Eineinhalb Jahre vor der Eröffnung der EXPO 2020 Dubai lud der Deutsche Pavillon Gäste und Medienvertreter zum ersten symbolischen Spatenstich auf das Grundstück ein, auf dem in den kommenden Monaten der Campus Germany entstehen wird.Anschließend stellte das Team um Generalkommissar Dietmar Schmitz auch erste Exponate zum Thema Nachhaltigkeit sowie das Klimakonzept des Pavillons vor.
„Für uns hat es oberste Priorität, dass alles pünktlich zur EXPO-Eröffnung am 20. Oktober des nächsten Jahres fertig wird. Deshalb gilt es, den engen Zeitplan einzuhalten und rechtzeitig mit dem Bau zu beginnen“, brachte Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse, auf den Punkt, woran das gesamte Pavillonteam arbeitet. Bei der Koelnmesse laufen alle Fäden zusammen. Das Unternehmen ist vom Bundeswirtschaftsministerium mit der Koordinierung der Vorbereitungen betraut und wird den Pavillon 2020/2021 betreiben. Mit dem ersten Spatenstich auf dem Grundstück in unmittelbarer Nähe des Gastgeberpavillons beweist Deutschland, dass es sehr gut im Zeitplan ist.
Anzeige
Besonders beeindruckt zeigte sich Generalkommissar Dietmar Schmitz von den Fortschritten der Bauarbeiten auf dem EXPO-Gelände, die der Gastgeber verantwortet: der Metrolinie, die bereits deutlich zu erkennen ist, des Pavillons der Vereinigten Arabischen Emirate und der Themenpavillons, die Formen annehmen, der Al Wasl Plaza, die in die Höhe wächst. „Jetzt sind wir an der Reihe, mit dem Bau des Campus Germany zu beginnen und Teil dieser Geschichte zu werden,“ kommentierte Schmitz. Er bedankte sich für die hervorragende Unterstützung durch das Dubai Expo 2020 Bureau und dessen Executive Director Najeeb Mohammed Al-Ali. „In dieser Zusammenarbeit mit Ihnen liefern wir bereits das beste Beispiel für ‚Connecting Minds, Creating the Future‘. Gemeinsam wird uns eine unvergessliche EXPO 2020 gelingen,“ davon, sagte der deutsche Generalkommissar, sei er überzeugt.
Najeeb Mohammed Al-Ali erwiderte: “Es ist mir ein großes Vergnügen, Herrn Generalkommissar Dietmar Schmitz und sein Team anlässlich des ersten Spatenstichs für den Deutschen Pavillon auf dem Gelände der EXPO 2020 Dubai begrüßen zu dürfen. Wir freuen uns darauf mitzuerleben, wie Deutschlands wegweisende Innovationen im Bereich der Nachhaltigkeit auf dem gemeinsamen Weg zu einer einzigartigen EXPO 2020 zum Leben erweckt werden.“ Das rund 4.600 m² große Grundstück des Deutschen Pavillons befindet sich im Themenbereich Nachhaltigkeit der EXPO. Folglich wird sich auch im Campus Germany alles um dieses Thema drehen.
Dabei werden sich die Besucherinnen und Besucher wie in einer Universität immatrikulieren, um mit dem Future Energy Lab, dem Future City Lab und dem Biodiversity Lab ein Curriculum zu durchlaufen und am Ende in einer mitreißenden Show erfolgreich „ihren Abschluss zu machen“. Alle erleben diese „Graduierung“ als einen Meilenstein voller Emotionen und Wissen, mit einer riesigen Fülle von Möglichkeiten und Chancen für die Nachhaltigkeit, aber auch der Aufforderung, sie zu nutzen. Jeder der Absolventen wird zum Protagonisten und aufgefordert, sein neues Wissen zu nutzen und die Zukunft zu gestalten – ganz im Sinne des EXPO-Mottos „Connecting Minds, Creating the Future“.
Dietmar Jähn, Geschäftsführer der Agentur facts and fiction, die gemeinsam mit Nüssli Adunic für Konzept, Planung und Realisierung des Deutschen Pavillons verantwortlich ist, brachte drei Beispiele aus dem Curriculum des Campus Germany mit nach Dubai. Die Kölner Agentur steht derzeit mit über 30 Forschungseinrichtungen, Universitäten und Unternehmen im engen Austausch, um gemeinsam eine attraktive, spannende und fundierte Präsentation bahnbrechender Innovationen für eine nachhaltige Zukunft zu erarbeiten.
AmpaCity von dem Essener Unternehmen innogy ist bis heute der einzige Supraleiter der Welt, der schon in den Netzbetrieb integriert ist. Auf einem Kilometer Länge verbindet das Kabel zwei Umspannanlagen in der Essener Innenstadt. Die unterirdische Leitung überträgt auf dieser Strecke den Strom nahezu verlustfrei. Die technologische Innovation geht auf die Entdeckung von Hochtemperatur-Supraleitern des deutschen Physikers Johannes Georg Bednorz zurück. Er erhielt dafür 1987 den Nobelpreis für Physik. AmpaCity ersetzt bis zu fünf konventionelle 10.000-Volt-Kabelsysteme. Supraleiter können auch große Strommengen bei kleinerer Spannung übertragen, einzelne Umspannstationen werden überflüssig. Wertvolle städtische Flächen stehen dadurch für eine andere Nutzung zur Verfügung. Betrachtet man das enorme Potenzial der Technologie, bedeutet AmpaCity einen Paradigmenwechsel für die Energiewende. AmpaCity wird im Future Energy Lab des Campus Germany zu finden sein.
Faszinierend ist auch eine Entwicklung der Forschungsplattform Bau Kunst Erfinden an der Universität Kassel, die im Future City Lab zu sehen sein wird. Am Anfang der Forschungen von Professor Heike Klussmann und ihrem Team standen Experimente mit Fruchtsaft, mit dem sie Beton übergossen. Aus dem simplen Ansatz entwickelten sie ein fotoaktives Schichtsystem, mit dem sich tatsächlich Strom produzieren lässt – Sonnenstrom aus Beton! Letztlich beruht die Entwicklung auf den Prinzipien der Farbstoffsolarzelle und der Photosynthese. Bauteile aus Beton werden so zum Kleinkraftwerk – ganz ohne toxische Emissionen und mit Komponenten, die im Handel frei erhältlich sind. Das Verfahren hat das Potential für eine kostengünstige Energiequelle mit nahezu unbeschränkten Anwendungsmöglichkeiten besonders in den Megacitys der Zukunft – regenerierbar, recyclebar und umweltfreundlich.
Wie konnte ein hierzulande hochgeschätzter und zunehmend zurückgedrängter Nützling, der Regenwurm, in Nordamerika zu einem Schädling für die Biodiversität des Ökosystems werden? Dieser Frage nach den komplexen Zusammenhängen zwischen Wurm und Umwelt sowie deren gegenseitigen Abhängigkeiten widmet sich das Forschungsprojekt EcoWorm am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). In futuristischen Klimakammern, den sogenannten EcoUnits, haben die Forscher die Möglichkeit, wichtige natürliche Einflüsse auf ein Ökosystem zu simulieren. Das Ziel: das Verständnis der Menschheit für ihre unmittelbare Lebensgrundlage, den Boden, zu erweitern. Letztlich sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu einem nachhaltigen Umgang mit unserer Existenzgrundlage, dem Planeten Erde, führen. In Dubai wird das Projekt im Biodiversity Lab vorgestellt werden.
Für Generalkommissar Dietmar Schmitz, der seit vielen Jahren die deutschen Präsentationen auf Weltausstellungen verantwortet, ist der Themenkomplex „Nachhaltigkeit und Expo“ nichts Neues: „Mir wird immer wieder die Frage gestellt, ob ein temporärer Bau damit vereinbar ist, der nach sechs Monaten wieder rückgebaut wird.“ Da sich viele Konzepte allerdings erst rentieren, wenn sie jahrzehntelang betrieben werden, setzten die Planer beim Campus Germany auf Materialvermeidung durch Leichtbau. So wenig Material wie möglich wird eingesetzt, und das, was verarbeitet wird, z.B. Stahl, soll möglichst wiederverwendet werden. „Tatsächlich haben wir bei unserem Pavillon Campus Germany einen Anteil an recyclebarem Material von 5.900 Tonnen oder 77 %,“ fasste Schmitz zusammen. Dabei hilft schon heute ein computergestützter Planungsprozess, der aus unsortiertem Baumaterial nach einem Rückbau neue Strukturen generiert. „Mine the Scrap“ nennt sich dieser Algorithmus.
Besonders innovativ ist das Klimakonzept des Deutschen Pavillons. Architekt Professor Tobias Wallisser vom Architekturbüro Lava erläuterte in Dubai, dass sein Team bereits in der Konzeptphase genau ausrechnete, wie der Pavillon sich am besten selbst verschattet, wie man sich die klimatisch angenehmen Temperaturen der kühleren EXPO-Monate zunutze machen kann. Dabei hilft auch das innovative ETFE-Material, das bei der Fassade zum Einsatz kommt und die Wärme abstrahlt. Außerdem bewegen sich die Besucherinnen und Besucher durch verschieden temperierte Zonen und werden dabei langsam heruntergekühlt. Das beginnt bereits in der Warteschlange, in der die Menschen mit angenehmem Dry Mist besprüht werden. Im Atrium, das eine Temperatur zwischen 26 und 28° C haben wird, lassen sich Teile der Fassade öffnen, wenn es das Klima zulässt, was für natürliche Kühlung sorgt, unterstützt durch Ventilatoren. “Unser Klimakonzept für den Campus Germany ist ein Beispiel für die Arbeit von Lava zur Integration von Natur und Technik, die innovative Technologien und Materialien verwendet und dabei effiziente und schöne räumliche Strukturen erzeugt. Und dafür, wie sich Gebäude auf vielen nachhaltigen Ebenen entwickeln – ökologisch, strukturell und sozial,” fasste Professor Wallisser die Arbeit seines Büros für den Campus Germany zusammen.