Die Grand Hall Zollverein: Vom Industrie-Biotop zur Top-Eventlocation
von Sylvia Koch,
Eine Eventlocation ist mehr als nur ein beliebiger Ort mit integrierter Eventtechnik, um Events zu veranstalten. Erfolgreiche Eventlocations können zudem mit einem besonderen Look und einer spannenden Geschichte aufwarten – so wie die Grand Hall Zollverein.
Inmitten des Ruhgebiets, auf dem Gelände der Kokerei Zollverein, befindet sich die Grand Hall Zollverein. Seit Anfang des Jahres 2017 können sich Besucher und Veranstalter hier von dem industriellen Charme der Eventlocation überzeugen lassen. Bis zur Eröffnung der ehemaligen Industrieanlage für Veranstaltungen war es jedoch ein langer Weg …
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Ursprung in den frühen 50ern
In ihrem ursprünglichen Zweck diente die Grand Hall Zollverein als Kompressorenhalle und Schalthaus für das gesamte Industriegelände der Kokerei Zollverein. Gebaut in den 50er Jahren lief der industrielle Betrieb bis 1993 – dem Jahr, in dem die Anlage stillgelegt wurde. Von da an fiel der Ort in eine Art Dornröschenschlaf, während sich die Natur das Gebäude allmählich zurückeroberte. Solange bis Claus Dürscheidt, ehemaliger Betreiber des Casinos Zollverein, und Thomas Koperek, Geschäftsführer der LK AG, die Idee hatten, sich den Charme des Gebäudes zu Nutze zu machen und eine Eventlocation entstehen zu lassen.
Gemeinsam gründeten sie eine Investorengesellschaft, die sich viele Jahre lang, um eine Baugenehmigung für die Grand Hall bemühte. Keine leichte Aufgabe, zumal die Location zu diesem Zeitpunkt noch unter Bergaufsicht stand. Um die Location in ihre heutige Nutzung überführen zu können, waren deshalb zahlreiche Genehmigungsverfahren und Gutachten notwendig.
Welche Rolle spielt die Bergaufsicht?
Steht ein Gebäude unter der sogenannten Bergaufsicht, gelten ganz besondere Regelungen, was den Schutz von Leib und Leben von Menschen angeht, die das Gebäude bzw. das umliegende Gelände betreten. Eine solche Bergaufsicht wird erst dann beendet, wenn erwiesen ist, dass keine Gefahr mehr von dem Gebäude ausgeht – heute und für immerdar. Gründe für eine solche Bergaufsicht können u.a. baulichen Ursprungs sein.
Aufbruch in die Neuzeit
Nachdem das Gebäude von der Bergaufsicht befreit und für eine neue Nutzung freigegeben war, konnten 2014 die umfangreichen Sanierungsarbeiten beginnen. Insgesamt wurden 1.800 Tonnen Anlagen, Stahl und Schrott aus der ehemaligen Industrieanlage geschafft, um Raum für Veranstaltungen zu schaffen. Auch die Räumlichkeiten selbst wurden angepasst. Um Besucher angemessen begrüßen zu können, wurde der vordere Teil der Location – in dem einstmals Transformatoren standen – als Windfang, Garderobe und Empfang umgebaut. Zusätzlich wurde im Empfangsbereich eine alte Stahlträgerkonstruktion eingefügt, welche gleichzeitig als Empfangscounter dient, um den ersten Eindruck einer Industrielocation abzurunden.
Direkt dahinter befindet sich im Untergeschoss das Foyer, der Clubbereich sowie das Kulturareal, das von den Betreibern der Grand Hall auch als „iKultur hinter Glas“ bezeichnet wird. Was dort an Anlagen, Maschinen und Rohrleitungen zu sehen ist, ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was früher im gesamten Erdgeschoss zu finden war.
Besonders auffällig sind auch die Säulen, die sich ganz charakteristisch im Erdgeschoss zeigen: Früher dienten sie als Stütze, um die tonnenschweren Anlagen zu stützen, die im Obergeschoss angesiedelt waren; heute machen sie einen großen Teil des Charmes der Location aus. Im Gegensatz zu dem stylisch-gemütlichen Ambiente im Erdgeschoss werden Besucher im Obergeschoss von einer gigantischen Halle überrascht. Bis in die 90er waren hier insgesamt acht Kompressoren und sechs Sauger in Betrieb. Nebst besonderer Dimensionen ergaben sich dadurch wahnsinnige Energien und Schwingungen im Raum, da bei Kompressoren und Verdichtern starke Kräfte wirken. Eine besondere Tragkraft der Location war deshalb Voraussetzung für den Bau des Gebäudes – ein Aspekt, der auch für die aktuelle Nutzung der Grand Hall viele Vorteile bietet.
Detailreichtum einer industriellen Vergangenheit
Um die Nutzbarkeit der Location zu erhöhen, wurden sechs der acht Kompressoren aus der Halle entfernt. Der Fußboden der Grand Hall gibt jedoch Hinweise auf die Verteilung der früheren Anlage: Als charakteristisches Element der Industriezeit wurde der ursprüngliche Kachelboden nach Installation einer Fußbodenheizung eins zu eins übernommen und lediglich um zusätzliche Intarsien erweitert, die die Positionen der Kompressoren widergibt. 78.000 Fliesen wurden während dieses Prozesses von Hand verlegt.
Auch für die Heizkreisverteiler der Fußbodenheizung wurde eine ansprechende Lösung gefunden: Um den Look der Location durch die Verteiler nicht zu verändern, wurden die ursprünglichen Schalttafeln zu beiden Seiten der Grand Hall quasi ausgeweidet und die zur Fußbodenheizung gehörende Technik geschickt integriert. Neben den Schalttafeln wurden zudem die originalen Lampen der Grand Hall demontiert, restauriert, saniert und neu verkabelt und im Anschluss wieder an ihren alten Platz innerhalb der Location installiert.
Als UNESCO-Weltkulturerbe sind es vor allem die Details, die in der Grand Hall die industrielle Vergangenheit lebendig halten. Gestärkt wird diese Erinnerung durch einen Zeitzeugen: Seit ihrer Entstehung ist der Steiger Iwinski ein Teil der Industrie-Location. Schon 1963 nahm er sie in Betrieb, 1993 nahm er sie wieder außer Betrieb. Auch heute noch steht er der Grand Hall zur Verfügung und präsentiert sich mit spannenden Anekdoten sowie seiner alten Steigermontur, wann immer der geschichtliche Aspekt der Location bei einer Veranstaltung zum Tragen kommen soll.
Energielieferanten der Industriezeit: Kompressoren und Sauger
Wird Kohle verkokst, entsteht Gas. Dieses Gas wurde früher durch die sogenannten Sauger aus den Koksöfen angesaugt und in die große Halle der Grand Hall geleitet, wo es verdichtet und mit Hilfe der Kompressoren in elektrische Energie umgewandelt wurde. Die so entstandene elektrische Energie wurde über das Schalthaus in das Gelände der Kokerei Zollverein zurückgeführt – und lieferte damit die nötige Energie, um die zahlreichen Anlagen der Essener Kokerei zu betreiben. Das überschüssige Gas, das man auf dem Gelände nicht verarbeiten konnte, wurde in das städtische Gasnetz eingespielt.
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