucher und Angestellten ernst nimmt und nicht nur ein „Alibi-Gerät“ zur Beruhigung hinstellen möchte. Gerade bei den billigsten Produkten ist eine gesunde Portion Skepsis angebracht. Man sollte sich tiefer mit der Materie beschäftigen, noch besser die Hilfe von qualifizierten und erfahrenen Fachunternehmen in Anspruch nehmen von denen viele, gerade außerhalb unserer Branche in Medizintechnik oder Lebensmittelherstellung, über Jahre Erfahrung gesammelt haben und entsprechendes Know-how aufweisen können. Eine Bestellung via Amazon nach Bestimmung der Quadratmeter des zu desinfizierenden Raums ist eher als fahrlässig zu betrachten. Nicht zu vergessen ist neben der Betrachtung der wirksamen UV-C-Leistung, Raumgeometrie, Aufstellungsorte, Betriebsmodi und nötigen sechsfachen Filterung des Raumvolumens pro Stunde natürlich auch die Berücksichtigung der Lautstärke in der entsprechenden Einstellstufe. Auch dass ein Automatikbetrieb nicht unbedingt einen sicheren Betrieb bedeutet, denn je höher der Luftdurchsatz bei gleicher Leistung, umso kleiner wird die Letaldosis auf die Viren. Zwar sind Entkeimungsanlagen in der Lebensmittelindustrie zur Desinfektion z.B. der Aluabdeckungen von Joghurtbechern gang und gäbe, jedoch beim Thema Viren im öffentlichen Raum tut man sich schwer.
Was einem klar sein muss, ist, dass man mit einem solchen Gerät keinen 100 %igen Schutz erreicht, auch wenn von 99,99 % Desinfizierung gesprochen wird. Das mag im Gerät so sein, aber das komplexe Zusammenwirken von Luftbewegung und Zeit mit dem Menschen, der kontinuierlich Viren verbreitet, wenn er mit anderen Menschen im Raum ist, spielen ebenfalls eine Rolle. Dennoch ist festzustellen, dass diese Geräte die Virenlast in einem Raum minimieren und den Luftstrom verändern können und somit das Infektionsrisiko vermindern helfen. Niemand zweifelt auch den Sinn von Sicherheitsgurten an, selbst wenn sich trotz Sicherheitsgurt der eine oder andere zu Tode fährt. So helfen die Geräte im Zusammenspiel der anderen Hygienemaßnahmen, das Risiko prozentual zu minimieren.
Alternative: HEPA-Filter
Oft findet man bei UV-Filteranlagen noch die Verwendung von zusätzlichen Filtern wie Aktivkohlefilter und oder anderen Filtertypen. Diese Filter dienen meist als Geruchs- oder Staubfilter, allerdings nicht zur Virenbekämpfung. Möchte man Viren nur mit einem Filter aus der Luft entfernen, ist dies ebenso sehr gut möglich. Jedoch benötigt man hierfür spezielle Filter, da z.B. das Coronavirus nur einen Durchmesser von 0,06 bis 0,14 Mikrometer aufweist. Um Partikel dieser Größenordnung herauszufiltern, verwendet man HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air/Arrestance). Entwickelt wurde diese Art von Filtern in den 1940er-Jahren im Zuge des Manhattan-Projekts, um gefährliche radioaktive Partikel aus der Raumluft zu entfernen (*7). Dabei handelt es sich um eine Anordnung von unregelmäßigen Fasern, so dass es zwischen den einzelnen Fasern große und kleine Abstände gibt. Es wird deutlich, dass nicht die Maschenweite wie bei einem Sieb ausschlaggebend ist, sondern neben den Speer- und Trägheits-Effekten vor allem der Diffusionseffekt. Da die Partikel so klein sind, bewegen sie sich nicht nur dem Luftstrom folgend, sondern werden durch ihre Bewegung und Zusammenstoßen mit anderen Gasmolekülen in einen Zickzackkurs gebracht, wie die Kugel in einem Flipperspiel ständig abgelenkt wird. Dies führt dazu, dass die Partikel über kurz oder lang mit dem Filtermaterial in Kontakt kommen und an der Faser haften bleiben.
Würde man den HEPA-Filter mit UV-C bestrahlen, würde das Gewebe des Filters ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden und der Filtereffekt lässt nach. Der Vorteil von Filtern ist ihr starke Filterwirkung von mehr als 99,9 %. Der Nachteil sind die Folgekosten durch ständigen Filterwechsel. Weiter gibt es keine Warnzeichen, wenn ein Filter wegen erhöhter Staubbelastung oder anderen Umständen seine Wirksamkeit vorzeitig verliert. Auch der Filterwechsel mit den Viren wie auch deren Entsorgung ist nicht unproblematisch. Um Viren sicher herauszufiltern, kommen HEPA-Filter H13 oder H14 in Betracht. Für Filter der Klassen H13 und höher wird ein individueller Prüfbericht und eine Seriennummer erstellt. Wichtig dabei ist die Übereinstimmung mit der europäischen Lüftungsnorm EN 1822-1.
Nach EN 1822-1:2009 werden Schwebstoff-Filterklassen unterschieden; hier auszugsweise dargestellt (*7):
Quellen:
(*1) Aus dem Interview von Jens Radü mit Christian Kähler, Leiter des Instituts für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr München. Erschienen im Spiegel Wissenschaft: www.spiegel.de
Hallo und vielen Dank für den Überblick,
eine kleine Korrektur für die Legende am Anfang:
mJ/cm² = Millijoule pro Quadratzentimeter.
Interessant wäre noch, welche tatsächliche Inaktivierung bezogen auf SARS-CoV-2 in den Geräten erreicht wird. Die einzige mir bekannte Quelle zur Inaktivierung von SARS-CoV-2 mittels UV-Strahlung beim RKI ist diese hier: sciencedirect.com/science/article/pii/S0196655320307562
Dort heißt es: “A viral stock with a high infectious titer of 5 × 106 TCID50/mL was completely inactivated by UVC irradiation after nine minutes of exposure. The UVC dose required for complete inactivation was 1048 mJ/cm2.”
Leider fehlt mir die medizinische Kenntnis, wie viel Virus das nun ist und wie vergleichbar das mit einem Aerosol im Raum ist. Die angegebene Zeit ist aber um ein vielfaches höher, als die wenigen Sekundenbruchteile bis Sekunden, die sich ein Aerosol in solchen Geräten aufhält. Und die angegebene Dosis in den Versuchen wiederum ist um ein vielfaches höher, als bei den mir aktuell bekannten Geräten. Vielleicht gibt es ja jemanden, der dazu noch eine Einschätzung geben oder meinen Verständnisfehler erklären kann.
Hallo und vielen Dank für den Überblick,
eine kleine Korrektur für die Legende am Anfang:
mJ/cm² = Millijoule pro Quadratzentimeter.
Interessant wäre noch, welche tatsächliche Inaktivierung bezogen auf SARS-CoV-2 in den Geräten erreicht wird. Die einzige mir bekannte Quelle zur Inaktivierung von SARS-CoV-2 mittels UV-Strahlung beim RKI ist diese hier: sciencedirect.com/science/article/pii/S0196655320307562
Dort heißt es: “A viral stock with a high infectious titer of 5 × 106 TCID50/mL was completely inactivated by UVC irradiation after nine minutes of exposure. The UVC dose required for complete inactivation was 1048 mJ/cm2.”
Leider fehlt mir die medizinische Kenntnis, wie viel Virus das nun ist und wie vergleichbar das mit einem Aerosol im Raum ist. Die angegebene Zeit ist aber um ein vielfaches höher, als die wenigen Sekundenbruchteile bis Sekunden, die sich ein Aerosol in solchen Geräten aufhält. Und die angegebene Dosis in den Versuchen wiederum ist um ein vielfaches höher, als bei den mir aktuell bekannten Geräten. Vielleicht gibt es ja jemanden, der dazu noch eine Einschätzung geben oder meinen Verständnisfehler erklären kann.
Hallo Herr Litger,
vielen liebe Dank für den wichtigen Hinweis.
Wir haben es sofort korrigiert.
Beste Grüße aus der Redaktion
Anna Habenicht