Die länderübergreifende Messefachtagung der Verbände Expo Event Swiss, Messen Austria und FAMA nahm vom 10. bis 11. Juli im Congress Center Basel ihre Premiere. Mehr als 180 Teilnehmende kamen für ein Programm zu den Themen Transformation, neue Geschäftsmodelle und Nachhaltigkeit zusammen.
(Bild: MCH Group / FAMA.de)
Expo Event Swiss, Messen Austria und FAMA zeigten sich zufrieden mit ihrer ersten gemeinsamen Fachtagung, die ein sichtbares Zeichen für die neue Form der Zusammenarbeit der Messewirtschaft in der D-A-CH-Region setzen sollte. Vom 24. bis 25. Juni 2024 wird die Veranstaltung zum zweiten Mal über die Bühne gehen, diesmal in der Messe Dornbirn. Die nächste FAMA-Messefachtagung findet am 20. und 21. November 2023 bei der Messe München statt.
Transformationsdruck in der Messewirtschaft
Dass es Sinn mache, „Kompetenzen (zu) verbinden“, so der Tagungstitel, zeige die Bestandsaufnahme zur aktuellen Situation der Messewirtschaft. Sie sei im Kern davon geprägt, dass „vieles fast wie früher, aber trotzdem völlig anders ist“, meint der Innsbrucker Messe- und Event-Consulter Bruno Walter, der u.a. die Messe Berlin zur ITB berät. Maßgeblich dafür seien massiv gestiegene Veranstaltungs- und Technikkosten, der allgemeine Fachkräftemangel und die reduzierte Geschäftsreisetätigkeit, die sich primär auf internationale Messen auswirke. Ebenso groß sei der Transformationsdruck, der aus der Digitalisierung, der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und der anstehenden Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit entstehe. Das betonte auch Roman Imgrüth, Vorstandsmitglied der Expo Event Swiss: „Wir sind sehr erleichtert, dass das Geschäft wieder zurück ist. Aber jetzt kommen die Herausforderungen, die nichts mehr mit Covid zu tun haben: Welche Infrastruktur brauchen wir, was wollen unsere Kunden, was unsere Mitarbeitenden?“
Best Cases zeigten neue Geschäftsmodelle
Themen, die in Basel intensiv diskutiert wurden. Beispielhaft dafür war die Vision Note „Der Schlüssel zum digitalen Geschäftsmodell“. In ihrer Co-Präsentation mit sich anschließender Deep Dive Session machten die in Zürich ansässige Conteo AG, spezialisiert auf digitale Plattformtechnologien, und die Hannoveraner ADITUS GmbH als Ticketing-Systemanbieter deutlich, wie Content-Angebote und Kundenprofile mit Algorithmen gematcht werden können und einen messbaren „Marketing-Value“ generierten. Ein Geschäftsmodell, das beispielsweise auch den Einsatz über die Veranstaltung hinaus ermögliche, wie am Beispiel der SWISSBAU diskutiert wurde. Auch dies sein ein Beispiel dafür, wie eng die Kollaboration inzwischen in der D-A-CH-Region sei.
Customer Journey neu definieren
Auch im Fall der Frankfurter Buchmesse, die im Herbst zum 75. Mal stattfindet, zeige sich, dass für die Rückschau derzeit wenig Zeit bleibe. Nachdem die weltweit größte Messe für Literatur und Lizenzhandel in der Pandemie nicht stattfinden konnte, wurden bereits im vergangenen Jahr zusammen mit der Münchner adventics GmbH neue, digitale Veranstaltungsformate entwickelt, die das physische Messeerlebnis digital ergänzen und erweitern sollen.
Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit von Messen
„Alles auf grün“, heiße es bei der Zielsetzung zu mehr Nachhaltigkeit in der Veranstaltungswirtschaft. Weltweit mehr als 400 Unternehmen der Messe- und Veranstaltungsbranche hätten inzwischen die Ende 2021 aufgelegte Initiative „Net Zero Carbon Events“ des Messeweltverbandes UFI unterzeichnet. Sie verpflichteten sich damit zur schrittweisen CO2-Neutralität bis ins Jahr 2050. In Deutschland hätten sich die 69 im AUMA organisierten Veranstalter, Verbände und Gastgeber auf eine Klimaneutralität bis 2040 verpflichtet. Beispielhaft dafür sei die Messe Frankfurt, die in Basel ihre Initiativen und Strukturen des Nachhaltigkeitsmanagements vorstellte. „Es ist gut, dass sich die Messe- und Veranstaltungsbranche auf den Weg macht – doch die Uhr tickt rasend schnell, für einige vielleicht zu schnell“, sagte Jürgen May, Geschäftsführer von 2bdifferent, einer der marktführenden Beratungsunternehmen zum Thema Nachhaltigkeit. Der Grund dafür sei, dass die CSRD-Berichtspflicht bereits für das Geschäftsjahr 2024 beginne. Von dieser Pflicht betroffen seien Unternehmen, die zwei der drei Kriterien erfüllten – eine Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. Euro, einen Nettoumsatz von über 40 Mio. Euro oder einer Untergröße von mehr als 250 Beschäftigten. Allein in Deutschland seien das 15.000 Betriebe. „Die Zeit drängt, vor allem in der strukturellen und organisatorischen Umsetzung von Maßnahmen, die auf die gesetzten Ziele einzahlen“, unterstreicht Henning Könicke, FAMA-Vorstandsvorsitzender.
Messewirtschaft von vorsichtigem Realismus geprägt
Eine Herausforderung, die ins Gesamtbild der Messewirtschaft in der D-A-CH-Region passe. „Insgesamt haben wir wieder viel PS auf der Straße, nur die Traktion stimmt noch nicht. Auch wenn wir uns emotional zurückversetzt fühlen ins Jahr 2019, weil 2023 erstmals wieder ein volles Veranstaltungsjahr ist, darf es nicht darüber hinwegtäuschen, dass speziell mittlere und inhabergeführte Messeunternehmen vor großen Herausforderungen stehen“, sagte Könicke. Zwar stimmten, insbesondere bei regionalen Messen, die Kennzahlen der ausstellenden Unternehmen und Besuchenden wieder; unverkennbar sei jedoch, dass die wirkliche Währung, der Quadratmeter, weiterhin schwächele. Grund dafür seien steigende Kosten und ein gestiegener Aufwand: „Das drückt schmerzhaft auf die Margen.“ Eine Einschätzung, die Imgrüth teilte: „Die Welt dreht sich nicht mehr nur um Quadratmeter.“ Denn die Erwartungen der Kund:innen hätten sich verändert, wie Sabine Tichy-Treimel (IG Messen Austria) bestätigt: „Wir haben viel voneinander gelernt, wir müssen uns weiterentwickeln“. Auch deshalb sei die D-A-CH-Tagung ein wichtiges Format, das dazu beitrage, eines zu leisten, wie Könicke sagt: „Krisen haben unsere Branche immer nach vorne gebracht.“