Am 17.08.2020 veröffentlichte das Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité Berlin die Aktualisierung zweier früherer Stellungnahmen zum Spielbetrieb von Orchestern und zum Publikumsbetrieb. Darin wird u.a. ausgeführt, dass die Vollauslastung von Konzert- und Opernhäusern denkbar erscheine, falls das Publikum Mundschutz trage und andere Hygiene-Bestimmungen einhalte.
Konzert- und Opernveranstaltungen können unter folgenden Bedingungen einen normalisierten Publikumsbetrieb durchführen:
1.) Abstandsregeln in den von den Besuchern gemeinschaftlich genutzten Flächen sind einzuhalten, hierzu gehören Foyers, Kassenbereich, Garderobenbereich und Sanitärbereich. Diese Bereiche sollten mit entsprechenden Abstandsmarkierungen versehen werden. Das Einhalten der Abstandsregelungen auf Flächen mit erhöhtem Publikumsverkehr muss durch entsprechende Wegeführung mit Absperrbändern oder Tensatoren und Vorgeben der Laufrichtung gewährleistet werden.
2.) Das Publikum sollte an den Eingängen durch Aufsteller an die Husten- und Nießetikette erinnert werden sowie an die Symptome einer möglichen Infektion mit der Aufforderung, in diesem Fall auf den Veranstaltungsbesuch zu verzichten.
3.) Vor den Kassen sollten, wenn nicht ohnehin vorhanden, Schutzscheiben errichtet werden.
4.) Eine Kontaktpersonen-Nachverfolgung muss ermöglicht werden, indem entweder der Kartenverkauf nur online unter elektronischer Hinterlegung der Kontaktdaten erfolgt, oder bei Kartenverkauf vor Ort durch Angabe der Kontaktdaten auf einem Formular.
5.) Einlass- und Ticketkontrollen sollten kontaktlos erfolgen, durch Einscannen oder einfache Sichtung, das Entwerten von Tickets durch Einreißen sollte unterbleiben.
6.) Die Einhaltung der Handhygiene sollte ermöglicht werden, indem ausreichend Seife, Papiertücher und Desinfektionsmittel in den Sanitärbereichen zur Verfügung gestellt wird und zusätzlich Desinfektionsmittel an Aufstellern in den Foyers bereitgestellt werden.
7.) Kontaktflächen, deren Berührung nicht vermieden werden kann (Türklinken, Armlehnen, Tresenflächen, Treppengeländer, der gesamte Sanitärbereich) sollten nach jeder Veranstaltung gereinigt werden.
8.) Alle Mitarbeiter aus dem Servicebereich, die mit Publikum Kontakt haben, müssen während der Servicezeiten einen einfachen medizinischen Mund-NasenSchutz korrekt tragen. Das Tragen von Handschuhen ist nicht erforderlich, wenn Kontakt soweit wie möglich vermieden wird.
9.) Das Publikum muss während Einlass und Verlassen des Gebäudes sowie während des Aufenthalts in den gemeinschaftlich genutzten Bereichen einen einfachen medizinischen Mund-Nasen-Schutz korrekt tragen.
10.) Im Konzert- bzw. Opernsaal gilt ebenfalls die Pflicht, einen einfachen medizinischen Mund-Nasen-Schutz korrekt zu tragen. Unter dieser Maßgabe ist eine Vollbesetzung der Sitzplätze möglich. (Ohne Mund-Nasen-Schutz wäre ein Abstand von 1m zu fremden Personen einzuhalten).
11.) Eine ausreichende Lüftung der Räume mit Frischluft muss sichergestellt werden, um zu vermeiden, dass Aerosole über längere Zeit in der Luft verbleiben. Bei geschlossener Luftzirkulation (z.B. zur Energieeinsparung) muss ein HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air Filter) verwendet werden.
12.) Ausschank von Getränken und Ausgabe von Lebensmitteln sollte unterbleiben, da es auf den Cateringflächen und im Tresenbereich ohne Mund-Nasen-Schutz kaum vermeidbar scheint, dass es zu Gedränge und unkontrollierten Kontakten kommt. Publikumsbetrieb von Konzert- und Opernhäusern COVID-19 Pandemie 4
13.) Das Publikum sollte darüber aufgeklärt werden, dass der Hausherr von seinem Hausrecht Gebrauch machen darf bei Personen, die die vorgegebenen Regeln nicht einhalten.
Hierzu Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates: „Die Meldung der Charité vom heutigen Montag stimmt hoffnungsvoll und ist zugleich sehr überraschend. Voll besetzte Konzert- und Opernhäuser sind in Corona-Zeiten ein verloren geglaubter Traum von Publikum und Veranstalter gleichermaßen. So scheint die Stellungnahme der Charité zum Publikumsbetrieb zu schön, um wahr zu sein – und wirft bei rationaler Betrachtung einige Fragen auf. Ein wissenschaftlicher Peer-to-peer-Prozess wurde hier nicht durchlaufen, vielmehr muss man die wissenschaftlichen Kriterien diskutieren, auf denen dieses Papier basiert. Nach wie vor bedarf es dringend nachvollziehbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse, durch die man solch wegweisende Vorschläge unterfüttern kann. Daher appelliert der Deutsche Musikrat erneut an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, für die Erstellung und Verbreitung von fundierten Studien auf valider Datenbasis zu sorgen und auch das Zentrum für Luft- und Raumfahrt damit zu beauftragen – insbesondere für Studien über die Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen“.
Der Deutsche Musikrat hat bereits am 03. Juni 2020 in einer Pressemitteilung das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt dazu aufgefordert, gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut federführend Corona-Grundlagenforschung zur Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen zu betreiben, zu koordinieren und zur Verfügung zu stellen.